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Die zunehmende Digitalisierung des Bankgeschäfts sowie der Anspruch der Kreditgenossenschaften, möglichst ressourcenschonend zu wirtschaften, lassen sowohl die Nachfrage als auch das Angebot technischer Lösungen für den digitalen Produktabschluss wachsen. Ein Beispiel ist die Lösung agree21VIBE der Atruvia. Bei digitalen Produktabschlüssen stellt sich die Frage nach den rechtlichen Anforderungen an die Wirksamkeit einer digitalen Unterschrift im Bankgeschäft – denn nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich zulässig. Worauf kommt es an?

Die gesetzliche Schriftform

Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit einer digitalen Unterschrift ist zunächst, ob von Gesetzes wegen ein Schriftformerfordernis besteht. Ist das der Fall, ist grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des Kunden erforderlich. Dabei kann die handschriftliche Unterschrift durch eine elektronische Form ersetzt werden, es sei denn, dies ist spezialgesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen, siehe §§ 126 Abs. 3, 126a BGB.

Formen für Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

§ 126 BGB Schriftform

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

§ 126a BGB Elektronische Form

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.

(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.

§ 126b BGB Textform

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und

2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

Qualifizierte elektronische Signatur als Substitut für die gesetzliche Schriftform

Die elektronische Form im Sinne des § 126a BGB ist keine eigenständige neue Form, sondern lediglich ein Substitut für die Schriftform, mit der Folge, dass nur diese ein gesetzliches Schriftformerfordernis wahrt und dieser grundsätzlich dieselbe Beweiskraft zukommt wie der Schriftform. Zu beachten ist jedoch, dass ausschließlich die sogenannte qualifizierte elektronische Signatur (QES) nach Art. 3 Nr. 12 der EU-Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen (eIDAS) den Anforderungen an die elektronische Form als Substitut für ein gesetzliches Schriftformerfordernis genügt. Verträge, die der Schriftform unterliegen und deren digitale Signatur nicht den Anforderungen einer QES entspricht, wären formnichtig gemäß § 125 BGB.

Exkurs: Neukundenidentifikation nach dem Geldwäschegesetz

Banken müssen ihre Neukunden gemäß § 10 Abs. 1 Nr.1 Geldwäschegesetz (GwG) sowie § 154 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) vor Begründung der Geschäftsverbindung identifizieren. Die Details zur Identitätsüberprüfung sind in den §§ 11 ff. GwG geregelt, wobei die Kundenangaben dabei in der Regel durch Vorlage eines gültige Ausweisdokuments des Kunden im Präsenzgeschäft überprüft werden.

Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 GwG könnte die Identität des Kunden auch im Fernabsatzgeschäft durch eine qualifizierte elektronische Signatur geprüft werden. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung des § 12 Abs. 1 S. 2,3 GwG, wonach die Bank sicherzustellen hat, dass von einem bereits bestehenden Konto des Kunden als Referenz Geld auf das neu eröffnete Konto überwiesen wird. In der Praxis hat sich diese Art der Verifizierung noch nicht durchgesetzt, insbesondere weil die Frage noch nicht abschließend geklärt ist, auf welche Art und Weise die Herkunft der Referenztransaktion „sicherzustellen“ ist.

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt seine Mitglieder auch bei Fragen zum Geldwäschegesetz. Kontakt: Marius Götke, mgoetke[at]gv-bayern.de oder 089 / 2868-3856.

Die Kundenunterschrift als Beweismittel

Nach § 371a Zivilprozessordnung (ZPO) werden die Vorschriften über die volle Beweiskraft von handschriftlich unterschriebenen Urkunden (§ 416 ZPO) auf Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur entsprechend angewendet, mit der Folge, dass die hierin enthaltenen Erklärungen im Streitfall als von den Ausstellern abgegeben gelten.

Die Beweisführung durch andere elektronische Dokumente, die beispielsweise durch die sogenannte

  • einfache elektronische Signatur (EES, zum Beispiel Zustimmung durch Klick auf eine „Checkbox“) oder die
  • fortgeschrittene elektronische Signatur (FES, zum Beispiel per Unterschriften-Pad)

unterzeichnet wurden, unterliegen indes den Vorschriften über den Beweis durch Augenschein, § 371 Abs. 1 S.2 ZPO und damit der freien richterlichen Beweiswürdigung.

Pauschale Erfahrungswerte, ob und inwieweit den vorgenannten Signaturen gesteigerte Beweiskraft zukommt, gibt es nicht. Dies dürfte stets eine Frage des Einzelfalls sein.

Empfehlungen für Banken

Elektronische Unterschriften sparen Zeit und Papier. Außerdem helfen sie dabei, Arbeitsabläufe zu verschlanken. Sie sind daher ein probates Mittel für das digitale Massengeschäft. Letztlich obliegt es der geschäftspolitischen Entscheidung der Bank, welchen Unterlagen sie ein so hohes Streitpotenzial beziehungsweise einen so hohen Beweiswert beimisst, dass sie auf einer qualifizierten elektronischen Signatur besteht, ohne dass dies von Gesetzes wegen zwingend erforderlich wäre. Ausgenommen sind die (wenigen) Fälle, die eine qualifizierte elektronische Signatur wegen eines gesetzlichen Schriftformerfordernisses zwingend vorschreiben oder ein Gesetz den Ersatz der schriftlichen durch die elektronische Form explizit verbietet.

In einem Streitfall ist nämlich in der Regel die Bank beweispflichtig dafür, dass und welche Willenserklärung der Kunde abgegeben hat. Das Rundschreiben des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) vom 8. Juli 2011 sowie das darin enthaltene Exposé zur Unterzeichnung von Vordrucken mittels PenPad bietet sich dazu als Handlungsleitfaden an. Dieser Empfehlung folgend wären aus Beweisgründen alle im Exposé als Klasse 1 qualifizierten Dokumente im digitalen Geschäftsverkehr ausschließlich mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu zeichnen und nicht etwa mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur.

Für die digitale Bankpraxis im Massengeschäft lassen sich aus diesen Ausführungen folgende, jedoch nicht abschließende Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Formularmuster der DG Nexolution ableiten:


Qualifizierte elektronische Signatur zwingend erforderlich:


Abwägung erforderlich beziehungsweise Empfehlung einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß BVR-Exposé:

  • Verträge zugunsten Dritter
  • Verlustmeldung eines Sparbuchs und Haftungserklärung
  • Vordrucke aus dem Kreditgeschäft sowie Kreditsicherheiten
  • Vollstreckungstitel
  • Vertrag über ein Wertpapierdepot zugunsten Dritter


Handschriftliche Unterschrift zwingend erforderlich:


Ergänzend sowie zur weiteren Vertiefung sei auf den Beitrag „Die Unterschrift im Bankgeschäft: Wichtig oder überflüssig?“ in „Profil“ 1/2021 verwiesen. Für weitere Rückfragen steht die Rechtsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern allen GVB-Mitgliedern gerne zur Verfügung (Kontakt siehe Kasten).


Hansjakob Faust ist Rechtsanwalt beim Genossenschaftsverband Bayern.

Der GVB unterstützt in Steuer- und Rechtsfragen

Der Bereich Steuer und Recht des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) unterstützt seine Mitglieder gerne in allen Steuer- und Rechtsfragen. Kontakt GVB-Steuerberatung: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3820. Kontakt GVB-Rechtsberatung: recht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3730. Alle Dienstleistungen, Ansprechpartner und aktuelle Meldungen der GVB-Steuer- und Rechtsberatung finden Verbandsmitglieder im GVB-Mitgliederportal.

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