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Bitcoin und andere Kryptowährungen haben derzeit Hochkonjunktur. Seit einigen Wochen vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht über das Auf und Ab bei Bitcoin, Ripple und Ethereum lesen kann. Dabei geht es in Fachkreisen nicht nur um mögliche Spekulationsblasen, sondern auch um die Anwendungsmöglichkeiten der hinter den Kryptowährungen stehenden Technologie: der Blockchain.

Deren Idee ist es, Werthaltiges verbindlich und sicher zu übertragen und Besitzrechte fälschungssicher zu dokumentieren. Dies geschieht über eine dezentrale Buchungsdatei, die in Computernetzwerken ohne Intermediäre beziehungsweise hierarchische Strukturen auskommt. Transaktionen werden in einem Block gesammelt, an vorhergehende Blöcke angehängt – daher die Bezeichnung Blockchain – und innerhalb des Computernetzwerks auf allen beteiligten Systemen verteilt. Die Art der dokumentierten Transaktion ist dabei beliebig: es kann eine Geldtransaktion, ein Wertpapier, ein Vertrag, ein Testament oder auch ein Grundbucheintrag sein.

In diesem dezentralen System sind grundsätzlich alle Informationen über die Transaktionen allen Teilnehmern bekannt. Die kryptografischen Protokolle stellen sicher, dass die Blockchain nicht manipuliert werden kann – zumindest ist das bisher nicht gelungen. Eine Änderung von Dateneinträgen bedarf der Zustimmung respektive dem Konsens der anderen Teilnehmer.

Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäfte

Insbesondere im Finanzsektor wird über die Blockchain derzeit intensiv diskutiert. Das liegt vor allem an der Marktkapitalisierung der Kryptoassets, die Anfang des Jahres laut der Fachwebseite CoinMarketCap über 800 Milliarden US-Dollar erreichte. Während von vielen Stellen bezweifelt wird, ob Bitcoins einen Währungsersatz darstellen können, nutzen immer mehr Unternehmen unter dem Stichwort ICO – das steht für Initial Coin Offering – Kryptoassets als alternatives Instrument der Unternehmensfinanzierung. Bei ICOs geben Unternehmen digitale Münzen, Tokens genannt, heraus, mit denen Kunden zum Beispiel Finanzdienstleistungen des Unternehmens in Anspruch nehmen können (utility token) oder die Inhaber der Token am Unternehmen beteiligt werden (equity token).

Bei Banken stehen digitale Währungen und ICOs weniger im Fokus als praktische Anwendungen für die Blockchain-Technologie. So werden vor allem Nutzungsmöglichkeiten für den Zahlungsverkehr oder die Abwicklung von Wertpapier-, Schuldschein- und Trade-Finance-Geschäften diskutiert. Die Hoffnung ist hier, dass die Blockchain-Technologie das Potenzial birgt, Prozesse zu vereinfachen und Kosten einzusparen.

ReiseBank testet Blockchain

Was lange nur Theorie war, hat ein erster Prototyp aus der DZ Bank Gruppe gezeigt: Auf einer Konferenz führte die ReiseBank im Spätsommer 2016 eine transatlantische Zahlung zwischen dem kanadischen Calgary und Frankfurt mittels Ripple-Blockchain-Technologie innerhalb von acht Sekunden durch. Dieser Vorgang hat bisher vier Tage gedauert. Diese Weltpremiere hat auch deshalb für große Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie gezeigt hat, dass die Technik nicht nur im Bereich Konto-zu-Konto funktioniert, sondern auch in der Variante Konto-zu-Bargeld.

Für den genossenschaftlichen Finanzsektor ist diese Transaktion ein wichtiger Meilenstein. Derweil ist die ReiseBank weiterhin dabei, die Technologie von Ripple vor allem auch im Sinne der genossenschaftlichen FinanzGruppe unter dem Aspekt der Alltagstauglichkeit und der Potenziale im internationalen Zahlungsverkehr zu prüfen. Letztlich geht es darum, perspektivisch die Prozesse im internationalen Zahlungsverkehr für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie deren Kunden zu beschleunigen und zu verschlanken.

Eine weitere mögliche Anwendung sind die sogenannten „Smart Contracts“, worunter man sich selbst ausführende Verträge versteht. Hier werden die Vertragsbedingungen automatisch geprüft und in der Folge wird automatisch eine Aktion ausgelöst, etwa ein Bezahlvorgang. Auch könnten Smart Contracts etwa den Verwaltungsaufwand beispielsweise im Privatkundengeschäft der Banken deutlich reduzieren – und somit Millionen einsparen.

Blockchain beim GENOhackathon

Bei der vierten Auflage des GENOhackathons Mitte Januar 2018 in München wurde ein Prototyp ausgezeichnet, mit dem die Abwicklung von Fördermitteln zwischen den verschiedenen beteiligten Banken und dem Kunden deutlich vereinfacht werden kann. In diesem Prozess gibt es aufgrund vieler Beteiligter und zahlreicher Schnittstellen aufwendige manuelle Abstimmungsprozesse. Durch die Nutzung der Blockchain kann eine einheitliche konsistente Datenbasis geschaffen werden.

Präsentation, GENOhackathon München
Mitte Januar fand in München der vierte GENOhackathon der genossenschaftlichen FinanzGruppe statt. Zunächst wurden die Themen präsentiert…
Gruppenarbeit, GENOhackathon München
… anschließend arbeiteten die Teilnehmer an ihren Ideen.
 Gruppenarbeit, GENOhackathon München
Zwischendurch war Durchhaltevermögen gefragt…
Pitch, GENOhackathon München
Gespanntes Warten auf den sogenannten „Pitch“, bei dem die Teams ihre Ergebnisse präsentieren.
Pitch, GENOhackathon München
Beim „Pitch“ mussten die Referenten in wenigen Minuten die anderen Teilnehmer von ihren Ideen überzeugen.
Gewinner, GENOhackathon München
Geschafft! Die Gewinner des vierten GENOhackathons zusammen mit der Jury. Im Anschluss arbeiten sie an ihren Projekten bis zur Marktreife weiter.

Ergänzend dazu eruiert das Innovationsteam der DZ Bank in gruppenübergreifenden Workshops mögliche Anwendungsfälle. In der Veranstaltungsreihe „Blockchain zum Anfassen“ wurden zum Beispiel Anwendungsmöglichkeiten von Smart Bonds und Smart Letter-of-Credits diskutiert. Ziel war es, die Fachbereiche der DZ Bank Gruppe dichter an die Herausforderung der Blockchain-Technologie zu bringen und Einblicke zu ermöglichen, unter welchen Bedingungen die neuen Technologien tatsächlich einsetzbar sind. Bei der Prüfung potenzieller Einsatzgebiete wird neben den Chancen aber auch immer wieder festgestellt, dass die Blockchain nicht für alle Anwendungsfälle geeignet ist und meist nur dann einen Nutzen stiften kann, wenn sich mehrere Marktteilnehmer auf die gemeinsame Nutzung verständigen.

Trotz der großen öffentlichen Aufmerksamkeit sind viele für die Praxis relevante Fragen noch nicht geklärt. Dazu gehört zum Beispiel der rechtliche Charakter eines Smart Contracts und etwa die Frage, wie im Streitfall ein Richter aus einem Programmcode erkennen kann, was die Vertragsparteien eigentlich gewollt haben. Sehr viel Forschung und Wissenschaft sind hier noch nötig, bevor wir marktreife Anwendungen sehen werden.

Dirk Elsner ist Senior Manager Innovation und Digitalisierung bei der DZ Bank. Er twittert als @blicklog.

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