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1. Eröffnung
2. Geschäftsbericht und Vorlage des Jahresabschlusses 2018
3. Bericht des Aufsichtsrates über die Prüfung des Jahresabschlusses und der gesetzlichen Prüfung
4. Beschlussfassung über den Umfang der Bekanntgabe des Prüfungsberichtes
5. Beschlussfassung über Jahresabschluss und Behandlung des Jahresergebnisses
6. Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat
7. Wahlen zum Vorstand und Aufsichtsrat
8. Grußworte
9. Verschiedenes, Anträge und Wünsche der Mitglieder

So eine Tagesordnung ist nicht gerade dazu angetan, die Massen anzulocken. Außer bei der Klosterbrauerei Reutberg. Wenn bei den rund 5.200 Mitgliedern Anfang jedes Jahres die Einladung zur Generalversammlung ins Haus flattert, dann haben viele schon darauf gewartet. Jedes Mitglied ist über seine Geschäftsanteile zugleich Eigentümer der Genossenschaft. So gesehen finden sich Mitte März 1.744 Brauereibesitzer im Festzelt unterhalb des Klosters ein, um in der Generalversammlung ihr Stimmrecht auszuüben.

Zwei Maß Bier und ein Essen als Dividende

Zehn Tage lang feiert die Klosterbrauerei Reutberg jedes Jahr im März Josefi in einem großen Festzelt. Der Mittwoch ist für die Generalversammlung reserviert. Das ist Tradition. „Weil immer mehr Mitglieder gekommen sind, haben wir uns irgendwann dazu entschieden, für die Generalversammlung ein Festzelt aufzustellen. Da lag der Gedanke nahe, das Zelt ein paar Tage stehen zu lassen, um das Josefifest zu feiern“, erzählt Geschäftsführer Stephan Höpfl.

Gute Zahlen im Gepäck: Geschäftsführer Stephan Höpfl während seiner Rede auf der Generalversammlung der Klosterbrauerei Reutberg eG.
Mit Spannung erwartet: Lothar Ebbertz, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds, begeisterte die Menschen im Festzelt.
Naturaldividende: Für jedes Mitglied gab es zwei Mass Bier sowie ein Essen.
Abstimmung: Die Mitglieder entlasten den Vorstand.

Als Naturaldividende gibt es zwei Maß Bier und wahlweise einen altbayerischen Schweinsbraten, ein halbes Brathendl oder ein Schnitzel „Wiener Art“. Auch das ist Tradition. Und weil die Generalversammlung bei aller Ernsthaftigkeit auch ein Spektakel ist, kommt allerhand Prominenz – und natürlich die Bayerische Bierkönigin. In diesem Jahr ist es Johanna Seiler. „So eine Veranstaltung habe ich bisher nicht erlebt. Ich habe mich schon das ganze Jahr darauf gefreut, weil ich gehört habe, wie gut die Stimmung ist. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben“, sagt sie. Dafür sei auch der Zusammenhalt der Mitglieder verantwortlich. „Das hält die Brauerei zusammen und macht ihren Erfolg aus. Und das Bier schmeckt wirklich gut“, so die Bierkönigin.

Gibt es bald eine genossenschaftliche Bierkönigin?

Die Bayerische Bierkönigin für die Saison 2019/2020 wird am 16. Mai im Münchner Löwenbräukeller bestimmt. Sieben Finalistinnen haben es in die Endrunde geschafft. Darunter ist Elisabeth Erhard aus Rottach-Egern. Die 21-Jährige ist seit ihrer Jugendzeit Mitglied der Klosterbrauerei Reutberg eG – kein Wunder, denn ihr Vater Hans Erhard ist Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft. „Bier ist für mich Heimat und ein Stück Kulturgut und ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als im nächsten Jahr im Dirndl das gute bayerische Bier in Deutschland und der ganzen Welt vertreten zu dürfen. Das wäre ein Traum von mir“, sagt sie. Wer am 16. Mai Bayerische Bierkönigin wird, bestimmen zu je einem Drittel die Jury, die Gäste im Saal und die Teilnehmer eines Online-Votings. Die Abstimmung im Internet ist ab 3. April auf der Webseite des Bayerischen Brauerbunds möglich.

21.400 Hektoliter Bier habe die Klosterbrauerei Reutberg im vergangenen Jahr ausgestoßen, berichtet Geschäftsführer Stephan Höpfl zum Auftakt der Generalversammlung.

Es hätte aber noch mehr sein können. „Der Jahrhundertsommer steigerte vor allem den Durst nach alkoholfreien Getränken wie Mineralwasser“, bedauert Höpfl. Die Umsatzerlöse beliefen sich auf mehr als 4 Millionen Euro. Am Ende stand ein Jahresüberschuss von 195.000 Euro – 40.000 Euro mehr als im Vorjahr. Das sei auch dem Einsatz der Mitglieder geschuldet, so Höpfl. „Sie haben gemäß Satzung die Pflicht, das Interesse der Genossenschaft zu wahren. Und das bedeutet, das Bier der Brauerei zu trinken“, ruft er den Mitgliedern im Festzelt zu. Diese quittieren das mit Gejohle und Applaus.

Überhaupt geht es bei den Mitgliedern im Festzelt sehr familiär zu, viele kennen sich. Fast alle sitzen in Tracht an den Biertischen, die Frauen im Dirndl, die Herren im Lodenjanker mit dem ortstypischen Trachtenhut. Es geht bayerisch barock zu. „Ich suche meinen Bruder, habt ihr ihn gesehen?“, fragt eine Frau an einem der Tische in die Runde. „Wenn er nicht da ist, dann kommst du zu uns“, antwortet einer der Männer. Die Frau pariert gekonnt: „Dann gehe ich doch lieber wieder zu meinem eigenen Mann.“

Erhalt der Wirtshauskultur

900.000 Euro investierte die Klosterbrauerei Reutberg im vergangenen Jahr, um ihren Fortbestand zu sichern. Unter anderem kaufte sie ein Gewerbegrundstück in Sachsenkam für 330.000 Euro. Zusammen mit der Gemeinde erwarb die Klosterbrauerei zudem den Altwirt in Reichersbeuern. Dafür wurden 425.000 Euro fällig. Die Gastwirtschaft wurde im vergangenen Sommer renoviert und ist seit November 2018 wieder geöffnet. Damit trägt die Brauerei auch zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur bei.

Geschäftsführer Höpfl übergibt das Wort an den Vorstandsvorsitzenden August Maerz. Der berichtet festzelttauglich und hemdsärmelig von bürokratischen Ungetümen wie der Verpackungsverordnung, der Datenschutzverordnung oder der Allergenverordnung, die auch der Klosterbrauerei viel Verdruss bereiten. So sei bei einer amtlichen Probe auf einer Reutberger Bierflasche ein Rückenetikett entdeckt worden, auf dem das Wort Gerstenmalz nicht fett gedruckt gewesen sei. Wegen dieser Ordnungswidrigkeit sei die Brauerei zu 120 Euro Bußgeld verdonnert worden. „Dann haben wir noch ein Schreiben bekommen, dass wir die nicht mehr erlaubten Etiketten aufbrauchen dürfen, wenn wir dafür einen Antrag stellen. Seitdem glaube ich, dass in Deutschland mehr Rindviecher mit Krawatte als mit Hörnern herumlaufen“, ärgert sich Maerz.

Auch die Politik nimmt Maerz aufs Korn, besonders die Erhöhung der Biersteuer für kleine und mittelständische Unternehmen ab dem Jahr 2004. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Erhöhung im Februar 2019 für verfassungswidrig erklärt, gleichzeitig aber entschieden, dass der Staat die verfassungswidrig abgeführte Biersteuer nicht zurückerstatten muss. „Die kleinen Brauereien sehen ihr Geld nie wieder." Ebenso ist ihm die Autobahnmaut ein Dorn im Auge. „Ich habe gedacht, wir bekommen eine Ausländermaut, aber bekommen haben wir eine Bundesstraßenmaut für Lkw über 7,5 Tonnen. Und die kostet uns am Reutberg 7.000 Euro im Jahr.“

„Solange es kein Rezept gibt, wie man mit dem Thermomix Bier brauen kann, werden wir nicht aussterben.“

Um die Klosterbrauerei am Laufen zu halten, brauche es „Menschen, die 130 Prozent Einsatz bringen und auch am Wochenende hinlangen, wenn es wieder mal narrisch pressiert“, bedankt sich Maerz bei den Mitgliedern und den 16 Mitarbeitern der Brauerei. Dank ihnen mache er sich keine Sorgen um die Zukunft der Klosterbrauerei, so der Vorstandsvorsitzende. „Solange es kein Rezept gibt, wie man mit dem Thermomix Bier brauen kann, werden wir nicht aussterben.“ Dafür sei es jedoch weiterhin notwendig, das Reutberger Bier fleißig zu konsumieren. Maerz zu den Mitgliedern: „Ihr kennt die Telefonnummer: Unter 08021/258 meldet sich die Brauerei Ihres Vertrauens.“

Die Mitglieder im Festzelt nehmen ihren satzungsgemäßen Auftrag im Lauf des Abends ernst. Maß um Maß wird gezapft, die Bedienungen und Kellner kommen mit dem Servieren kaum hinterher. Doch so gut wie heute stand es nicht immer um die Klosterbrauerei Reutberg. Ende der 1980er Jahre war es um die Genossenschaft so schlecht bestellt, dass eine Fusion mit der Nachbargenossenschaft in Holzkirchen im Raum stand. Doch diesem Ansinnen widersetzten sich die Mitglieder vehement. Damals fanden viele neue Teilhaber ihren Weg zur Klosterbrauerei, die ihr bis heute die Treue halten. „Die Genossenschaft hat uns gebraucht. Also haben wir uns eingebracht“, heißt es immer wieder im Festzelt. Besonders findig beim Werben von Mitgliedern erwies sich der damalige Vorstand Hans Kappelsberger, der inzwischen verstorben ist. „Ich bin vom alten Kappelsberger dazu verdonnert worden. Beim Schafkopfen“, erinnert sich eine ältere Dame. Bereut hat sie es nicht. „Ich komme gerne zur Generalversammlung. Wegen der guten Stimmung und dem guten Bier. Und wegen der tollen Rede zum Schluss.“

Die hält traditionell Lothar Ebbertz, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds und Mitglied der Klosterbrauerei. Das ganze Jahr über sammelt Ebbertz Themen mit Bierbezug, um für seine Rede auf dem Reutberg gerüstet zu sein. „Profil“ hat sie in voller Länge dokumentiert (siehe Video). So viel sei vorweg genommen:  Es lohnt sich, die Rede in voller Länge anzuschauen. „Ich finde die Idee der Genossenschaft überzeugend. Deshalb möchte ich mit meiner finanziellen Einlage und auch mit meiner Rede dazu beitragen, den Fortbestand dieser Brauerei zu sichern“, begründet Ebbertz, warum er Mitglied geworden ist. „Die bayerische Brauwirtschaft lebt von der Vielzahl gerade der kleinen Brauereien. Sie sind die Seele unserer Branche.“

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