BGH-Urteil: Die VR-Bank Passau hat ihre Kunden mit der Anwendung „Marketingfabrik“ um Zustimmung zu AGB-Änderungen gebeten. Wie lautet ihr Fazit?
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Es klingt nach Bürokratie aus dem Lehrbuch: Banken müssen heute für jede noch so kleine Änderung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zigtausende Briefe verschicken. Papierberge, hohe Kosten, verwirrte Kundinnen und Kunden – und am Ende kein erkennbarer Vorteil für irgendwen.
Der Grund: Der Bundesgerichtshof hat 2021 entschieden, dass die sogenannte Zustimmungsfiktion nicht mehr zulässig ist. Früher galt: Wenn eine Bank ihre AGB ändern wollte, wurden die Kunden informiert – und wer nicht einverstanden war, konnte widersprechen oder kündigen. Wer nichts tat, signalisierte damit auch: Einverstanden. Dieses Verfahren war einfach, klar und verbraucherfreundlich – und wurde von allen Beteiligten verstanden und akzeptiert.
Kein zusätzlicher Schutz für Verbraucher
Heute dagegen braucht es die aktive Zustimmung jedes einzelnen Kunden. Wer nicht reagiert, läuft Gefahr, dass sein Konto am Ende sogar gekündigt wird. Das schafft Unsicherheit, kostet die Banken Millionen – und bringt den Verbraucherinnen und Verbrauchern keinerlei zusätzlichen Schutz.
Allein eine durchschnittliche Volks- oder Raiffeisenbank muss für eine einzige AGB-Änderung mit Kosten von rund 160.000 Euro rechnen. Hochgerechnet auf alle Institute ergibt sich so schnell ein zweistelliger Millionenbetrag für jede AGB-Änderung – Geld, das besser in Beratung, Digitalisierung oder die Kreditversorgung des Mittelstands fließen sollte. Stattdessen werden Ressourcen gebunden, Mitarbeitende mit unnötiger Bürokratie beschäftigt und Kundinnen und Kunden mit Serienbriefen überfordert.
Praxistauglicher Mechanismus steht bereit
Dabei liegt die Lösung längst auf dem Tisch: Gemeinsam mit dem Sparkassenverband Bayern haben wir der Bundesjustizministerin einen konkreten Gesetzesvorschlag unterbreitet. Er macht die Zustimmungsfiktion wieder möglich, schränkt sie aber zugleich so ein, dass Missbrauch ausgeschlossen ist. Damit stünde ein praxistauglicher Mechanismus bereit, wie er in vielen anderen Wirtschaftsbereichen längst funktioniert.
Verbraucherschutz lebt nicht von Papierstapeln und Fristabläufen, sondern von klaren Regeln, die beiden Seiten nützen. Höchste Zeit also, die AGB-Praxis wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Stefan Müller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern.
Zu seinem Profil auf LinkedIn.