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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk) zum siebten Mal überarbeitet und das dazugehörige Rundschreiben schlussendlich am 29. Juni 2023 veröffentlicht. Kaum eine der vorherigen MaRisk-Novellen wurde im Vorfeld zwischen Bankenvertretern und Aufsicht so intensiv diskutiert wie diese, denn wesentliche Elemente der siebten MaRisk-Novelle, insbesondere zum Management von Nachhaltigkeitsrisiken, wirken sich mittel- und langfristig auf strategische Entscheidungen der Volksbanken und Raiffeisenbanken aus.

So hat die BaFin in die neue MaRisk-Fassung insbesondere die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) für die Kreditvergabe und -überwachung sowie neue Anforderungen an Immobiliengeschäfte und das Management von Nachhaltigkeitsrisiken aufgenommen. Weitere Änderungen betreffen die Geschäftsmodellanalyse, die Durchführung von Handelsgeschäften im Homeoffice sowie die Anforderungen an Risikomanagement-Modelle. Grundsätzlich gilt auch bei dieser MaRisk-Novelle: Banken haben Klarstellungen unverzüglich umzusetzen, während für Neuerungen eine Umsetzungsfrist bis 1. Januar 2024 gilt. Dieser kurze Zeitraum stellt die Volks- und Raiffeisenbanken vor allem bei der Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie und der Kontrolle von Nachhaltigkeitsrisiken vor große Herausforderungen.

Umsetzung der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe

Die Aufnahme umfangreicher Verweise auf die EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und Kreditüberwachung in die MaRisk waren in der Konsultation Gegenstand zahlreicher Verhandlungsrunden der deutschen Kreditwirtschaft mit der Bankenaufsicht. Denn die Verweise auf die EBA-Leitlinien stellen einen vollkommenden Paradigmenwechsel dar, da sie die Banken dazu verpflichten, mehrere Regelwerke parallel zu beachten. Alle genossenschaftlichen Regionalverbände haben die Interessen ihrer Mitglieder intensiv vertreten und gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Teilen eine proportionale Umsetzung erkämpft. Konkret hat die BaFin im Konsultationsverfahren nach Einwänden der Bankenvertreter mehrere Verweise auf EBA-Leitlinien gestrichen, wenn diese inhaltlich durch die MaRisk abgedeckt sind. Die verbleibenden Verweise sind nun in die Prozess- und Ablauforganisation für das Kreditgeschäft der Bank zu integrieren. Der GVB unterstützt seine Mitglieder diesbezüglich mit angepassten Muster-Organisations- und Arbeitsanweisungen.

Anforderungen an Immobiliengeschäfte

Die BaFin hat Immobiliengeschäfte nach eigenen Angaben aus zwei Gründen in die MaRisk aufgenommen. Erstens haben viele Banken vor allem in der Niedrigzinsphase vermehrt in diese Asset-Klasse investiert, zweitens war das Immobiliengeschäft im Unterschied zum Kreditgeschäft bisher weitgehend unreguliert. Betroffen sind Banken mit Immobilienbeständen, deren Buchwerte in der Summe 30 Millionen Euro oder zwei Prozent der Bilanzsumme übersteigen.

Die Aufsicht verfolgt mit der Regulierung des Immobiliengeschäfts mehrere Ziele. Neben einer schlanken, prinzipienbasierten Regelung für die Aufbauorganisation der Bank sollen – sofern zweckmäßig – Regelungen aus dem Kreditgeschäft übernommen werden. Gefordert wird unter anderem eine klare aufbauorganisatorische Trennung sowie zwei zustimmende Voten von Markt und Marktfolge für geplante Immobiliengeschäfte. Damit soll sichergestellt werden, dass Immobilieninvestments nur nach fundierter Wertermittlung und Risikoanalyse getätigt und Bestandsimmobilien angemessen überwacht werden. Die Aufsicht stuft diese Regelungen als Neuerungen ein. Somit sind diese bis zum 1. Januar 2024 umzusetzen.

Management von Nachhaltigkeitsrisiken

Das ganzheitliche Management von Nachhaltigkeits- beziehungsweise ESG-Risiken wird unbestritten die größte Herausforderung für die Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Buchstaben ESG stehen für die Bereiche Umwelt (Environmental), Soziales (Social) sowie Unternehmensführung (Governance). Komplexe Regeln in Verbindung mit unscharf formulierten Anforderungen sowie einer fehlenden einheitlichen Bestimmung, was unter einem nachhaltigen Investment zu verstehen ist, erschweren die Umsetzung enorm. Das fängt bei aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatten an, denen sich auch die Banken stellen müssen: Sind Investitionen in ein Rüstungsunternehmen nachhaltig? Wiegt die Friedenssicherung schwerer oder die unter ESG-Gesichtspunkten negative Bewertung der Rüstungsindustrie als nicht nachhaltig? Auf der anderen Seite sehen sich die Banken mit den Anforderungen der deutschen Aufsicht konfrontiert, die ESG-Risiken als Querschnittsrisiken deklariert. Damit ziehen sich diese wie ein roter Faden durch alle Steuerungs- und Strategiebereiche der Bank.

Auch das politische Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist im Bankensektor nicht so einfach umzusetzen. In letzter Konsequenz müssten die Kreditinstitute nicht nur für sich selbst eine CO2-Bilanz erstellen und ihre CO2-Einsparziele laufend überwachen, sondern dies auch von ihren Geschäftspartnern und Kunden einfordern. Somit wird der Bankensektor unweigerlich zum Werkzeug der Politik. Die Folge, dass die CO2-Bilanz eines Kunden in dessen Geschäftskonditionen einfließt, ist derzeit bei vielen Banken noch eine rote Linie.

Ebenfalls umstritten sind diverse ESG-Scoring-Verfahren zur Bewertung von finanziellen Engagements, deren Trennschärfe und Sinnhaftigkeit lebhaft diskutiert werden. Diese stehen auf Einzelkreditnehmer-, Einzelwertpapier- und Gesamtbankebene zur Verfügung. Diese meist quantitativen Größen sind dann in eine Nachhaltigkeitsstrategie einzubetten, für dessen Umsetzung der Gesamtvorstand verantwortlich ist. Das erfordert viel Koordination. Bei Banken, die bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie implementiert haben, hat sich eine Bündelung dieser Aufgabe bei einer Person beziehungsweise Organisationseinheit bewährt. Besonders geeignet sind diejenigen Personen in der Bank, die das breiteste bankwirtschaftliche und prozessuale Verständnis haben.

Weitere Änderungen

Zu den weiteren Änderungen der siebten MaRisk-Novelle gehören neue Regelungen zum Prozessablauf bei Handelsgeschäften im Homeoffice. Des Weiteren haben Banken dafür Sorge zu tragen, dass alle Beteiligten die Risikomodelle verstehen und anwenden können. Neuerungen bei der Geschäftsmodellanalyse beziehen sich auf eine nachhaltige – hier im Gegensatz zu den ESG-Vorgaben im Sinne einer dauerhaft ausreichenden – Eigenkapitalthesaurierung. „Ausreichend“ orientiert sich hier jeweils an der bankindividuellen Eigenkapitalerwartung der Aufsicht.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Banken zur Umsetzung der neuen MaRisk-Vorgaben weitere Ressourcen sowohl im Kreditgeschäft als auch für den Aufbau eines integrierten ESG-Risikomanagements benötigen. Beim ESG-Risikomanagement wird die Kunst sein, die aufsichtlichen und die eigenen Vorgaben so auszutarieren, dass die Erwartungen beider Seiten erfüllt sind. Zudem müssen weitere bestehende Organisationsanweisungen ergänzt und MaRisk-Berichte ausgebaut werden. Die Neuerungen im Immobiliengeschäft betreffen eine Vielzahl an Instituten, weil diese in der Vergangenheit umfangreich in Immobilien investiert haben. Neuinvestitionen in diesem Segment gehen hingegen zurück, weil andere Anlageformen aufgrund des aktuellen Zinsumfelds wieder attraktiver geworden sind.

Der GVB unterstützt

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt die bayerischen Kreditgenossenschaften bei der Umsetzung der siebten MaRisk-Novelle. In seinem Rundschreiben Nr. 45 vom 3. Juli 2023 hat der GVB bereits erste Informationen zu den Unterstützungsleistungen zur Verfügung gestellt. Die neuen, überarbeiteten Musterdokumente beziehungsweise Musterarbeitsanweisungen zur MaRisk werden zeitnah (voraussichtlich im September 2023) im Mitgliederbereich der GVB-Webseite kostenpflichtig zum Download zur Verfügung gestellt. Im Rahmen einer vorgezogenen Prüfungshandlung bietet der GVB seinen Mitgliedern einen MaRisk-Umsetzungscheck an. Zudem hat der GVB in Kooperation mit der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) folgende Schulungen geplant:

Für den Themenbereich Banksteuerung bietet die ABG ab dem vierten Quartal 2023 ebenfalls Webinare an. Über die Details wird die ABG zeitnah informieren.

Kontakt zum GVB

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken gerne bei Fragen rund um die MaRisk. Ansprechpartner:

Mitarbeit am Text: Beate Diery, Klaus Hartinger, Sabrina Wolf, Nicole Zimmermann, Sebastian Krones und Matthias Solowjeff, Genossenschaftsverband Bayern.

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