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Warum sollten sich Banken mit Nachhaltigkeit beschäftigen? Für Markus Rager stellt sich diese Frage nicht. Weil die Antwort für ihn klar ist. „Ganz einfach: Wir müssen zu dem Thema sprechfähig sein, weil es die Kunden von uns erwarten“, sagt der Leiter Firmenkundengeschäft der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth. Nachhaltigkeit sei ein Megatrend, der nicht nur die Banken umtreibe, sondern alle Unternehmen. Rager begreift Nachhaltigkeit deshalb weitreichender als die politische Debatte, in der es aktuell noch vordergründig um Umwelt- und Klimaschutz gehe. „Wir orientieren uns ganzheitlich an den ESG-Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, weil sich Nachhaltigkeit nicht auf grüne Investitionen beschränkt. Wenn man sich näher mit dem Thema beschäftigt, verzweigt es sich sehr stark“, sagt Rager.

Höchstmögliche Beratungskompetenz

So fragen die Firmenkunden der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth laut Rager auch Leistungen im Personalbereich zur Mitarbeiterbindung nach. Häufig genannt werden eine betriebliche Altersversorgung oder andere finanzielle Leistungen, die die Unternehmen ihren Mitarbeitern zukommen lassen wollen, um sie zu halten. Das zahle auf die sozialen Aspekte des Nachhaltigkeitsbegriffs ein.  Ein großes Thema sei zudem die Absicherung von Risiken, die in den Bereich Umwelt fallen. So bietet die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth zum Beispiel Betriebsausfallpolicen für Nahwärmenetze oder Ernteausfallversicherungen an. „Wegen des Klimawandels wird die Absicherung der Produktion in der Landwirtschaft immer wichtiger“, sagt Rager. Zu all diesen Themen erwarteten die Kundinnen und Kunden die höchstmögliche Beratungskompetenz ihrer Bank – „zu Recht“, wie der Leiter Firmenkundengeschäft betont.

Wer hat die ESG-Kriterien erfunden?

Die ESG-Kriterien Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) wurden erstmals in einem Bericht der Finanzindustrie für die Vereinten Nationen so benannt. Im Jahr 2004 erstellten 18 globale Finanz- und Investmentgesellschaften aus neun Ländern für die Vereinen Nationen Empfehlungen für eine bessere Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten in die Vermögensverwaltung, die Wertpapiervermittlung sowie die dazugehörige Finanzanalyse und Forschung. Titel des Papiers: „Wer sich kümmert, gewinnt. Finanzmärkte mit einer Welt im Wandel verbinden“. Der Bericht ist das Ergebnis einer gemeinsamen Initiative von Finanzinstituten, die vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan aufgefordert worden waren, entsprechende Leitlinien zu erarbeiten. Nachlesen kann man das 41-seitige Dokument auf der Webseite der UNEP-FI, der globalen Partnerschaft zwischen dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und dem privaten Finanzsektor.

Regulatorik erfordert schnelles Handeln

Bei der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth haben Markus Rager als Bereichsleiter Firmenkunden und Alexander Schulze als Bereichsleiter Marktfolge Aktiv vom Vorstand den Auftrag erhalten, das Thema Nachhaltigkeit im Kundenbereich der Bank voranzutreiben. Denn daran hängt auch eine dringliche regulatorische Komponente. Bis zum 1. Januar 2024 müssen die Banken eine ganzheitliche Strategie zum Management von Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Organisation implementieren. So hat es die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk) festgelegt. Siehe dazu auch den Beitrag in „Profil“ 8/2023: „MaRisk: Darauf kommt es bei der Umsetzung an“.

Rager, Schulze sowie die involvierten Kolleginnen und Kollegen besuchen dazu Schulungen und Webinare des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) und anderer Partner, um zu allen Aspekten rund um das Thema Nachhaltigkeit sowohl gegenüber den Kunden als auch der Aufsicht sprechfähig zu sein. „Wir nutzen die Workshops für fachlichen Input und als Ideenpool. Außerdem wollen wir dadurch ein Netzwerk zu anderen Banken aufbauen. Der gegenseitige Austausch beim Thema Nachhaltigkeit ist ganz elementar. Mit dem GVB stehen wir nahezu täglich in Kontakt“, berichtet Rager. Der Verband sei in diesem Bereich wichtigster Ansprechpartner der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth. Unter anderem hatte die Bank den GVB-Workshop „Nachhaltigkeit: Vertriebschancen im Firmenkundengeschäft“ gebucht (mehr dazu im MuV-Manager).  Als sehr hilfreich bewertet Rager die Vorinformationen zu den geplanten ESG-Tools, die den Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen in der Bank erleichtern sollen, sowie die avisierten Geschäftsmöglichkeiten im Bereich nachhaltiger Finanzierungen. „Auch beim Thema Nachhaltigkeit fokussieren wir uns auf vollumfängliche Leistungen für unsere Firmenkunden über alle Bedarfe hinweg“, betont Rager.

Firmenkunden haben großen Beratungsbedarf

Die Firmenkunden haben laut Rager einen großen Beratungsbedarf, teilweise seien sie auch verunsichert und wissen nicht, welche gesetzlichen Regelungen auf sie zukommen, etwa durch das Lieferkettengesetz. Aktuell planen viele Handwerksbetriebe und Unternehmen Photovoltaik-Anlagen, um sich selbst mit Energie zu versorgen und so unabhängiger von den Preisschwankungen auf den Energiemärkten zu werden. „Wir unterstützen unsere Firmen- und Gewerbekunden durch entsprechende Finanzierungsmodelle sowohl mit bankeigenen Darlehen als auch mit der Vermittlung öffentlicher Fördermittel. Wenn die Situation passt, mischen wir auch Finanzierungsoptionen der Verbundpartner bei“, sagt Rager. Zu den Firmenkunden der Bank gehören sowohl kleine Handwerksbetriebe als auch international tätige Mittelständler, die sich zum Beispiel im Umfeld von Industrieunternehmen wie Airbus angesiedelt haben. „Es macht einen Unterschied, ob ein Handwerker eine kleine PV-Anlage plant oder ein großes Unternehmen mehrere Hallen mit Modulen belegen will. Bei größeren Finanzierungsvolumina arbeiten wir deshalb mit der DZ Bank als Konsortialpartner zusammen“, sagt Rager. Siehe dazu auch das Interview in „Profil“ 6/2023: „DZ Bank: Energiewende gemeinsam finanzieren“.

Unternehmer sehen immer mehr die Chancen

Nachhaltigkeitsbezogene Finanzierungen seien zugleich die Eintrittskarte für weitere Geschäfte, betont Rager. „Die PV-Anlage auf dem Dach gehört dann auch abgesichert, dazu halten wir die passenden Versicherungsleistungen vor, entweder in einer separaten Police oder über eine Erweiterung der Gebäudeversicherung“, gibt Rager ein Beispiel. Die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth habe es sich dabei zur Aufgabe gemacht, ihre Firmenkunden beim Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich zu begleiten und alle drei ESG-Kriterien zu betrachten. „Die Unternehmen wissen, sie müssen das Thema angehen, aber sie haben aktuell wegen der schwachen Konjunktur, dem Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten ganz andere Sorgen und Nöte im Kopf“, sagt Rager. Deshalb sei die Begeisterung der Firmenkunden für das Thema Nachhaltigkeit überschaubar. „Aber sie sehen immer mehr die Chancen“, berichtet Rager.

Begleitung im Transformationsprozess

Die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth unterstützt das, indem sie mit den Unternehmen in den Dialog geht. „Wir helfen zu verstehen, wo und wie sich die ESG-Kriterien auf das Unternehmen auswirken und wie die Unternehmer darauf reagieren können“, erklärt Rager. Beispielsweise animieren die Berater der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth ihre Firmenkunden, sich mit ihrer Energieversorgung zu beschäftigen. Gibt es bessere Konzepte? Wenn die Betriebe zum Teil auf erneuerbare Energien umstellen, verbessern sie ihre Klimabilanz und sie sparen Kosten, weil sie nicht mehr so abhängig von fossilen Energien sind. „Durch gezielte Fragen begleiten wir die Handwerker und Unternehmer im Transformationsprozess“, erläutert der Leiter Firmenkundengeschäft der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth. Die umfassende Begleitung helfe den Firmenkunden dabei, ihre Zukunft langfristig zu sichern. Gleichzeitig vertiefe sie die Bindung zwischen Kunde und Bank – und entspreche damit dem genossenschaftlichen Gedanken einer auf Langfristigkeit angelegten Geschäftsbeziehung, wie er auch in der Mitgliedschaft angelegt ist.

Wettbewerbsvorteil Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft sei ein Wettbewerbsvorteil, weil sie über die Gewinnbeteiligung und die Mitspracherechte in der General- oder Vertreterversammlung einen engen Kontakt der Bank zu den Menschen in der Region ermögliche. Das sei nicht zu unterschätzen. „Auch wenn die Idee der Mitgliedschaft vordergründig altmodisch wirken mag, ist sie in Wirklichkeit topmodern. Das Band einer Genossenschaft zu ihren Mitgliedern ist stark und langlebig. Mit diesem Pfund sollten wir wuchern, wenn es um nachhaltige Geschäftsbeziehungen geht“, sagt Rager.

Die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth sehe sich in der Verantwortung für ihre Kunden und Mitglieder sowie für die Region. Das sei auch strategisch von höchster Bedeutung. „Indem wir die nachhaltige Transformation in der Region fördern und unsere Kunden und Mitglieder ermuntern, die Chancen des Wandels zu nutzen, tragen wir sowohl zur Zukunftssicherung unserer Kunden als auch unserer eigenen Genossenschaft bei“, sagt Rager.

Die Energiewende im ländlichen Raum voranbringen

Ein wichtiges Beispiel sei die Landwirtschaft, die im Donau-Ries rund um Donauwörth sehr präsent sei. In der Region gebe es viele Bürgerenergiegenossenschaften, die sich mit Landwirten zusammengetan haben, um die Abwärme der Biogasanlagen über ein Nahwärmenetz an die Haushalte im Dorf zu verteilen und zum Heizen zu nutzen. Das helfe dem Landwirt, weil er mit seiner Biogasanlage zusätzliche Einnahmen erzielen kann, dafür erhalten die Dorfbewohner kostengünstig Wärme frei Haus. „Solche Leuchtturmprojekte fördern wir als Finanzpartner, weil sie die Energiewende im ländlichen Raum voranbringen und zur Energieautarkie beitragen“, sagt Rager. Aus dem gleichen Grund unterstütze die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth auch Bürgersolarparks in Zusammenarbeit mit den Bürgern und Kommunen vor Ort.

Nachhaltigkeit bietet vielfältige Vertriebsansätze

Rager sieht aber auch das sehr hohe Vertriebspotenzial, das im Thema Nachhaltigkeit steckt. „Viele Unternehmen haben wegen des Zinsanstiegs und der unsicheren Wirtschaftslage ihre Investitionen im klassischen Bereich stark zurückgefahren, wohingegen sie im Bereich Nachhaltigkeit immer noch investieren. Nachhaltigkeit ist also der Bereich, in dem wir mit unseren Firmenkunden immer noch Geschäfte machen können“, sagt Rager. Es werde kaum noch in Betriebserweiterungen oder Betriebsübernahmen investiert, während nachhaltigkeitsbezogene Leistungen als notwendige Investitionen erachtet werden, um den Betrieb dauerhaft zu sichern. Dazu gehörten in der Landwirtschaft zum Beispiel alternative Bewirtschaftungsmethoden wie die mechanische Unkrautbekämpfung, für die entsprechende Maschinen benötigt werden – idealerweise finanziert von einer Genossenschaftsbank. Ansätze für Kreditgenossenschaften, sich das Thema Nachhaltigkeit über Finanzierungsfragen hinaus zu eigen zu machen, gebe es jedenfalls genug, findet Markus Rager. „Die Spielwiese ist unwahrscheinlich groß.“

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