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Das Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, zur steigenden Nachfrage der Banken nach Staatsanleihen:

„Während die Kreditvergabe an Unternehmen nach einer Phase des Schuldenabbaus nur langsam zunimmt, steigt die Nachfrage der Banken nach Staatsanleihen aus dem Euroraum stetig. Die hohe Nachfrage nach sicheren und liquiden Vermögenswerten wird nicht nur von Risikoaversion und Liquiditätspräferenzen bestimmt, sondern ist auch ein Nebeneffekt der Bankenregulierung. Wenn die Regulierung zur Erhöhung der Liquidität der Banken führt, entstehen Finanzierungslücken für langfristige Investitionen. Innerhalb des europäischen bankbasierten Finanzmarktsystems sind kleine und mittlere Unternehmen in hohem Maße von Bankkrediten zur Finanzierung ihrer Investitionen abhängig.“

Dazu meine ich: „Die Erkenntnisse der Forscher zeigen vor allem eines: Nicht alle Kreditinstitute in Europa stellen sich in gleichem Maße in den Dienst der Realwirtschaft wie die Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die sind kerngesund und haben allein 2017 im Freistaat ihren Bestand an Mittelstandskrediten um mehr als 7 Prozent erhöht. Dagegen hat das europäische Finanzsystem in Gänze die erforderliche Stabilität und Stärke längst nicht wiedergewonnen. Das liegt vor allem daran, dass gerade viele südeuropäische Kreditinstitute schuldrechtlich immer enger mit ihren Heimatländern verbunden sind. Die Staatsfinanzierung durch heimische Banken stieg trotz Staatsschuldenkrise in den vergangenen beiden Jahren in der Eurozone um mehr als 15 Prozent. Gleichzeitig legte die Kreditvergabe an die Realwirtschaft nur um knapp eineinhalb Prozent zu. Eine höchst bedenkliche Entwicklung.“

Dr. Andreas Dombret, ehemaliges Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank (Mai 2010 bis April 2018), zum bestehenden Regulierungsrahmen:

„Heute haben Institute nach wie vor vergleichsweise hohe Bestände an landeseigenen Staatspapieren in ihren Büchern. Ein wesentlicher Grund dafür findet sich im bestehenden Regelrahmen: Banken müssen für das Risiko, dass ihr Heimatstaat seine finanziellen Verpflichtungen nicht einlösen kann, im Kreditrisiko-Standardansatz immer noch keinen Euro Kapital vorhalten. Und diese Regelung gilt, obwohl Staatsanleihen einen großen Anteil der Bankbilanzen der Eurozone ausmachen und das ökonomische Risiko einer Staatsinsolvenz zwar gering sein mag, aber nie gleich null ist.“

Dazu meine ich: „Das trifft den Nagel auf den Kopf: Eine wesentliche Ursache für die hohen Risiken im europäischen Bankensektor besteht in Unzulänglichkeiten in der Bankenregulierung. Kredite an Euroländer müssen nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden, da sie als vermeintlich risikolose Geldanlage gelten. Doch spätestens seit der europäischen Staatsschuldenkrise wissen wir, dass das nicht der Realität entspricht. Bestes Beispiel ist Griechenland, das trotz riesiger Hilfspakete einen Teil seiner Schulden nicht zurückbezahlt hat. Und trotzdem investieren einige Banken immer stärker in Staatspapiere.“

Markus Ferber, MdEP zur möglichen regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen:

„Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie man diesem Problem [der Verknüpfung von strauchelnden Banken und strauchelnden Staaten, Anm. d. Red.] beikommen kann (…). Die erste Variante wäre, dass man sicherstellt, dass Staatsanleihen gemäß ihres Risikos in Bankbilanzen mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen (…). Ergänzend zu diesem Schritt sollte man sich auf das Problem des Klumpenrisikos konzentrieren. Das könnte etwa über eine Quote erfolgen, nach der Banken, die Staatsanleihen halten wollen, dies nur im Rahmen eines bestimmten Schlüssels tun können.“

Dazu meine ich: „Markus Ferber hat recht. Die aus der engen Verknüpfung von Banken mit ihren Heimatländern resultierenden Risiken gehören reduziert. Großkredit-Obergrenzen auf Forderungen gegenüber Staaten anzuwenden kann aber nur ein erster Schritt sein. Der zweite Schritt muss es sein, europäische Staatsanleihen nicht länger bei der Eigenkapitalunterlegung zu bevorzugen. Solche Schuldpapiere sollten ab dem ersten Euro risikoorientiert mit Eigenkapital unterlegt werden. Das vielfach bemühte Argument, man komme mangels internationalem Konsens nicht voran, sticht nicht. Schließlich sieht sich die EU-Kommission auch in anderen Bereichen – man denke an nachhaltige Finanzierungen – gerne in der Vorreiterrolle. Es ist höchste Zeit für eine konstruktive Debatte darüber, wie die vorhandenen Altlasten abgebaut werden können und einem erneuten Aufbau von Risiken vorgebeugt werden kann.“

Dr. Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Twittert als @JGros_GVB  und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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