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Nach einem langen Tag an der Universität kauft Julia Schneider in einem Münchner Supermarkt noch schnell etwas zum Abendessen ein. Der Kassierer zieht Butter, Vollkornbrot und Frischkäse über den Scanner: 5,74 Euro. Die Studentin zückt ihre Girocard mit Kontaktlos-Funktion, hält sie kurz an das Terminal, es piepst, und schon surrt der Kassenzettel aus dem Thermodrucker. „Wenn im Supermarkt alles so schnell gehen würde wie das Bezahlen, wäre ich jetzt fast schon zu Hause“, sagt Schneider, packt ihre Einkäufe in den Rucksack und verschwindet eilig in die Nacht.

Mit ihrer Girocard kontaktlos – erkennbar am Funkwellensymbol auf der Karte – liegt die Studentin im Trend. Immer mehr Menschen schätzen es, mit dieser Funktion zu bezahlen. NFC heißt die Technik dahinter. Die Abkürzung steht für Nahfeldkommunikation (Near Field Communication) und beschreibt einen internationalen Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung, der inzwischen auch in vielen Smartphones eingesetzt wird. Damit eine Transaktion zustande kommt, hält der Kunde seine Girocard nur noch an das Terminal des Händlers, er muss sie nicht mehr in das Lesegerät stecken. Per Funk werden dann die zur Bezahlung erforderlichen Daten übertragen. Bei geringen Beträgen bis zu 25 Euro muss der Kunde zudem keine PIN mehr eingeben oder eine Unterschrift leisten.

Überdurchschnittliche Akzeptanz

„NFC boomt. Die Akzeptanz ist überdurchschnittlich hoch“, sagt Ulrich Binnebößel, Experte für Zahlungsverkehr beim Handelsverband Deutschland (HDE). Schon heute ist die Girocard mit rund drei Milliarden Transaktionen pro Jahr das beliebteste elektronische Zahlungsmittel in Deutschland. Mittelfristig werde die neue Girocard kontaktlos der Bargeldnutzung den Rang ablaufen, vermutet Binnebößel. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag von Girocard bestätigt den Trend. Jeder zweite Teilnehmer, der bereits eine Karte mit Kontaktlos-Funktion besitzt, hat diese auch schon benutzt. 85 Prozent derjenigen, die die Girocard kontaktlos kennen, stufen sie als schnell ein, ebenso viele finden sie einfach und unkompliziert, und 83 Prozent sehen sie als praktisch an.

Das Interesse bei den Händlern ist groß. An jedem zweiten der rund 800.000 Kartenterminals in Deutschland können die Kunden bereits kontaktlos bezahlen. Bis Ende 2018 sollen drei Viertel aller Lesegeräte das neue Bezahlverfahren verarbeiten können. Und auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken treiben das Angebot voran: Sie haben bereits 12,8 Millionen Girocards und 400.000 Kreditkarten mit Kontaktlos-Funktion an ihre Kunden ausgegeben. Seit Anfang 2017 ist jede neu ausgegebene Bankkarte damit ausgestattet. Bis 2020 sollen alle 27 Millionen genossenschaftlichen Girocards umgestellt sein, bei den 4,3 Millionen genossenschaftlichen Mastercard- und Visa-Kreditkarten soll das 2021 der Fall sein.

Kunden sind anfangs skeptisch

Bei der Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost haben inzwischen alle Kunden eine neue Karte mit Kontaktlos-Funktion erhalten. Ebenso hat die Bank alle Händler, die bei ihr Kunde sind, auf die neue Technik umgestellt. „Wir bewerben die Kontaktlos-Funktion sehr aktiv. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Kunden damit einen Mehrwert bieten. Kontaktlos mit Karte bezahlen ist nicht nur einfach, sondern auch bequem“, sagt Stephan Daburger, verantwortlicher Mitarbeiter im Vertriebsservice und Marketing. Die Kunden der Bank nehmen das neue Angebot sehr gut an. „Anfangs waren viele etwas unsicher, wie das funktioniert und ob sie der neuen Technik vertrauen können“, berichtet Daburger. Deshalb klärte das Kreditinstitut seine Kunden und die Mitarbeiter über die neue Funktion umfassend auf, zum Beispiel mit einem Beitrag in der Kundenzeitschrift. „Wer einmal kontaktlos bezahlt hat, ist in der Regel von den Vorteilen überzeugt“, sagt Daburger.

Auch bei der VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu wird das kontaktlose Bezahlen mit der Girocard aktiv beworben. Rund die Hälfte aller Kunden hat von der Bank bereits eine NFC-fähige Karte erhalten. Marketing-Bereichsleiter Markus Neubauer hat ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass viele Nutzer anfangs Vorbehalte haben. „Wir müssen Aufklärungsarbeit leisten. Viele wollen erst einmal wissen, ob die neue Funktion sicher ist.“ Deshalb hat das Institut seine Mitarbeiter geschult, damit sie alle Fragen der Kunden beantworten können. Im zweiten Quartal will die Bank das Thema auch bei ihren Gewerbekunden verstärkt ansprechen.

Einfach kontaktlos bezahlen

Der Genossenschaftsverband Bayern unterstützt seine Mitglieder mit der Privatkunden-Werbekampagne „VR-Banking der Zukunft“ dabei, ihre Kunden auf das kontaktlose Bezahlen aufmerksam zu machen. Im Fokus stehen die neuen VR-Kontaktloskarten in Verbindung mit der VR-BankingApp. Das Motto der Kampagne lautet „Kontaktlos. Sicher. Transparent“ und fasst die drei Kommunikationsschwerpunkte zusammen:

1. Kontaktlos bezahlen mit den neuen VR-Giro- und -Kreditkarten

2. Immer alle Zahlungen im Blick mit der VR-Banking App

3. Sicher online shoppen mit der VR-Kreditkarte

In der Kampagne kommt erstmals die neu ins Leben gerufene „Familie Raiff“ zum Einsatz. Sie nimmt die Kunden an die Hand und zeigt, wie einfach, sicher und transparent das Bezahlen heute sein kann. Weitere Informationen und Werbemittel finden die GVB-Mitgliedsbanken im VR-Baukasten.

Die Bäckerei Ziegler aus München hat die neue Funktion bereits im Frühjahr 2017 zusammen mit der Münchner Bank eingeführt. „Die kontaktlose Girocard beschleunigt für unsere Kunden nicht nur die Zahlung, sondern macht sie auch hygienischer, weil Verkäufer nicht mehr so viel mit Bargeld hantieren müssen“, erklärt Bäcker Josef Ziegler. „Das ist ein Aspekt, der insbesondere in Branchen mit besonderen Hygieneanforderungen wie zum Beispiel im Umgang mit Lebensmitteln wichtig ist“, sagt auch Ulrich Binnebößel vom HDE. Die Kunden behalten beim kontaktlosen Bezahlen ihre Karte immer in der Hand und müssen sie nicht dem Personal an der Kasse übergeben.

Kontaktloses Bezahlen mit der Girocard bietet dem Handel aber noch viele weitere Vorteile. So werden die Abläufe an der Ladenkasse erheblich beschleunigt. Das belegt eine Messung des Marktforschungsinstituts GfK im Lebensmitteleinzelhandel. Im Schnitt dauerte die kontaktlose Zahlung mit Girocard ohne PIN-Eingabe nur elf Sekunden und damit weniger als halb so lang wie die herkömmliche Zahlung mit Stecken der Karte und PIN-Eingabe (23 Sekunden) oder die Barzahlung (24 Sekunden). Außerdem können die Geschäfte ihre Bargeldlogistik reduzieren, da sie nicht mehr so viel Bargeld vorhalten müssen wie früher.

Ist kontaktloses Bezahlen sicher?

„Der Handel führt ein neues Bezahlverfahren nur dann ein, wenn er es als sicher einschätzt“, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband HDE. „Dieses Thema sehen wir beim kontaktlosen Bezahlen als gelöst an.“ Schon die technischen Voraussetzungen machen einen Missbrauch der Funktion unwahrscheinlich. Der NFC-Funkchip auf der Karte hat eine Reichweite von weniger als vier Zentimeter und sendet auch keine persönlichen Daten wie Adresse oder Name des Karteninhabers. Es ist also unmöglich, die Girocard aus der Distanz per Funk auszulesen. Um von einer kontaktlosen Karte etwas abzubuchen, wird zudem ein zertifiziertes Lesegerät mit Verbindung zu einem Zahlungsdienstleister benötigt. Damit werden alle Transaktionen nachvollziehbar, betrügerische Abbuchungen – etwa bei Diebstahl der Karte – könnten umgehend zurück abgewickelt werden. Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken können die Kontaktlosfunktion ihrer Karte zudem beliebig oft abschalten und wieder aktivieren. Das funktioniert an allen Geldautomaten der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Außerdem werden die Nutzer spätestens nach fünf kontaktlosen Transaktionen aufgefordert, ihre PIN einzugeben. Das bietet zusätzlichen Schutz vor Missbrauch.

Kontaktlos Bezahlen mit dem Smartphone

Nach der erfolgreichen Einführung der Girocard mit Kontaktlos-Funktion wollen die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihren rund 30 Millionen Kunden schon bald auch das kontaktlose Bezahlen mit dem Smartphone ermöglichen. Angeboten wird der Dienst für Geräte mit Android-Betriebssystem und NFC-Funktion. Die Nutzer müssen dazu die VR-BankingApp auf ihrem Handy installiert haben. Dort wird die virtuelle Girocard gespeichert. Sie enthält dieselben Daten, die auch auf der physischen Karte zur Abwicklung des Bezahlvorgangs benötigt werden. Der Nutzer hält dann genau wie bei der Girocard kurz sein Smartphone an das Terminal. Sobald der Piepston ertönt, ist der Vorgang abgeschlossen. Mit der optionalen Funktion „ExpressZahlung“ kann der Karteninhaber sogar ohne das Öffnen der VR-BankingApp bezahlen. Er muss nur das Display seines Smartphones einschalten.

Seit Mitte Dezember wird das Verfahren in Hessen erprobt, ab Juli 2018 will die genossenschaftliche FinanzGruppe mit der neuen Bezahlmöglichkeit in die Fläche gehen. Ab dann können auch alle bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken kontaktloses Bezahlen auf dem Smartphone mit Girocard oder Kreditkarte anbieten. Die Entscheidung dazu trifft jedes Kreditinstitut selbst.

Für die Studentin Julia Schneider geht das Bezahlen an der Supermarktkasse dann noch schneller: Sie muss nicht einmal mehr ihre Girocard zücken – ihr Smartphone hat sie ohnehin meistens in der Hand.

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