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Die Feldlerche ist ein typischer Feldvogel in Bayern. Unverkennbar sind ihre Federhaube und der ausdauernde Gesang, den sie im Flug vorträgt und dabei bis zu 100 Meter hochsteigt. Feldlerchen bevorzugen offene Agrarflächen und Wiesen mit abwechslungsreicher Vegetation. Oft suchen sie die Nähe zu Brachflächen. Allerdings lassen die intensiv genutzten Agrarlandschaften der Feldlerche immer weniger Platz. Die Vogelart hat seit den 1980er-Jahren teilweise dramatische Bestandsverluste erlitten, in Deutschland hat sich ihr Bestand bis heute halbiert, wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in einer Studie festgestellt hat.

Entsprechend empfindlich reagieren viele Naturschutzbehörden, wenn auf Flächen für PV-Anlagen Feldlerchen vorkommen. Zuständig sind in der Regel die Unteren Naturschutzbehörden des Landkreises, auf dessen Flur die PV-Anlage gebaut werden soll. Meist machen es die Behörden den Bauherren zur Auflage, Ausgleichsflächen in einer bestimmten Größe anzulegen, um für Feldlerchen und andere bedrohte Tierarten neue Habitate zu schaffen. Nur: Ausgleichsflächen kosten viel Geld. Der Betreiber einer PV-Anlage oder einer Windkraftanlage muss diese Flächen in der Regel kaufen oder pachten, ohne dass sie einen Ertrag abwerfen. Das belastet die Wirtschaftlichkeit von Energiewende-Vorhaben, immer wieder werden solche Projekte deshalb erst gar nicht verwirklicht.

Sonnenenergie für Bundorf

Es geht jedoch auch anders, wie das Energiewende-Projekt Bundorf der Energiegenossenschaft Inn-Salzach (EGIS eG) zeigt. Auf 125 Hektar Fläche errichtete der EGIS-Projektpartner MaxSolar GmbH bei Bundorf im unterfränkischen Landkreis Haßberge einen der größten Solarparks Bayerns mit einer Kapazität von 125 Megawatt. 30 Prozent davon hat die EGIS eG als Bürgersolarpark realisiert. Ein Teil des dort erzeugten Ökostroms fließt nicht in das öffentliche Netz, sondern speist zwei Großwärmepumpen für das Wärmenetz Bundorf, das ebenfalls von der EGIS eG betrieben wird. Deren Leistung reicht aus, um das Wärmenetz von Frühjahr bis Herbst mit Wärme zu versorgen. Um das Projekt abzurunden, installierte die EGIS eG in Bundorf auch noch zwölf Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, die zu 100 Prozent mit EGIS-Strom aus dem Bürgersolarpark betrieben werden. So wurde aus dem Ort das Energiedorf Bundorf. 35,7 Millionen Euro investierte die Genossenschaft in das Projekt (siehe auch den Beitrag „Bürgerwille: Wie Genossenschaften die Energiewende gestalten“ in „Profil“ 7/2024).

Weil 2021 festgestellt wurde, dass auf den Flächen für die PV-Anlage Feldlerchen vorkommen, forderte die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Haßberge im Genehmigungsverfahren eine Kompensation für den bedrohten Lebensraum der Tiere – im Raum standen 50 Hektar Ausgleichsfläche. Monetär wäre das ein Fiasko geworden, wie EGIS-Vorstandsvorsitzender Pascal Lang betont. „Dann wäre die PV-Anlage nicht mehr wirtschaftlich gewesen, weil uns die zusätzlichen Flächen viel Geld gekostet hätten, ohne einen Ertrag abzuwerfen.“

Ausgleichsmaßnahmen auf der Fläche

Doch im Gegensatz zu anderen Ämtern ließ die Naturschutzbehörde in Haßberge mit sich reden. Wenn MaxSolar und die EGIS eG auf dem Areal der PV-Anlage spezielle Artenschutzmaßnahmen umsetzen und den Nachweis erbringen, dass sich die Feldlerche dort wohlfühlt, müssen sie keine Ausgleichsflächen an anderer Stelle nachweisen. Unter anderem legten MaxSolar und die EGIS eG einen Wildtierkorridor durch die Anlage an, der zwei Habitate miteinander verbindet. Der Zaun rund um die PV-Anlage gewährt Niederwild einen Durchlass von 15 Zentimetern Höhe, damit kleine Tiere die Anlage problemlos durchqueren können. Für Bodenbrüter wie die Feldlerche wurden spezielle Gruben angelegt.

Um die Fläche – zuvor Ackerland von geringer Bodenqualität – ökologisch weiter aufzuwerten, säten die Projektpartner Magerwiesen aus heimischem Saatgut an. Altholzhaufen und Trockenflächen bilden Wärmeinseln, die etwa von Eidechsen gerne genutzt werden. So soll auf der Fläche ein Biotop entstehen, das nicht nur den Feldlerchen, sondern auch Schmetterlingen, Wildbienen und vielen seltenen Pflanzenarten einen Rückzugsort bietet. Auch die regelmäßige Pflege der Flächen gehört zum Konzept, um die Biodiversität zu fördern. So werden die Magerwiesen ein- bis zweimal im Jahr gemäht, wenn die Küken der Bodenbrüter flügge geworden sind und die Blumen ausgesamt haben. Zudem weiden Schafe auf der Fläche, um diese offen zu halten. Geplant ist außerdem, Bienenkästen aufzustellen.

Extra große Abstände zwischen den Modulreihen

Auch baulich berücksichtigten MaxSolar und die EGIS eG die Belange des Naturschutzes: Die Modulreihen wurden mit einem extra großen Abstand von 4,2 bis 6 Meter (durchschnittlich 4,6 Meter) zueinander angelegt, damit mehr Sonne den Boden erreicht. Zudem verwendeten sie sogenannte bifaziale Module, die noch nicht sehr lange auf dem Markt sind. Diese sind lichtdurchlässig und können auf beiden Seiten Licht in Strom verwandeln. Das macht sie auch leistungsfähiger. „Durch die bifazialen Module haben wir trotz der größeren Reihenabstände die gleiche Leistung auf der Fläche untergebracht, beim Stromertrag haben wir dadurch also keine Einbußen“, erklärt Pascal Lang. Die EGIS eG verbaute in Bundorf erstmalig diese modernen Module.

Vogelmonitoring vor, während und nach dem Bau

Kern der naturschutzfachlichen Auflagen war jedoch ein umfangreiches Monitoring der Feldlerchen-Bestände auf der Fläche, eine sogenannte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP). MaxSolar als Projektführer beauftragte hierfür das Büro für ökologische Studien Schlumprecht aus Bayreuth. Die Flächen wurden in den Jahren 2023 und 2024 vor, während und nach dem Bau der PV-Anlage mehrfach abgegangen und alle festgestellten Habitate von bedrohten Vogelarten wie der Feldlerche dokumentiert. Und hier gab es die große Überraschung, wie das Gutachten zusammenfasst: „Innerhalb von zwei Jahren hat sich innerhalb der PV-Anlage die Siedlungsdichte der Feldlerche deutlich (im Mittel über das Dreifache), in einzelnen Bauabschnitten über das Vierfache erhöht.“

Grafische Darstellung der Feldlerchen-Habitate auf dem Areal der PV-Anlage Bundorf vor dem Bau.

Vor dem Bau: 26 Feldlerchen-Reviere wurden im Jahr 2021 auf der Fläche der PV-Anlage kartiert. Quelle: Büro für ökologische Studien Schlumprecht

Grafische Darstellung der Feldlerchen-Habitate auf dem Areal der PV-Anlage Bundorf nach dem Bau.

Nach dem Bau: Im Jahr 2024 zählten die Vogelexperten nach Fertigstellung der PV-Anlage 99 Feldlerchen-Reviere. Der Bestand der bedrohten Vogelart hat sich dort also fast vervierfacht. Quelle: Büro für ökologische Studien Schlumprecht

Feldlerchen-Bestand auf der Anlage hat sich fast vervierfacht

Vor dem Bau waren 26 Reviere der Feldlerche auf dem Areal festgestellt worden (0,25 Reviere pro Hektar). 2023, als Teile der Anlage schon fertiggestellt waren, stieg die Zahl der Reviere auf 65 (0,55 beziehungsweise 0,66 Reviere pro Hektar in den bereits fertiggestellten Bauabschnitten) und erreichte nach Fertigstellung der Anlage 99 Reviere (0,77 Reviere pro Hektar). Bei der seltenen Schafstelze, die ebenfalls auf der Fläche lebt, stieg die Zahl der Reviere von zwei auf sechs. Ursache für die Zunahme dürfte der hohe Rohbodenanteil sowie das Fehlen von agrarischen Pestiziden sein, schreibt Gutachter Helmut Schlumprecht in seinem Abschlussbericht. Dort steht auch: „Beim ersten Begehungstermin im März 2024 wurden in der PV-Anlage viele Revierkämpfe der Feldlerche festgestellt, das heißt dass die PV-Anlage ein attraktives Habitat ist, um das sich Feldlerchen-Männchen streiten.“

Auch einige Vogelarten, die am Waldrand oder an Gehölzrändern brüten, haben ihre Siedlungsdichte an den Rändern des Untersuchungsgebiets erhöht. So stieg die Siedlungsdichte beim Baumpieper von acht auf 13 Reviere, bei der Goldammer von neun auf 25. „Die positive Außenwirkung (Zunahme der Revierzahlen von Baumpieper und Goldammer, die am Waldrand oder an Gehölzrändern brüten) dürfte durch das attraktive Nahrungsgebiet, das eine PV-Anlage aufgrund ihrer Pestizidfreiheit darstellt, verursacht sein“, schreibt Schlumprecht.

Hoher Rohbodenanteil für Feldlerchen attraktiv

Zusammenfassend führt der Gutachter die Zunahme der Reviere von Feldlerche & Co. in der Anlage auf den hohen Rohbodenanteil und die ausgeprägten Wildkrautfluren, den breiten Wildtierkorridor mit seinem extensiv genutzten Grünland und die weiten Modulreihenabstände von im Mittel 4,6 Metern zurück. Für die Entwicklung der Artenvielfalt und die Siedlungsdichte der Vogelarten sei die Breite des besonnten Streifens zwischen den Modulreihen entscheidend. „Feldlerchen nutzten offene unbewachsene Flächen zum Start und zur Landung und führen ihre Reviergesänge zum Teil auf den Solarmodulen aus. Sie liefen zwischen den Modulreihen am Boden, und sie zeigten ausgeprägte Revierkämpfe innerhalb der PV-Anlage“, schildert Schlumprecht seine Beobachtungen.

Gezielte Pflegemaßnahmen auf der Fläche notwendig

Der Gutachter mahnt aber auch, dass sich die Siedlungsdichte der Feldlerche wieder verringern könnte, wenn die Flächen nach und nach zuwachsen und die Anlage rundherum mit Büschen eingegrünt wird. „Falls ein hohes Niveau der Siedlungsdichte der Feldlerche langfristig aufrechterhalten werden soll, dann muss der hohe Rohbodenanteil erhalten werden“, schreibt Schlumprecht. Der Gutachter erwähnt zudem andere Studien, wonach die Siedlungsdichte der Feldlerche nach dem Bau von PV-Anlagen bei vorheriger ackerbaulicher Nutzung der Fläche nur leicht gestiegen, gleichgeblieben oder sogar zurückgegangen ist. Dort fehlten teilweise aber gezielte Pflegemaßnahmen, um den Feldlerchen die Flächen mit den PV-Anlagen schmackhaft zu machen.

Aussichtsplattform für weitere Beobachtungen

Auch Pascal Lang weiß, dass die Arbeit zum Schutz der Feldlerche noch lange nicht getan ist. „Wir werden dranbleiben und den Nachweis erbringen, dass es dauerhaft für die Feldlerche passt“, verspricht er. Unter anderem ist geplant, Feldlerchenfenster auf der Fläche anzulegen. Denn auch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Haßberge hat weiterhin ein strenges Auge auf die PV-Anlage in Bundorf. „Weitere Ausgleichsmaßnahmen sind noch nicht vom Tisch, sollten die Feldlerchenbestände wieder zurückgehen“, sagt Lang. Deshalb wird die Anzahl der Feldlerchenreviere in einem Langzeitmonitoring weiterhin erfasst und dokumentiert. Dafür wird am Rande der PV-Anlage eigens eine Aussichtsplattform installiert – sehr zur Freude von Pascal Lang: „Die Plattform können dann auch Spaziergänger nutzen, um die Feldlerchen zu beobachten und die schöne Natur zu genießen. So machen wir gleich auch noch Werbung für unsere PV-Anlage und das Energiedorf Bundorf.“

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