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Joachim Wuermeling zu den im Rahmen von Corona gewährten Erleichterungen für Banken:

 „Nach rund eineinhalb Jahren Pandemie ist das deutsche Bankensystem insgesamt in robuster Verfassung(…). Beim Manövrieren durch die Pandemie hat die Aufsicht die Banken aus Sicherheitsgründen, bildlich gesprochen, ins Schlepptau genommen. Damit meine ich die aufsichtlichen Erleichterungen und Sondermaßnahmen, die in der Pandemie eingeführt wurden. Banken sollten sich nun in ihrer internen Steuerung darauf einstellen, dass diese Erleichterungen, dieses Schlepptau, nicht ewig währen. Unerwartete Effekte der Pandemie werden immer unwahrscheinlicher, die wirtschaftlichen Aussichten hellen sich weiter auf. Bleibt dieses Bild bestehen, müssen wir auch wieder normale aufsichtliche und regulatorische Anforderungen in Kraft setzen. Die Rücknahme werden wir dabei zeitlich staffeln und die Institute nicht überfordern. Der Weg aus den Sondermaßnahmen heraus, zurück zu den regulären regulatorischen Maßnahmen, ist wichtig. Denn gerade die Covid-19-Krise hat gezeigt, wie bedeutend eine solide Kapitalbasis ist, damit Banken auch im Sturm stabil bleiben, mindestens eine Handbreit Wasser unterm Kiel haben und Kurs halten können.“

Dazu meine ich: „Joachim Wuermeling benennt einen wichtigen Punkt, der in der Corona-Pandemie zutage getreten ist: Banken haben einen zentralen Beitrag geleistet, die negativen wirtschaftlichen Effekte in 2020 abzufedern. Sei es bei der unkomplizierten Ausweitung dringend benötigter Kreditlinien oder der Antragstellung zu Hilfsmaßnahmen: Die Banken haben ihre Kunden bestmöglich unterstützt. Vonseiten der Regulatoren wurde dieses Engagement gefördert, indem Vorgaben teilweise an die außerordentliche Pandemie-Situation angepasst wurden. Nun zu schlussfolgern, der wirtschaftliche Aufschwung ziehe unweigerlich eine Rücknahme der regulatorischen Sondermaßnahmen nach sich, ist eine falsche Ableitung aus dem turbulenten Jahr 2020. Statt möglichst schnell einen aufsichtlichen „Vor-Pandemie“ Zustand zu erreichen, sollten Regulatoren vielmehr aufgreifen, welche Maßnahmen sich bewährt haben und in Zukunft beibehalten werden sollten. Ein solcher Ansatz unterstützt einen stabilen wirtschaftlichen Aufschwung durch eine ausreichende Kreditvergabe. Die solide Kapitalbasis des deutschen Bankensektors darf dabei selbstverständlich nicht gefährdet werden.

Wie Wuermeling zu erklären, das weitreichende Engagement und die solide Finanzausstattung der deutschen Bankenbranche sei ein Verdienst der Regulatorik und ihrer „Schlepptau-Maßnahmen“, zeichnet ein schiefes Bild. Schließlich waren und sind es die Banken, die vornehmlich die Kreditrisiken ihrer Kunden tragen und entsprechend absichern müssen. Trotz aller regulatorischer Erleichterungen haben die Geldhäuser auch in den belastenden Zeiten für eine solide Kapitalbasis ihrer Geschäfte gesorgt. So stieg bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken die harte Kernkapitalquote von 2019 auf 2020 merklich um 0,25 Prozentpunkte. Und: Die „robuste Verfassung“, wie Joachim Wuermeling sie nennt, beruht zuvorderst auf soliden Geschäftsmodellen und einer weitsichtigen Risikovorsorge. Sie ist nicht das Ergebnis einer umfangreichen Ausnutzung der regulatorisch gesteckten Grenzen. Diese Vorgaben bilden vielmehr die Leitplanken, innerhalb derer es sich zu bewegen gilt. Diese gehören nach den Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr auf den Prüfstand. Nur so lässt sich die Chance nutzen, aus der Pandemie sinnvolle Lehren zu ziehen.“

Joachim Wuermeling zur Umsetzung von Basel III:

Bei der Umsetzung von Basel III ist mir ein Thema besonders wichtig: Proportionalität. Die CRR III bietet Gelegenheit für weitere Gedanken, wie kleinere Institute entlastet werden können. (…) Zum Beispiel könnten kleine, nicht-komplexe Institute vollständig von Offenlegungspflichten und Vergütungsregelungen befreit werden. Kleine Banken bergen eben nicht das gleiche Risiko für das Finanzsystem wie international tätige Großbanken."

Dazu meine ich: „Die Finalisierung von Basel III, auch als Basel IV bekannt, soll im Jahr 2025 in Kraft treten und beinhaltet umfangreiche Vorgaben zur Kapitalausstattung von Banken. Ein zentraler Punkt vor diesem Hintergrund ist die von Joachim Wuermeling angesprochene Proportionalität. Der Baseler Ausschuss hat sich zum Ziel gesetzt, ein Rahmenwerk für die globale Finanzwirtschaft zu schaffen. Gleichzeitig dürfen die Belange kleiner, regional ausgerichteter Banken, auch LSIs (Less Significant Institution – weniger bedeutendes Institut) genannt, nicht in den Hintergrund treten. Insbesondere in einem vom Mittelstand geprägten Land wie Deutschland sind Regionalbanken die wichtigsten Finanzierer der hiesigen Wirtschaft. Sie sind ein Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. Diese zahlreichen, oftmals kleineren Bankhäuser regulatorisch mit international agierenden Großbanken gleichzusetzen, wäre grundfalsch. So sind viele Vorgaben, insbesondere zu Offenlegungspflichten, auf Großbanken zugeschnitten: Diese besitzen ein grenzüberschreitendes Portfolio und sind oftmals kapitalmarktorientiert, sodass umfangreiche Berichtspflichten eine wichtige Informationsquelle für Anteilseigner darstellen. Das Kreditbuch von Regionalbanken ist hingegen geographisch meist stark begrenzt, außerdem fehlt die genannte Kapitalmarktorientierung. Damit würden Vorgaben zu Berichtspflichten wie bei Großbanken keinen relevanten Mehrwert mit sich bringen. Vielmehr binden sie unnötig Kapazitäten, um entsprechende Berichte abzufassen. Zumal diese weder dem Kunden noch der Aufsicht nutzen. Ähnlich verhält es sich mit Maßgaben zur Vergütungsstruktur. Diese sollen Fehlanreize wie übermäßige Risikobereitschaft durch variable Gehaltsbestandsteile unterbinden. Diese Gefahr betrifft jedoch nur einige wenige Großbanken. Regionalbanken wenden hingegen angemessene Vergütungsregeln an, in denen variable Bestandteile keine Rolle spielen.

Beide Beispiele zeigen, dass das konsequente Hinterfragen der Baseler Vorgaben nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit essenziell ist, um übermäßige Belastungen für LSIs zu vermeiden. An dem Ziel, für mehr Proportionalität zu sorgen, muss sich der jüngste Gesetzesvorschlag zur Umsetzung von Basel III nun messen lassen.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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