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Das Zusammenspiel von Kreditberatung und Kreditwürdigkeitsprüfung gehört insbesondere bei privaten Immobilienfinanzierungen zu den am meisten diskutierten Themen in den Kreditseminaren des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Ziel der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ist es, rechtssicher ein für den Kunden optimales Ergebnis in angemessener Zeit zu finden und dieses angemessen zu dokumentieren. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Der Rechtsrahmen

Banken müssen bei Darlehensverträgen eine Kreditwürdigkeitsprüfung durchführen. Seit der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) in deutsches Recht dient die Prüfung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern bei privaten Immobilienfinanzierungen nicht mehr nur der Finanzmarktstabilität. Zusätzlich begründet sie auch Fürsorgepflichten der Banken gegenüber ihren Kunden. Eine fehlerhafte Kreditwürdigkeitsprüfung führt deshalb nicht mehr nur zu Beanstandungen der Bankenaufsicht, sondern kann auch Schadensersatzansprüche des Kunden nach sich ziehen (Einzelheiten dazu in „Profil“ 10/2018).

Nach dem klassischen Modell ist die Kreditwürdigkeitsprüfung Aufgabe der Marktfolge. Sie kann die vom Markt ermittelten Daten zugrunde legen und/oder per Selbstauskunft direkt Daten vom Kreditnehmer anfordern. Die Bank muss die Angaben des Kunden zumindest stichpunktartig anhand von objektiven Quellen überprüfen.

Zu einer Kreditberatung ist die Bank nicht verpflichtet. Ein Beratungsvertrag kommt zustande, wenn sich der Kunde ratsuchend an sein Kreditinstitut wendet und diese eine Empfehlung ausspricht. In der klassischen Baufinanzierung dürfte dies die Regel sein. Die Beratung findet am Markt statt und beruht auf den Angaben des Kunden.

Selbe Ziele für Beratung und Prüfung

In Bezug auf den Verbraucher verfolgen Kreditwürdigkeitsprüfung und Beratung dasselbe Ziel: Der Kunde ist kreditwürdig, wenn er seinen Verpflichtungen „wahrscheinlich“ nachkommen wird. So sieht es auch der Gesetzgeber vor. Die beratende Bank muss eine Finanzierung empfehlen, die sich der Kunde leisten kann. Inhaltlich wird sie bei der Beratung wie bei der Kreditwürdigkeitsprüfung dieselben Kriterien anlegen: Einnahmen, Ausgaben, Risikomerkmale und Prognosen, wie etwa zur Zinsentwicklung oder zur Einkommensentwicklung nach Renteneintritt.

Unterschiede zwischen Kreditwürdigkeitsprüfung und Beratung ergeben sich beim Kreditprodukt selbst. Die Empfehlung einer bestimmten Finanzierung ist das Ergebnis einer Beratung. Für die Kreditwürdigkeitsprüfung ist es hingegen unerheblich, ob die konkrete Finanzierung dem Kunden empfohlen wurde oder der Kunde die Ausstattungsmerkmale selbst vorgegeben hat.

Doppelarbeit vermeiden

Die strikte Trennung zwischen Beratung am Markt und Kreditwürdigkeitsprüfung in der Marktfolge wird von vielen Banken zunehmend als unproduktiv wahrgenommen. Rechtlich spricht nichts dagegen, die Kreditanbahnung zu optimieren und Prozesse aus Beratung und Prüfung zu straffen. So wird Doppelarbeit vermieden und die Marktfolge kann sich zunehmend auf die Qualitätssicherung und die Unterstützung bei der Befüllung der erforderlichen Dokumente konzentrieren. Folgende Ansätze bieten sich an:

  • Einmalige Abfrage: Die für Beratung und Kreditwürdigkeitsprüfung erforderlichen Angaben des Kunden werden nur einmal abgefragt. Sinnvollerweise liefert der Kunde die Daten auf Grundlage einer Selbstauskunft vorab. Dann wird das erste Beratungsgespräch nicht mit Datenermittlung und -erfassung überfrachtet. Der zuweilen geäußerte Einwand, die Kunden könnten viele Angaben nicht alleine ermitteln oder würden die hierfür erforderliche Selbstdisziplin nicht aufbringen, trifft nach Rückmeldungen aus der Praxis nicht zu. Die Bereitschaft des Kunden zur Mithilfe ist eher ein Maßstab dafür, wie groß sein Interesse an einem Geschäftsabschluss tatsächlich ist.
  • Straffe Hausmeinung: Ziel der Beratung ist es nicht, den Kunden mit einer Vielzahl von Möglichkeiten zu überfordern. Die Präferenzen des Kunden sollten deshalb im Verlauf der Beratung geklärt werden und nicht erst nach Sichtung zahlloser vorvertraglicher Informationen in den sogenannten ESIS-Merkblättern. Nach Rückmeldungen aus der Praxis genügen dem Kunden oft ein oder zwei Varianten als Empfehlung. Eine straffe Hausmeinung kann dem Berater die Arbeit erleichtern.
  • Transparente Beratung: Anders als in der Anlageberatung ist in der Kreditberatung die Erstellung eines Beratungsprotokolls keine gesetzliche Pflicht. Der Berater ist lediglich dazu verpflichtet, im ESIS-Merkblatt zu vermerken, ob der Vorschlag eine Empfehlung oder nur eine produktspezifische Information darstellt. Ein Protokoll ist aber sinnvoll, weil es die Beratung transparent macht. Die Fiducia & GAD ermöglicht es den Kreditinstituten, das Protokoll im Banksystem weitgehend frei zu gestalten. Wichtig erscheint es, die Angaben zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Kunden zu fixieren. Bei den Kundenwünschen kann sich die Bank auf die Ergebnisse beschränken. Sie muss bei einem anfänglich noch unentschlossenen Kunden nicht den gesamten Entscheidungsfindungsprozess festhalten. Empfiehlt die Bank eine von mehreren Varianten, sollte nachvollziehbar sein, warum sie sich auf diese festgelegt hat. Produktinformationen können hingegen dem ESIS-Merkblatt vorbehalten bleiben, das die Bank ohnehin zur Verfügung stellen muss.

Den einen, allein richtigen Kreditvergabeprozess gibt es allerdings nicht, da jede Genossenschaftsbank andere Prioritäten setzt. So stehen den Kreditinstituten im digitalen Prozesswerkzeugkasten „VR-Process“ drei Muster-Varianten zur Verfügung. Dazu bietet der Bereich Bankenbetreuung des GVB den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken Einzelberatungen und Runden zum Erfahrungsaustausch (Erfa-Kreise) bei der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) an. Auch die Rechtsberatung des GVB unterstützt die Banken zum Verbraucherkreditrecht mit verschiedenen Seminar-Formaten. Weitere Informationen und Termine gibt es im Mitgliederbereich der GVB-Webseite.

Kontakt

Fragen zum Kreditvergaberecht richten die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken an die Rechtsberatung des GVB unter 089 / 2868-3700 oder recht(at)gv-bayern.de. Über die Muster-Prozesse in „VR-Process“ und die Erfahrungsaustausch-Runden (Erfa-Kreise) informiert Markus Hälmle, Leiter der GVB-Abteilung Prozesse, Verbund und Personal. Er ist unter 089 / 2868-3867 oder mhaelmle(at)gv-bayern.de zu erreichen.

Dr. Oliver Schießer leitet die Abteilung Bankrecht der Rechtsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern.

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