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„Spektakulär“, entfährt es einem Vater, der seine beiden Söhne dabei beobachtet, wie sie im Sportrollstuhl über den Hartplatz des 1. FC Rieden in der Oberpfalz flitzen, um gemeinsam mit anderen Kindern Rollstuhlbasketball zu testen. Angeleitet werden sie von den beiden Profis Svenja Mayer und Abdulgazi Karaman. Svenja Mayer lebt in Amberg und spielt für den RSV Bayreuth in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga. Mit der Nationalmannschaft nahm sie an den Paralympics in Tokio und Paris teil. Abdulgazi Karaman holte bei den Paralympics 1992 mit der deutschen Auswahl Silber, ist aber immer noch als Profi aktiv. Zusammen leiten sie in Rieden die Kinder an, erklären ihnen, wie man aus einem Sportrollstuhl heraus Körbe wirft oder geschickt den Gegner umkurvt, ohne umzukippen.

Die Kinder haben fast alle keine Behinderung. Sie sind mit ihren Eltern Mitte Mai 2025 nach Rieden in der Oberpfalz gekommen, um bei den „HerzMomenten“ der R+V-Versicherung dabei zu sein. So wie die Familie mit den Basketball-spielenden Söhnen, die am Rande des Landkreises Amberg-Sulzbach wohnen, die halbe Stunde Autofahrt aber gerne auf sich genommen haben. Insgesamt zählte Daniel Auer, Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V und Initiator der Veranstaltung, rund 2.000 Besucherinnen und Besucher. „Unser Ziel war es, Berührungsängste zwischen Menschen mit und ohne Behinderung abzubauen, Barrieren zu überwinden und die Vielfalt der Gesellschaft als Stärke erlebbar zu machen“, sagt Auer, der das Fest gemeinsam mit dem 1. FC Rieden und den Inklusionsbotschaftern der „Potenzial Pioniere“ auf die Beine gestellt hat. Acht Sponsoren (siehe Kasten) und rund 200 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer vom 1. FC Rieden und der R+V unterstützten das Fest.

Die Sponsoren der HerzMomente

  • Raiffeisenbank Unteres Vilstal
  • VR Bank Amberg-Sulzbach
  • VR Bank Mittlere Oberpfalz
  • Raiffeisenbank Neumarkt i.d.OPf.
  • Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz
  • VR-Bank Ostbayern-Mitte
  • Volksbank Raiffeisenbank Regensburg-Schwandorf
  • Gewinnsparverein Bayern eV

Rollstuhlbasketball war natürlich längst nicht alles, was den kleinen und großen Besuchern der HerzMomente geboten wurde. Abwechslung boten eine Kinderolympiade mit zahlreichen Sportstationen oder eine Schminkstation und ein Entenrennen auf der Vils mit rund 1.900 gelben Plastikenten. Diese waren teilweise von den Kindern der inklusiven Kinderkrippe „Mittendrin“ der Lebenshilfe Amberg-Sulzbach bunt verziert und mit Federn geschmückt worden. Damit keine der Enten über Vils und Donau bis ins Schwarze Meer treibt, fischte die Wasserwacht Vilstal-Kümmersbruck am Ziel alle Plastiktiere wieder aus dem Wasser.

An weiteren Stationen konnten die Besucherinnen und Besucher unter anderem mit verschiedenen Brillen testen, wie Sehbehinderte von einer leichten Sehbehinderung bis zur völligen Blindheit ihre Umgebung wahrnehmen. Der Tischtennisverein 1980 Beratzhausen bot Para-Tischtennis zum Ausprobieren an. Am inklusiven Spendenlauf der HerzMomente beteiligten sich rund 100 Läuferinnen und Läufer jeden Alters, mit Behinderung und ohne. Zusammen absolvierten sie auf dem 500-Meter-Rundkurs über 1.600 Runden. Großen Zuspruch erlebte auch das inklusive Fußballspiel der Lebenshilfe Amberg und des Heilpädagogischen Zentrums Irchenrieth. Die Siegerehrung übernahm – sehr zur Freude der Spieler – der Sänger Max Giesinger, der mit seiner Band am Abend auch noch ein Konzert gab.

Musikalische Inklusion am Abend

Bei der begleitenden Festveranstaltung der HerzMomente am Abend trat nicht nur Max Giesinger mit Band auf, sondern auch Mischa Gohlke mit Band. Der Hamburger Gitarrist und Inklusionsbotschafter Mischa Gohlke hat es trotz einer an Taubheit grenzenden Hörschädigung geschafft, Profimusiker zu werden. Getanzt wurde zu beiden Bands. Jung und Alt, mit und ohne Rollstuhl – gelebte Inklusion auch auf der Tanzfläche.

Die „Potenzial Pioniere“ haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Thema Inklusion in all seinen Facetten erleb- und fühlbar zu machen, unter unterem durch Rollstuhlbasketball. Auch Svenja Mayer und Abdulgazi Karaman gehören zu den Potenzial Pionieren. Einer der Geschäftsführer ist Mirko Koder, der auch die Rhine River Rhinos managt. Die Rollstuhlbasketballer des SV Rhinos Wiesbaden sind eine feste Größe in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga. Beim 1. FC Rieden genießt Koder, der selbst im Rollstuhl sitzt, die entspannte Atmosphäre. „Menschen mit und ohne Behinderung kommen zusammen und haben eine gute Zeit. Es macht mich glücklich, das zu erleben. Gemeinsam aktiv werden und lachen: Wir bräuchten viel mehr solcher Veranstaltungen.“ Ziel der Potenzial Pioniere sei es, Schnittmengen herzustellen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung – ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit Leichtigkeit, Freude und Spaß. „Behinderungen werden meistens viel zu sehr problematisiert, es fehlt die Selbstverständlichkeit, damit umzugehen“, bedauert Koder.

Feste wie die HerzMomente sollen das ändern. „Die Menschen haben bei diesem Thema einfach Barrieren im Kopf, da tut ein Perspektivwechsel gut.“ Die Potenzial Pioniere sind deutschlandweit aktiv. Koder wäre offen dafür, auch bei der Kundenveranstaltung einer VR-Bank Rollstuhlbasketball anzubieten. „Warum nicht? Wenn es sich anbietet, ein Kunden-Event als Plattform zu nutzen, um etwas für die Inklusion zu tun, schauen wir uns das an. Man könnte auch die örtlichen Vereine mit einbinden, wie das bei den HerzMomenten der Fall ist“, sagt Koder.

Stimmen zu den HerzMomenten

  • Erwin Geitner, Erster Bürgermeister der Marktgemeinde Rieden in der Oberpfalz: „Inklusion ist viel mehr als nur barrierefreie Straßen und Bushaltestellen. Man merkt immer wieder, dass manche Menschen beim Thema Behinderung Berührungsängste haben. Deshalb muss man Inklusion breiter aufstellen und auch Barrieren in den Köpfen abbauen, wie es die HerzMomente tun. Aus diesem Grund bin ich gerne dabei. Abgesehen davon ist die Veranstaltung perfekt organisiert, alle ziehen mit und sorgen dafür, dass sich jeder auf dem Gelände wohlfühlt.“
  •  Karl Schlagbauer, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Unteres Vilstal: „Die HerzMomente sind eine tolle Veranstaltung, für jeden ist etwas dabei. Menschen mit Behinderung stehen sonst leider eher am Rand der Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, sie auch mal in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn man sich so umsieht, dann haben alle Besucher – egal ob mit oder ohne Behinderung – viel Spaß und sie sind stolz auf ihre sportlichen Leistungen. Bei den HerzMomenten stehen die Menschen mit Behinderung heute mal nicht im Abseits.“
  • Daniel Auer, Leiter der Kunden- und Vertriebsdirektion Süd-Ost der R+V: „Mit den HerzMomenten wollten wir zeigen, dass Inklusion gelingen kann, wenn Menschen offen aufeinander zugehen. Dass so viele mitgemacht, mitgefeiert und mitgestaltet haben, ist für uns ein starkes Zeichen dafür, dass Vielfalt nicht trennt, sondern verbindet. Alle gemeinsam haben hier wirklich Tolles geleistet! So bleibt Inklusion nicht nur ein gesellschaftliches Ziel, sondern wird ein selbstverständlicher Bestandteil unseres Miteinanders. Zusammen haben wir ein Zeichen für eine Gesellschaft gesetzt, an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können.“

In einer kurzen Sportpause nimmt sich auch Svenja Mayer die Zeit zum Reden. Sie ist seit zwei Jahren bei den Potenzial Pionieren dabei und hilft gerne, Kindern Rollstuhlbasketball näherzubringen. „Solche Veranstaltungen wie die HerzMomente sind immens wichtig, weil Inklusion noch nicht richtig in der Gesellschaft angekommen ist. Es wird nicht wirklich gelebt“, sagt sie. Bei Kindern ließen sich die Barrieren in den Köpfen noch am ehesten abbauen. „Abgesehen davon mag ich es, anderen Menschen meinen Sport zu vermitteln“, sagt Mayer. „Rollstuhlbasketball ist die inklusivste Sportart, die es gibt. Sie steht für Dynamik und Bewegung. Menschen mit und ohne Behinderung spielen zusammen, auch in Wettbewerben. Das zu vermitteln, ist eine schöne Aufgabe.“

Die Lebenshilfe Amberg-Sulzbach ist gleich in Teamstärke zu den HerzMomenten angereist. „Wer Lust hatte, ist einfach mitgekommen“, erzählt Katharina Reuter, Leiterin der Kinderkrippe „Mittendrin“ der Lebenshilfe. Sie findet die Veranstaltung in Rieden spitze. „Jeder kann sich hier in irgendeiner Form bewegen und etwas erleben. Bewegen ist Leben, darum geht es doch“, sagt sie. Mehr Inklusion wie bei den HerzMomenten gehe kaum. „Die Toiletten und Duschen sind barrierefrei, wer Hilfe benötigt, findet auf jedem Tisch einen Zettel mit einer Handynummer, die er anrufen kann“, lobt die Leiterin der Kinderkrippe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Lebenshilfe seien sehr begeistert von der Veranstaltung. „Hier herrscht wirklich eine tolle Stimmung.“

Obwohl die Inklusion durch den Gleichbehandlungssatz in Grundgesetz Artikel 3 festgeschrieben ist, würden immer noch Gruppen ausgeschlossen, vor allem im Sport. „Wenn der Leistungsgedanke vorherrscht, ist für Menschen mit Handicap im Sport oft kein Platz“, bedauert Reuter. Deshalb seien leistungsfreie Sportangebote für solche Menschen immens wichtig. Auch für Eltern von Kindern mit Behinderung seien solche Angebote von hoher Bedeutung. „Wenn man weiß, mein Kind ist dort willkommen, ist viel gewonnen“, sagt Reuter. Die HerzMomente zeigten, wie es geht. „Man muss mit dem Herz dabei sein. Nur so läuft es.“

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