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Die EBA zur Proportionalität im europäischen Meldewesen:

„Die EBA hat im Jahr 2011 einen gemeinsamen, europaweiten Aufsichtsmelderahmen geschaffen. Dieser hilft nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden, Kreditinstitute einheitlich zu regulieren und zu beaufsichtigen. (...) Die EBA hat bei der Berichterstattung seit jeher die Verhältnismäßigkeit in den Mittelpunkt gestellt. Im aktuellen Melderahmen der EBA melden kleine und nicht-komplexe Institute nur einen Bruchteil der Datenpunkte großer Banken, etwa zehnmal weniger (...). Umfang und Art der institutionellen Tätigkeit beeinflussen den Umfang der aufsichtlichen Berichterstattung. Dennoch erkennt die EBA an, dass sie mehr tun kann. Ziel ist es, die Verhältnismäßigkeit weiter zu verbessern.“ (Seite 9)

Dazu meine ich: „Kein anderer Wirtschaftszweig ist von so umfangreichen Anzeigepflichten betroffen wie die Kreditwirtschaft. Banken melden Unmengen von Daten an die Aufsicht, ob zur Kapitalausstattung, Liquidität oder zu Krediten. Das ist im Prinzip richtig. Denn es hilft nicht nur der Bank, Geschäft und Risiken besser zu steuern, sondern es dient ebenso den Aufsehern, die sicherstellen, dass Institute und Finanzsystem funktionieren.

Doch in den letzten zehn Jahren hat sich das Meldewesen grundlegend verändert. Im Zuge der Europäisierung der EU-Bankenaufsicht nach der Finanzkrise werden Meldepflichten seit 2011 zunehmend auf europäischer Ebene durch die EU-Bankenaufsicht EBA standardisiert. Gleichzeitig haben der Umfang und die Komplexität der abzugebenden Anzeigen signifikant zugenommen. Meldewesen-Spezialisten, früher noch kaum anzutreffen, gehören heute zum Standardpersonal jeder Bank.

Von der Ausweitung des Meldewesens sind kleine und nicht-komplexe Finanzinstitute besonders betroffen, zu denen auch eine Vielzahl der Volksbanken und Raiffeisenbanken zählen. Die EBA hat errechnet, dass diese Banken rund 400.000 Euro pro Jahr alleine für von der EBA vorgesehene Meldungen ausgeben. Bei kleinen Instituten fallen diese Kosten besonders ins Gewicht. Große Banken haben hier Größenvorteile.

Ob die Aufseher wirklich von der Datenflut profitieren, ist fraglich. Nach Erhebung der EBA werden bestimmte Daten gar nicht oder nur vereinzelt genutzt. Die Datenerhebung ist vordergründig auf die Risikofaktoren für große Banken ausgelegt. Viele der sehr spezifischen und granularen Daten, die die Aufseher abfragen, spielen für die Risikobewertung der kleinen und nicht-komplexen Institute keine Rolle. Denn diese verfolgen ein klassisches und risikoarmes Geschäftsmodell.  Trotzdem halten die Aufseher an den Meldungen der kleinen und nicht-komplexen Banken fest – auch deshalb, weil sie sich stark auf statistische Auswertungen fokussieren, bei denen fehlende Meldungen Datenlücken darstellen.

Die Proportionalität der Meldepflichten – also das Verhältnis vom Nutzen der Aufseher zu den Kosten der Institute – ist deutlich im Ungleichgewicht. Es ist deshalb richtig und überfällig, dass die EBA mehr unternehmen will, um das Meldewesen proportionaler zu gestalten und kleine und nicht-komplexe Banken zu entlasten. Dass sich die Behörde nun bewegt, ist kein Zufall. Auf Anregung der Bankenverbände, unter anderem auch des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), hatte der EU-Gesetzgeber der Bankenaufsicht 2019 ins Pflichtenheft geschrieben, eine Kosten-Nutzen-Analyse des Meldewesens durchzuführen.“

Die EBA zu den im Bericht vorgeschlagenen Einsparmaßnahmen:

Dieser Bericht identifiziert viele Bereiche, um die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften weiter zu senken. Seine 25 Empfehlungen behalten die Vorteile des einheitlichen Aufsichtsrahmens für die Endnutzer bei und gehen gleichzeitig auf die Bedenken der Branche ein. (...) Qualitative und sachverständige Beurteilungen legen nahe, dass die Empfehlungen in diesem Bericht einen erheblichen positiven Einfluss auf die Reduzierung der Berichtskosten für kleine und nicht-komplexe Institute haben werden. Ihre kombinierte Wirkung wird auf bis zu 15 bis 24 Prozent geschätzt. Dies entspricht 188 bis 288 Millionen Euro.“ (Seite 10 ff.)

Dazu meine ich: „In ihrem Bericht präsentiert die EBA insgesamt 25 Maßnahmen, mit denen die Meldekosten kleiner und nicht-komplexer Institute um bis zu 24 Prozent fallen sollen. Diese Vorschläge gehen grundsätzlich in die richtige Richtung, allerdings hat der EBA-Bericht auch erhebliche Defizite:

  • Erstens bleibt die EBA zu oft im Vagen. Viele Maßnahmen sind lediglich Versprechungen oder Prüfaufträge. Konkrete Erleichterungen sucht man vergeblich. Wann und ob Entlastungen, die die EBA in ihre Berechnungen einbezieht, umgesetzt werden, steht in den Sternen. Ein Beispiel: Die EBA will kleinen und nicht-komplexen Banken künftig ermöglichen, bei Meldungen nur noch eine reduzierte Zahl an Meldebögen (Kernmeldebögen) auszufüllen. Die EBA rechnet dadurch mit Einsparungen von bis zu einem Prozent der Meldekosten. Umgesetzt wird die Empfehlung allerdings nicht überall. Das will die EBA nur dort machen, wo die Behörde es für „angemessen“ hält.
  • Zweitens liegen einige Empfehlungen nicht im Zuständigkeitsbereich der EBA. Eine große Belastung für Institute sind zusätzliche Meldepflichten der nationalen Aufseher. Die Behörde appelliert hier zwar an den Gesetzgeber und die nationalen Aufseher, Entlastungen beschließen kann sie selbst aber nicht.
  • Drittens greifen viele Maßnahmen der EBA zu kurz. So will die Aufsichtsbehörde zwar kleine und nicht-komplexe Banken von der Einreichung bestimmter Meldebögen bei belasteten Vermögenswerten befreien, zu einer kompletten Streichung der sogenannten Asset Encumbrance-Meldung für diese Institute kann sich die EBA allerdings nicht durchringen. In der Praxis wird die Belastung deshalb kaum sinken. Denn die Banken müssen sich weiterhin mit den Meldestandards auseinandersetzen und die Daten vorhalten.

Insgesamt ist es daher zweifelhaft, ob die vorhergesehenen 24 Prozent Kostenreduktion realisiert werden.“

Die EBA zur Umsetzung der Vorhaben:

Die EBA wird die an die Behörde gerichteten Empfehlungen in ihr Arbeitsprogramm aufnehmen und im Rahmen der laufenden Arbeiten nach Maßgabe der Verfügbarkeit interner Ressourcen umsetzen. Empfehlungen zur Verbesserung der Strategieentwicklungsprozesse der EBA zur Entwicklung der aufsichtlichen Meldepflichten werden sukzessive in die laufende Arbeit einfließen.“ (Seite 12)

Dazu meine ich: „Die von der EBA vorgeschlagenen Maßnahmen werden nicht ausreichen, um kleine und mittlere Banken spürbar zu entlasten. Statt Änderungen im Klein-Klein und vagen Versprechungen braucht es ein grundsätzliches Umdenken im Meldewesen. Das Meldewesen muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Ausgangspunkt sollte die Frage sein: Welche Informationen benötigen die Aufseher wirklich von risikoarmen Instituten wie den Volksbanken und Raiffeisenbanken? Auf diese wenigen, aber relevanten Daten sollte sich ein entschlacktes „Kernmeldewesen“ konzentrieren. Extra-Meldepflichten vonseiten der nationalen Aufsichtsbehörden werden gestrichen oder, wo sie sinnvoll sind, in das Kernmeldewesen integriert. Bei der Integration neuer Meldepflichten muss dabei zunächst die Frage nach der Verhältnismäßigkeit beantwortet werden.

Zudem sollten die Dateneinspeisung und -abfrage effizienter gestaltet werden. In einem einfachen, neuen Kernmeldewesen speisen Institute ihre Daten in einen zentralen Datenpool, auf den alle Aufsichtsbehörden zugreifen können und die nötigen Analysen vornehmen können. Mit Hilfe eines zentralen Katalogs und einheitlicher Definitionen sollte ebenso für alle Akteure klar sein, welche Daten verlangt werden und auf welchen Standards sie beruhen. So vermeidet man unnötige Missverständnisse, Doppelabfragen und Korrekturen.

Zur Umsetzung eines solchen Kernmeldewesens ist vornehmlich der EU-Gesetzgeber gefordert. Eine Behörde wie die EBA kann das, alleine schon aufgrund ihres begrenzten Mandats und ihrer Kompetenzen, nicht leisten.

Trotz aller Kritik an der EBA kommt dem Bericht auch ein Verdienst zu: Er erkennt die Herausforderungen der Banken im Meldewesen an, benennt detailliert Probleme und quantifiziert die Kosten der Banken. Damit schafft die EBA eine wichtige Diskussionsgrundlage für die Zukunft.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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