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Herr Kick, die Spielwarenmesse ist weltweit die Leitmesse der Spielwarenbranche, zur vorerst letzten Auflage im Februar 2020 kamen über 62.000 Fachbesucher aus 130 Nationen nach Nürnberg. Wie hat sich die Messe vom Beginn Ihrer Amtszeit 2003 bis heute verändert, auf welche besonderen Erfolge schauen Sie in dieser Zeit zurück?

Ernst Kick: Am Beginn meiner Amtszeit stand zunächst die Unternehmensstruktur im Fokus. Es galt, die Spielwarenmesse eG fit für die Zukunft zu machen – sie von einem reinen Verwaltungsapparat hin zu einem modernen Marketingdienstleister zu transformieren. Dadurch konnten wir neue Arbeitsplätze schaffen und unser anfangs 16-köpfiges Team auf nun über 60 Mitarbeiter erweitern. Auch die Strukturen der Spielwarenmesse haben wir seitdem bedarfs- und zielgruppenorientiert angepasst. Als Beispiel sei hier die Zusammenführung von Produktgruppen genannt, mit der wir die Effizienz des Messebesuchs steigern und unseren Ausstellern mehr Kontakte verschaffen konnten. Ein weiterer Meilenstein war sicherlich die Internationalisierung. Wir haben im Ausland Tochterunternehmen gegründet, mit denen wir kleinere Fachmessen vor Ort organisieren, und haben außerdem sukzessive ein Netzwerk aus Repräsentanten in über 100 Ländern aufgebaut.
 

Warum ist es für den Erfolg der Spielwarenmesse wichtig, auch international stark vertreten zu sein?

Kick: Die Internationalisierung gehört dazu, wenn man erfolgreich auf dem Markt agieren möchte und die Branchenleitmesse ausrichtet. Mit dem Auslandsmesseprogramm „World of Toys“ erleichtern wir Herstellern den Einstieg in umsatzkräftige und wachstumsreiche Märkte in Asien, Indien und Russland. Darüber hinaus bringen wir mit unseren kleineren Fachmessen „Kids India“ und „Kids Russia“ auf regionaler Ebene die Branchenakteure zusammen und schaffen unterjährig Plattformen für den persönlichen Austausch.

Die Spielwarenmesse ist genossenschaftlich organisiert und dadurch ein Exot in der Messebranche. Welche Vorteile ergeben sich durch die Rechtsform eG für die Messe und ihre Mitglieder?

Kick: Hinter dieser Rechtsform steht der Grundgedanke, dass Menschen ihre Ziele gemeinsam besser erreichen als allein. Diese Idee hat 1949 auch 46 deutsche Spielwarenhersteller geleitet. Sie haben sich mit den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung sowie Selbstverantwortung zusammengeschlossen und eine Genossenschaft für die Organisation einer Spielwarenfachmesse gegründet. Heute hat die Spielwarenmesse eG rund 150 Mitglieder und ist zugleich eine Wertegemeinschaft, in der Zusammenhalt, Partnerschaft, Vertrauen, Fairness und Verantwortung großgeschrieben werden. Wir arbeiten sehr eng mit der Spielwarenindustrie zusammen und entwickeln gemeinsam die Spielwarenmesse weiter. Dieser Austausch ist der Grundstein für den Erfolg der Messe.

„Mit der Kids Russia ist uns ein hoffnungsvoller Neustart in die Messesaison gelungen.“

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Spielwarenmesse? Unter anderem mussten Sie die diesjährige Auflage sowie die ersatzweise geplante „Summer Edition“ absagen, die „Kids Russia“ in Moskau hat hingegen im April 2021 stattgefunden…

Kick: Die Vorbereitungen für eine Spielwarenmesse dauern normalerweise anderthalb Jahre. Doch die sich nur langsam verbessernde Pandemielage sorgt für Unsicherheit in der Branche. Hinzukommt die fehlende Perspektive für das Messewesen seitens der Politik. Diese Planungsunsicherheit erschwert uns die Arbeit und führte zur Absage der Spielwarenmesse „Summer Edition“. Mit der „Kids Russia“ konnten wir seit einem Jahr erstmals wieder eine stationäre Messe unter strikter Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen abhalten. Zwar wirkten sich die Pandemie und die Reiserestriktionen auf die Teilnehmerzahlen aus, aber mit der Veranstaltung ist uns ein hoffnungsvoller Neustart in die Messesaison gelungen.

Mobile Office und Videokonferenzen: Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung unseres Arbeitsalltags vorangetrieben. Welche Folgen hat das für das Messewesen und insbesondere die Spielwarenmesse? Braucht es in Zukunft überhaupt noch einen persönlichen Austausch vor Ort?

Kick: Messen werden auf jeden Fall als zentrale Business-Plattformen auch künftig unverzichtbar sein: Sei es für die Anbahnung von Geschäftsabschlüssen, die Vorstellung von Neuheiten oder das Erleben der Produkte mit allen Sinnen. Die Pandemie hat der Digitalisierung natürlich einen enormen Schub verliehen. Das verändert auch das Messegeschäft nachhaltig. In Zukunft werden Online-Angebote noch stärker als bisher stationäre Messen ergänzen. Mit der Spielwarenmesse Digital arbeiten wir derzeit an einer neuen Networking-Plattform, um der Branche unter anderem virtuelles Match-Making und digitale Produktpräsentationen zu ermöglichen. Aber das Live-Erlebnis vor Ort ist unverzichtbar und kein Online-Angebot wird es ersetzen können.
 

Die Corona-Pandemie bringt viel Unsicherheit für die Zukunft mit sich. Sehen Sie die Spielwarenmesse eG dennoch gut gerüstet, um weiterhin erfolgreich zu sein?

Kick: Als Genossenschaft sind wir gut aufgestellt, auch wenn aufgrund der Absage der Spielwarenmesse das diesjährige Geschäftsjahr bescheiden ausfallen wird. Wir leben in herausfordernden Zeiten. Sie bieten uns aber auch Chancen und zeigen uns neue Wege auf. Mein Team und ich haben die Zeit intensiv genutzt, um innovative Ideen zu entwickeln, mit denen wir die Spielwarenmesse weiter voranbringen und der Branche neue Impulse geben. Ein Beispiel ist die bereits erwähnte Spielwarenmesse Digital.

Abschließend eine persönliche Frage: Welche Pläne haben Sie für den Ruhestand?

Kick: In den gut 20 Jahren ist mir die Spielwarenbranche ans Herz gewachsen und ich werde mich ihr und dem Messewesen immer eng verbunden fühlen. Natürlich werde ich verfolgen, wie sich die Spielwarenmesse weiterentwickelt. Das Loslassen wird mir dennoch nicht schwerfallen. Ich freue mich schon jetzt darauf, viel Zeit mit meiner Familie verbringen zu können und – sobald es die Pandemie zulässt – mit meiner Frau die Welt zu bereisen.
 

Vielen Dank für das Gespräch!

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