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Ein „Ja, aber…“ gibt es nicht

„Wir sollten öfter ,Ja, und…‘ statt ,Ja aber…‘ sagen. Das ist eine Methode zur Ideenfindung. Anstatt neue Ideen mit ,Ja, aber…‘-Sätzen zu zerreden, wird mit der Frage ,Ja, und…‘ immer weiter an einer Idee gesponnen. Wir Banker sind sehr auf Sicherheit getrimmt. Google geht Projekte anders an. Ein ,Ja, aber...‘ gibt es nicht. Mit dem Leitsatz ,Prepare your mind‘ werden Projekte mit freiem und kreativem Denken angegangen. Nur so können großartige und neuartige Erfindungen generiert werden. Die starten übrigens immer lösungsorientiert, also vom Kunden her gedacht. Ein Motto, das ich gerne verinnerlicht habe.

Man sieht in allen Bereichen, dass Google ein innovatives Unternehmen ist. Den Mitarbeitern werden alle Möglichkeiten gegeben, kreativ und aktiv zu sein. In Sachen Transparenz und Offenheit setzt Google Maßstäbe. So wird kreatives Selbstbewusstsein eingefordert und zwischen Kollegen und Vorgesetzten wird eine transparente Anerkennungs- und Feedbackkultur gepflegt. Auch der Vorstand nimmt sich wöchentlich Zeit, um Fragen der Mitarbeiter zu beantworten.

Wenn wir in der Bank das Thema Digitalisierung angehen, tun wir das oft mit kleinen Fragestellungen und Insellösungen. Der Besuch bei Google hat mir gezeigt, dass wir radikale Lösungen auf unsere Fragen brauchen. Jede Genossenschaftsbank kann ihre eigenen Weichen stellen und ihre strategische Ausrichtung in Sachen Digitalisierung und Führung auf den Prüfstand stellen und sich fragen: Ist das, was und wie wir es heute tun, auch morgen noch sinnvoll?‘

Eine Idee würde ich gerne schnell in der VR-Bank Feuchtwangen-Dinkelsbühl umsetzen: Ich möchte eine Plattform schaffen, auf die alle Mitarbeiter Zugriff haben. Dort sollen sie Verbesserungsideen oder Dinge, die ihrer Meinung nach in der Bank nicht rund laufen, eintragen können. Jeder andere Mitarbeiter kann die Einträge einsehen und bewerten. Aufgrund der Bewertungen wollen wir dann zuerst die Probleme angehen, die von den meisten Mitarbeitern als wichtig erachtet wurden. Ich denke, so gelingt es, die Mitarbeitermotivation hochzuhalten und auch in der Bankenbranche die Kreativität zu fördern. Ich erwarte mir dadurch, dass wir den Wissenspool anzapfen können, der in vielen unserer Mitarbeiter schlummert. Davon profitieren alle.“

„Learning Journey“ nach Dublin

Zwei Tage lang waren Mitte Juli 40 Vertreter bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken bei Google in Dublin zu Gast, um hinter die Kulissen des Unternehmens zu schauen. Die Reise wurde vom Genossenschaftsverband Bayern (GVB) organisiert. Der Internetgigant nutzt die „Google Docks“ im alten Hafenviertel von Dublin seit 2011 als Firmenzentrale für Europa. In Workshops und Führungen erfuhren die Gäste aus Bayern, wie Google arbeitet und wie Marketing in einer digitalen Welt funktioniert. Auf großes Interesse stieß der Vortrag, wie eine positive Unternehmenskultur zum Geschäftserfolg beiträgt und mit welchen Mitteln sie verbessert werden kann. Außerdem standen Vorträge zu Trends im Banking, künstlicher Intelligenz und Unternehmen als digitale Dienstleister auf dem Programm. Abends lud Google die Teilnehmer in ein irisches Pub ein.

Gute Basis für Innovationen

„Der Besuch bei Google hat mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt. Neben dem innovativen Raumkonzept, den vielen Freiheiten in der Arbeitseinteilung und den großzügigen Zusatzleistungen wie Verpflegung und Sportangebot waren vor allem die offene Unternehmenskultur und die stark feedback-orientierte Führungskultur sehr interessant. Ein Unternehmen mit so vielen Nationalitäten in einem Haus und einer so innovativen und weitreichenden Denke, die von allen Mitarbeitern gelebt und umgesetzt wird, ist zu Recht einer der Marktführer im Bereich Digitalisierung.

Ich denke, die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken können sich sowohl bei der Unternehmenskultur als auch bei der Ideengewinnung etwas von Google abschauen. Die genossenschaftliche Idee ,Was einer nicht schafft, das schaffen viele‘ ist bei unseren Genossenschaften immer noch tief verwurzelt und bringt ein großes Wir-Gefühl und eine starke Vertrauensbasis mit sich. Das ist eine gute Basis für innovative Führungsmodelle. Eine Ideenplattform oder Kreativzeiten für Mitarbeiter aller bayerischen Genossenschaften könnten Innovationen fördern. Wichtig wäre, dass sich nicht nur Bankmitarbeiter, sondern auch schlaue Köpfe der Rechenzentrale, des Verbands und von Verbundpartnern einbringen, damit aus guten Ideen auch umsetzungsreife Projekte werden.

Persönlich möchte ich mir mehr Zeit nehmen, um mich mit den Möglichkeiten des Online-Marketings zu beschäftigen. Toll wäre, wenn ich wie bei Google 20 Prozent meiner Arbeitszeit darauf verwenden könnte, über Ideen und Neuerungen im Unternehmen nachzudenken, die nicht zwingend für mein tägliches Tun erforderlich sind.“

Was künstliche Intelligenz alles kann, ist erstaunlich

„Die Reise war absolut lehrreich, so etwas sollte der GVB öfter organisieren. Wirklich beeindruckt hat mich, was im Bereich künstlicher Intelligenz (artificial intelligence) und Machine Learning schon heute möglich ist. Da ist schon sehr viel Potenzial für Banken dahinter. Das wurde uns bei Google eindrücklich vor Augen geführt. Wir nutzen künstliche Intelligenz bereits häufiger, als wir denken. Ein gutes Beispiel dafür ist die Anwendung ,Google Translate‘. Der Service übersetzt in Sekundenschnelle Wörter, Sätze und Webseiten zwischen Deutsch und über 100 anderen Sprachen. Wenn man zum Beispiel mit seinem Handy ein Straßenschild in einer fremden Sprache fotografiert, dann wird im Bild die Fremdsprache durch die eigene Sprache ersetzt. Als ich die App zum ersten Mal genutzt habe, war ich perplex. Es ist wirklich faszinierend, was künstliche Intelligenz heute schon leisten kann.

Das wollen wir auch bei uns in der VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu nutzen. Im CRM-System verfügen wir über einen sehr großen Datenbestand, den wir mit künstlicher Intelligenz nach bestimmten Mustern und neuen Vertriebsansätzen durchsuchen können. Dabei bleiben der Aufwand und der Invest überschaubar, denn Google bietet mit TensorFlow ein Software-Framework für Machine Learning an, das jedem kostenfrei zur Verfügung steht. Hier schauen wir einmal, ob dies tatsächlich so einfach zum Einsetzen ist, wie von Google genannt. Ob am Ende tatsächlich verwertbare Ergebnisse stehen, ist für mich beim Ausprobieren zunächst zweitrangig. Wichtig ist, dass wir uns mit dem Thema Machine Learning auseinandersetzen und für uns Erfahrung dahingehend sammeln, wo Potenziale und Grenzen der Technologie sind.

Interessant war auch, wie viele junge Menschen bei Google arbeiten. Da sind sehr viele Absolventen darunter, die nach der Uni bei Google ihren ersten Job antreten, entsprechend motiviert sind und viele gute Ideen generieren. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken könnten die Talente von Hochschulabsolventen ebenfalls noch stärker für sich nutzen. Selbst wenn sie nach ein paar Jahren den Job wechseln, die guten Ideen bleiben im Haus.“

Google Docks, Dublin, Grand Canal Dock, Europazentrale, Headquarter, Irland.
Die Google-Europazentrale „Google Docks“ (rechts im Bild) am Grand Canal Dock in Dublin. Foto: picture alliance/NurPhoto
Google Docks, Dublin, Grand Canal Dock, Europazentrale, Headquarter, Irland.
Die „Hyperlink“-Fußgängerbrücke verbindet das Hauptgebäude der „Google Docks“ mit zwei weiteren Google-Bürogebäuden. Foto: dpa
Google Docks, Dublin, Grand Canal Dock, Europazentrale, Headquarter, Irland.
Der Firmenname ist nicht zu übersehen: Eingangsbereich der „Google Docks“. Alle Fotos: GVB
Google Docks, Dublin, Grand Canal Dock, Europazentrale, Headquarter, Irland.
Im Inneren des Gebäudes dienen die Buchstaben von Google als Sitzgelegenheit und Lounge.
Google Docks, Dublin, Grand Canal Dock, Europazentrale, Headquarter, Irland.
Kaffeepause der Besucher aus Bayern bei Google in Dublin.

Vorhandene Daten besser nutzen

„Ich habe bei Google sehr viel über künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen erfahren. Besonders beeindruckt hat mich jedoch die Unternehmenskultur. Alle gehen sehr offen miteinander um, jeder darf und soll sich einbringen. Ideen und Projekte, die in der Umsetzung gescheitert sind, werden mit Preisen ausgezeichnet. Denn durch Fehler lernt man. Die Mitarbeiter sind angehalten, über den Tellerrand hinauszublicken. Sehr gut hat mir in diesem Zusammenhang ein Zitat des bereits verstorbenen US-Ökonomen Peter Drucker gefallen, das während der Reise gefallen ist: ,Die Kultur isst die Strategie zum Frühstück.‘ Das heißt, wenn die Unternehmenskultur nicht stimmt und die Mitarbeiter nicht mitspielen, hilft die beste Strategie nichts. Daran sollten wir ab und zu denken.

Ein wichtiger Punkt war auch die Erkenntnis, dass wir die bei uns vorhandenen Daten noch besser für unser Marketing nutzen sollten. Bevor wir umfangreiche Marketingkampagnen starten, könnten wir zum Beispiel anhand der vorhandenen Daten im Vorfeld noch genauer analysieren, wen wir mit welcher Botschaft ansprechen wollen. Das werde ich auf jeden Fall umsetzen.

Persönlich habe ich mir vorgenommen, meiner eigenen Kreativität mehr zu vertrauen. Außerdem werde ich mir die ,Ja, und…“-Methode zu Herzen nehmen und versuchen, sie in Projekten umzusetzen. Alles in allem waren es zwei sehr interessante und spannende Tage bei Google mit vielen Einblicken hinter die Kulissen.“

Digitale Chancen nutzen

„Google ist ein US-Unternehmen, das merkt man sofort. Insbesondere die Führungskultur unterscheidet sich stark von deutschen Banken. Bei Google bewerben sich 1.000 Kandidaten auf eine Stelle, dennoch schauen sich die Führungskräfte weniger an, welche Erfahrung ein Bewerber mitbringt, sondern welches Potenzial. Auch bei Mitarbeitern, die bereits zum Unternehmen gehören, steht das Potenzial im Vordergrund. Sie werden gefordert und gefördert, indem sie eigene Projekte anvertraut bekommen. Bei der Umsetzung ihrer Projekte sind die Mitarbeiter frei. Das ist eine ganz andere Denke wie bei uns, die mir imponiert hat.

Natürlich hat mich und meine Kollegen auch interessiert, welche digitalen Trends bei Google ganz oben auf der Agenda stehen. Banking wird immer digitaler, auf diesem Weg wollen wir möglichst viele Menschen mitnehmen. Digitale Anwendungen haben wir mit unserer ,Digitalen Erlebniswelt‘ in Straubing den Mitarbeitern und Kunden nähergebracht. Die  Raiffeisenbank Straubing hat die Reise nach Dublin als Incentive unter allen Mitarbeitern verlost. Das Interesse war sehr groß. Alle Teilnehmer sind in verschiedenen Bereichen unserer Bank tätig, von der Kundenberatung über den Versicherungsvertrieb bis zum Marketing. Die Reise war jedoch für alle bereichernd.

Auch wenn sich die Angebote von Google nicht eins zu eins auf die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken übertragen lassen, habe ich einige Anregungen mitgenommen. Zum Beispiel, digitale Trends nicht zu unterschätzen. Sprachassistenten etwa spielen heute noch eine untergeordnete Rolle in unserem Leben, aber in fünf Jahren kann das schon ganz anders sein. Wir sollten den Mehrwert digitaler Angebote nicht nach dem heutigen Kenntnisstand bewerten, sondern das Potenzial sehen und die Möglichkeiten weiterdenken. Das wollen wir auch in der Raiffeisenbank Straubing beherzigen, zum Beispiel beim Thema Virtual Reality. Mit VR-Brillen können sich Kunden beispielsweise eine Immobilie so anschauen, als wären sie vor Ort. Wenn man noch weiter geht, könnte man das reale Bild sogar noch um zusätzliche Informationen ergänzen – etwa, wie die neue Wohnung aussehen wird, wenn sie eingerichtet ist (Augmented Reality). In diese Richtung wollen wir uns informieren und schauen, ob wir etwas daraus machen können.“

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