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Wenn sich Gregor Scheller anschaut, wie die Servicedienstleistungen in den Filialen der Volksbank Forchheim nachgefragt werden, dann stand im Jahresvergleich zuletzt jedes Mal ein Minus in der Tabelle. „Seit 2014 sind einfache Schaltergeschäfte wie Überweisungen oder Abhebungen um über ein Drittel zurückgegangen“, berichtet der Vorstandsvorsitzende des oberfränkischen Kreditinstituts. Das heißt nicht, dass die Bank weniger Kunden hat. Sie erledigen ihre Bankgeschäfte bloß immer häufiger online oder bezahlen ihre Einkäufe statt mit Bargeld mit Girokarte. Gleichzeitig ist der Wunsch nach persönlicher Beratung bei komplexeren Anlage- und Finanzierungsvorhaben gestiegen, hat Scheller festgestellt. „Insbesondere bei Wertpapiergeschäften und Krediten schätzen unsere Kunden die Möglichkeit, ein längeres Gespräch zu führen.“

Auf diese veränderten Kundengewohnheiten müssen die Volksbanken und Raiffeisenbanken eine Antwort finden – ebenso wie auf die fortschreitende Automatisierung von Arbeitsabläufen und Dienstleistungen. Hinzu kommen der steigende Wettbewerbsdruck und die anhaltende Niedrigzinsphase. „Die Bankenwelt erlebt aktuell den größten Umbruch seit der Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“, sagt Scheller. Doch er will nicht klagen, sondern anpacken.

Ziel des Projekts „Kundenwelt 2025“ ist es, die Produktivität der Volksbank Forchheim um 50 Prozent zu steigern. Dabei geht es nicht darum, Kosten zu sparen. Vielmehr sollen die frei werdenden Kapazitäten dazu eingesetzt werden, neues Geschäft zu generieren. „Wir wollen überdurchschnittlich wachsen, um unsere Erträge zu sichern“, erklärt Scheller.

Die Volksbank Forchheim hat ein Konzept aufgelegt, um sich zukunftsfähig aufzustellen. „Kundenwelt 2025“ heißt das Strategieprojekt, das aus mehreren Bausteinen besteht. Anfang 2018 informierte der Vorstand die Vertreter der Bank über die Pläne. „Wir wollen unsere Präsenz vor Ort optimieren, die Möglichkeiten der digitalen Welt für unsere Kunden und Arbeitsabläufe nutzen und ein Produktmanagement implementieren“, sagt der Vorstandsvorsitzende. „Das ist in den nächsten Jahren unser zentrales Projekt, um unsere Wettbewerbsfähigkeit auf Basis unserer genossenschaftlichen Philosophie zu stärken.“ Bis Ende 2020 soll das Konzept umgesetzt sein, damit es bis 2025 seine volle Wirkung entfalten kann.

Ziel des Projekts „Kundenwelt 2025“ ist es, die Produktivität der Volksbank Forchheim um 50 Prozent zu steigern. Dabei geht es nicht darum, Kosten zu sparen. Vielmehr sollen die frei werdenden Kapazitäten dazu eingesetzt werden, neues Geschäft zu generieren. „Wir wollen überdurchschnittlich wachsen, um unsere Erträge zu sichern“, erklärt Scheller.

Service-Zeiten angepasst

Um den veränderten Kundenbedürfnissen zu entsprechen, hat die Bank unter dem Motto „Offen für neue Zeiten“ ihr Beratungsangebot sowie die Erreichbarkeit und die Öffnungszeiten der insgesamt 18 Geschäftsstellen angepasst – ohne Filialen zu schließen, wie Scheller betont. Kommuniziert werden die Veränderungen unter drei Schlagworten:

  • „Individual“-Zeit: Die Bank nimmt sich deutlich mehr Zeit für individuelle Gespräche. Die Kunden können montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr sowie samstags nach Vereinbarung einen Termin mit ihrem Berater ausmachen. Damit erfüllt die Volksbank Forchheim ihren Kunden den Wunsch nach mehr persönlicher Beratung.
  • „Filial“-Zeit: Die Schalter-Öffnungszeiten wurden Anfang April an die Nachfrage angepasst. Neben möglichst einheitlichen Zeiten, die leicht zu merken sind, sollte zudem die Kundennähe gewährleistet bleiben. Dafür hat die Bank sogenannte „Tandemfilialen“ gebildet, deren Öffnungszeiten sich gegenseitig ergänzen. Hat eine geschlossen, werden die Kunden nur wenige Kilometer entfernt in der anderen Geschäftsstelle bedient. Das betrifft vor allem die schwächer frequentierte Nachmittagszeit, während vormittags in der Regel beide Filialen geöffnet sind. „Obwohl wir unsere Service-Zeiten um bis zu 30 Prozent reduziert haben, gab es keine Beschwerden, weil wir vor Ort bleiben und die Kunden in einer der Tandemfilialen immer ihre gewohnten Ansprechpartner finden“, sagt Scheller. Die gewonnene Zeit investieren die Mitarbeiter in die individuelle Beratung, die auch außerhalb der Schalter-Öffnungszeiten in den Filialen möglich ist. Bei der Entwicklung dieses Konzepts nutzte die Bank die Ergebnisse der vom GVB durchgeführten Filialanalyse.
  • „Digital“-Zeit: Wie alle Volksbanken und Raiffeisenbanken bietet auch die Volksbank Forchheim Online- und Mobile-Banking an, damit die Kunden rund um die Uhr und ortsunabhängig ihre Bankangelegenheiten erledigen können.

Geschäftsstellen werden modernisiert

Auch die Einrichtung der Geschäftsstellen passt die Volksbank Forchheim an die neuen Kundenbedürfnisse an. Den Anfang machte im vergangenen Jahr die Filiale Eggolsheim. Dort wurden der Wartebereich und der Selbstbedienungsbereich mit Geldautomat und Kontoauszugsdrucker zusammengelegt. Dadurch ließ sich die Filiale viel freundlicher und offener gestalten. Für individuelle Kundentermine gibt es zwei Beratungszimmer, die Bankmitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz in einem separaten Raum. So werden die Funktionen Arbeit und Kundenberatung räumlich klar getrennt. In den Beratungszimmern hält die Bank Lesebrillen für ihre Kunden bereit. „Manchmal kommt es auf die Details an. Die Kunden wissen kleine Aufmerksamkeiten zu schätzen“, sagt Scheller.

Filiale Eggolsheim der Volksbank Forchheim.
Die neu gestaltete Filiale Eggolsheim der Volksbank Forchheim in der Hauptstraße.
Filiale Eggolsheim der Volksbank Forchheim.
Grundriss der neuen Filiale in Eggolsheim: Gut erkennbar ist die offene Gestaltung des Service- und Wartebereichs.
Filiale Eggolsheim der Volksbank Forchheim.
Blick in den Innenraum der modernisierten Filiale Eggolsheim der Volksbank Forchheim (Grafik).

Zudem wurde die Servicetheke in Eggolsheim durch zwei sogenannte Serviceboxen ersetzt. Dort stehen ein bis zwei Mitarbeiter bereit, um die Anliegen der Kunden sofort zu bearbeiten. Das können einfache Bankgeschäfte wie Überweisungen oder Adressänderungen sein, aber auch kurze Beratungsgespräche. In den Serviceboxen können die Kunden wie an einer Bar auf erhöhten Sitzgelegenheiten Platz nehmen. So haben sie es bequemer und sie müssen nicht stehen, während sie bedient werden. Die Serviceboxen lassen sich elektronisch schließen, um die Diskretion zu wahren. Sie könnten jederzeit ohne großen Aufwand in voll funktionsfähige Beratungszimmer umgebaut werden.

In den nächsten Jahren sollen weitere Filialen nach diesem Schema modernisiert werden. Dieses Jahr ist die Geschäftsstelle in Kirchehrenbach an der Reihe. „Wir setzen weiterhin auf die persönliche Kundenbetreuung und bauen gleichzeitig unser digitales Angebot aus“, sagt der Vorstandsvorsitzende. „So verbinden wir das Beste aus beiden Welten.“

Digitale Technik in der persönlichen Beratung

Auch in der persönlichen Beratung hält bei der Volksbank Forchheim digitale Technik Einzug. Vergangenes Jahr wurden alle Berater mit Tablet-Computern ausgestattet, die sie im Gespräch mit den Kunden einsetzen. Diese können zum Beispiel mit Hilfe einer kleinen Anwendung selbst festlegen, was ihnen bei der Geldanlage wichtig ist. „So erfahren sie ganz spielerisch die Zusammenhänge von Ertrag, Verfügbarkeit und Sicherheit“, sagt Scheller.

Neu ist auch der digitale Geldanlage-Assistent „MeinInvest“, über den „Profil“ bereits in der Ausgabe 04/2018 berichtet hat. Seit Januar können die Kunden auf der Webseite der Volksbank Forchheim mit einigen Klicks herausfinden, welcher Anlegertyp sie sind und welche Geldanlage zu ihnen und ihren persönlichen Zielen passt. Anschließend können die Kunden ihre Geldanlage direkt online abschließen. Scheller setzt allerdings nicht allein auf digitale Anwendungen: „Wir sind innovativ, aber nicht dogmatisch. Deshalb richten wir uns nach dem Kunden und nicht nach dem, was technisch möglich ist. Wenn es passt, kommt auch der klassische Schreibblock zum Einsatz.“

Im Laufe des Jahres will das Kreditinstitut zudem ein KundenDialogCenter installieren. Dann können die Kunden von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr telefonisch oder per E-Mail mit ihrem Bankberater in Kontakt treten und ihre Bankgeschäfte erledigen. Ebenfalls sind persönliche Beratungsgespräche per Videochat und sogenanntem „Co-Browsing“ geplant. Beim Co-Browsing können Kunde und Berater jeweils über ihren eigenen PC oder Tablet zusammen auf denselben Bildschirm zugreifen und gemeinsam navigieren. „Wir brauchen eine gute Mischung aus räumlicher und virtueller Nähe“, sagt Scheller. „Mit Video und Co-Browsing ermöglichen wir eine ortsunabhängige Beratung durch den persönlichen Ansprechpartner.“

Workshop-Reihe für die Mitarbeiter

Auch die Mitarbeiter werden in  das Konzept „Kundenwelt 2025“ einbezogen. „Sie müssen die digitalen Anwendungen genauso verstehen und anwenden wollen wie die Kunden. Das hat viel mit der inneren Einstellung zu tun“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Deshalb bietet die Bank allen Mitarbeitern die Workshop-Reihe „Erfolg beginnt im Kopf“ an. Ziel ist es, die Persönlichkeit der Teilnehmer zu entwickeln, damit diese bereit sind, Herausforderungen anzunehmen und ihre Potenziale zu nutzen. Die Teilnahme an drei Vormittagen ist freiwillig. Wer mitmacht, muss dafür einen halben Tag Urlaub beziehungsweise Freizeit einbringen.

Zugleich legt der Vorstandsvorsitzende Wert darauf, dass alle Mitarbeiter genauso wie die Kunden Klarheit erhalten, welche Ziele die Bank verfolgt. „In einer Zeit des Wandels brauchen wir Orientierung und klare Botschaften“, sagt Scheller. Deshalb informiert die Bank alle Mitarbeiter regelmäßig über neue Entwicklungen und lässt sie an Entscheidungen teilhaben. „Technische Innovationen kommen von selbst. Die Frage ist, wie wir mit den Veränderungen umgehen und wie wir unsere Mitarbeiter und Kunden in diese neue Welt begleiten“, sagt Scheller. „Mit unserem Projekt ,Kundenwelt 2025‘ sind wir da auf einem guten Weg.“

Die Volksbank Forchheim

Am Abend des 13. Dezember 1904 gründeten 20 Forchheimer Kaufleute und Handwerksmeister die „Gewerbliche Creditverein eGmbH Forchheim“, aus der in den 1920er Jahren die Volksbank Forchheim wurde. Die erste Geschäftsstelle war ein Zimmer in der Wohnung des 1. Geschäftsführers Adam Musch in der Hauptstraße 36, Geschäftszeiten täglich von 14 bis 16 Uhr. Mittlerweile weist die Volksbank Forchheim eine Bilanzsumme von rund einer Milliarde Euro auf (Stand Ende 2017). Sie hat Kredite für 617 Millionen Euro ausgereicht und verwaltet ein Kundenvermögen von 1,3 Milliarden Euro. 160 Mitarbeiter, davon acht Azubis, betreuen in 18 Geschäftsstellen 51.000 Kunden. Das Kreditinstitut wird von 22.300 Mitgliedern getragen. Auch wenn die Volksbank Forchheim seit 1904 um das Tausendfache gewachsen ist, das Leitbild hat sich seither kaum verändert: „Das Vermögen unserer Kunden zu sichern und zu mehren sowie die Stärkung unserer Leistungsfähigkeit waren und bleiben die wichtigsten Ziele, an denen wir unsere Geschäftspolitik ausrichten.“ Geleitet wird die Bank vom Vorstandsvorsitzenden Gregor Scheller sowie den beiden Vorstandsmitgliedern Joachim Hausner und Alexander Brehm.

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