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Die Investitionen in Fintechs erreichen ein Rekordniveau – so das Ergebnis der kürzlich erschienenen globalen KPMG-Studie „Pulse of Fintech“. Deutschland lag 2021 in Europa mit Investitionen in Höhe von 5,4 Milliarden US-Dollar auf einem Spitzenplatz. Die Branche verzeichnet bereits seit einigen Jahren ein rasantes Wachstum. Laut dem Münchner ifo Institut hat sich alleine von 2016 bis 2019 das Marktvolumen der neuen Finanzmarktplayer mehr als versechsfacht. Auch Bigtechs, große Digitalkonzerne wie Apple oder Google, haben Finanzdienstleistungen als Geschäftsmodell für sich entdeckt und wachsen damit rasant. Die etablierten Banken kommen deshalb nicht umhin, sich mit der neuen Konkurrenz auseinanderzusetzen.

Fintechs und Bigtechs: Was bedeuten sie für den Markt?

Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über neue Player am Finanzmarkt berichten. Fintechs, junge, digital-affine Unternehmen am Finanzmarkt, dominieren die Schlagzeilen. Sie sind neu, sie wachsen stark und sind alleine deshalb den Medien immer eine Meldung wert. Dass so viel Geld in diese Fintechs investiert wird und dass auch die großen Digitalunternehmen in das Geschäftsfeld Finanzen expandieren, zeigt zunächst einmal eines: Es ist ein Beweis dafür, wie attraktiv und zukunftsfest der Markt für Finanzdienstleistungen ist. In diesem Markt sind die neuen Marktteilnehmer eine ernstzunehmende Konkurrenz. Aber auch diese Unternehmen erfinden das Finanzgeschäft nicht neu, sondern entwickeln lediglich bestehende Produkte konsequent digital weiter. Die Banken müssen sich vor ihnen nicht verstecken. Vielmehr sollten die etablierten Kreditinstitute selbstbewusst die eigenen Stärken hervorheben und gleichzeitig offen sein für die Ansätze und Ideen, die Big- und Fintechs mitbringen.

Was können Kreditgenossenschaften von der neuen Konkurrenz lernen?

Die neuen Techunternehmen am Finanzmarkt verstehen sich perfekt darauf, Prozesse so nutzerfreundlich und schlank wie nur möglich digital abzubilden und aus Kundensicht zu durchdenken. Dazu verwenden sie auch die umfangreichen Datensätze ihrer Kunden, um stets zu hinterfragen, ob Ideen und Konzepte den gewünschten Erfolg mit sich bringen. Von dieser Herangehensweise können und sollten Kreditgenossenschaften lernen. Es gilt, Prozesse und Produkte konsequent digital und aus Kundensicht zu denken, wo immer möglich und sinnvoll. Sei es die Baufinanzierung oder der kurzfristige Konsumkredit: Wer seinem etablierten Kundenstamm effizient und schnell die gewünschten Leistungen anbietet, bleibt beim Banking weiter die erste Wahl. Mehr noch: Aktuelle Studien zeigen, dass ehemalige Kunden durchaus bereit sind, zu ihrer alten Bank zurückzukehren, wenn das (digitale) Angebot stimmt. Es lohnt sich also, scheinbar verlorene Kunden mit neuen Ideen wieder für sich zu gewinnen.

Worauf kommt es jetzt an?

Einen Vorteil der Volksbanken und Raiffeisenbanken wird die neue Digitalkonkurrenz niemals wettmachen können: die Nähe zu Kundinnen und Kunden sowie zu den regionalen Märkten. Rund 150 Jahre genossenschaftliches Kreditwesen haben zu einem Erfahrungsschatz und Kenntnissen geführt, die ein junges Fintech nicht einfach per Algorithmus kopieren kann. Genossenschaftliche Heimatbanken müssen sich dieses Alleinstellungsmerkmals bewusst sein und es klug nutzen. Sie sind im Idealfall Unterstützer und Berater ihrer Kunden in allen Finanzfragen. Deswegen gilt es, den Bedarf und das finanzielle Vorwissen der Kunden zu analysieren und daraus ein passendes Angebot zu entwickeln. Manchmal kann das ein schlankes, digitales Tool sein. Oft ist aber das Gegenteil der Fall: Die aktuelle Lebenssituation, persönliche Verhältnisse und Zukunftspläne passen nicht in eine App. Dazu braucht es den persönlichen Austausch, um die passende, individuelle Lösung zu finden. Beraterinnen und Berater sind in diesem Sinne Coaches in Finanzfragen, nicht die reinen Abwickler von Transaktionen. 

Bei digitalen Lösungen werden Digitalunternehmen immer schnell sein. Allerdings sollten sich Volksbanken und Raiffeisenbanken nicht komplett in diesen Wettlauf begeben. Vielmehr gilt es, sich auf das zu konzentrieren, was sie ausmacht: Regionalität, Erreichbarkeit und die Tatsache, dass sich Vertrauen nicht einfach digital nachbilden lässt.


Gregor Scheller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

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