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Die Genossenschaften in Bayern haben ein äußerst herausforderndes Jahr sehr gut gemeistert. Sie haben einmal mehr bewiesen, wie widerstandsfähig und solide das genossenschaftliche Modell ist. Vor allem dann, wenn die Zeiten schwierig und die Herausforderungen groß sind, schlägt die Stunde von Genossenschaften. Sie agieren mit Weitblick und sind sich ihrer Verantwortung für ihre Mitglieder bewusst.

Das vergangene Jahr hielt einiges an Herausforderungen bereit. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine brachte nicht nur ungeheures menschliches Leid, sondern ließ auch die Weltmärkte und Lieferketten durcheinandergeraten. Energiekosten und Rohstoffpreise zogen stark an, die sichere Versorgung der Wirtschaft mit Gas stand zwischenzeitlich infrage. Das Jahr glich einer wirtschaftlichen Achterbahnfahrt.

Zugleich kam in die Geldpolitik neue Bewegung. Historisch hohe Inflationsraten riefen die Währungshüter auf den Plan. Die EZB reagierte spät, aber dann umso stärker, mit einer Zinsanhebung im Expresstempo. Von Juli und Dezember 2022 erhöhte die Zentralbank den Leitzins in vier Schritten von 0 auf 2,5 Prozent. Mittlerweile liegt der Leitzins bei 3,5 Prozent. Eine Erhöhung um 3,5 Prozent innerhalb eines Jahres – das ist mehr als manche Stresstest-Szenarien aus der Bankenregulatorik vorsehen.

„Knapp 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen mit ihrer Arbeit den Mitgliedern, erfolgreich zu sein.“

Dieses wirtschaftliche Umfeld, geprägt von hoher Volatilität und zahlreichen Unwägbarkeiten, stellte die bayerischen Genossenschaften vor harte Bewährungsproben: Kreditgenossenschaften mussten die Auswirkungen der plötzlichen Zinswende managen, das produzierende Gewerbe kämpfte mit gestiegenen Energiekosten und der Sicherung ihrer Gasversorgung. Energiegenossenschaften waren gefragt, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Die Inflation und der Fachkräftemangel bewegten die Genossenschaften aller Branchen. Bei allen Herausforderungen stand der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) seinen Mitgliedern zur Seite. Gemeinsam standen die Genossenschaften in stürmischen Zeiten wie ein Fels in der Brandung.

Prüfen, beraten, bilden, Interessen vertreten – so lautet der Auftrag des GVB. Knapp 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen mit ihrer Arbeit den Mitgliedern, erfolgreich zu sein. Ein Schwerpunkt ist die genossenschaftliche Prüfung. Rund die Hälfte unserer Kolleginnen und Kollegen arbeitet im Prüfungsaußendienst und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Solidität der genossenschaftlichen Solidargemeinschaft.

Auch die Prüfungsarbeit war im vergangenen Jahr geprägt von den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen. Insbesondere die Zinswende hat bei den Kreditgenossenschaften viele Fragen der Bilanzierung, der Gesamtbanksteuerung, des Risikomanagements und des Bankaufsichtsrechts aufgeworfen. Die Expertinnen und Experten des GVB haben mit ihrem gebündelten Wissen die Mitglieder in dieser herausfordernden Zeit unterstützt. Sie haben in persönlichen Gesprächen sowie in Webinaren mit jeweils mehreren Hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Fragen der Mitglieder beantwortet. Alle Informationen zum Thema sind darüber hinaus in einer eigens eingerichteten Themenseite im GVB-Mitgliederportal zusammengefasst worden.

Angesichts der Zinssituation und der steigenden Kapitalauflagen wird Eigenkapital für die Banken zunehmend zu einem knappen Gut. Die Volks- und Raiffeisenbanken sind hier gut aufgestellt und verfügen über eine solide Eigenkapitalausstattung. Als Verband unterstützen wir sie mit Tools und Beratungsangeboten, damit das auch so bleibt. Ein Beispiel ist das Eigenkapital-Benchmarking-Tool, mit dem sie ihre Eigenkapitalausstattung mit derjenigen anderer Institute vergleichen können. Beratungsangebote in diesem Bereich werden weiter an Bedeutung gewinnen – und der GVB steht bereit, diesen Bedarf zu erfüllen.

Die zwischenzeitlichen Engpässe und Preissteigerungen bei fossilen Energien haben das Thema Energiewende noch stärker auf die Agenda gebracht. Energiegenossenschaften können einen wesentlichen Beitrag leisten, um einer dezentralen Energiewende zum Erfolg zu verhelfen. Sie bringen echte Bürgerbeteiligung und gewährleisten damit die Akzeptanz neuer Anlagen vor Ort. Dies haben wir im vergangenen Jahr in zahlreichen Statements, Veröffentlichungen und politischen Gesprächen immer wieder betont und für mehr Unterstützung von Bürgerenergiegenossenschaften geworben. Auch die Anpassungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im so genannten „Osterpaket“ haben wir intensiv in der Interessenvertretung begleitet. Für unsere Mitglieder haben wir auch hier eine Themenseite im GVB-Portal eingerichtet, um alle Informationen des Verbands zur Energiewende zu bündeln.

Es gibt viele weitere Beispiele aus dem vergangenen Jahr, wie wir den Mitgliedern bei ihren aktuellen Herausforderungen bedarfsgerecht helfen konnten:

  • Die Begleitung der Mitglieder bei von ihnen beabsichtigten Fusionen, von der Begleitung der Sondierungsgespräche über rechtliche und steuerliche Beratung bis zur Begleitung im Integrationsprozess;
  • Die steuerliche Beratung beim Thema Grundsteuer, die im vergangenen Jahr alle Immobilieneigentümer beschäftigt hat;
  • Die umfassende Unterstützung beim Thema Nachhaltigkeit – bei strategischen Fragen, in der CSR-Berichterstattung, Kommunikation und in der Regulatorik;
  • Die Identifikation von Einsparpotenzialen beim Energieverbrauch mithilfe von Energie-Audits;
  • Die Gründungsberatung über alle Sektoren hinweg. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Gründungen war auch im vergangenen Jahr die Nahwärmeversorgung.

Wir haben unsere Angebote immer wieder an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Und das werden wir auch weiterhin tun, um unserem Anspruch gerecht werden: den Mitgliedern zu helfen, erfolgreich zu sein.

Trotz eines widrigen wirtschaftlichen Umfelds blicken die bayerischen Genossenschaften auf ein insgesamt erfolgreiches Jahr zurück. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern haben ihr operatives Ergebnis im Jahr 2022 erneut steigern können. Bei ausgereichten Krediten, Kundeneinlagen und Bilanzsumme konnten die genossenschaftlichen Institute im Freistaat erneut zulegen. Die Banken haben in einem anspruchsvollen Umfeld solide gewirtschaftet bei gleichzeitig nur moderaten Kostensteigerungen. Volksbanken und Raiffeisenbanken leisten damit einen nicht zu unterschätzenden stabilisierenden Beitrag zur Finanzierung von Mittelstand, Handwerk und Privatpersonen.

Die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften haben ebenfalls einmal mehr ihre Stärke in schwierigen Zeiten bewiesen. Sie haben das Jahr mit einem Umsatzplus von 15,5 Prozent auf 16 Milliarden Euro abgeschlossen. Im vergangenen Jahr konnte der GVB 34 neue Genossenschaften als Mitglieder aufnehmen. Das ist der höchste Stand seit 2013.  16 davon sind Energiegenossenschaften. Die äußeren Umstände befördern offensichtlich die Bestrebungen in Bayern, sich mit einer nachhaltigen, dezentralen Energieproduktion unabhängig von Energielieferungen aus Drittstaaten zu machen.

„Ein großes Thema der Interessenvertretung war, sich gegen kontraproduktive Einschränkungen bei der Kreditvergabe einzusetzen.“

Die Energieversorgung und -produktion war eines der Themen unserer Interessenvertretung im vergangenen Jahr. Energiegenossenschaften können einen wesentlichen Beitrag zur Akzeptanz der Energiewende vor Ort leisten. Deshalb hat sich der GVB dafür eingesetzt, die Rahmenbedingungen für sie zu verbessern. Dabei ging es unter anderem darum, echte Bürgerbeteiligung zu einem Kriterium bei der Flächenvergabe zu machen und die Förderung für kleine Wasserkraftwerke weiter zu erhalten.

Ein großes Thema der Interessenvertretung war außerdem, sich gegen kontraproduktive Einschränkungen bei der Kreditvergabe einzusetzen. So hat sich der GVB gemeinsam mit anderen Vertretern der Finanz- und Realwirtschaft gegen die Einführung eines antizyklischen Kapitalpuffers und eines sektoralen Puffers für Wohnimmobilienkredite durch die BaFin ausgesprochen. Auch zur Finalisierung des Basel III-Pakets hat der GVB Stellung bezogen und sich dafür ausgesprochen, die Eigenkapitalanforderungen an die Banken nicht zu überdehnen und die Vorgaben im Hinblick auf die Regionalbanken mit Augenmaß umzusetzen. Weitere Themen waren unter anderem die Einführung des digitalen Euro, die Diskussion um eine Deckelung von Dispozinsen, das von der EU geplante Verbot einer provisionsbasierten Anlageberatung, auf das die EU-Kommission nun verzichtet hat.

„Unser strategischer Dreiklang im Verband lautet ,wachsen, gestalten, optimieren‘“

Auch der Verband selbst stellt sich neuen Herausforderungen. Ebenso wie für Genossenschaften ist auch für den GVB der Wandel ein stetiger Begleiter geworden. Wir müssen uns wandeln, um zukunftsfest zu bleiben und uns auf neue Rahmenbedingungen einzustellen. Zu den Herausforderungen zählt, dass die Zahl der Banken sinkt, und damit auch die Anzahl der Jahresabschlussprüfungen im Bereich der Kreditgenossenschaften zurückgeht. Gleichzeitig haben auch wir mit steigenden Kosten für Personal und Energie zu kämpfen. Dem begegnen wir aktiv mit unserer strategischen Ausrichtung.

Unser strategischer Dreiklang lautet „wachsen, gestalten, optimieren“. Wir wollen gemeinsam mit den Mitgliedern wachsen. Der Bedarf an Beratung und Begleitung ist da und darauf richten wir uns als Verband aus. So haben wir beispielsweise im vergangenen Jahr die neue Tochterfirma GCS – Geno Corporate Services GmbH gegründet, mit der wir unter anderem den steigenden Bedarf an Auslagerungsdienstleistungen erfüllen wollen.

„Gestalten“ heißt für uns, dass wir eine aktive Rolle im Verbund spielen, um die Zukunftsthemen der genossenschaftlichen Gruppe mitzuformen. Dazu haben wir die Vernetzung innerhalb der Regionalverbände intensiviert und die Abstimmung mit der Atruvia optimiert. Gerade beim Thema Digitalisierung und Gestaltung der künftigen Prozesse ist es wichtig, dass wir uns im Sinne der Interessen unserer Mitglieder einbringen.

„Optimieren“ ist das dritte strategische Ziel, das wir uns gesetzt haben. Wir haben damit begonnen, an vielen Stellen im Verband die Abläufe und Prozesse zu optimieren, um uns selbst zukunftsfähig aufzustellen. Dazu gehört auch, mehr Transparenz über unsere Aktivitäten und Zahlen zu schaffen, um so die Steuerung zu erleichtern und die Eigenverantwortung zu stärken. Wichtig ist dabei der Gleichklang: Neben den Kennzahlen und Werkzeugen, die wir etablieren, um Abläufe im Verband zu optimieren, haben wir auch intensiv die Themen Kultur, Haltung und Führung bearbeitet. Dies alles hilft uns, die Leistungsfähigkeit des Verbands langfristig sicherzustellen.

Wie auch unsere Mitglieder stehen auch wir vor der Herausforderung, Fachkräfte für unser Team zu finden. Im vergangenen Jahr konnten wir über 50 Stellen erfolgreich neu besetzen – mehr als ein Zehntel unserer Belegschaft. Das zeigt, dass wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Wir haben unsere Aktivitäten zur Arbeitgeberkommunikation deutlich intensiviert, um auch künftig im Wettbewerb um Fachkräfte mitspielen zu können. Unsere neu gestaltete Karriereseite und die verstärkte Aktivität auf den Social-Media-Kanäle stehen dafür. Gleichzeitig investieren wir in Führungskräfteentwicklung, Fortbildung und Kultur, um auch künftig eine hohe Identifikation unserer Belegschaft mit dem Verband und seinen Aufgaben sicherzustellen. So können wir auch künftig mit voller Kraft für unsere Mitglieder da sein.

Ein Höhepunkt des Verbandsjahres war der 121. Verbandstag am 14. Juli, erstmals auf dem Münchner Nockherberg. Das Klassentreffen der bayerischen Genossenschaften konnte nach den Jahren der Corona-Pandemie erstmals wieder stattfinden. Hubert Aiwanger, der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, legte dort ein klares Bekenntnis für Genossenschaften ab. Das haben wir mit Freude vernommen. Eine besondere Freude war es aber, dass wir unsere Mitglieder wieder persönlich bei einer so großen Veranstaltung begrüßen durften. Denn Nähe zu den Mitgliedern heißt nicht nur, ihnen inhaltlich die richtigen Unterstützungsangebote zu machen. Nähe heißt auch, vor Ort zu sein, ein „Verband zum Anfassen“. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Begegnungen beim nächsten Verbandstag am 13. Juli 2023, wieder in München im Paulaner am Nockherberg!


Gregor Scheller ist Verbandspräsident und Vorstandsvorsitzender beim Genossenschaftsverband Bayern.

Siegfried Drexl ist Mitglied des Vorstands beim Genossenschaftsverband Bayern.

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