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Worum geht es?

Die EZB möchte eine digitale Version des Euros nicht nur den Banken, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern der EU zugänglich machen. Die Einführung eines Digitalen Euros in Form eines so genannten Retail-CBDC mit Konto würde zu direkter Konkurrenz zwischen Digitalem Euro und Bargeld sowie dem bestehenden Zahlungsverkehr führen.

Hintergrund: 110 Länder arbeiten an einer digitalen Zentralbankwährung

Derzeit arbeiten weltweit etwa 110 Länder an der Entwicklung digitaler Zentralbankwährungen (englisch: Central Bank Digital Currency, CBDC). Dabei geht es vor allem um eine digitale Version der jeweiligen Währung für den Interbankenmarkt (Wholesale-CBDC). Diese verspricht große Effizienzgewinne durch Senkung der Transaktionskosten und Verarbeitung der Zahlungen in Echtzeit. Die Europäische Zentralbank (EZB) arbeitet hingegen an einer „Retail-CBDC“, die den Bürgerinnen und Bürgern der EU als Digitaler Euro zur Verfügung gestellt werden soll. Damit will die EZB die Möglichkeiten zur digitalen Bezahlung ausweiten. Somit gäbe es zukünftig im Euroraum drei Formen, wie Geld der EZB gehalten werden könnte: als Bargeld, als Einlagen von Banken bei der EZB oder als Digitaler Euro.

In der seit dem 1. November 2023 laufenden zweijährigen Vorbereitungsphase sollen die Grundlagen für einen potenziellen Digitalen Euro geschaffen werden. Ziel ist die Fertigstellung des Regelwerks und die Auswahl von Anbietern für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) hat dem ursprünglichen Gesetzentwurf der EU-Kommission mit seinem am 12. Februar 2024 veröffentlichten Bericht nun eine neue Richtung vorgegeben. Mit einer Einführung eines Digitalen Euro rechnet die EU-Kommission frühestens 2028.

Wo liegt das Problem?

Die Einführung einer Retail-CBDC mit Konto könnte einen Abfluss von Einlagen zur Folge haben, was sich negativ auf die Kreditversorgung auswirken würde. Diese Kredite fehlen beispielsweise dem Mittelstand bei der grünen Transformation oder Privatkunden bei der energetischen Sanierung. Der volkswirtschaftliche Schaden wäre immens. Die vorgesehene Verpflichtung für Banken, grundlegende Dienstleistungen für den Digitalen Euro unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, erhöht zudem den Kostendruck und führt zu einem eingeschränkten Serviceangebot, besonders im Filialbetrieb und der Bargeldversorgung. Der Kostendruck würde bei Einführung des Digitalen Euros das Bargeldangebot durch Banken weiter reduzieren.

Wie ließe sich das Problem lösen?

Der Digitale Euro sollte allein als Offline-Version im digitalen Wallet zur Verfügung gestellt werden, nicht als Online-Version mit Konto bei der Zentralbank. Er sollte mit einem gesetzlichen Haltelimit von 500 Euro verbunden sein. So ließen sich Engpässe in der Kreditvergabe vermeiden und die Eigenschaften von Bargeld auch in digitaler Form erhalten. Wichtig ist, dass der Digitale Euro möglichst als Bargeld-Äquivalent ausgestaltet wird, damit Privatsphäre und Technologieunabhängigkeit im Zahlungsverkehr bestehen bleiben. Eine Retail-CBDC in der Form, wie sie die EU-Kommission vorgestellt hat, kann dies nicht leisten.

Auch dürfen Designentscheidungen nicht allein von der EZB festgelegt werden, sondern müssen aufgrund ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz eine hohe demokratische Legitimität aufweisen. Die Kosten des Digitalen Euro-Systems dürfen zudem nicht allein bei den Geschäftsbanken liegen. Um eine erfolgreiche Einführung zu gewährleisten, sollte die Entwicklung der Wholesale-CBDC für den Interbankenmarkt Vorrang haben.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments hat in seinem Bericht viele dieser Lösungen bereits aufgenommen. So soll ein Multistakeholder-Organ die Governance des Digitalen Euros übernehmen. Auch die angedachte finanzielle Kompensation der Banken und die Möglichkeit zur Entwicklung und Bepreisung von angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Digitalen Euro können zu einer erfolgreichen Umsetzung im europäischen Finanzmarkt beitragen. Wichtig ist, dass Politik und Öffentlichkeit den Entwicklungsprozess weiterhin eng begleiten.


Gregor Scheller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

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