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Der Fachkräftemangel bremst bereits heute die Investitionsneigung und die Geschäftsentwicklung des bayerischen Mittelstands. In der aktuellen Phase guter Geschäftsentwicklung ist fehlendes qualifiziertes Personal ein besonders empfindlicher Engpass. Das ist ein zentrales Ergebnis der jüngsten Mittelstandsumfrage der DZ Bank vom Herbst 2017. Mehr als ein Drittel aller durch die DZ Bank befragten Unternehmen in Bayern beabsichtigt in den nächsten drei Jahren, seine Investitionen zu steigern. Doch ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitern ist für 64 Prozent der Unternehmen ein zentrales Investitionshindernis. Mehr als die Hälfte der vom Fachkräftemangel betroffenen Unternehmen musste daraufhin bereits auf Umsatz verzichten.

Die Folgen des Fachkräftemangels müssen dabei keineswegs temporärer Natur sein, denn die Unternehmen trifft dieses Problem in einer strategisch wichtigen Phase: Der Mittelstand investiert inzwischen verstärkt in Digitalisierungsprojekte. 69 Prozent der befragten Unternehmer im Freistaat planen, Mittel für die digitale Aufrüstung in die Hand zu nehmen. Diese Projekte sind entscheidend, um die Innovationsführerschaft und Effizienz des Wirtschaftsstandorts Bayern auch fortan zu sichern.

Spezialisiertes und qualifiziertes Personal ist allerdings Grundvoraussetzung dieser Investitionen, und infolge des Fachkräftemangels werden Digitalisierungsprojekte verschoben: Rund ein Viertel der Firmen, die den Mangel bereits spüren, kann wichtige IT- und Digitalisierungsprojekte nicht realisieren. Damit ist der Fachkräftemangel inzwischen die größte Hürde bei der Realisierung von Investitionen. Erst mit deutlichem Abstand dahinter folgen politische Unsicherheiten in den jeweiligen Märkten.

Kleine Mittelständler müssen Abstriche machen

Zwar sind größere Unternehmen von diesen Problemen besonders intensiv betroffen, doch diese können zumindest kurzfristig flexibler reagieren als Unternehmen mittlerer Größenklassen, indem sie ihre Betriebsabläufe verändern und überwiegend mehr Leiharbeiter beschäftigen. Auch können sie Arbeitskräfte häufiger mit Anreizen außerhalb des Gehalts für sich gewinnen, etwa mit modernen Instrumenten wie Arbeitgeber-Branding, Kooperationen mit Schulen und besonderen Angeboten zur Familienfreundlichkeit. Viele kleinere Unternehmen passen sich dagegen notgedrungen an, indem sie Abstriche machen bei der Qualifikation der Mitarbeiter oder gar Aufträge ablehnen.

Ein wesentlicher Grund für die personellen Engpässe besteht dabei im „War for Talents“, also dem Kampf um die Talente. Dieser treibt die Preise für die gesuchten Spezialisten in die Höhe. Von den kleineren Unternehmen sagt über die Hälfte derer, die Probleme bei der Mitarbeitersuche haben, dass sie die geforderten beziehungsweise von anderen Firmen gebotenen Löhne nicht bezahlen können. Mittelständische Unternehmen – auch die größeren – sind oft in den teureren Metropolregionen ansässig und stehen in Konkurrenz zu Konzernen, deren Gehaltsniveau generell höher liegt.

Unternehmen müssen handeln und das günstige wirtschaftliche Umfeld nutzen, um sich für die Zukunft zu positionieren. Dabei stehen eine Weiterentwicklung der eigenen Infrastruktur, Prozesse und Personalplanung im Vordergrund. Diese Erkenntnis stößt bei Unternehmenslenkern offenbar auf Gehör: So bleibt die Investitionsbereitschaft im bayerischen Mittelstand hoch. Über 90 Prozent der Unternehmen wollen das Investitionsniveau in den kommenden drei Jahren zumindest halten, so zeigen es aktuelle Umfragen der DZ Bank. Mehr als ein Drittel der Unternehmen plant sogar, mehr zu investieren. Dabei stehen Personalmaßnahmen – unabhängig von Branche und Größenklasse – im Fokus. Über 80 Prozent der Unternehmen wollen mehr in Rekrutierung sowie Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Weiterhin stehen Investitionen in Digitalisierung und Software sowie in Maschinen und Ausrüstung für deutsche Mittelständler weit oben auf der Agenda.

Flexible Finanzierungsformate einbinden

Als strategische Partner des Mittelstands kommt auf die Volksbanken und Raiffeisenbanken in diesem Kontext die Aufgabe zu, ihren Kunden vor allem passende Finanzierungslösungen anzubieten und sie entsprechend zu beraten. Um Unternehmen den Weg in die Digitalisierung zu ebnen, bedarf es beispielsweise der Einbindung flexibler Finanzierungsformate und öffentlicher Fördermittel. Zusätzlich müssen sich Banken auf die Schwierigkeit einstellen, zunehmend immaterielle Vermögenswerte, beispielsweise Humankapital, als Investitionsobjekt angeboten zu bekommen. Nicht zuletzt kann die Hausbank auch vor dem konkreten Hintergrund des Fachkräftemangels Initiative zeigen. Mit betrieblicher Altersvorsorge oder Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen können Firmenkunden Anreize aufgezeigt werden, ihre Arbeitgeberattraktivität über die Personalplanung zu steigern.

Uwe Berghaus ist seit August 2016 Firmenkundenvorstand der DZ Bank.
 

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