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Verständnis für digitale Themen entwickeln

Josef Pölt, Mitglied des Vorstands der Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg (485 Mitarbeiter, 28 Auszubildende):

„Unser Geschäftsgebiet im Münchner Südwesten ist hochkompetitiv. Deshalb ist es eine große Herausforderung, sowohl Fachkräfte als auch Auszubildende zu finden. Wir gehen deshalb seit einiger Zeit neue Wege bei der Rekrutierung. Beispiel Service: Hier setzen wir nicht mehr ausschließlich auf Bankkaufleute, sondern geben Quereinsteigern wie Hotelkaufleuten oder einer gelernten Rechtsanwaltsgehilfin Chancen.

Generell bin ich davon überzeugt, dass sich die Berufsbilder und Funktionen in der Bank radikal ändern werden. Auf der einen Seite wird es in Zukunft den klassischen Service-Mitarbeiter nicht mehr geben. Das liegt vor allem an der sinkenden Kundenfrequenz und dem veränderten Kundenverhalten in der Digitalisierung. Stattdessen brauchen wir ‚Beziehungsmanager‘ als Bindeglied zwischen Kunden und Beratern. Auf der anderen Seite wächst der Anspruch nach qualifizierten Tätigkeiten. Wir beschäftigen immer mehr Spezialisten. Als vergleichsweise großes Kreditinstitut müssen wir immer mehr Mitarbeiter abstellen, um die Regulierungsanforderungen zu erfüllen. 2017 haben wir zum Beispiel einen Spezialisten weitergebildet, der sich um die neuen AnaCredit-Datenmeldungen an Bundesbank und EZB kümmert. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Mitarbeiter einerseits veränderungsbereit sein müssen, um schnell auf neue Anforderungen und Änderungen im Berufsbild zu reagieren. Andererseits wird lebenslanges Lernen immer wichtiger, und zwar unabhängig von Alter, Funktion und Hierarchiestufe.

Bei all den Spezialisten und Fachkräften dürfen wir aber nicht vergessen, das Gros der Mitarbeiter fit für den digitalen Wandel zu machen. Damit meine ich nicht die technische Kompetenz, sondern das Verständnis für digitale Themen. Die Mitarbeiter sollen verstehen, was eine Blockchain ist, was Alexa-Skills können und welche Auswirkungen die EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD II einerseits auf das Kundenverhalten, andererseits auf die Bank und damit auch auf die Mitarbeiter hat. Denn viele Kunden konfrontieren uns mittlerweile mit solchen Fachfragen und wir wollen und müssen ihnen dazu Hilfestellungen geben. Um sicherzustellen, dass alle Kollegen geschult sind, sind wir dabei, eine Mitarbeiter-App mit Informationen zur Bank und Blogs zu diesen Themen einzuführen.

„Wir planen, dass besonders engagierte und fähige Mitarbeiter Freiräume erhalten. In dieser Zeit sollen sie Innovationen frei von starren Projektstrukturen vorantreiben.“

Wenn es um die Herausforderungen der Zukunft geht, dann sind die Führungskräfte besonders gefragt. Zum einen müssen sie regelmäßig und persönlich mit den Mitarbeitern sprechen. Nur, wer ihre Ziele und Wünsche kennt, kann ein echte Bindung aufbauen. Wir setzen deshalb auf langfristige Entwicklungs- und Karrierepläne, die regelmäßig angepasst werden. Zum anderen müssen die Führungskräfte eine Vorbildfunktion einnehmen, indem sie digitale Kompetenzen aufbauen. Zudem planen wir, dass besonders engagierte und fähige Mitarbeiter Freiräume erhalten. In dieser Zeit sollen sie Innovationen frei von starren Projektstrukturen vorantreiben – ein bisschen wie bei einem Start-up eben.

Damit wir bei unseren Vorhaben vorankommen, modernisieren wir derzeit das Personalmanagement. Beispielsweise sind wir Pilotbank bei der Anwendung geno.HR. Sie unterstützt die Personalabteilung mit zahlreichen Bausteinen. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter ist krank und schickt uns die Krankmeldung per E-Mail. Das System regelt daraufhin den weiteren Prozess, also etwa, wer benachrichtigt werden muss. Das ist die Zukunft unserer Personalarbeit."

GVB-Kapazitätsplanungstool

Wegen des veränderten Kundenverhaltens müssen die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Vertriebskanäle und Zugangswege neu gewichten. Die Filiale bleibt wichtig, aber viel verlagert sich in den Online-Bereich. Das hat Auswirkungen auf die Verteilung der Mitarbeiterkapazitäten und damit auf die langfristige Personalpolitik. Um die Kreditinstitute zu unterstützen, hat der GVB ein Werkzeug zur Planung von Mitarbeiterkapazitäten entwickelt. Damit können bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken die Anforderungen für ihre Vertriebskanäle auf Gesamtbankebene prognostizieren. Ihnen stehen das Tool sowie der dazugehörige Anwenderleitfaden in Kürze im VR-Baukasten kostenfrei zur Verfügung. Zur Unterstützung bietet der GVB außerdem ein Workshop an. Weitere Fragen beantwortet Manfred Karl unter mkarl(at)gv-bayern.de.

Interdisziplinäres Team für Zukunfsthemen

Dieter Bordihn, Vorstand der VR Bank Oberfranken Mitte (228 Mitarbeiter, 13 Auszubildende):

„Lange Zeit war es für die VR Bank Oberfranken Mitte kein Problem, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. Wir bieten einen sicheren Arbeitsplatz und attraktive Aufstiegschancen, da wir leitende Angestellte fast immer aus den eigenen Reihen rekrutieren. Deshalb waren auch Ausbildungsplätze im Haus immer sehr begehrt.

Mittlerweile spüren wir den angespannten Arbeitsmarkt. Diese Entwicklung wird sich noch verschärfen, da in den kommenden Jahren viele Mitarbeiter in Rente gehen. Leider gestaltet es sich immer schwieriger, geeignete Nachwuchskräfte zu finden. Für den kommenden Ausbildungsbeginn sind derzeit noch zwei Plätze unbesetzt, das gab es noch nie. Um den Ausbildungsberuf Bankkaufmann/-frau vorzustellen und potenzielle Azubis zu informieren, sind wir verstärkt auf regionalen Messen für Berufseinsteiger unterwegs. Beispielsweise konnten wir auf der Abitura, einer Orientierungsmesse für Abiturienten in Kulmbach, viele Schüler erreichen.

Generell führt die Digitalisierung dazu, dass sich die Anforderungen an die Mitarbeiter ändern. Da die Kunden nicht mehr so häufig in die Filialen kommen, müssen wir verstärkt selbst aktiv werden. Um das Beratungsangebot zeitgemäß aufzustellen, setzen wir Projekte wie die genossenschaftliche Beratung sowie die KundenFokus-Initiativen um. Auch der regulatorische Aufwand steigt permanent. Ein Geschäftsabschluss muss immer detaillierter vorbereitet und dokumentiert werden, das bindet die Mitarbeiter enorm.

„Seit kurzer Zeit experimentieren wir mit agilen Methoden. Beispielsweise gibt es einen Arbeitskreis zur Digitalisierung, in der Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen ermitteln, welche digitalen Themen wir vorantreiben sollen.“

Apropos Regulierung: Im vergangenen Jahr waren einige Mitarbeiter der internen Bereiche – auch bedingt durch die Fusion der Raiffeisen Volksbank Kronach Ludwigsstadt und der Kulmbacher Bank eG, Raiffeisen-Volksbank im Jahr 2017 zu unserem heutigen Institut  – an ihrer Kapazitätsgrenze. Wir mussten nicht nur die Bestände beider Häuser zusammenbringen, sondern zusätzlich die zahlreichen Bestimmungen von MiFID II oder AnaCredit umsetzen. Das ist eine große Herausforderung, weil wir nicht kurzfristig Kapazitäten aufbauen können. Bis sich die Mitarbeiter in die Themen eingearbeitet haben, dauert es entsprechende Zeit. Mittlerweile haben wir die Fusionsarbeiten größtenteils beendet, das entlastet die Mitarbeiter.

Generell hat uns die Fusion natürlich viel beschäftigt, gleichzeitig aber auch geholfen. Ein Beispiel: Wir konnten Positionen auf der Führungsebene sehr gut neu besetzen und mussten Stellen nicht extern ausschreiben. Ein Abteilungsleiter etwa, der wenige Monate nach dem Zusammenschluss in Rente gegangen ist, hat seinen Nachfolger optimal einarbeiten können.

Seit kurzer Zeit experimentieren wir mit agilen Methoden. Beispielsweise gibt es einen Arbeitskreis zur Digitalisierung, in der Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen ermitteln, welche digitalen Themen wir vorantreiben sollen. Daraus entstehen kurzfristig konkrete Projekte. Das Team war jüngst auf der COM18 der Fiducia & GAD in Karlsruhe, um sich auch dort über Zukunftsthemen zu informieren. Wir entwickeln vielleicht nicht laufend Innovationen, setzen aber konsequent sinnvolle Maßnahmen um, damit die Bank zukunftsfest aufgestellt ist.“

Den klassischen Alleskönner gibt es nicht mehr

Michael Kruck, Vorstandssprecher der Raiffeisen-Volksbank Donauwörth (352 Mitarbeiter, acht Auszubildende):

„Auch die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth spürt die Veränderungen am Arbeitsmarkt. Dies beginnt bereits mit einer rückläufigen Nachfrage nach Ausbildungsplätzen. Die Bewerbungen dafür sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Viele Schüler entscheiden sich nicht mehr für eine klassische Berufsausbildung, sondern für ein Hochschulstudium.

Darauf haben wir schon vor einiger Zeit reagiert, indem wir ebenfalls ein Duales Studium anbieten. Dennoch fehlen uns gut ausgebildete Praktiker in der Beratung. Zwar konnten wir bislang alle offenen Stellen besetzen, es dauert jedoch deutlich länger als früher. Erschwerend kommen die steigenden Anforderungen an das Berufsbild hinzu. Den klassischen Alleskönner gibt es nicht mehr. Bankkaufleute müssen sich heute auf bestimmte Bereiche spezialisieren, um den strengen Gesetzesvorgaben gerecht zu werden und den hohen Bürokratieaufwand zu meistern.

Wir stellen den Mitarbeitern deshalb Zeit und Budget für Fortbildungen zur Verfügung. Zum einen besuchen sie Seminare an der ABG. Zum anderen fördern wir berufsbegleitende Studiengänge, beispielsweise an der Frankfurt School of Finance & Management. Hier sehe ich auch bei jüngeren Kollegen eine starke Bereitschaft, sich weiterzubilden. Das ist sehr erfreulich.

„Um die Mitarbeiter fit zu machen, haben wir etwa eine hausinterne Mitarbeitermesse mit dem Titel ‚Digital zum Anfassen‘ organisiert. Das sollte auch unsichere Kollegen mit den Services vertraut machen.“

In der Regel erarbeiten Führungskräfte und Mitarbeiter einen individuellen Ausbildungsplan. Wichtig ist, dass die Qualifizierungen individuell auf die spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Ein Beispiel: Wenn eine Führungskraft merkt, dass in einem Mitarbeiter hohes Potenzial schlummert, dann zeigt er ihm langfristige Entwicklungsmöglichkeiten auf. Das ist eine sogenannte Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Die Bank bleibt ein attraktiver Arbeitgeber, die Mitarbeiter können Karrierechancen im eigenen Unternehmen nutzen und die Kunden profitieren vom Fachwissen.

Natürlich steigen nicht nur innerhalb der Beratung die Anforderungen an die Bankmitarbeiter. Auch die zunehmende Digitalisierung trägt zum Wandel des Berufsbilds bei. Es kann somit schwer sein, den Überblick über die digitalen Angebote zu behalten. Um die Mitarbeiter fit zu machen, haben wir etwa eine hausinterne Mitarbeitermesse mit dem Titel ‚Digital zum Anfassen‘ organisiert. Das sollte auch unsichere Kollegen mit den Services vertraut machen. Die Messe ist gut angekommen.

Die genannten Maßnahmen wirken sich wiederum positiv auf das Vertriebsergebnis aus und führen zu guten Prüfungsabschlüssen. 2017 wurden wir von einer unabhängigen Beratungsgesellschaft anonym getestet und zur ‚Besten Bank vor Ort‘ gekürt. Das ist vor allem dem Engagement der Mitarbeiter zu verdanken und zeigt, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, richtig ist.

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