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Mitarbeiterversammlung in einem Unternehmen (Symbolbild).

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem Fondsstandortgesetz ist der Freibetrag für sogenannte Mitarbeiterbeteiligungen nach § 3 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG) von jährlich 360 Euro auf 1.440 Euro angehoben worden.
  • Der geldwerte Vorteil der vergünstigt überlassenen Vermögensbeteiligung nach § 19a EStG kann statt zum Zeitpunkt der Übertragung erst zu einem späteren Zeitpunkt der Lohnbesteuerung zugrunde gelegt werden.
  • Die Anwendung des § 19a EStG ist nur für Unternehmen beziehungsweise Genossenschaften relevant, deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegt.

Anders als es der Name vermuten lässt, enthält das am 28. Mai 2021 verabschiedete „Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland“ (FoStoG) auch Verbesserungen bei der lohnsteuerlichen Vergünstigung von Vermögensbeteiligungen. Das ist auch für Genossenschaften interessant, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unentgeltlich oder verbilligt Genossenschaftsanteile überlassen wollen. Was müssen diese dazu wissen?

Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG

Seit 2009 wurden Mitarbeiterkapitalbeteiligungen mit einem Freibetrag von 360 Euro steuerlich gefördert. Dieser jährliche Freibetrag wurde durch das Fondsstandortgesetz auf 1.440 Euro vervierfacht. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Mitarbeiter ist in § 3 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Auch die Überlassung von Genossenschaftsanteilen ist eine begünstigte Vermögensbeteiligung in diesem Sinne. Steuerlich begünstigt ist nur die Überlassung in Form eines sogenannten Sachbezugs (= Genossenschaftsanteil als geldwerter Vorteil). Die Genossenschaft kann dem Mitarbeiter also nicht Geld überweisen, damit er sich den Genossenschaftsanteil selbst kauft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sowohl am Unternehmen des inländischen Arbeitgebers (= direkte Beteiligung) als auch an einem im Sinne des § 18 Aktiengesetz verbundenen Tochterunternehmen beteiligt werden.

Begünstigter Personenkreis

Die steuerbegünstigte Vermögensbeteiligung nach § 3 Nr. 39 EStG muss allen Arbeitnehmern offenstehen, die zum Zeitpunkt des Angebots seit mindestens einem Jahr ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zu der Genossenschaft stehen. Der Mitarbeiter muss also in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Genossenschaft stehen. Es muss aber nicht das erste Dienstverhältnis sein. Das heißt, der Mitarbeiter kann auch noch woanders beschäftigt sein. Zu erfassen sind auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte, Mitarbeiterinnen in Mutterschutz sowie Mitarbeitende in Elternzeit oder in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Der Betriebsrat ist einzubinden.

Rentner, Vorruheständler sowie Arbeitnehmer, deren Dienstverhältnis nach wirksamer Kündigung beendet ist, sind von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Allerdings können frühere Mitarbeiter von der Steuerbefreiung profitieren, wenn die Vermögensbeteiligung im Zusammenhang mit der Abwicklung des früheren Dienstverhältnisses noch als Lohn für die tatsächliche Arbeitsleistung überlassen wird. Bei einem unterjährigen Arbeitgeberwechsel oder bei parallelen Arbeitsverhältnissen kann die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 EStG mehrfach in Anspruch genommen werden.

Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 8. Dezember 2009 zu § 3 Nr. 39 EStG weist unter Punkt 1.2 ausdrücklich darauf hin, dass auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte, Auszubildende und weiterbeschäftigte Rentner in das Angebot mit einbezogen werden müssen. Wenn die Vergünstigung nur einzelnen Mitarbeitern oder Beschäftigtengruppen gewährt wird, wertet der Fiskus das als steuerschädlich und versagt die Steuerbefreiung insgesamt. Eine Beteiligung von Arbeitnehmern, die kürzer als ein Jahr bei der Genossenschaft beschäftigt sind, ist dagegen immer möglich.

Gewährung unterschiedlicher Konditionen

Allerdings kann die Genossenschaft bei einzelnen Mitarbeitern hinsichtlich der Konditionen, zu denen die Vermögensbeteiligung überlassen wird, differenzieren. Eine Differenzierung nach Art und Weise der Beteiligung, zum Beispiel bezüglich der Höhe des geldwerten Vorteils, ist daher aus steuerlicher Sicht unproblematisch. Drei Beispiele:

  • Die Anzahl der Genossenschaftsanteile wird nach Personengruppen, Gehaltsgruppen oder anderen Kriterien unterschiedlich gewährt (unterschiedliche Beteiligungswerte).
  • Einzelne Personengruppen erhalten einen oder mehrere Genossenschaftsanteile nicht voll unentgeltlich, sondern müssen eine Zuzahlung leisten. Andere Personengruppen oder einzelne Mitarbeiter müssen keine Zuzahlung leisten.
  • Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel ein Dienstjubiläum feiert oder ein anderer persönlicher Anlass ansteht, dann kann er zusätzlich weitere Genossenschaftsanteile erhalten, selbst wenn alle anderen Mitarbeiter nur Anspruch auf einen Genossenschaftsanteil haben.

Bei direkten Vermögensbeteiligungen könnten sämtliche Rahmenbedingungen frei verhandelt und vertraglich festgelegt werden. Dies gilt zum Beispiel für die Höhe der Beteiligung, die Gewinn- und Verlustbeteiligung, Laufzeiten und Sperrfristen, Kündigungsbedingungen, Informations- und Kontrollrechte bis hin zur Verwaltung der Beteiligungen zwischen Belegschaft und Unternehmen. Eine Beschränkung der Mitarbeiterbeteiligung bei Genossenschaften hinsichtlich der Konditionen ergibt sich eventuell aus der Satzung der Genossenschaft oder nach dem Genossenschaftsrecht. Arbeitsrechtlich ist bei der Gestaltung der Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren.

Freibetrag von 1.440 Euro

Die Anhebung des Freibetrags auf 1.440 Euro ist am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Da es sich um einen Jahresfreibetrag handelt, wirkt sich die Erhöhung lohnsteuerlich deshalb für das gesamte Kalenderjahr 2021 aus. Bei der Lohnsteuer kann der Freibetrag auch rückwirkend angewendet werden. Wurde im 1. Halbjahr 2021 der Freibetrag von 360 Euro bereits ausgenützt und ein übersteigender Betrag lohnversteuert, so darf der Lohnsteuerabzug rückwirkend korrigiert und der Jahresbetrag von 1.440 Euro berücksichtigt werden. Dadurch kommt es zu einer Rückzahlung der bereits gezahlten Lohnsteuer im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber. Leider gilt diese rückwirkende Erhöhung des Freibetrags nicht für die Sozialversicherung. Ebenso ist es möglich, dass bei Ausschöpfung des Freibetrags von 360 Euro im ersten Halbjahr 2021 im zweiten Halbjahr erneut Genossenschaftsanteile an Mitarbeiter steuerbegünstigt ausgegeben werden, bis die 1.440 Euro ausgeschöpft sind.

Erhalten Mitarbeiter begünstigte Anteile über den Freibetrag von 1.440 Euro hinaus, so ist der den Freibetrag übersteigende geldwerte Vorteil individuell gemäß den Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. Eine Pauschalierung des übersteigenden Betrags mit 30 Prozent Lohnsteuer ist nach § 37b Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen.

Entgeltumwandlung ist möglich

Steuerlich ist es nicht erforderlich, die Vermögensbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu gewähren. Eine Gehaltsumwandlung ist daher immer möglich. Sozialversicherungsrechtlich ist eine Gehaltsumwandlung problematisch und nur in Ausnahmefällen möglich, wenn der Mitarbeiter rechtswirksam auf künftigen Arbeitslohn verzichtet. Alle anderen Gehaltsumwandlungen sind sozialversicherungspflichtig.

Bewertung und Besteuerungszeitpunkt

Nach § 3 Nr. 39 S. 4 EStG ist als Wert der Vermögensbeteiligung der sogenannte gemeine Wert zum Zeitpunkt der Überlassung anzusetzen. Dies dürfte in der Regel der Wert des Genossenschaftsanteils sein. Die Übernahme von Nebenkosten wie zum Beispiel Notariatsgebühren, Eintrittsgelder im Zusammenhang mit dem Geschäftsguthaben bei einer Genossenschaft und Kosten für Registereintragungen sind kein Arbeitslohn und erhöhen den Wert des Genossenschaftsanteils nicht. Im Falle der teilentgeltlichen Überlassung ergibt sich der geldwerte Vorteil aus dem Unterschied zwischen dem Wert des Anteils bei Überlassung und dem Preis, zu dem dieser dem Arbeitnehmer überlassen wird.

Der geldwerte Vorteil wird zum sogenannten Zuflusszeitpunkt nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen versteuert. Zeitpunkt des Zuflusses ist der Tag, an dem der Mitarbeiter wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Genossenschaftsanteil erhält. Dies ist allgemein der Fall, wenn der Anteil auf dem Geschäftskonto des Mitglieds verbucht wird, analog wie bei Aktien (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. November 2008, Az. VI R 25/05).

Erhält ein Mitarbeiter Genossenschaftsanteile als Vermögensbeteiligung, gelten für seine Aufnahme beziehungsweise Zulassung als Mitglied der Genossenschaft die Bestimmungen der jeweiligen Satzung. Erforderlich ist eine erkennbare Willenserklärung der Genossenschaft, die auch stillschweigend erfolgen kann, zum Beispiel durch Eintragung des Mitarbeiters in die Mitgliederliste oder dessen Benachrichtigung über die Eintragung.

Einhaltung von Sperrfristen

Nach § 3 Nr. 39 EStG sind keine Sperrfristen zu beachten. Kündigungsfristen ergeben sich aber aus der Satzung der Genossenschaft oder dem Genossenschaftsrecht.


Petra Honig ist Steuerberaterin beim Genossenschaftsverband Bayern.

Beratung durch die GVB-Steuerberatung

Die GVB-Steuerberatung unterstützt die Mitglieder des Verbands in allen steuerlichen Fragen, so auch bei der Versteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen. Um bei besonderen Gestaltungen der Vermögensbeteiligung lohnsteuerlich Rechtssicherheit zu erhalten, besteht die Möglichkeit, beim zuständigen Finanzamt eine sogenannte Anrufungsauskunft nach § 42e EStG einzuholen. Der GVB übernimmt dies gerne für seine Mitglieder.

Kontakt zur GVB-Steuerberatung: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800. Alle Informationen, Rundschreibungen und Dienstleistungen der GVB-Steuerberatung finden sich im Mitgliederbereich der neuen GVB-Webseite.

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