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Bis zur Einführung der „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ – kurz „UG“ – im Jahr 2008 war die englische Rechtsform „Limited Company“ (Ltd.) wegen ihrer GmbH-gleichen Haftungsbeschränkung auch in Deutschland eine gefragte Rechtsform, insbesondere für Start-ups. Ende 2018 waren an deutschen Registergerichten nach wie vor rund 6.000 Unternehmen in der Rechtsform Limited oder Limited & Co. KG registriert, davon alleine rund 700 in Bayern. Eine Reihe dieser Unternehmen mit zwischenzeitlich gewachsener Historie ist auch Geschäftspartner der Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Sollte das Vereinigte Königreich wie geplant aus der Europäischen Union austreten, verlieren deutsche Limiteds ihre europäische Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit und sie gelten ab diesem Zeitpunkt als rechtlich nicht mehr existent. Einer fortbestehenden Handelsregistereintragung als Limited kommt dann keine Bedeutung mehr zu. Nicht betroffen sind Limiteds, die ihren tatsächlichen Sitz im Vereinigten Königreich haben.

Welche Rechtsform Limiteds nach dem Brexit haben werden, muss individuell nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts neu beurteilt werden. Erwägungen, im deutschen Recht Übergangsregelungen zu schaffen, wurden bisher nicht umgesetzt. Durch präventive Maßnahmen kann der Geschäftsverkehr mit betroffenen Kunden jedoch rechtssicher fortgeführt werden. Was ist zu beachten?

Was aus der Limited wird

Auch wenn sich die Gesellschaften rechtzeitig um einen geordneten Übergang in eine deutsche Gesellschaftsform kümmern, müssen Genossenschaftsbanken als Geschäftspartner der Limiteds darauf achten, dass deren Inhaber den Rechtsübergang nachweisen. Für einen Übergang bietet das Gesellschaftsrecht verschiedene Möglichkeiten. Hierzu gehören eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine deutsche Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) oder die Einbringung der Anteile der Limited in eine dieser Rechtsformen.

Untätige Gesellschaften werden hingegen zwangsweise nach dem Brexit als „Limited Company“ erlöschen und „ungeordnet“ in eine deutsche Rechtsform übergehen. Welche dies ist, hängt von der Art des Unternehmens und der Zahl der Gesellschafter ab. Grob lassen sich folgende Varianten skizzieren:

  • Eine Limited mit mindestens zwei Gesellschaftern wandelt sich in eine offene Handelsgesellschaft (OHG) um, jedoch nur, falls das Unternehmen einen „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ (§ 1 Abs. 2 Handelsgesetzbuch) erfordert. Ist ein solcher Geschäftsbetrieb nicht erforderlich, entsteht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit den betreffenden Gesellschaftern.
  • Steht hinter der Limited nur eine natürliche Person als einziger Gesellschafter, gehen ihre Aktiva und Passiva im Wege der Anwachsung unmittelbar auf den Gesellschafter über, der dann als Einzelkaufmann haftet und das Unternehmen fortführt.
  • Weitere Besonderheiten ergeben sich bei der Rechtsform Limited & Co. KG, die dann im Einzelfall zu prüfen sind.

Die betroffenen Limiteds sollten sich aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten fachkundigen Rechtsrat einholen.

Was ist eine Limited?

Die Limited (Ltd.) ist eine haftungsbeschränkte, nicht börsennotierte Gesellschaftsform aus dem Vereinigten Königreich. Die beliebteste Variante ist die sogenannte „Private company limited by shares“. Obwohl die Limited gerne mit der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) verglichen wird, sind die Unterschiede erheblich. So muss bei der Limited kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital eingezahlt werden (GmbH: 25.000 Euro). Das Nominalkapital kann per Satzung frei bestimmt werden. Die Gründung ist innerhalb von wenigen Tagen ohne Notar möglich, es gibt sogar einen 24-Stunden-Service. Die Limited wird in England nach englischem Recht in englischer Sprache gegründet. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs war es ab 1999 möglich, die Geschäfte einer Limited auch von Deutschland aus zu führen. Vor allem deutsche Start-ups nutzten das wegen der geringen Gründungshürden aus. Wenn die Niederlassungsfreiheit in der EU für britische Unternehmen durch den Brexit wegfällt, geht das nicht mehr.

Vertretungsrechte und Haftungsverhältnisse klären

Bei „geordnetem“ Übergang stehen die neue Rechtsform und damit auch wichtige Details wie Vertretungsrechte oder Haftungsverhältnisse fest. Bleiben Unternehmen untätig, kommt es wie oben angesprochen zu einer Gesamtrechtsnachfolge auf die OHG, die GbR beziehungsweise den Einzelunternehmer. Als Teil der Gesamtrechtsnachfolge gehen auch Verträge, die vor dem Brexit geschlossen wurden, über. Diese bestehen nach bisheriger Rechtsprechung zur Anwachsung und zum Umgang mit in Deutschland nicht anerkannten Gesellschaftsformen fort. Vertragspartner wird nunmehr die OHG, die GbR beziehungsweise der Einzelkaufmann, wobei die bisherige Haftungsbeschränkung der Limited wegfällt.

Speziell beim Übergang auf eine OHG oder GbR stellt sich jedoch die Frage, wer diese nach außen vertritt, nachdem die bisherigen Direktoren („Directors“) ihre Funktion verlieren. Auch hier kommt es auf die Rechtsform an: Die GbR wird stets von sämtlichen Gesellschaftern vertreten, OHGs hingegen können von jedem Gesellschafter einzeln vertreten werden. Bei beiden Rechtsformen gilt dies aber nur, sofern deren Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Solange Rechtsform und Vertretungsbefugnisse nicht mittels Gesellschaftsvertrag geklärt sind, sollte vorsorglich bis auf Weiteres von einer GbR und deren Vertretungsregelungen ausgegangen werden, das heißt es sollten stets sämtliche Gesellschafter unterzeichnen. Banken sollten dies bei Prüfung der Kontolegitimation entsprechend beachten.

Die notwendige Unterzeichnung aller Gesellschafter kann indes gerade bei einem größeren Gesellschafterkreis unpraktisch sein. Um dennoch auch untätigen Limiteds einen möglichst reibungslosen Übergang zu ermöglichen, sollten bereits im Vorfeld des Brexits die bisher bestehenden Vertretungsrechte der Direktoren (bei Firmenkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken konkret die Verfügungsrechte sowie Zugriffsrechte via Onlinebanking) durch vorsorgliche Vollmachten abgesichert werden. Auf folgende Punkte ist dabei vor allem zu achten: Ausdrücklich sollten die Vollmachten für den Fall erteilt werden, dass die vollmachtgebende Limited nach dem Brexit (quasi „postmortal“) in Form einer Personengesellschaft nach deutschem Recht fortbesteht. Stets sollte die Vollmacht durch sämtliche Gesellschafter der Limited und deren Direktoren unterzeichnet werden. Wesentlich ist dabei, dass der Gesellschafterbestand der Limited korrekt erfasst wird.

Um Unklarheiten aus dem fortlaufenden Geschäftsbetrieb zu minimieren, sollten bayerische Genossenschaften Kontakt zu Kunden und Geschäftspartnern in der Rechtsform der Limited aufnehmen und die weitere Geschäftsbeziehung abklären.

Der GVB berät

Mitglieder des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), die Unternehmen der Rechtsform „Limited Company“ (Ltd.) zu ihren Geschäftspartnern oder Kunden zählen, können sich bei Fragen an die GVB-Rechtsberatung wenden. Kontakt: recht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3730.

Wolfgang Troidl ist Rechtsanwalt beim Genossenschaftsverband Bayern.

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