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Europaparlament und EU-Finanzminister haben eine Grundsatzeinigung über die Novelle wichtiger Bankenregeln – allen voran die Capital Requirements Regulation (CRR) und die Capital Requirements Directive (CRD) – erzielt. Bereits seit mehreren Jahren wirbt der GVB dafür, Regionalbanken wie die Volksbanken und Raiffeisenbanken von unverhältnismäßigen Anforderungen zu entlasten. Der vor zwei Jahren von der EU-Kommission vorgelegte Gesetzesvorschlag für eine Neufassung von CRR und CRD war ein wichtiger Meilenstein, sah er doch erstmals eine differenzierte Regulierung für kleine Banken vor. Das anschließende Gesetzgebungsverfahren begleitete der GVB intensiv und konnte – ausgehend vom Kommissionsvorschlag – weitere Erleichterungen für die Mitgliedsbanken erreichen, wie die folgende Auflistung zeigt.

Definition kleiner Banken

Die EU-Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, nur Kleinstbanken mit einer Bilanzsumme unter 1,5 Milliarden von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Eine Vielzahl bayerischer Kreditgenossenschaften wäre damit auch weiterhin dem gleichen Regelwerk wie internationale Großbanken unterlegen. Im Frühjahr 2017 stellte deshalb der GVB ein Konzept vor, welches den Bilanzsummen-Schwellenwert mit einer Reihe qualitativer Kriterien wie Geschäftsmodell, Komplexität und Vernetzung eines Instituts verknüpft. Diese Kriterien stellen sicher, dass die Entlastungen einzig Regionalbanken zugutekommen.

Das Konzept adressierte der GVB an wichtige Entscheidungsträger in Brüssel. Es fand schließlich Eingang in die CRR: Die Gesetzgeber einigten sich darauf, den Schwellenwert auf 5 Milliarden Euro anzuheben. Damit ein Institut als „klein und nicht-komplex“ eingestuft wird, muss es allerdings fünf zusätzliche Kriterien erfüllen:

  1. Es muss den vereinfachten Anforderungen für die Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen unterliegen.
  2. Sein Handelsbuchvolumen muss unter 50 Mio. Euro liegen.
  3. Seine Derivateposition muss sich innerhalb bestimmter Grenzen bewegen.
  4. 75 Prozent seiner Vermögenswerte und Verbindlichkeiten müssen einen Bezug zum Europäischen Wirtschaftsraum haben.
  5. Es darf keine internen Modelle zur Risikomessung verwenden.

Rund zwei Dutzend bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken, deren Bilanzsumme zwischen 1,5 und 5 Milliarden Euro liegt, können dank der Anhebung des Bilanzsummen-Schwellenwerts voraussichtlich von den beschlossenen Entlastungen profitieren. Aus Sicht des GVB wäre zudem eine Dynamisierung des Schwellenwerts zu rechtfertigen gewesen. Der Tatsache, dass Banken mit ihren Kunden „mitwachsen“, trägt ein starrer Grenzwert nicht ausreichend Rechnung. Deshalb wäre sachgerecht, den Schwellenwert laufend an die Wirtschaftsentwicklung anzupassen. Somit könnten Regionalbanken das nachhaltige Wachstum ihrer Kunden durch die Vergabe von Krediten unterstützen – ohne dadurch in eine andere Regulierungsklasse zu rutschen. Für dieses Anliegen wird der GVB auch künftig werben.

Darüber hinaus haben die EU-Gesetzgeber vereinbart, dass die Mitgliedsstaaten abweichend von der 5-Milliarden-Euro-Grenze einen niedrigeren Bilanzsummen-Schwellenwert festlegen können. In den vergangenen Jahren hatten die Bankenaufseher im Kontext der europäischen Verhandlungen für einen Schwellenwert von 3 Milliarden Euro plädiert. Der GVB wird sich dafür einsetzen, dass hierzulande am EU-weiten Grenzwert von 5 Milliarden Euro festgehalten wird.

Entlastungen bei Melde- und Offenlegungspflichten

Schon im Oktober 2016 – und damit noch vor der Vorlage des Gesetzesvorschlags der EU-Kommission – sprach sich der GVB dafür aus, kleine Banken im Bereich der Melde- und Offenlegungspflichten zu entlasten. Die europäischen Gesetzgeber griffen diesen Impuls auf: Sofern sie nicht börsennotiert sind, müssen kleine und nicht-komplexe Institute künftig nur mehr einmal pro Jahr eine Reihe von Schlüsselparametern offenlegen. Diese umfassen Informationen zu Eigenmitteln, Verschuldungsgrad (Leverage Ratio) und Liquiditätsausstattung sowie gegebenenfalls zu ihren bail-in-fähigen Verbindlichkeiten (MREL). Die Neuerungen werden mit Inkrafttreten der überarbeiteten CRR wirksam.

Bei der Vereinfachung der Meldepflichten müssen sich Volksbanken und Raiffeisenbanken allerdings noch etwas gedulden: Die EU-Bankenaufsichtsbehörde (EBA) wird mit der Gesetzesnovelle verpflichtet, vereinfachte Meldestandards für kleine und nicht-komplexe Institute zu entwickeln. Diese sollen den Meldeaufwand für kleine Banken um mindestens 10 Prozent und idealerweise um 20 Prozent verringern. Die EBA bekommt vom Inkrafttreten der Gesetzesnovelle an ein Jahr Zeit, um entsprechende Vorschläge auszuarbeiten. Mit einer Vorstellung ihres Berichts ist demnach in der ersten Jahreshälfte 2020 zu rechnen.

Vereinfachung bei der NSFR

Kleine und nicht-komplexe Banken können zukünftig eine vereinfachte Berechnungsmethode zur Bestimmung der strukturellen Liquiditätskennziffer (simplified Net Stable Funding Ratio, sNSFR) anwenden. Die Kennzahl kommt vermutlich ab 2020 zum Einsatz. Der GVB hatte die unverhältnismäßige Belastung durch die überaus komplexen Regeln zur Ermittlung der „regulären“ NSFR moniert. Ein Wehmutstropfen ist jedoch, dass die sNSFR deutlich strenger kalibriert ist als die NSFR. Damit steht dem verringerten Aufwand zur Ermittlung und Steuerung der Kennziffer ein Verlust an Ertragskraft gegenüber, denn Institute müssen tendenziell liquidere, geringer verzinste Aktiva und / oder weniger liquide, höher verzinste Passiva zur Erfüllung der sNSFR-Anforderung halten. Somit dürfte die sNSFR vorwiegend von solchen Instituten genutzt werden, die bereits aus geschäftspolitischen Erwägungen über komfortable Liquiditätspolster verfügen.

Ausweitung des KMU-Korrekturfaktors

Seit etlichen Jahren wirbt der GVB gemeinsam mit anderen Organisationen der mittelständischen Wirtschaft für bestmögliche Rahmenbedingungen bei der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen. Dieser Einsatz hat sich ausgezahlt: Der bewährte „KMU-Korrekturfaktor“, welcher bei der Einführung von Basel II eine Erhöhung der Kapitalanforderungen für Mittelstandskredite verhinderte, wird erweitert. Künftig können KMU-Finanzierungen bis zu einem Volumen von 2,5 Millionen Euro von der um den Faktor 0,7619 verminderten Kapitalunterlegungspflicht profitieren. Bisher lag der Schwellenwert bei 1,5 Millionen Euro. Auch Darlehen über 2,5 Millionen Euro werden in Zukunft bei der Ermittlung der Kapitalanforderungen mit dem Faktor 0,85 entlastet. Mit der Weiterentwicklung des Korrekturfaktors wird der Solidität der mittelständischen Wirtschaft und dem geringen Risikogehalt der Mittelstandsfinanzierung Rechnung getragen.
 

Christoph Schroeter ist Chefvolkswirt des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

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