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Achim Wambach zur Überprüfung von Fusionen:

Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, hat die Schaffung einer Behörde zur Überprüfung von Bankenfusionen vorgeschlagen. „Die staatliche Behörde müsste prüfen, ob durch einen Zusammenschluss ein Institut entsteht, das im Krisenfall nur vom Staat gerettet werden kann“, sagte Wambach den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX.

Dazu meine ich: „Die Aufsicht sollte in der Tat stärker berücksichtigen, dass Zusammenschlüsse von Schwergewichten im Finanzsektor Probleme mit sich bringen können. Da stimme ich Herrn Wambach zu. Denn je größer eine Bank ist, desto schwieriger wird ihre Abwicklung im Krisenfall. Eine Rettung mit Steuermitteln ist dann oft der letzte Ausweg. Doch diese „implizite Staatsgarantie“ ist ordnungspolitisch fragwürdig.

Wenn schon vorher feststeht, dass Verluste sozialisiert werden, sorgt das für einen ungesunden Risikoappetit bei Aktionären und Managern von Großbanken. Eine weitere schädliche Auswirkung sind Wettbewerbsverzerrungen. Denn die privaten Geldgeber der Großbanken wissen um die staatliche Garantie ihrer Einlagen und verlangen daher einen für das Risikoprofil zu geringen Zinssatz. Die Banken profitieren davon erheblich. Auf 60 bis 135 Milliarden US-Dollar jährlich summiert sich der finanzielle Vorteil allein bei den elf Instituten mit der größten globalen Systemrelevanz. Das hat eine Studie des Internationalen Währungsfonds ergeben. Die Institute haben also einen Anreiz, durch Fusionen zu Großbanken zu wachsen. Und gleichzeitig werden sie sorgloser. US-Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Banken, die von einer impliziten Staatsgarantie profitieren, einen höheren Anteil fauler Kredite in ihrem Portfolio halten.

Für den Staat, der den Rahmen für ein stabiles und verlässliches Finanzsystem setzen muss, sind das keine wünschenswerten Effekte. Über den Vorschlag, Zusammenschlüsse von Großbanken vorab auf potenzielle Risiken für das Finanzsystem zu überprüfen, sollten die politischen Entscheider deshalb gründlich nachdenken.“

Achim Wambach zu den Folgen für Steuerzahler:

„Wenn es hart auf hart kommt, ist der Steuerzahler immer noch in der Pflicht. Das zeigt auch das jüngste Beispiel aus Italien“, sagte Wambach, der zugleich Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist. Die italienische Regierung war dem angeschlagenen Geldhaus Banca Carige Anfang des Jahres zu Hilfe gekommen.

Dazu meine ich: „Vor über vier Jahren trat die EU-Abwicklungsrichtlinie BRRD in Kraft. Sie sollte eigentlich dafür sorgen, dass im Fall einer Schieflage zunächst Anteilseigner und private Gläubiger für die Verluste einer Bank einstehen müssen. Bislang wurde mit der spanischen Banco Popular jedoch nur eine Bank erfolgreich nach EU-Gesetzgebung – und damit ohne Staatshilfe – abgewickelt. Häufiger wird ein anderer Weg gewählt: Mit den beiden Veneto-Banken sowie der Monte dei Pasci wurden seit dem Inkrafttreten der EU-Abwicklungsrichtlinie bereits drei Banken vom italienischen Staat unterstützt. Fraglich ist, ob es bei vereinzelten Ausnahmefällen bleibt. Bei der angeschlagenen Banca Carige droht bereits die nächste Rettungsaktion. Immer wieder werden Schlupflöcher in der EU-Gesetzgebung genutzt, um eine staatliche Unterstützung zu rechtfertigen. Das kommt einem Freibrief für Großbanken gleich, weiter Risiken einzugehen, ohne im Schadensfall dafür zu haften. Das Problem der „impliziten Staatsgarantien“ mit all seinen negativen Konsequenzen kann nur durch eine konsequente Anwendung der europäischen Abwicklungsregeln beseitigt werden.

Achim Wambach zu Finanzfusionskontrollen:

„Kartellbehörden prüfen, ob eine Fusion den Wettbewerb beeinträchtigt. Die Aufsichtsbehörden überprüfen vor allem die Eigenkapitalausstattung und ob das Geschäftsmodell funktioniert“, erläuterte Wambach, dessen Kommission die Bundesregierung berät. „Was fehlt, ist eine Finanzfusionskontrolle.“

Dazu meine ich: „Richtig, eine Finanzfusionskontrolle kann Risiken für die Finanzstabilität aufdecken. In der Diskussion darüber sollte aber eine wesentliche Frage nicht unter den Tisch fallen: Warum haben Banken überhaupt einen Anreiz, immer größer zu werden? Neben betriebswirtschaftlichen Erwägungen spielt auch die immer komplexere Regulierung eine Rolle. Denn zumindest innerhalb der EU wird derzeit in der Bankenregulierung kaum nach Bankengröße differenziert. Hier lohnt es sich, anzusetzen. Der Gesetzgeber sollte Maßnahmen identifizieren, die bei kleineren Banken einen erheblichen Aufwand verursachen – ohne zu einem stabileren Finanzsystem beizutragen. Hier sind Entlastungen möglich und gesamtwirtschaftlich sinnvoll. Die kürzlich abgeschlossene Überarbeitung der europäischen Eigenkapitalrichtlinie ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Erstmals werden kleine und nicht komplexe Institute definiert und von Melde- und Offenlegungsanforderungen befreit. Mit der 2020 anstehenden nächsten Überarbeitung der Regelwerke sollten weitere Schritte hin zu mehr Verhältnismäßigkeit in der europäischen Regulierung unternommen werden.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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