Impulsgeber: Was hat den Genossenschaftsverband Bayern und seine Mitglieder im vergangenen Jahr bewegt? GVB-Präsident Stefan Müller zieht Bilanz.
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Die jüngsten handelspolitischen Entscheidungen der USA, insbesondere die kurzfristige Einführung und Aussetzung von Strafzöllen, haben die globalen Märkte erheblich verunsichert. Solche Maßnahmen führen zu massiven Schwankungen an den Börsen und beeinträchtigen die Investitionsbereitschaft von Unternehmen. Besonders betroffen ist der Mittelstand, der auf stabile Rahmenbedingungen und langfristige Planbarkeit angewiesen ist. Wenn zentrale Wirtschaftspartner wie die USA sprunghaft, willkürlich und unberechenbar agieren, hat das weitreichende Folgen – von global agierenden Konzernen bis hin zu kleineren Zulieferbetrieben.
Auch genossenschaftlich organisierte Unternehmen sind davon nicht ausgenommen. Ob im Agrarhandel, in der Lebensmittelverarbeitung oder als Zulieferer für international tätige Industriekunden – Unsicherheit auf den Weltmärkten trifft sie indirekt, aber spürbar. Gleiches gilt für die Volks- und Raiffeisenbanken: Ihre mittelständischen Kunden spüren die Auswirkungen unmittelbar – etwa durch stockende Aufträge oder gestörte Lieferketten. Die regionalen Wirtschaftskreisläufe sind mit der globalen Ordnung eng verflochten.
Was es jetzt braucht, ist eine strategische Neuausrichtung der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik. Diversifizierung ist dabei keine Kür, sondern Pflicht. Neue Märkte in Südamerika, Afrika oder Asien bieten Chancen, Abhängigkeiten zu reduzieren. Gleichzeitig gilt es, bestehende Handelsbeziehungen zu festigen – auch durch die Wiederaufnahme einer sachlichen Debatte über Freihandel. Der Abbruch von Gesprächen zum geplanten Abkommen TTIP war ein Rückschritt. In einer Welt multipolarer Machtverschiebungen ist ein transatlantischer Schulterschluss wichtiger denn je.
„Ein investitionsfreundliches Klima entsteht nicht durch immer neue Berichtspflichten, sondern durch konsequenten Bürokratieabbau, effiziente Verfahren und technologieoffene Förderung.“
Ebenso muss die wirtschaftspolitische Agenda im Inland wieder stärker auf Verlässlichkeit setzen. Ein investitionsfreundliches Klima entsteht nicht durch immer neue Berichtspflichten, sondern durch konsequenten Bürokratieabbau, effiziente Verfahren und technologieoffene Förderung. Mittelständische Unternehmen, die häufig mit begrenzten Ressourcen arbeiten, brauchen klare Rahmenbedingungen, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben. Deutschland muss sich wieder zum unternehmerfreundlichen Standort entwickeln – mit einer kohärenten Strategie statt politischem Stückwerk.
„Wo andere sich zurückziehen, investieren Genossenschaften langfristig.“
In diesem Umfeld können Genossenschaften Stabilität geben – nicht als Gegenmodell zur globalisierten Wirtschaft, sondern als regional verankerte Ergänzung. Ihr Geschäftsmodell zielt nicht auf kurzfristige Rendite, sondern auf nachhaltigen Erfolg für Mitglieder und Gemeinschaft. Das macht sie resilient in Krisenzeiten. Sie können dort ansetzen, wo Vertrauen und Verlässlichkeit gefragt sind: als Finanzpartner, als Anbieter regionaler Produkte, als wirtschaftliche Mitgestalter vor Ort.
Gerade deshalb ist es sinnvoll, den genossenschaftlichen Ansatz stärker in wirtschaftspolitische Überlegungen einzubinden. Wo andere sich zurückziehen, investieren Genossenschaften langfristig. Wo Märkte volatiler werden, bieten sie Verlässlichkeit. Das ist kein Allheilmittel – aber ein Baustein für eine stabile und faire Wirtschaftsordnung. In Zeiten geopolitischer Unruhe ist das ein unschätzbarer Wert.
Stefan Müller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern.
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