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Im Jahr 2019 verzeichnet die Welt-Getreidebilanz einen herben Einschnitt: Erstmals seit sechs Jahren wird global mehr Getreide verbraucht als produziert. Prognosen des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums USDA zufolge werden die weltweiten Getreidevorräte in diesem Jahr um 46 Millionen Tonnen sinken. Der starke Rückgang ist vor allem auf die Ernte in der Europäischen Union zurückzuführen, wo im vergangenen Jahr außergewöhnliche Hitze und Trockenheit zum Teil zu erheblichen Ertragseinbußen geführt haben.

2018 werde keine Ausnahme bleiben, warnen Klimaforscher. Landwirte spüren die Zunahme an Wetterextremen bereits seit Jahren. Wie also sichern wir auch in Zukunft die Nahrungsmittelversorgung, wenn das Extrem zur Normalität wird, das weltweite Bevölkerungswachstum die 10 Milliarden ansteuert, heute aber schon 850 Millionen Menschen auf diesem Planeten an Hunger leiden? Eine Antwort darauf könnte im Weltall liegen.

Spätestens mit dem Start der Satellitenmission Sentinel-2 vor vier Jahren ist der Nutzen, den die Satellitendatenfernerkundung auch für die Landwirtschaft stiftet, stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Sentinel-2 ist ein Teil des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der Europäischen Union. Unter der operativen Führung der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird seit 1998 die Infrastruktur für ein unabhängiges europäisches Erdbeobachtungssystem aufgebaut. Europa hat sich damit weltweit an die Spitze der zivilen Nutzung von Satellitendaten gesetzt und optimale Rahmenbedingungen für die mittelständische Wirtschaft geschaffen. Dass Innovationen dabei nicht zwingend aus dem Silicon Valley kommen müssen, zeigen kleine und mittelständische deutsche Unternehmen wie der in München beheimatete Fernerkundungsspezialist Vista GmbH, eine Unternehmensbeteiligung der BayWa.

Täglich zehn Terabyte Daten aus dem All

Die Satellitendaten der ESA stehen jedem auf der Welt kostenfrei zur Verfügung. Pro Tag „fließen“ bis zu zehn Terabyte Richtung Erde. Experten wie Vista sind unverzichtbar, um diesen Datenstrom für die praktische Anwendung aufzubereiten und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Mit Unterstützung aus dem Weltall werden Ressourcen wie Saatgut, Dünger, aber auch Wasser nicht mehr wie bisher üblich einheitlich in der Fläche ausgebracht, sondern kleinräumig abgestimmt auf die aktuellen Bedingungen im Feld. Der Landwirt sieht, wo seine Pflanzen gut wachsen oder wo das Wachstum hinter den Erwartungen zurückbleibt und kann zielgerichtet reagieren. Wer nur dort düngt oder bewässert, wo es nötig ist, reduziert seinen Düngereinsatz, verbraucht weniger Wasser, spart Kraftstoff für den Betrieb von Traktoren und Bewässerungssystemen und erzielt auf seinen Feldern einen höheren Ertrag. Und zwar nicht nur hier in Deutschland, sondern zum Beispiel auch im afrikanischen Sambia.

Weizen kann in Sambia nur in der Trockenzeit unter permanenter Beregnung angebaut werden. Als Quelle dienen natürliche Wasserreservoirs, die sich während der Regenzeit füllen. Aufgrund von zu hoher Trockenheit in den vergangenen Jahren haben sich auch in Sambia die Wasservorräte drastisch verringert. Trotzdem sind Höchsterträge im Getreide möglich, so das Ergebnis einer zweijährigen Pilotphase auf einem Betrieb südlich von Lusaka. Jene 1.000 Hektar Weizen, die dort 2017 und 2018 auf Grundlage von Satelliten- und Wetterdaten in Kombination mit der Expertise von BayWa und Vista bewässert worden sind, verzeichneten Maximalerträge mit bis zu 25 Prozent Mehrertrag. Allein im vergangenen Jahr sparte der Pilotbetrieb 1,7 Milliarden Liter Wasser – etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr. Zusatzeffekte waren geringere Energiekosten für den Betrieb der Pumpen sowie weniger Nährstoffauswaschungen. Das schont die Umwelt.

Die BayWa AG im Überblick

Die BayWa AG wurde 1923 gegründet und hat ihren Hauptsitz in München. Aus ihren Wurzeln im genossenschaftlichen Landhandel hat sich die BayWa durch einen kontinuierlichen Ausbau des Leistungsspektrums zu einem internationalen Handels-, Dienstleistungs- und Logistikkonzern entwickelt. Die Geschäftstätigkeit gliedert sich in die drei operativen Segmente Agrar, Energie und Bau sowie das Entwicklungssegment Innovation & Digitalisierung mit dem Fokus auf Smart Farming und E-Business. Im Segment Agrar deckt die BayWa die gesamte Wertschöpfungskette vom Feld bis zur Vermarktung der Erzeugnisse ab. Das Leistungsspektrum umfasst den internationalen Handel und die Logistik ausgewählter Agrarrohstoffe sowie den Vertrieb von Betriebs- und Futtermitteln. Bei landtechnischen Maschinen ist die BayWa vom Verkauf von Neumaschinen über Wartung und Instandsetzung bis zur Vermarktung von Gebrauchtmaschinen tätig. 2018 erzielte der Konzern einen Umsatz von 16,6 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit rund 18.000 Mitarbeiter. Das Segment Agrar erwirtschaftet traditionell den größten Teil des Umsatzes im BayWa Konzern; 2018 belief sich dieser Anteil auf rund 66 Prozent.

Kann die satellitengestützte Bewässerung in Sambia ein Vorbild für Deutschland sein, für das Klimaforscher in der Zukunft eine Zunahme an Sommertrockenheit und extremer Hitze vorhersagen? Das ist immer zuerst eine ökonomische Entscheidung. Kreisberegnung in Getreidekulturen, wie sie im südlichen Afrika, Nordamerika oder Teilen Europas geläufig ist, lohnt sich für deutsche Landwirte gegenwärtig noch nicht. In Deutschland geht es eher um die Frage, welches Feld wann wie viel Dünger braucht. Bei einer Verschärfung der in Deutschland geltenden Düngeverordnung, wie von der EU-Kommission gefordert, befürchten Landwirte, ihre Getreidebestände nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgen zu können. Auf deutschen Äckern wird qualitativ hochwertiger Brotweizen angebaut, der in anderen Ländern nicht wächst, entsprechend hoch ist dort die Nachfrage danach. Restriktivere Düngeregeln, so die Sorge, könnten speziell im Brotweizenanbau zu einer Unterversorgung der Pflanzen mit Nährstoffen und damit zu Qualitätsverlusten führen. Die Folge wäre ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Landwirte im internationalen Agrarhandel.

Ökonomie und Ökologie vereinen

Intelligente Lösungen im Düngeprozess können diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie auflösen. Das Prinzip einer satellitengestützten Düngung ist dabei ähnlich dem einer teilflächenspezifischen Bewässerung: Mit Unterstützung der fliegenden Augen im All kann der Landwirt kleinräumig nachvollziehen, wie gut seine Pflanzen mit Stickstoff versorgt sind, und seine Düngung entsprechend anpassen. Praxisversuche haben gezeigt, dass auf diesem Weg bis zu 99 Prozent des ausgebrachten Düngers von den Pflanzen aufgenommen und verwertet werden, eine Überdüngung findet also nicht statt. Ohne die Umwelt zu belasten ist es somit möglich, auch unter strengeren Düngeregeln Erträge und Qualitäten zu sichern.

Landwirtschaft ist ein globales Geschäft. Herausforderungen wie der Klimawandel und eine rasant wachsende Weltbevölkerung gehen uns alle an. Mit der Digitalisierung und Automatisierung hat die Landwirtschaft zwei Instrumente in der Hand, um zukünftig zehn Milliarden Menschen zu ernähren. Mit einer guten Balance aus Nachhaltigkeit und moderner Technik.

Whitepaper „Digitalisierung in der Landwirtschaft“

In einem Whitepaper greift die BayWa die unterschiedlichen Facetten der Präzisionslandwirtschaft auf und thematisiert erprobte Ansätze für eine erfolgreiche Umsetzung in der Praxis. Drei Landwirte aus Bayern und ein Werkstattleiter berichten, wie die digitale Revolution ihren Berufsalltag verändert. Ergänzende Interviews mit Vertretern aus Agrarhandel, Pflanzenbauberatung und Softwareentwicklung diskutieren die Chancen und Grenzen der Digitalisierung: Wann lohnt sich der Einstieg für Landwirte? Wem gehören die gewonnenen Daten? Und wird der Verbraucher eine automatisierte Farm überhaupt akzeptieren? Das Whitepaper kann unter https://www.baywa.de/smart-farming/ kostenfrei heruntergeladen und gelesen werden.

Klaus Josef Lutz ist seit Juli 2008 Vorstandsvorsitzender der BayWa AG und Mitglied im Verbandsrat des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Seine berufliche Laufbahn begann er nach einem Studium der Rechtswissenschaften in München zunächst als Anwalt, übernahm dann aber bald führende Positionen in verschiedenen Branchen und konnte vor allem umfassende Erfahrungen in der Restrukturierung und Entwicklung von Unternehmen sammeln.

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