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Herr Minister, Sie haben sich kürzlich erstmals mit Vertretern der Finanzplatz München Initiative (FPMI) zu einem Austausch getroffen. Welche Rolle spielt die Finanzwirtschaft für den Freistaat Bayern?

Hubert Aiwanger: Dem Finanzsektor in Bayern kommt allein für sich genommen schon überragende Bedeutung zu. Er ist mit mehr als 180.000 Beschäftigten ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Die Finanzindustrie umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher Anbieter mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot an unterschiedlichen Standorten in ganz Bayern. Außerdem gilt: Eine starke Finanzwirtschaft ist das feste Fundament einer starken und erfolgreichen Realwirtschaft. Bayern ist hier ein Musterbeispiel. Das enge Zusammenwirken von Real- und Finanzsektor, wie es in der Finanzplatz München Initiative erfolgt, ist daher sehr erfolgreich. Daher war mir ein erster Austausch gleich zu Beginn meiner Amtszeit wichtig.
 

Welche Bedeutung haben im Freistaat die Regionalbanken bei der Versorgung von Privathaushalten und mittelständischen Unternehmen mit Finanzdienstleistungen?

Aiwanger: Bayern ist Mittelstandsland Nummer eins. Mittelständische Unternehmen sorgen für Wachstum und Beschäftigung in allen bayerischen Regionen, in der Großstadt genauso wie im ländlichen Raum. Das heißt aber auch, dass kleinere und mittelständische Unternehmen und in gleichem Maße die Menschen in unserem Land bei Finanzierungsfragen einen verlässlichen Partner vor Ort benötigen. Wir haben in Bayern fast 400 Banken, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Daher setze ich mich für den Erhalt des Drei-Säulen-Modells und der bewährten dezentralen Strukturen in Bayern ein. Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken mit ihrem flächendeckenden Zweigstellennetz sind Ansprechpartner für Menschen und Unternehmen vor Ort.
 

Zur Person

Hubert Aiwanger (*1971) ist seit November 2018 Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Dem Bayerischen Landtag gehört er seit 2008 an. Aiwanger ist seit 2006 Landesvorsitzender und seit 2010 auch Bundesvorsitzender der Freien Wähler. Die Landtagsfraktion der Freien Wähler führte er von 2008 bis 2018.

Sie haben sich bei dem FPMI-Treffen kritisch zu aktuellen Plänen der EU-Gesetzgeber geäußert, die mehr privates Kapital in nachhaltige Investitionen lenken wollen. Warum sind Sie skeptisch?

Aiwanger: Vorschläge wie ein sogenannter „Green Supporting Factor“, bei dem über pauschale Begünstigungen bei der Eigenkapitalunterlegung Finanzmittel in grüne Investitionen gelenkt werden sollen, springen zu kurz. Denn grüne Investments sind nicht per se risikoärmer. Finanzmarktregulierung aber muss einzig auf Finanzstabilität ausgerichtet sein, von der letztlich gerade auch Bankkunden und Verbraucher profitieren. Dies hat uns die jüngste Finanzkrise eindrucksvoll vor Augen geführt. Zusätzliche Berichts- und Dokumentationsanforderungen müssen zielgerichtet sein und dürfen nicht nur überzogene Bürokratie für Banken und Versicherer verursachen, ohne Mehrwert für die Kunden zu schaffen. Die aktuellen Überlegungen aus Brüssel lassen für mich da noch viele Fragen offen.


Welchen Stellenwert sollte die Wirtschaft Nachhaltigkeitsaspekten grundsätzlich beimessen?

Aiwanger: Ich bin überzeugt, dass Nachhaltigkeitsaspekte zukünftig auch in der Wirtschaft verstärkt Berücksichtigung finden müssen. Das gilt natürlich für den Klimaschutz. Nachhaltigkeit geht aber noch weit darüber hinaus. Deshalb begrüße ich Initiativen, die in diese Richtung weisen. Um aber Flurschäden zu vermeiden, ist der Einsatz der richtigen Werkzeuge entscheidend.

„Energiegenossenschaften können einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Energiewende wieder mehr Fahrt aufnimmt.“

Apropos Nachhaltigkeit: Sie wollen als zuständiger Minister die Energiewende in Bayern anschieben. Welchen Beitrag können dabei von Bürgern getragene Energiegenossenschaften leisten, von denen es im Freistaat rund 260 gibt?

Aiwanger: Durch die Energiewende wurde in Bayern schon viel erreicht. Zuletzt ist aber der große Schwung verloren gegangen. Energiegenossenschaften haben in der Vergangenheit viel Positives bewirkt; sie können einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Energiewende wieder mehr Fahrt aufnimmt. Denn der Ausbau der dezentralen Erzeugung hängt entscheidend davon ab, ob die Bürger die Anlagen akzeptieren und finanziell vor Ort auch profitieren können. Gerade Energiegenossenschaften haben oft Lösungen gefunden, die durch organisatorische und materielle Beteiligung von Bürgern viele Wasserkraft-, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen in Bayern ermöglicht haben. Eine gute Unterstützung bieten beispielweise die regionalen Energieagenturen durch ihre Beratung; zahlreiche nützliche Informationen liefert online der bayerische Energieatlas.


Herr Minister, vielen Dank für das Interview!

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