Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Nach dem Baufinanzierungsboom der letzten Jahre ist aktuell eine deutliche Zurückhaltung aller Marktteilnehmer zu spüren. Der deutsche Wohnungsbau blickt voller Sorgen in die Zukunft: Stornierungen, hohe Kosten und teure Finanzierung. Viele Kaufinteressenten sind abgeschreckt. Hält dieser Zustand länger an, hat dies fatale Folgen auf den Wohnungsmarkt. Bereits seit Jahren hängt der Neubau von Wohnungen den politisch gesteckten Zielen hinterher. Deshalb sind in der aktuellen Situation gezielte Anreize notwendig, um die dringend benötigten Bauinvestitionen zu stützen.

Wie hat sich das Immobilienkreditgeschäft 2022 in Bayern entwickelt und wie ist die Lage aktuell?

Insgesamt lief das private Immobilienkreditgeschäft bei den bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken auf das Gesamtjahr 2022 bezogen sehr zufriedenstellend. Baufinanzierungen legten um 8,3 Prozent auf über 55 Milliarden Euro zu.

Noch Anfang 2022 waren die Zinsen für Immobilienkredite auf einem historisch niedrigen Niveau. Entsprechend war die Nachfrage nach Baufinanzierungen sehr hoch. Etwa ab dem Frühjahr war dann klar, dass die anziehende Inflation nicht nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Entsprechend erwarteten die Marktteilnehmer steigende Leitzinsen von Seiten der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese Tatsache verlieh der Immobilienkreditnachfrage bis etwa zur Mitte des Jahres nochmal einen deutlichen Schub. Viele Häuslebauer wollten sich noch günstige Zinskonditionen sichern. Mit der Zinswende, die die EZB dann ab Juli 2022 einleitete, und den schon hohen Preisen nahm auch die Nachfrage nach Baufinanzierungen Stück für Stück ab. Aktuell beläuft sich das monatliche Kreditneugeschäft auf nur mehr etwa 50 Prozent im Vergleich zu Anfang 2022.

Viele potenzielle Bauherren warten ab, da sie von der aktuellen Gemengelage aus weiterhin hohen Immobilienpreisen, hohen Baukosten und den enorm gestiegenen Zinskosten abgeschreckt sind. Die Bauwirtschaft berichtet von vielen Stornierungen und einige Unternehmen klagen sogar bereits über einen Auftragsmangel. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang im Januar 2023 am Bau um 21 Prozent.

Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Rund 700.000 Wohnungen fehlen deutschlandweit laut einer Anfang Januar veröffentlichte Studie. Auch in Bayern sind Wohnungen knapp. Damit sich der bereits bestehende Wohnungsmangel nicht noch weiter verschärft, sind mehr Bauinvestitionen notwendig. Über den Neubau hinaus wären auch energetisches Bauen und Sanieren notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Schließlich ist der Gebäudesektor für etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich.

Wie können Bauinvestitionen durch die Politik gezielt gefördert werden?

Es könnten zum Beispiel Sonderabschreibungen für Kauf- und Baunebenkosten eingeführt werden. Bei einer Kreditsumme von 500.000 Euro wären fünf Prozent Abschreibung eine enorme Entlastung. Sinnvoll wäre aber auch eine Senkung der Grunderwerbssteuer beim Immobilienkauf.

Andererseits sollten die Mittel für die Förderprogramme dringend erhöht werden. Das bisher veröffentlichte Fördervolumen der KfW für den Wohnungsbau von insgesamt 1,3 Mrd. Euro für 2023 beträgt nicht mal ein Zehntel des Volumens aus 2021 (18 Mrd. Euro). Das ist in der aktuellen Krise des Wohnungsbaus viel zu wenig.

Zudem könnten bestehenden Förderprogramme ergänzt werden. Dabei sollten neben klassischen Neubauförderungen auch spezielle Programme wie zum Beispiel für den Umbau von Bestandsimmobilien zu Mehrgenerationenimmobilien aufgelegt werden. Dort können Großeltern, Eltern und Kinder gemeinsam leben und so vorhandenen Wohnraum besser nutzen. Bereits bestehende Wohnfläche muss künftig auch besser genutzt werden.

Welche zusätzlichen Hürden bestehen im Wohnungsbau und wie können diese abgebaut werden?

Ein regulatorisches Hemmnis besteht aktuell durch den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) auferlegten sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilien in Höhe von zwei Prozent. Das bedeutet, dass Banken aktuell mehr Eigenkapital für Baufinanzierungen vorhalten müssen als noch im letzten Jahr. Dieses zusätzliche Kapital fehlt dann aber bei der Kreditvergabe.

Angekündigt und beschlossen wurde dieser Puffer im Januar 2022 – als die Situation noch eine völlig andere war – mit dem Ziel den Preisanstieg bei Wohnimmobilien einzudämmen. Durch den Zinsanstieg wird der Immobilienmarkt jedoch ohnehin gebremst. Eine zusätzliche künstliche Verschärfung durch die Aufsicht ist nicht notwendig. Die BaFin sollte den Kapitalpuffer aus heutiger Sicht neu bewerten und zurücknehmen.

Eine weitere Hürde besteht beim energetischen Bauen und Sanieren. Bei Neubauten führen die Vorschriften zu deutlichen Kostensteigerungen, die oftmals den wirtschaftlichen Nutzen übersteigen und so den Wohnungsbau zusätzlich hemmen. Die Politik sollte hier dringend eine Kosten-Nutzen-Prüfung der bestehenden Anforderungen durchführen.
 

Gregor Scheller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

Artikel lesen
Positionen