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Im April hat die EU-Kommission ein Gesetzespaket zum Krisenmanagement von Banken und der Einlagensicherung vorgelegt. Damit setzt sie das sogenannte CMDI-Review (CMDI = Crisis Management & Deposit Insurance) um. Der Vorschlag zielt darauf ab, auch kleine und mittlere Banken künftig der europäischen Abwicklungsbehörde zu unterstellen. Zudem werden Teile des EU-Abwicklungsregimes neugestaltet. Dies betrifft sowohl die Regeln zur Sanierung und Abwicklung von Instituten als auch die Einlagensicherung. Ein massiver Eingriff in die bewährte genossenschaftliche Institutssicherung steht bevor – zulasten der Finanzstabilität.

Welche Neuerungen ergeben sich durch die CMDI?

Der generelle Kanon der CMDI-Review lässt eine faktische Verstaatlichung des Krisenmanagements für Banken erwarten. Mit einer Ausweitung der Abwicklungsregeln sieht der Vorschlag der europäischen Kommission vor, künftig die Vorgänge für mittlere, aber auch für kleine Kreditinstitute zu standardisieren. Diese Empfehlung stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die bewährten und stabilen Institutssicherungssysteme von Genossenschaftsbanken dar. Zusätzlich führen die Pläne zu bürokratischen und finanziellen Mehrbelastungen für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Im Detail plant die Kommission in ihrer Novelle, die nationalen Einlagen- und Institutionssicherungssysteme mit in die Abwicklungsfinanzierung einzubeziehen. Da sie gleichzeitig beabsichtigt, die Forderungen der Sicherungssysteme im Falle einer Abwicklung zugunsten allgemeiner Einlegerpräferenzen zu untergraben, ist der Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Fassung eine Gefahr für die Finanzstabilität. Es gilt das Kundenvertrauen, das die genossenschaftliche FinanzGruppe durch ihr bewährtes Sicherungssystem aufgebaut hat, aufrechtzuerhalten.

Neben dem finanziellen Aspekt zielt die Gesetzesvorlage auf eine Beschneidung der institutionellen Handlungsmöglichkeiten ab. So erschweren die umfangreichen Vorgaben die Möglichkeiten des Einlagensicherungssystems, stützend einzugreifen, um eine Abwicklung abzuwenden.  Finanzielle Hilfen, die in der genossenschaftlichen FinanzGruppe sowieso nur als Ultima Ratio gelten, könnten unter den neuen Bestimmungen nur noch erschwert gewährt werden. Überhaupt zeigt die Definition „präventiver Maßnahmen“ durch die Kommission, dass das Ziel gar nicht die Vermeidung einer Abwicklung ist. Unter präventiven Maßnahmen verstehen wir bereits das genossenschaftliche Prüfungswesen – nicht die möglichst schnelle Abwicklung. Letzteres widerspricht dem genossenschaftlichen Solidarprinzip. Solidarität funktioniert aber nur bei ähnlichen Risiken und Geschäftsmodellen.

Das Ziel der Finanzstabilität wird durch die Kommissionspläne nämlich ad absurdum geführt. Es entsteht ein ganz ähnliches Problem wie schon bei EDIS: Es ist den soliden Genossenschaftsbanken nicht zuzumuten, einem Haftungsmechanismus zu unterstehen, dem ebenso Banken mit wesentlich riskanteren Geschäftsmodellen angehören.

Was bedeuten die neuen Regelungen für VR-Banken und die genossenschaftliche FinanzGruppe?

Die geplante Gesetzesänderung der europäischen Kommission bedroht in ihrer Gesamtheit den Kern und die Existenz der privatrechtlich organisierten Institutssicherung. Das Sicherungssystem der Volks- und Raiffeisenbanken blickt auf eine lange Geschichte ohne auch nur einen Ausfall seit der Gründung in den 1930ger Jahren zurück. Das liegt vor allem am genossenschaftlichen Prüfungs- und Präventionssystem, das frühzeitig Gefahren erkennt und unter minimalen Mitteleinsatz Probleme verhütet, bevor sie kritisch werden. Die Idee, ein staatlicher Mechanismus könne die Erfahrung und Effizienz dieses über hundert Jahre gewachsenen und nachweislich stabilen Systems auch nur im Ansatz erreichen, ist milde gesprochen abenteuerlich.

Die CMDI-Review will zukünftig die Handlungsfähigkeit dieses bewährten Institutssicherungssystems beschränken. Ohne präventive Maßnahmen und ein regelmäßiges Monitoring lange bevor es zu Ausfallszenarien kommt, ist die Stabilität des Systems gefährdet. Dass finanzielle Unterstützungen nicht mehr vorbeugend eingesetzt werden dürfen, um eine Abwicklung zu vermeiden, ist auch ein Schritt in die falsche Richtung.

Auf Institutsebene zielen die Neuerungen - wie eingangs erwähnt - konkret auf mittlere und kleinere Institute ab. Demnach sollen die GVB-Mitgliedsbanken künftig denselben Abwicklungsregeln unterliegen wie systemrelevante (Groß-)Banken. Die Kommission erklärte in ihren Entwürfen zwar zuletzt, die Bewertung des öffentlichen Interesses im Einzelfall anpassen zu wollen. Hier aber dem Ermessen der Behörden ausgesetzt zu sein, ist ein inakzeptabler Risikofaktor. Darüber hinaus bedeutet der Einbezug in das Abwicklungsregime einen zusätzlichen administrativen (Abwicklungsreporting) sowie finanziellen Aufwand. Die Institute wären unter den Vorgaben dazu verpflichtet, vorzuhaltende Mittel für Abwicklungszwecke aufzubauen (MREL).

Was fordert der GVB von der EU-Kommission?

Die Vorschläge der Europäischen Kommission erzeugen falsche Anreize und haben das Potenzial, das Vertrauen der Einleger in unsere Einlagensicherungssysteme massiv zu schädigen.

Da die Pläne des Abwicklungsregimes die Erfolge unserer nationalen Sicherungssysteme völlig außen vor lassen, gilt es Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein funktionsfähiges Sicherungssystem eben nicht beschneiden.

Der Genossenschaftsverband Bayern fordert daher die Europäische Kommission auf, nicht-systemrelevante Institute, die einem bewährten Institutssicherungssystem unterstehen, vollständig und eindeutig von den neuen Regelungen auszunehmen.
 

Gregor Scheller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

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