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Aussicht aus dem 18. Stock der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel.

Nachdem die Corona-Pandemie die Veröffentlichung zunächst verzögert hatte, legte die EU-Kommission am 27. Oktober 2021 ihre Entwürfe für die neue Eigenkapitalverordnung CRR III und die dazugehörige Eigenkapitalrichtlinie CRD VI vor. Damit sollen die im Dezember 2017 vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht vollendeten Basel III-Regeln in EU-Recht übertragen werden. Aufgrund der Corona-Pandemie müssen die Banken die neuen Regeln erst ab 2025 anwenden und damit zwei Jahre später als ursprünglich geplant.

Der Hauptfokus des CRR III-Entwurfs liegt auf der umfangreichen Überarbeitung des  Kreditrisikostandardansatzes (KSA). Des Weiteren wurden insbesondere die Eigenmittelanforderungen für operationelle Risiken überarbeitet. Für Anwender, deren Gewichtung des Kreditrisikos auf internen Ratings basiert (Internal Ratings-Based; IRB), soll der sogenannte „Output Floor“ eingeführt werden. Dieser wird den Nutzen der IRB-Modelle begrenzen.

Die Baseler Aufseher haben den KSA mit dem Ziel angepasst, die Risikosensitivität zu erhöhen. Damit gehen jedoch diverse Änderungen bei den einzelnen Risikopositionsklassen einher. Die EU-Kommission hat die Empfehlungen des Baseler Ausschusses weitgehend übernommen. Allerdings hat sie einige Stellen neu justiert, nachdem die Bankwirtschaft – darunter auch der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) – entsprechende Vorschläge an die EU-Kommission herangetragen hatte. „Profil“ stellt die wesentlichen Änderungen des KSA im Einzelnen vor.

Kurz erklärt: Die finalen Basel III-Regeln

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht setzt sich seit 1974 für die internationale Harmonisierung des Bankaufsichtsrechts ein. Damit seine Beschlüsse Rechtskraft erlangen, müssen sie jedoch in nationales beziehungsweise EU-Recht übernommen werden. Der Baseler Ausschuss ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit Sitz in Basel angesiedelt. Die BIZ versteht sich als „Bank der Zentralbanken“, die ihre Mitglieder durch internationale Kooperation dabei unterstützt, Preise und Finanzsysteme stabil zu halten. Das Cover-Bild dieses Beitrags zeigt die Aussicht aus dem 18. Stock des BIZ-Turms auf die Stadt Basel.

Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise 2008 haben die im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht zusammengeschlossenen Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden im Jahr 2010 sehr zügig das internationale Rahmenwerk für Bankenregulierung fortgeschrieben und „Basel III“ auf den Weg gebracht. Die neuen Regeln zielten unter anderem auf die Steigerung der Eigenmittelqualität- und -quantität ab. Im Dezember 2017 vollendete der Baseler Ausschuss mit der Verabschiedung des Papiers „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ die Reform der Bankenregulierung. Die neuen Regeln konzentrieren sich insbesondere auf die Ermittlung und Gewichtung von Kreditrisiken und ihre Unterlegung mit Eigenmitteln.

Die Europäische Kommission hat sich gegenüber dem Baseler Ausschuss verpflichtet, die finalen Basel III-Regeln bis zum 1. Januar 2023 umzusetzen – wegen der Corona-Pandemie ein Jahr später als ursprünglich vorgesehen. Dafür werden die Eigenkapitalverordnung CRR II und die Eigenkapitalrichtlinie CRD V jeweils neu gefasst und als CRR III beziehungsweise CRD VI fortgeschrieben. Die EU-Kommission hat die entsprechenden Gesetzesvorschläge am 27. Oktober 2021 vorgelegt. Die Banken müssen die neue CRR und CRD erstmals im Jahr 2025 umsetzen. Wegen der Corona-Pandemie gewährte die EU-Kommission den Instituten zwei Jahre Aufschub.

Immobilienfinanzierungen

Wie bereits im Baseler Papier vorgesehen, wird die Unterscheidung zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien bei der Risikogewichtung beibehalten. Zusätzlich wird nach zwei weiteren Kriterien differenziert:

  • Art der Kreditfinanzierung: Hängt die Rückzahlung wesentlich (IPRE) oder nicht wesentlich (non-IPRE) von den Cashflows ab, die durch die besicherten Immobilien generiert werden?
  • In welcher Phase befindet sich die finanzierte Immobilie? Hier wird zwischen der Bauphase und einer fertigen Immobilie unterschieden.

Für Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften, die den Erwerb, die Erschließung oder den Bau von Wohn- oder Gewerbeimmobilien finanzieren (Acquisition, Development or Construction; ADC), wird ein spezifisches Risikogewicht von 150 Prozent zugewiesen. Diese Kredite bergen ein höheres Risiko, da die Quelle der Rückzahlung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe unsicherer ist. Für „Wohnimmobilien-ADC-Kredite“ kann ein Risikogewicht von 100 Prozent angesetzt werden, sofern bestimmte risikomindernde Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehören zum Beispiel ein bestimmter Anteil an Vorverkaufs- oder Vorvermietungsverträgen.

Immobilienfinanzierungen, die nicht die Bedingungen eines Realkredits erfüllen (also nicht besichert sind), erhalten je nach Art der Finanzierung des Kredits entweder das Risikogewicht des Schuldners (nicht abhängig von den Cashflows, non-IPRE) oder ein Risikogewicht von 150 Prozent (abhängig von den Cashflows, IPRE).

Realkredite unterliegen weiterhin dem Realkreditsplitting, wenn national der sogenannte „Hard Test“ eingehalten wird. Andernfalls ist für IPRE-Kredite der Whole-Loan-Ansatz anzuwenden, wonach der gesamte Kredit ein Risikogewicht in Abhängigkeit des Beleihungsauslaufs (Loan-To-Value Ratio; LTV) erhält. Das Realkreditsplitting wird allerdings neu kalibriert, so dass die Beleihungsgrenze für Wohn- und Gewerbeimmobilienkredite auf 55 Prozent herabgesetzt wird. Kredite, die durch Gewerbeimmobilien besichert sind, erhalten ein Risikogewicht in Höhe von 60 Prozent und Wohnimmobilienkredite ein Risikogewicht in Höhe von 20 Prozent.

Wie viel Eigenkapital müssen Banken vorhalten?

Eigenkapital ist eine Grundvoraussetzung für einen sicheren und soliden Bankensektor. Aus diesem Grund sind alle Banken dazu verpflichtet, bestimmte Eigenmittelanforderungen zu erfüllen. Grundlage sind die internationalen Bankenregeln Basel III und ihre Umsetzung in europäisches Recht (CRR/CRD). Die Eigenmittelanforderungen hängen von der Höhe der sogenannten risikogewichteten Aktiva (RWA) ab. Das sind die gesamten Aktiva (vor allem Kredite, Beteiligungen und Anleihen) einer Bank, multipliziert mit ihren jeweiligen Risikogewichten. Ein unbesicherter Kredit hat zum Beispiel ein höheres Risikogewicht als ein besicherter. Im Euroraum müssen die Banken folgende Eigenmittelanforderungen erfüllen (in Prozent der RWA):

  • Mindestkapitalquote: 8 Prozent
  • Kapitalerhaltungspuffer: 2,5 Prozent
  • Eigenmittelzielkennziffer: bankindividuell 0 bis 10 Prozent (wird mit dem Kapitalerhaltungspuffer verrechnet)
  • Bankaufsichtlicher SREP-Kapitalaufschlag: bankindividuell 0 bis theoretisch 9,5 Prozent
  • Antizyklischer Kapitalpuffer: aktuell wegen der Corona-Pandemie 0 Prozent
  • Summe: bankindividuell 10,5 bis 27,5 Prozent.

KMU-Faktor

Der im Rahmen der CRR II beziehungsweise des sogenannten „CRR Quick Fix“ zum Stichtag 30. Juni 2020 eingeführte erweiterte KMU-Faktor wird beibehalten.

Mengengeschäft

Die EU-Kommission hat das in den finalisierten Basel III-Regeln vorgesehene harte Granularitätskriterium nicht übernommen. Allerdings hat die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) den Auftrag bekommen, einen Standard zur Definition des sogenannten weichen Granularitätskriteriums auszuarbeiten. Nicht abgesicherte Fremdwährungskredite an Privatkunden müssen zukünftig mit einem zusätzlichen Risikofaktor in Höhe von 1,5 unterlegt werden.

Das Granularitätskriterium ermöglicht es Banken, kleinteilige Kreditportfolios mit weniger Eigenkapital zu hinterlegen, da die Diversifizierung das Risiko senkt. So können die Banken unter anderem Mittelstandskredite zu günstigeren Konditionen vergeben. Das in den finalen Basel III-Regeln definierte Granularitätskriterium sieht vor, dass einzelne Kredite grundsätzlich nur dann dem Mengengeschäft zugeordnet werden dürfen, wenn ihr Volumen weniger als 0,2 Prozent des gesamten Mengengeschäfts beträgt. Bisher war dies jedoch nur eine Empfehlung des Baseler Ausschusses („weiches“ Granularitätskriterium). Die finalisierten Basel III-Regeln sehen dagegen vor, diese Regelung verbindlich zu machen, sie also zu „härten“. Dem folgt die EU-Kommission jedoch nicht.

Beteiligungen

Das Standardrisikogewicht für Beteiligungen in Höhe von 250 Prozent wurde aus dem Baseler Papier grundsätzlich übernommen, allerdings sieht die EU-Kommission mehrstufige Übergangsbestimmungen bis 2029 vor. Im Rahmen der Interessenvertretung konnte erreicht werden, dass Beteiligungen an Instituten, die einer Sicherungseinrichtung unterliegen, weiterhin mit einem Risikogewicht von 100 Prozent unterlegt werden können. Darunter fallen auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken, da diese der Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) angehören. Dies betrifft zum Beispiel Aktien oder AT1-Anleihen der DZ Bank AG. Beteiligungen an Tochterunternehmen, die nicht aufsichtsrechtlich vollkonsolidiert werden, unterliegen gemäß aktuellem Entwurf einem Risikogewicht von 250 Prozent. Dazu gehören zum Beispiel Waren- oder Versicherungstöchter.

Forderungen gegenüber Instituten

Gemäß den finalisierten Basel III-Regeln entfällt zukünftig die sogenannte Sitzstaatenmethode, sodass eine Risikogewichtung anhand des externen Ratings des Instituts erfolgt. Institute ohne Rating müssen gemäß dem Standardisierten Kreditrisikobewertungsansatz (SCRA) in eine von drei Gruppen A, B oder C eingestuft werden. Kriterien sind zum Beispiel die Erfüllung der Eigenkapitalquoten und der Verschuldungsquote (Leverage Ratio). Forderungen gegenüber Instituten, die der Gruppe A zugehören, erhalten ein Risikogewicht in Höhe von 40 Prozent, die der Gruppe B 75 Prozent und die der Gruppe C ein Risikogewicht in Höhe von 150 Prozent. Forderungen gegenüber Instituten, die der BVR-Sicherungseinrichtung zugehören, wie zum Beispiel die DZ Bank AG oder die Primärgenossenschaften, erhalten weiterhin gemäß Art. 113 Abs. 7 CRR ein Nullgewicht. Bei diesen wird somit weder ein externes Rating noch der SCRA-Ansatz angewendet.

Jederzeit widerrufliche Kreditzusagen

Gleichlautend zu den finalisierten Basel III-Regeln erhalten zukünftig jederzeit widerrufliche Kreditzusagen einen Kreditkonversionsfaktor von zehn Prozent statt wie bisher null Prozent. Allerdings ist dieser erst ab 2030 anzuwenden und dann auch erst sukzessive im Rahmen von Übergangsbestimmungen bis Ende 2032.

Nachrangige Forderungen

Bestimmte nachrangige Forderungen (zum Beispiel sogenannte Senior non-preferred Anleihen) werden einer neuen Risikopositionsklasse zugeführt und erhalten ein Risikogewicht in Höhe von 150 Prozent. Allerdings erhalten entsprechende Anleihen, die von Instituten emittiert wurden, die der BVR-Sicherungseinrichtung angehören, weiterhin gemäß dem sogenannten Verbundprivileg (Art. 113 Abs. 7 CRR) eine Nullgewichtung.

Nächste Schritte

Eine weitere Konsultation der Entwürfe zur CRR III und CRD VI zusätzlich zu den bisherigen Stellungnahmen der Bankwirtschaft hat die EU-Kommission nicht vorgesehen. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) wird das Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2022 eng begleiten und die Interessen seiner Mitglieder weiter mit Nachdruck vertreten.
 

Katrin Giersch ist Expertin für Bankaufsichtsrecht beim Genossenschaftsverband Bayern.

Der GVB unterstützt

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken in allen Fragen der Regulatorik und des Aufsichtsrechts, so auch zur Eigenkapitalregulierung. Aktuelle Meldungen finden die Kreditgenossenschaften gebündelt im GVB-Mitgliederportal. Kontakt zu den Spezialisten für Bankaufsichtsrecht beim GVB: bankaufsichtsrecht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3861.

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