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Die „Alte Schuhfabrik“ in Burgkunstadt ist an diesem heißen Juliabend gut gefüllt: Vorstand und Aufsichtsrat der Kommunbrauerei Burgkunstadt eG haben zur ersten Generalversammlung geladen. Rund 60 Mitglieder sind gekommen, die Stimmung ist gelöst, das helle Vollbier der Genossenschaft vom Fass wird rege nachgefragt. Thomas Klein kann immer noch nicht fassen, was die Gründer gemeinsam mit den Mitgliedern in weniger als zwei Jahren auf die Beine gestellt haben. „Im normalen Leben sind wir alle Einzelkämpfer. Aber zusammen in der Genossenschaft kann man so viel schaffen“, sagt der Technische Vorstand.

Klein lässt sich am Tresen ein frisches Bier zapfen, nimmt einen Schluck, blickt in die Runde, und erzählt weiter. Das Know-how und die Hilfe der Mitglieder seien Gold wert. Als im Brauhaus ein Kühlaggregat defekt war, habe nach nur wenigen Anrufen ein Mitglied zugesagt, gleich zu kommen und sich das Gerät anzuschauen. „Dann hat sich herausgestellt, dass der Mann Servicetechnikermeister für Kühlanlagen ist. Er hat das Problem behoben und die Kühlung gleich richtig eingestellt. Was wir als Gemeinschaft schon bewegt haben, ist echt genial. Jeden Tag gibt es ein neues Abenteuer zu bestehen“, sagt Klein.

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Die Kommunbrauerei Burgkunstadt eG im Kurzporträt. Video: Florian Christner und Karl-Peter Lenhard (Schnitt).

Wie weit die Gemeinschaft der Mitglieder die genossenschaftliche Kommunbrauerei Burgkunstadt schon getragen hat, wird an diesem Abend bei der Generalversammlung ersichtlich. Ende November 2020 gründeten die fünf Freunde Ulf Müller (heute Aufsichtsratsvorsitzender), Andreas Herold (Aufsichtsrat), Christian Pauler (Aufsichtsrat), Stephan Herold (Finanzvorstand) und Thomas Klein (Technischer Vorstand) die Genossenschaft. Im Februar 2021 warben sie mit dem Motto „Lasst uns gemeinsam Brauereigeschichte schreiben“ um Mitglieder. Innerhalb von kurzer Zeit waren genügend Teilhaberinnen und Teilhaber gefunden, um die Kommunbrauerei in die Tat umzusetzen. Inzwischen haben 143 Mitglieder Anteile für 214.500 Euro gezeichnet – 1.500 Euro pro Person. Das Kapital investierte die Genossenschaft in die Brauanlage und die technische Ausstattung des Brauhauses in der Burgkunstadter Altstadt. Im März 2021 erwarb sie in Österreich eine gebrauchte Brauanlage der Firma Labu. Im sogenannten Doppelsud können bis zu 1.000 Liter Bier pro Tag gebraut werden. „Unter den Brauanlagen gilt Labu als Mercedes. Die Anlage ist wie neu, der Zustand eins a“, betont Aufsichtsratsvorsitzender Ulf Müller.

„Wir hatten das Geld und waren gut drauf.“

Aufsichtsratsvorsitzender Ulf Müller über den Erfolg der Kommunbrauerei Burgkunstadt.

80.000 Euro gab die Genossenschaft im vergangenen Jahr für die Anlage und deren Anschlüsse aus. Darüber hinaus wurden 40.000 Euro in die Gärtanks investiert. „Heute müssten wir dafür ein Vielfaches bezahlen. Da wurde sehr gut gewirtschaftet“, lobt Müller. Heuer investierte die Genossenschaft nochmals 40.000 Euro in eine Waschanlage für Flaschen und Fässer sowie weiteres Geld in Wasseraufbereitung, Kühlzelle, Kompressoren und weitere Ausstattung. Inzwischen beläuft sich das Anlagevermögen auf über 170.000 Euro. Gleichzeitig unterstützten viele Mitglieder auch dabei, das angemietete Brauhaus am Polizeirangen 11 auf Vordermann zu bringen, wenngleich noch nicht alle Renovierungs- und Umbauarbeiten abgeschlossen sind. Das hält Müller aber nicht davon ab, den bisherigen Erfolg beim Aufbau der Kommunbrauerei auf eine einfache Formel zu bringen: „Wir hatten das Geld und waren gut drauf.“

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Was sagen die Mitglieder zum Bier der Kommunbrauerei Burgkunstadt eG? „Profil“ hat nachgefragt. Video: Florian Christner und Karl-Peter Lenhard (Schnitt).

Im März 2022 setzten die Braumeister der Genossenschaft den ersten Sud an – mit durchschlagendem Erfolg, wie Aufsichtsratsvorsitzender Müller bestätigt. „Ein gut trinkbares helles Vollbier“ reift seitdem in den Tanks der Kommunbrauerei. Gebraut wird es ausschließlich von ausgebildeten Brauern wie Gerald Poppinger, David Klein und Wolfgang Hanna sowie Braumeister Hans Vonbrunn, die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben. Er sei „Biersieder aus Leidenschaft“, der bei der damaligen Ersten Kulmbacher Actienbrauerei (EKU) schon mehrere Millionen Hektoliter Bier gebraut habe, stellt sich Hanna den Mitgliedern vor. „Brauen ist Hingabe. Wenn du am Sudkessel stehst, ist die Welt eine ganz andere“, meint er.

Der erste Brautag habe 15 Stunden gedauert, erzählt sein Brau-Kollege Poppinger. Brauen sei pures Handwerk und harte körperliche Arbeit. „Mit Büroarbeit hat das nichts zu tun.“ Poppinger lobt den Tatendrang der Genossenschaftsmitglieder. „Von null auf 100 Prozent in nur einem Jahr. Was hier beim Aufbau der Brauerei geleistet wurde, ist erstaunlich.“ Das nächste Bier wird ein Dunkles mit braunroter Farbe und vollem Malzkörper, kündigt Poppinger an. Außerdem soll es in Zukunft Saisonbiere geben.

Der Erfolg der Genossenschaft liegt sicher auch in der langen Burgkunstadter Brautradition begründet, die sich bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen lässt – und von der Genossenschaft frech adaptiert wird. Dazu braucht es eine gute Geschichte, und die geht laut Aufsichtsrat Andi Herold so: „Der Kunstadter Burggraf Aepelin de Counstat sehnt sich im Jahr 1059 bei der Synode in Bamberg nach einem kühlen, süffigen Bier – frisch gezapft aus den Tiefen seines Burgbierkellers.“ Die Synode in Bamberg und die Teilnahme Aepelin de Counstats sind verbrieft – dem Schriftstück verdankt Burgkunstadt seine erste urkundliche Erwähnung.

Den Bierdurst haben Herold und seine Freunde dem Burggrafen jedoch angedichtet, die Jahreszahl 1059 der ersten urkundlichen Erwähnung Burgkunstadts integrierten sie in den Namen „KOMM.1059“ der Kommunbrauerei. „Mit der bedeutenden Jahreszahl im Namen bekennen wir uns ganz bewusst zu Burgkunstadt und dessen Geschichte. Mit der Abkürzung KOMM für Kommunbrauerei verdeutlichen wir, dass es sich dabei nicht um eine fixe Idee von ein paar Hobbybrauern handelt, sondern um eine professionelle Gemeinschaft, getragen von Menschen mit Gemeinsinn – verbunden in der gemeinsamen Liebe zum oberfränkischen Traditionsgetränk schlechthin“, betont Herold. Auch die Biersorten KOMM.Voll und KOMM.Land verweisen auf die Kommunbrauerei. „Die Marke KOMM.1059 ist unverbraucht und frisch. Die Menschen identifizieren sich mit dem Namen und der Genossenschaft. Was kann uns Besseres passieren?“, fragt Herold.

Unverbraucht und frisch: Die Marke KOMM.1059 findet sich auch auf den Flaschenetiketten wieder. Diese werden von Hand aufgeklebt. Nach dem KOMM.Voll und dem KOMM.Land sollen auch immer wieder Saisonbiere gebraut werden.

Die Fässer der Kommunbrauerei Burgkunstadt eG sind viel Geld wert – und zu schade, um ungenutzt irgendwo herumzustehen. Die Generalversammlung hat deshalb beschlossen, 100 Euro Pfand pro Fass zu verlangen – so viel, wie auch die Genossenschaft im Einkauf für ein Fass zahlt.

Zwischenzeitlich war es jedoch um die Biertradition in Burgkunstadt nicht so gut bestellt. Bei einem Spaziergang vor der Generalversammlung weist Andi Herold in der Altstadt immer wieder auf verschiedene Gebäude hin. Dort gab es mal eine Brauereigaststätte – in diesem Haus ebenfalls und dort auch. Noch in den 1960er Jahren brauten sieben Wirtshäuser ihr eigenes Bier, zumeist im damaligen Kommunbrauhaus. Nach und nach starb diese Tradition aus, nur wenige Lokale blieben übrig, die aber auch kein eigenes Bier mehr brauen. „Mit der Genossenschaft und dem neuen Brauhaus – das sich allerdings an anderer Stelle befindet als das Original – wollen wir der Tradition der Brauereigasthäuser neues Leben einhauchen“, sagt Andi Herold. Als einer der letzten Wirte hält Stephan Herold die Fahne hoch: Der Finanzvorstand der Kommunbrauerei und Bruder von Andi Herold betreibt am Burgkunstadter Marktplatz die Musikkneipe „Rösla“ in einem knapp 250 Jahre alten Gebäude. Auch dort wird das Bier der Kommunbrauerei ausgeschenkt.

Bei der Gründung habe man sich bewusst für die Rechtsform Genossenschaft entschieden, erzählt Stephan Herold. „Die Idee einer losen Interessengemeinschaft oder einer Vereinsgründung haben wir schnell verworfen, weil wir auf die Beteiligung der Mitglieder angewiesen sind. Und die ist bei einer Genossenschaft nun mal am stärksten ausgeprägt.“ Arbeit gibt es in der Tat genug, zum Beispiel beim Rampenverkauf oder bei der Abfüllung. Auch die Braumeister sind froh um jede helfende Hand, wenn sie Bier brauen. „Wir haben keine automatisierte Brauerei, wir müssen alles selbst erledigen, da geht nichts von allein. Es gibt immer Tausend Handgriffe zu tun. Vor allem zwischendurch fällt enorm viel Arbeit an, man glaubt es kaum“, sagt Technischer Vorstand Thomas Klein. Entlastung schafft die neue Waschanlage für Flaschen und Fässer. „Fässer von Hand sauber zu machen, ist eine undankbare Arbeit. Mit der neuen Anlage geht das ratzfatz“, sagt Klein. Aber natürlich gehe es auch darum, „Bier zu trinken und Freude daran zu haben“.

Das Kommunbrauhaus am Polizeirangen 11 in Burgkunstadt: Jeden Freitag findet dort von 15 bis 18 Uhr ein Rampenverkauf statt. Letzte Renovierungsarbeiten - vor allem an der Fassade, Sanitäranlagen und im Dachgeschoss - werden seitens des Vermieters noch in Angriff genommen.

Die Brauanlage der Firma Labu aus Österreich: Sie gilt als „Mercedes unter den Brauanlagen“. 80.000 Euro gab die Genossenschaft im vergangenen Jahr dafür aus. Heute müsste sie viel mehr dafür bezahlen.

Die Kommunbrauerei Burgkunstadt verfügt aktuell über vier Gärtanks. Weil aktuell die Nachfrage größer ist als der Ausstoß, denkt die Genossenschaft über den Kauf weiterer Gärtanks nach.

Jeden Freitag gibt es am Kommunbrauhaus von 15 bis 18 Uhr einen Rampenverkauf. In den ersten Monaten waren nur kleine Fässer mit 10 oder 15 Litern erhältlich. Seit August sind auch Flaschen im Angebot, deren Etiketten von Hand aufgeklebt werden. Der Direktvertrieb habe sich bei den Burgkunstadtern zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt, berichtet Andi Herold. „Man trifft sich, redet ein paar Takte, kauft sein Bier, und geht dann wieder nach Hause.“ Viele Mitglieder kommen auch, um beim Verkauf zu unterstützen. „Es sind immer Helfer da, daran sieht man, dass der Genossenschaftsgedanke bei uns funktioniert“, sagt Andi Herold.

Mittlerweile wurde auch die Kühlzelle geliefert, um das unfiltrierte und nicht pasteurisierte Bier länger lagern zu können. „Die Nachfrage ist groß, wir kommen aktuell an unsere Grenzen, weil wir bloß vier Gärtanks haben. Um unsere Kapazitäten zu erhöhen, bräuchten wir auf jeden Fall weitere Tanks“, sagt Andi Herold. Es scheint also, als ob die Brautradition in Burgkunstadt eine genossenschaftliche Zukunft hat. Aepelin de Counstat wird das – sofern Bier eine transzendentale Verbindung ermöglicht – sicher freuen.

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