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Kaum ein Thema bewegte die Entscheidungsträger der Volks- und Raiffeisenbanken im vergangenen Jahr mehr als die Suche nach einer geeigneten Strategie im Umgang mit Spareinlagen. Ziel war, einerseits die Zinskosten nicht explodieren zu lassen, und andererseits Einlagen nicht zu verlieren. Dieses Thema wird nach Einschätzung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) auch im Jahr 2024 weiterhin relevant sein, deshalb soll es kurz beleuchtet werden.

Rückblickend auf das Jahr 2023 lässt sich feststellen, dass der Schock bei den Zinskosten nicht in dem zunächst befürchteten Ausmaß eingetreten ist. Vielen Instituten gelang der Spagat, die Konditionen im Durchschnitt aller Einlagen in einem verträglichen Rahmen zu halten, aber dennoch attraktive Sparprodukte für zinssensible Kunden anzubieten. Flächendeckend konnten zwei Trends festgestellt werden.

  1. Abschmelzen der Sichteinlagen: Während der Niedrigzinsphase rechneten alle Institute damit, dass ein gewisser Anteil der Sichteinlagen abschmilzt, sobald es wieder attraktive Zinsen gibt. Dementsprechend vorsichtig wurden die Sichteinlagen mit Parametern für die Banksteuerung versehen (parametrisiert). Die Annahme, dass ein Teil der Sichteinlagen abschmelzen wird, traf für das Jahr 2023 zu. Da diese nun spürbar zurückgegangen sind, kann für 2024 ein geringerer Anteil der Sichteinlagen als abwanderungsgefährdet eingestuft werden.
  2. Angebot festverzinslicher Sparprodukte: Die überwiegende Mehrheit der bayerischen Kreditgenossenschaften hat zinssensiblen Kunden festverzinsliche Produkte, beispielsweise einen zwei- bis dreijährigen Sparbrief, angeboten. Kunden schichteten dafür von niedriger verzinsten Einlagen in Sparbriefe um. Dies zieht eine Änderung der Einlagenstruktur auf der Passivseite nach sich. Der Anteil der festverzinslichen Sparprodukte stieg merklich.

Auswirkungen auf Margen nicht außer Acht lassen

Flankierend beschäftigte die Banken die Entwicklung der Zinsmargen auf der Passivseite. Je nach Laufzeit und Zinssatz stellen sich diese nach Umschichtung sehr unterschiedlich dar. Die Höhe der Margen ist eine wesentliche Komponente der verlustfreien Bewertung des Zinsbuchs gemäß der vom Bankenfachausschuss (BFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) verabschiedeten Stellungnahme BFA 3. Deshalb empfiehlt der GVB weiterhin, bei Entscheidungen zu Passivprodukten auch die Auswirkungen auf die Margen zu betrachten. Bei der Steuerung von Geldmarktkonten und Kündigungsgeldern bietet es sich weiterhin an, die Zinsen nach Anlagevolumen zu staffeln. Je attraktiver die Konditionen für die Kunden, desto geringer die Marge für die Bank, dafür kann diese einem Volumenabzug entgegenwirken.

Welche Vor- und Nachteile bringen unterschiedliche Sparprodukte? Mit zunehmender Regulierung haben sich die zu beachtenden Abhängigkeiten quasi potenziert. 30-tägige festverzinsliche Festgelder wirken sich beispielsweise negativ auf die Liquiditätskennzahl NSFR aus, träge parametrisierte, variabel verzinsliche Geldmarkt- und Kündigungsgelder wirken entlastend auf die Kennzahlen des Zinsänderungsrisikos (Basel II-Koeffizient und Frühwarnindikatoren). Je länger die Laufzeiten von Sparbriefen gewählt werden, desto stärker helfen diese bei der Absicherung gegen steigende Zinsen.

Transparente und einfache Produkte erhöhen Akzeptanz

Da der Kundenwunsch nach möglichst kurzfristiger Verfügbarkeit der Einlagen weiterhin sehr stark ist, überlegen Institute auch, ehemalige Festzinsprodukte mit einem Kündigungsrecht seitens des Kunden zu versehen und neu aufzulegen – beispielsweise Wachstumssparen. Aus Vertriebssicht kann das Argument der Kündigung nach einer gewissen Sperrfrist nachvollzogen werden, jedoch steigt mit steigendem abgesetzten Volumen die Notwendigkeit, die Kündigungsoptionen des Kunden in der Gesamtbanksteuerung zu berücksichtigen. Es sollte dabei nicht der Fehler gemacht werden, kurze Kündigungssperrfristen bei im zeitlichen Verlauf nur gering steigender Verzinsung anzubieten. Diese beiden Komponenten erhöhen die Gefahr, dass der Kunde zu seinem Vorteil und somit zum Nachteil der Bank das Kündigungsrecht in Anspruch nimmt. Hier dürfte sich am Ende der Slogan „Keep it simple“ auszahlen. Zudem erhöhen transparente und einfache Produkte die Akzeptanz beim Vertrieb und – das ist das Wichtigste – auch beim Kunden. Einfache Produkte bei fairer Bepreisung sollten das Gebot der Stunde sein.

Zinsänderungsrisiko auf Gesamtbankebene betrachten

Wie geht es weiter? Aufgrund der Unsicherheit und der Volatilität der Zinsmärkte rät der GVB davon ab, die Ausgestaltung der Passivprodukte auf Basis einer gewissen „Zinshoffnung“ vorzunehmen („… die Zinsen werden schon nicht mehr steigen“ oder „… ich bin mir sicher, dass die Zinsen im Jahr 2024 wieder fallen werden“ etc.). Zielführender ist eine bewusste Passiv- und Zinsänderungsrisikostrategie auf Gesamtbankebene. Der GVB empfiehlt seinen Mitgliedern, getrennt nach Zielgruppe und Anlagewunsch die vorhandenen Sparprodukte aufzulisten und dann mit dem Vertrieb zu vereinbaren, welche Zielgruppen aktiv angesprochen werden sollen. Dabei sollten die Institute die notwendigen Konditionen inklusive Marge so austarieren, dass die Kunden zufrieden sind. Anschließend sollte geprüft werden, welches Einlagenvolumen auch im Jahr 2024 immer noch abwanderungs- oder umschichtungsgefährdet ist. Das Zinsänderungsrisiko sollte dabei gegebenenfalls auf Gesamtbankebene begrenzt werden.

Mit Produktstrategie Kundennutzen maximieren

Die bisherigen Erfahrungen des GVB zeigen, dass sich die bayerischen Kreditgenossenschaften vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation aktiv mit der Gestaltung ihrer Produkte und einer regelmäßigen Überprüfung der Konditionen auseinandersetzen. Aus Sicht des Verbands geht es dabei vor allem um

  • die strukturierte Erarbeitung einer Produktstrategie als Rahmen für die Produktausgestaltung,
  • die Konditionierung des zinsvariablen Geschäfts und die regelmäßige Parameterüberprüfung (dabei hilft der GVB-Parametercheck, siehe unten),
  • das Fixieren von Zielmargen und der Umgang mit Sonderkonditionen,
  • die Vollständigkeit der Auswirkungsanalysen bei anstehenden Produktentscheidungen oder Aktionen,
  • die Vernetzung von Interessengruppen (Vorstand, Vertrieb, Controlling) über einen institutionalisierten Regelkreislauf, zum Beispiel regelmäßige Konditionsrunden, strategischer Produktausschuss,
  • und eine durchgängige Transparenz in der Kundengeschäftssteuerung (Vor-, Nach- und Mustergeschäftskalkulation) mit validen Parametern zur perspektivischen Erfüllung der Anforderungen aus der MaRisk-Novelle mit Ausrichtung auf die Strategie der Bank.

Insbesondere im Kontext der aufsichtsrechtlichen Anforderungen empfiehlt der GVB, eine Produktstrategie zu erarbeiten und die für die Kalkulation verwendeten Parameter zu überprüfen. Eine Produktstrategie hilft zudem dabei, den Kundennutzen zu maximieren. Durch die Analyse des Markts und das Verständnis der Kundenbedürfnisse können Banken Produkte entwickeln, die auf die spezifischen Anforderungen ihrer Mitglieder zugeschnitten sind. Eine maßgeschneiderte Produktstrategie ermöglicht es den Banken, Lösungen anzubieten, die den Kundinnen und Kunden einen echten Mehrwert bieten. Gleichzeitig wird eine klare und stringente Konditions- und Margensteuerung gewährleistet.

Der GVB unterstützt seine Mitgliedsbanken

Die Bankenberatung und die prüfungsnahe Betreuung des GVB unterstützen die bayerischen Kreditgenossenschaften gemeinsam mit einem individuellen Beratungsangebot zur Kundengeschäftsteuerung und zur Produktstrategie. Die Leistungen im Überblick:

  • Produktstrategie: In diesem Workshop ermitteln die GVB-Experten gemeinsam mit der Bank die Ist-Situation der Aktiv- und Passivprodukte und arbeiten offene Handlungsfelder heraus. Die GVB-Experten unterstützen bei der Definition von Zielmargen sowie von Umschichtungsannahmen und dokumentieren diese in einer Beschlussvorlage. Die Bank erhält zusätzlich Ideen zur Ableitung von Strategien für trennscharfe Produkte und zur Fixierung eines Regelkreislaufs.
  • Einführung einer Mustergeschäftskalkulation: Der GVB unterstützt seine Mitglieder bei der Einführung und Nutzung einer Mustergeschäftskalkulation. Außerdem erhält die Bank Ansätze für eine sinnvolle Kundengeschäftssteuerung. Diese Unterstützungsleistung kann vor Ort oder digital durchgeführt werden.
  • Zusätzliche Beratungsleistungen zur Produktstrategie: Die GVB-Experten unterstützen auf Wunsch auch bei der Vor- und Nachkalkulation des Kundengeschäfts über das Controlling-Berichts-System (CBS) VR-Control CBS/agree sowie bei der Moderation von Steuerungs- und Konditionsrunden des Produktausschusses der Bank. Diese Leistungen können vor Ort oder digital durchgeführt werden.
  • Parametercheck Zinsänderungsrisiko: Auf Basis der Produktstrategie (Definition von Produktmerkmalen und Margenvorstellung) unterstützt der GVB dabei, die Produkte für die Steuerung mit Parametern zu versehen (Parametrisierung). Diese werden anhand von Zukunftsanalysen auf Plausibilität geprüft. Dabei werden neben den gleitenden Durchschnitten der variablen Produkte auch die Positionsparameter, die Inanspruchnahme-Fiktionen der unwiderruflichen Kreditzusagen sowie die CBS-Produkteinstellungen für die Deckungsbeitragsrechnung überprüft.

Außerdem unterstützt der GVB seine Mitglieder mit einem Musterdokument als Vorlage zur Erstellung einer bankindividuellen Produktstrategie sowie einem Excel-Tool zur Mustergeschäftskalkulation. Damit lassen sich Marktveränderungen als Impulsgeber für Konditionsanpassungen der Aktiv- und Passivprodukte identifizieren. Weitere Informationen zu diesen beiden Produkten gibt es in einem Rundschreiben im GVB-Mitgliederportal.


Robert Bruckmann ist Experte für Banksteuerung beim Genossenschaftsverband Bayern.

Kontakt zum GVB

GVB-Mitgliedsbanken, die Interesse an einer Beratung haben, wenden sich an

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