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Herr Dr. Gros, wozu ist die PSD2-Richtlinie gut?

Jürgen Gros: Vereinfacht gesagt erlaubt es die Richtlinie Dritten, auf die Kontodaten von Bankkunden zuzugreifen. Vereinzelt hat es das in der Vergangenheit schon gegeben, allerdings ohne rechtliche Basis. Die schafft jetzt die PSD2. Auf diese Weise können Finanzdienstleister beispielsweise den Anwendern einer Smartphone-App einen zusammenfassenden Überblick über deren Ausgaben oder deren Konten bei verschiedenen Banken bieten. Die Nutzer können dann sofort sehen, für was sie ihr Geld ausgegeben haben und wie sich ihr Geldbestand unter dem Strich entwickelt …
 

… was sich sehr praktisch anhört.

Jürgen Gros: Natürlich ist das praktisch. Andererseits eröffnet es eben diesen Dienstleistern tiefe Einblicke in die persönlichen Finanzdaten. Darüber muss sich in Zukunft jeder Bankkunde im Klaren sein. Bevor sie die Tür zum eigenen Konto vorschnell öffnen, sollten sie deshalb sorgfältig zwischen Bequemlichkeit und Privatsphäre abwägen.


Können die Drittanbieter einfach so auf das Konto zugreifen?

Jürgen Gros:  Nein. Der Kontoinhaber muss dem Zugriff von Fremdanbietern explizit zustimmen. Dazu reichen in der Regel aber wenige Klicks.


Sehen Sie darin eine Gefahr für Bankkunden?

Jürgen Gros: Ich sehe die Gefahr, dass Bankkunden die Hoheit über die eigenen Kontodaten leichtfertig und unüberlegt aus der Hand geben. Insbesondere in der Anfangsphase, wenn die neuen Regeln in Kraft treten. Deshalb rate ich dazu, wohlüberlegt zu handeln. Es ist absehbar, dass Scharen an neuen und altbekannten Dienstleistern bei den Bankkunden anklopfen werden, weil sie den großen Reibach mit den Nutzerdaten wittern.

„Es lohnt sich, auf vertraute Angebote der Hausbank zu setzen.“

Welche Anbieter sind das?

Jürgen Gros: Das können die bekannten großen Digitalkonzerne sein, aber auch die unzähligen Fintechs. Wer ihnen Zugang zu sensiblen persönlichen Informationen gewährt, muss damit rechnen, dass Marketingspezialisten im Hintergrund aus dem gewonnenen Datenmaterial Käuferprofile schnitzen. Denn die Unternehmen können eine ganze Menge über den Kontoinhaber ableiten: Zum Beispiel wie viel er verdient, wo er einkauft, wie er versichert ist oder welche Zeitung er liest.


Was raten Sie den Bankkunden für den Umgang mit sensiblen Kontodaten?

Jürgen Gros: Es lohnt sich, auf vertraute Angebote zu setzen. Dazu gehören traditionell die Dienstleistungen der Hausbanken. Viele Institute bieten bereits multibankfähige Anwendungen für das Smartphone oder eigene Onlinebezahldienste an – also das, was Dritte jetzt im Rahmen der PSD2 versprechen. Der Vorteil: Wer diese etablierten Dienste nutzt, belässt seine Daten, wo sie bislang waren, nämlich bei der Hausbank.


Was können die Hausbanken besser?

Jürgen Gros: Bei den Banken gelten seit Jahrzehnten gewachsene, ständig überprüfte Sicherheits- und Datenschutzstandards. In kaum einer anderen Branche gibt es derart mannigfaltige regulatorische Anforderungen an die IT-Sicherheit. Das wissen und schätzen Bankkunden. Nicht umsonst gaben bei einer - nicht repräsentativen - Online-Umfrage des GVB kürzlich fast zwei Drittel der Teilnehmer an, dass sie ihre Kontodaten ausschließlich ihrer Hausbank überlassen wollen. Das bewährte Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Kreditinstitut endet nicht an der Filialtüre – die Institute schützen Daten auch online.

Vielen Dank für das Interview!

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