Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Genossenschaften sind für ihre Mitglieder da. Der Mitgliedernutzen steht an oberster Stelle. In Ausnahmefällen kann es jedoch zu Situationen kommen, bei denen die Genossenschaft dazu angehalten ist, ein einzelnes Mitglied auszuschließen. Aufgrund der weitreichenden Folgen für das Mitglied ist der Ausschluss jedoch immer ultima ratio im Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Deshalb ist dieser Rechtsakt an zahlreiche gesetzliche und satzungsbezogene Voraussetzungen geknüpft. Genossenschaften sollten strengstens auf deren Einhaltung achten, um einem Rechtsstreit vorzubeugen. „Profil“ informiert über die jeweiligen Schritte und Voraussetzungen für den wirksamen Ausschluss eines Mitglieds aus der Genossenschaft.

1. Ausschlussgründe

Gemäß § 68 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) müssen die Gründe, aus denen ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, zwingend in der Satzung bestimmt sein. Ein Ausschluss ohne Rechtsgrundlage in der Satzung ist unzulässig. In den Mustersatzungen der DG Nexolution beziehungsweise des Deutschen Raiffeisenverbands sind die Ausschlussgründe in § 9 Abs. 1 der jeweiligen Satzung aufgenommen. In der Praxis sind hierbei insbesondere folgende Ausschlussgründe relevant:

1. Nichterfüllung von Verpflichtungen

Die Verpflichtungen der Mitglieder einer Genossenschaft ergeben sich insbesondere aus § 12 der Mustersatzungen. Zu beachten ist jedoch, dass nicht jede geringfügige Pflichtwidrigkeit sofort einen Ausschluss rechtfertigt. Der Verstoß gegen statutarische Pflichten erlaubt einen Ausschluss grundsätzlich nur dann, wenn ein Mitglied erstens sein pflichtwidriges Verhalten trotz Androhung des Ausschlusses fortsetzt. Zweitens ist dieses Vorgehen auch möglich, wenn dem Mitglied klar sein muss, dass ein sofortiger Ausschluss wegen der Schwere des Verstoßes zu erwarten ist (vgl. Bauer, Genossenschaftshandbuch, § 68, Rz. 18).

2. Dauernder Aufenthaltsort unbekannt

Ist der dauernde Aufenthaltsort eines Mitglieds unbekannt, wird der Geschäftsverkehr mit ihm so erschwert, dass die Fortsetzung der Mitgliedschaft für die Genossenschaft nicht mehr zumutbar ist. Deshalb kann das Mitglied nach der gängigen Rechtsmeinung ausgeschlossen werden. Teile der juristischen Literatur verlangen, dass die Genossenschaft wegen der neuen Anschrift des Mitglieds zunächst bei der Meldebehörde nachfragen muss (vgl. Bauer a.a.O. Rz. 22). Weitergehende Ermittlungen braucht die Genossenschaft jedoch nicht zu veranlassen.

3. Nichtinanspruchnahme des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs

Aus der genossenschaftlichen Treuepflicht ergibt sich zwar noch nicht die Verpflichtung des Mitglieds zu einer Inanspruchnahme des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs und zur Teilnahme am genossenschaftlichen Geschäftsverkehr. Eine fehlende Geschäftsverbindung mit der Genossenschaft kann jedoch als Ausschlussgrund in der Satzung festgelegt werden. Die bloße Mitgliedschaft, etwa um allein eine gute Dividende zu erzielen, ist mit dem Wesen der Genossenschaft und ihrem Förderauftrag nicht zu vereinbaren (vgl. Bauer a.a.O. Rz. 28).

2. Grenzen des Ausschlusses

Ungeachtet eines Vorliegens statutarischer Ausschlussgründe im Einzelfall unterliegt der Ausschluss rechtlichen Grenzen, deren Verstoß zur Unwirksamkeit des Ausschlusses führen würde.

1. Treuegebot

Ein Ausschluss kann unzulässig sein, wenn das Fehlverhalten des Mitglieds geringfügig ist und die Folgen für die Genossenschaft unbedeutend sind.

2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt eine Interessenabwägung zwischen den Belangen der Genossenschaft und denen des Mitglieds voraus. Ein Ausschluss wäre beispielsweise dann unverhältnismäßig, wenn auch andere Mittel zur Beseitigung der Störung im Mitgliedschaftsverhältnis in Betracht kommen. Dazu gehört zum Beispiel die Verhängung von Vertragsstrafen oder die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.

3. Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Genossenschaft kann den Ausschluss grundsätzlich nicht auf Sachverhalte stützen, wenn in vergleichbaren Fällen andere Mitglieder nicht ausgeschlossen wurden. Differenzierungen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung.

4. Widerspruch zum eigenen Verhalten

Ein Ausschluss wäre ferner unzulässig, wenn das zuständige Organ über längere Zeit in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hat, dass die Genossenschaft das pflichtwidrige Verhalten des Mitglieds kennt und hinnimmt.

3. Vorherige Abmahnung

Die genossenschaftliche Treuepflicht sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzen grundsätzlich eine vorherige Abmahnung des Mitglieds unter Androhung des Ausschlusses voraus. Die Abmahnung hat die Pflichtverletzung dabei sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht darzustellen. Dies wird in der Praxis häufig übersehen und führt zu entsprechenden Fehlern im Ausschlussverfahren.

Sinn und Zweck der Abmahnung ist es, das Mitglied zu einer Änderung seines Verhaltens zu veranlassen. Bei Vorliegen objektiver Ausschlusskriterien, etwa bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, kann es in bestimmten Fällen auch legitim sein, von einer vorhergehenden Abmahnung abzusehen. Im Zweifel ist jedoch zu empfehlen, vorsorglich eine Abmahnung gegenüber dem Mitglied auszusprechen, um etwaigen Anfechtungsrisiken vorzubeugen.

4. Rechtliches Gehör

Aus der genossenschaftlichen Treuepflicht ergibt sich der Anspruch des auszuschließenden Mitglieds, von dem beabsichtigten Ausschluss unter Angabe der gegen ihn erhobenen tatsächlichen und rechtlichen Vorwürfe unterrichtet zu werden und im Rahmen einer angemessenen Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme zu erhalten (vgl. § 9 Abs. 3 der Mustersatzungen).

Entgegen obiger Ausführungen zur etwaigen Entbehrlichkeit der Abmahnung bei objektiven Ausschlussgründen ist rechtliches Gehör auch dort zu gewähren, wo der Ausschlussgrund an einen objektiven Tatbestand knüpft, da es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Genossenschaftsorgans liegt, ob es den Ausschluss beschließt oder nicht. Das betroffene Mitglied muss die Möglichkeit haben, auf diese Ermessensentscheidung einwirken zu können (vgl. Bauer a.a.O. Rz. 44).

Eine bestimmte Form der Anhörung ist nicht vorgeschrieben. Sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Anhörung zu empfehlen (vgl. Musterformular der DG Nexolution Nr. 121600).

5. Ausschließungsbeschluss

Das Gesetz selbst bestimmt nichts darüber, welches Genossenschaftsorgan für den Ausschluss des Mitglieds zuständig ist. Trifft die Satzung keine anderweitige Regel, ist der Vorstand das zuständige Organ.

Gemäß § 68 Abs. 2 GenG ist der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlossen wird, dem Mitglied vom Vorstand der Genossenschaft unverzüglich durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Auch dieser Brief hat die konkreten Tatsachen, auf denen der Ausschluss beruht, sowie die statutarischen Ausschlussgründe detailliert anzugeben (vgl. Musterformular der DG Nexolution Nr. 121610).

6. Rechtsfolgen des Ausschlusses

Gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 GenG kann der Ausschluss nur mit Wirkung zum Schluss des laufenden Geschäftsjahres beschlossen werden. Ab dem Zeitpunkt der Absendung des Ausschließungsbeschlusses verliert das Mitglied das Recht auf Teilnahme an der General- beziehungsweise Vertreterversammlung. Eine Einladung hierzu ist demnach mangels Teilnahme- und Stimmrechts entbehrlich.

Gemäß § 9 Abs. 6 der Mustersatzungen steht dem Betroffenen grundsätzlich das Beschwerderecht zum Aufsichtsrat der Genossenschaft zu. Die Beschwerdeentscheidung des Aufsichtsrats ist genossenschaftsintern abschließend.

Trotz des Ausschlusses bleiben etwaige Verträge zwischen Genossenschaft und Mitglied wirksam. Der wirksame Ausschluss kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund führen, mit Ausnahme von Arbeitsverträgen (vgl. Bauer a.a.O. § 68 Rz. 80).

Der Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitglieds aufgrund des Ausschlusses ist sodann in die von der Genossenschaft geführte Mitgliederliste einzutragen, § 69 GenG. Das Mitglied ist hiervon unverzüglich zu unterrichten.

Mit dem Ausscheiden aus der Genossenschaft steht dem Mitglied gemäß § 73 GenG kein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu. Das Geschäftsguthaben des Mitglieds ist dabei spätestens sechs Monate nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. Die Konkretisierung des Auseinandersetzungsanspruchs des Mitglieds der Höhe nach setzt jedoch die Feststellung der Jahresbilanz durch die General- beziehungsweise Vertreterversammlung voraus. Demgemäß wird der Auszahlungsanspruch erst mit dem Bilanz-Feststellungsbeschluss der auf den Ausschluss des Mitglieds folgenden General- beziehungsweise Vertreterversammlung fällig. Die Genossenschaft kommt spätestens mit Ablauf der 6-Monatsfrist in Verzug, wenn bis dahin keine General- beziehungsweise Vertreterversammlung abgehalten werden konnte.


Hansjakob Faust ist Rechtsanwalt beim Genossenschaftsverband Bayern.

Der GVB unterstützt in Steuer- und Rechtsfragen

Der Bereich Steuer und Recht des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) unterstützt seine Mitglieder gerne in allen Steuer- und Rechtsfragen. Kontakt GVB-Steuerberatung: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3820. Kontakt GVB-Rechtsberatung: recht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3730. Alle Dienstleistungen, Ansprechpartner und aktuelle Meldungen der GVB-Steuer- und Rechtsberatung finden Verbandsmitglieder im GVB-Mitgliederportal.

Artikel lesen
Rat