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Herr Dandorfer, wie sieht die Welt 2030 aus der Sicht der Münchner Bank aus?

Michael Dandorfer: Unsere Idee ist, dass Digitales und Menschliches stärker zusammenwachsen. Ich bin der Überzeugung, je digitaler die Welt wird, desto wichtiger wird es, von Mensch zu Mensch zu agieren. Nähe und Emotion kann ich nicht mit Null und Eins transportieren. Der persönliche Kontakt wird wieder wichtig werden. Persönlich bin ich mir sicher, dass Banken 2030 komplett anders aussehen werden. Vielleicht werden sie eher ein Netzwerk sein, das mit Bankdienstleistungen unterstützt und auch darüber hinaus verbindet.

Vor allem in ländlichen Regionen ist es schwer, überhaupt noch eine Bankfiliale zu finden.

Dandorfer: Wenn Sie Bank als Bankfiliale sehen: Ja. In München haben wir das Problem eher weniger. Wichtig ist es, dass ich einen Berater habe, dem ich vertraue, der mich kennt, meine Situation kennt und meine Sorgen und Ängste ernst nimmt. Ob ich das Gespräch in einer Filiale führe oder ob mein Berater zu mir nach Hause kommt oder ob wir uns bei einem anderen Bankmitglied treffen, wird die Zukunft zeigen.

Welche Umbrüche haben Banken in Zukunft zu erwarten?

Dandorfer: Wenn ich das Zitat von Bill Gates anführen darf: „Banking is necessary, banks are not.“ Der Kunde muss einen echten Mehrwert bekommen, und das wird in einer Art regionalem Ökosystem passieren. Ich glaube nicht, dass die Menschen wie bisher zu jeder Finanzdienstleistung in die Filiale gehen müssen, um sich beraten zu lassen. Es ist doch schon so, dass der Kunde eine bestimmte Dienstleistung nutzen will, beispielsweise ein Haus oder eine Wohnung kaufen will. Dann sucht man zuerst einmal nach einer Wohnung. Wenn man dann die Wohnung über das Netzwerk der Münchner Bank bekommt, dann wird die Baufinanzierung maßgeschneidert angeboten, ebenso wie die Versicherungen, die dafür notwendig sind. Diese bekommt man als Paket dazu.

Zur Person

Michael Dandorfer ist seit April 2017 Vorstandsmitglied der Münchner Bank eG. Der 40-jährige Diplom-Kaufmann und ausgebildete Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer verantwortet die Bereiche Gesamtbanksteuerung, Marktfolge Aktiv und Passiv, Prozess- und Qualitätsmanagement, IT- und Organisation, Zahlungsverkehr, Finanzen, Interne Revision und Compliance.

Der Service wird also bedürfnisorientierter?

Dandorfer: Wir machen bei uns keinen Produktverkauf, sondern beraten ganzheitlich. Diesen ganzheitlichen Ansatz übertragen wir in einen Mehrwert für alle unsere Mitglieder in der Region. Wenn jemand nach München kommt und sagt, er möchte gerne ein Rundum-Sorglos-Paket haben, das von der Wohnung über den Kita-Platz bis zur Schule reicht, dann soll er wissen, dass er dieses Paket bei der Münchner Bank bekommt. Er hat einen Ansprechpartner, der nicht nur ein Konto eröffnet, sondern der ihm auch eine Kita, gute Schulen oder sogar ein gutes Restaurant empfiehlt. Es geht darum, ein Netzwerk in der Region herzustellen, damit man sich von Beginn an wohlfühlt.

Wie kann eine Bank diese Kompetenzen, die man von ihr nicht unbedingt erwartet, leisten?

Dandorfer: Als älteste Genossenschaftsbank machen wir seit 157 Jahren nichts anderes. Wir sind für unsere Mitglieder da. Wir müssen nur das Wissen, das wir über unsere Mitglieder haben, auch als Mehrwert transportieren. Wir hören uns die Bedürfnisse unserer Mitglieder nicht nur in finanzieller Hinsicht an. Beispielsweise haben wir in unserer Filiale eine Partnerwand, von Mitgliedern für Mitglieder. Dort sind viele Handwerker verzeichnet, die exklusiv für Mitglieder einen Express-Service anbieten. Und das müssen wir noch stärker unseren Kunden vermitteln.


Es ist ja fast schon Luxus, in München schnell einen Handwerker zu finden.

Dandorfer: Wenn man beiden Seiten den Mehrwert einer Mitgliedschaft vermitteln kann, dann ist das doch wunderbar.

„Crowdfunding machen wir eigentlich seit 157 Jahren.“

Das Konzept einer Genossenschaftsbank ist ja eigentlich eines der Vergangenheit – das aber angesichts von Ideen wie Crowdfunding wiederum ein Konzept für die Zukunft ist.

Dandorfer: Absolut. Wenn jüngere Menschen zu uns kommen und man stellt die Bank vor als Genossenschaftsbank, dann sieht man in den Augen der Jugendlichen nicht unbedingt sprühende Begeisterung für das Thema Bank. Klar hat die Bankenwelt in der Vergangenheit Riesenfehler gemacht. Das Image ist nicht das beste. Deswegen kann man junge Leute kaum noch dafür begeistern. Aber wenn man die Region ernst nimmt und die Werte und man sagt, die Münchner Bank ist letztendlich nichts anderes als eine große „Crowd“ in München, die den Nutzen für alle erhöht, dann hast du gleich ein ganz anderes Standing. Das Thema Crowdfunding machen wir eigentlich seit 157 Jahren. Wir sammeln das Geld von unseren Mitgliedern und geben es für eine nötige Investition für andere Mitglieder aus.

Die Münchner Bank ist sehr sozial engagiert. Wie denn?

Dandorfer: Über unsere Crowdfunding-Plattform. Wenn Mitglieder ein Projekt voranbringen wollen, unterstützen wir sie dabei. Ich war selbst im Montessori-Kindergarten meiner Kinder ehrenamtlich für die Finanzen verantwortlich. Die Kinder brauchten einen neuen Spielplatz, und dies überforderte die finanziellen Möglichkeiten des Trägervereins. Daraufhin haben wir Spender gesucht und die Aktion auf unserer Crowdfunding-Plattform mitlanciert. So konnten die Eltern jeweils einen kleinen Teil beisteuern, die Münchner Bank hat etwas dazugegeben. Damit konnte der Kindergarten den Spielplatz bauen, und wir bekamen als Belohnung dafür leuchtende Kinderaugen. Bisher konnten wir auf diese Weise rund 50 Projekte unterstützen und München und die Region voranbringen. Gerade kooperieren wir mit der Abendzeitung auch für ein Spendenprojekt, bei dem sich Münchner Vereine bewerben können.


Wie landen Projekte bei Ihnen?

Dandorfer: Es passiert meist über Kontakte in unseren Filialen. Oft kommen Leute in unseren Geschäftsstellen und fragen für ihren gemeinnützigen Verein nach Spenden. Dazu geben wir gerne etwas, aber wir wollen mehr, als nur ein Foto bei der Spendenübergabe zu schießen. Wir wollen die Projekte an sich bekannt machen und möglichst viele einbinden. Zuletzt entscheiden dann die Mitglieder der Münchner Bank, ob ein Projekt förderungswürdig ist. Wir haben auch in unseren Mitgliederboxen einen Spendengutschein beiliegen. So kann jeder, wenn er das Projekt unterstützen möchte, gleich zehn Euro spenden oder gerne auch mehr.


Was sind die Kriterien für diese Projekte?

Dandorfer: Es muss ein regionales Projekt sein, und es muss ein sozialer oder gemeinnütziger Bezug bestehen. Wir übernehmen die administrative Abwicklung für den Verein.

„Vertrauenssache ist immer auch Gefühlssache.“

Es geht also auch darum, Bank und Menschlichkeit zusammenzubringen?

Dandorfer: Uns ist das Emotionale sehr wichtig, denn bei einer Entscheidung muss auch immer das Bauchgefühl stimmen. Es ist wichtig, dass Kopf und Bauch sagen, bei dem Berater und bei dieser Bank fühle ich mich auch in Zukunft gut aufgehoben. Es ist immer Vertrauenssache, und Vertrauenssache ist immer auch Gefühlssache. Man muss die Leute als Menschen ernst nehmen, nicht nur als Kunden. Gerade das Regionale ist ein Pluspunkt, der uns auszeichnet.


Wie sieht es mit Anlage-Empfehlungen für die Zukunft aus? Was erwartet uns?

Dandorfer: Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Aber für mich ist ganz wichtig: die Definition. Was heißt nachhaltig anlegen? Ist Elektrifizierung des Verkehrs nachhaltig, wenn der Strom aus Kohlekraftwerken gewonnen wird? Für die Anlage finde ich es absolut wichtig, nachhaltig zu investieren, aber wir müssen Klarheit schaffen, was nachhaltig bedeutet.

„Nachhaltig ist auch immer regional, denn je weniger Produkte von China zu uns importiert werden müssen, desto eher ist es für mich nachhaltig.“

Was ist für Sie eine nachhaltige Anlage?

Dandorfer: Das ist ein Unternehmen, in das regional investiert wird – wie Crowdfunding in regionale Projekte. Auch mit einer Rendite, die aber nicht nur in Geldform ausbezahlt werden muss, sondern auch in Produkten dieses Unternehmens. Ich fördere beispielsweise die Existenzgründung eines Ladens, der auf Plastik verzichtet, und der zahlt mir keine Zinsen, sondern gibt mir den Gegenwert als Ware. Dann kaufe ich dort ein und habe ein gutes Gefühl, fördere aber auch diese nachhaltige Anlageform. Nachhaltig ist auch immer regional, denn je weniger Produkte von China zu uns importiert werden müssen, desto eher ist es für mich nachhaltig. Aber man sollte nie alles auf ein Pferd setzen. Es kommt auf die Mischung verschiedener Komponenten an. Einen Teil in Gold anzulegen, ist immer gut. Immobilien geben ebenfalls eine gewisse Sicherheit im Alter. Auch das Thema Sparen ist aus meiner Sicht, obwohl man bei größeren Summen eher bestraft wird, trotzdem wichtig, da es um die Grundeinstellung geht. Will ich auf Pump leben? Oder will ich das, was ich mir anschaffe, selbst aufgebaut haben?
 

Gibt es in Zukunft eine Renaissance des Sparbuchs?

Dandorfer: Ehrlicherweise würde ich das fast ausschließen. Nur einen gewissen Teil sollte man im Sparbuch anlegen. Aktien beziehungsweise Aktienfonds sollten ebenfalls in den Anlage-Mix. Auch wir bei der Münchner Bank haben einen Robo-Advisor, bei dem schon mit ganz kleinen Beträgen Anlagen gemacht werden können. Wenn die Oma für die Kinder etwas tun will, dann sollte sie das Geld nicht in ein Sparbuch, sondern in einen Robo-Advisor geben, damit das Geld in Fonds angelegt wird. Da gibt es verschiedene Varianten, von risikoorientiert oder risikoavers. Der Robo-Advisor verteilt das Geld in Fonds, und diese sind weitgestreut, haben dann einen gewissen Teil Rentenpapiere, einen gewissen Teil Gold, auch Unternehmensaktien und andere Papiere. So habe ich immer eine breite Mischung.
 

Herr Dandorfer, vielen Dank für das Interview!


Das Interview ist zuerst in der Münchner Abendzeitung vom 14. November 2019 erschienen. Anlass war der „Zukunftstag“ des Blatts im Hotel Bayerischer Hof in München. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Abendzeitung.

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