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Gerade etablierte Firmen spüren durch neue Technologien, veränderte Marktstrukturen und neue Wettbewerber einen zunehmenden Innovationsdruck. Auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken stehen vor der Aufgabe, sich den Herausforderungen des Markts zu stellen und dafür bewährte Pfade zu verlassen. Dazu werden Mitarbeiter mit einem starken Unternehmergeist und einer ausgeprägten Innovationsfreude benötigt. Allerdings ist es schwer, auf dem Arbeitsmarkt geeignete Kandidaten zu finden. Zusätzlich fehlt außerhalb der Finanzbranche eingekauften Innovationstreibern oft das bankspezifische Know-how.

Einige Kreditinstitute sind deshalb dazu übergegangen, im eigenen Haus nach sogenannten „Intrapreneuren“ zu suchen. Das sind Mitarbeiter, die im Unternehmen wie Unternehmer denken, innovativ sind und keine Scheu vor Veränderungen haben. Wie lassen sich solche Innovationstreiber in einer Bank identifizieren, weiterentwickeln und führen? Und wo schaffen sie den höchsten Mehrwert für die Organisation?

Intrapreneure finden

Generell sind Intrapreneure im eigenen Unternehmen nicht nur in Führungskreisen zu finden, sondern auf allen Hierarchiestufen. Das macht es schwer, sie zu identifizieren, vor allem bei großen Banken mit vielen Mitarbeitern. Um sie ausfindig zu machen, sind also Kriterien für eine systematische Suche notwendig. Maßgebliches Kriterium ist das „innovative Arbeitsverhalten“, mit dem Intrapreneure einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Dieses Arbeitsverhalten ist mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen verknüpft. Mitarbeiter sind Intrapreneure, wenn sie

  • Ideen kritisch hinterfragen und stets bestrebt sind, bestehende Produkte, Dienstleistungen und Prozesse zu verbessern,
  • eigene Ideen entwickeln und dafür vorhandene Informationen und Konzepte neu kombinieren oder denken,
  • Ideen vorantreiben, indem sie dafür werben und Unterstützer suchen,
  • und/oder in der Lage sind, Ideen im Unternehmen umzusetzen und in vorhandene Strukturen einzupassen.

Vor allem für die sogenannte Geschäftsmodellinnovation sind Intrapreneure äußerst wertvoll. Dabei werden bestehende Geschäftsmodelle bewusst infrage gestellt und anschließend verändert, um zum Beispiel Kundenbedürfnisse noch besser abbilden zu können oder um Prozesse zu verschlanken. Im Englischen spricht man von „Business Model Innovation“ (BMI).

Eigenschaften von Intrapreneuren

In jeder Phase einer Geschäftsmodellinnovation benötigen Intrapreneure spezifische Eigenschaften und Kompetenzen, die sie dazu befähigen, das Projekt voranzubringen. Die gesuchten Fähigkeiten lassen sich auch als Raster verwenden: Einerseits, um Intrapreneure im Unternehmen zu identifizieren, und andererseits, um das Know-how von Mitarbeitern, die bereits mit einer Geschäftsmodellinnovation befasst sind, gezielt weiterzuentwickeln. Folgende Kompetenzen und Eigenschaften benötigen Intrapreneure in den einzelnen Phasen einer Geschäftsmodellinnovation:

Geschäftsmodellinnovation suchen (explorieren): Der Intrapreneur muss die Stärken und Schwächen der bestehenden Geschäftsmodelle kennen und wissen, dass sich die Ansprüche von Kunden und Anteilseignern verändern. Um unternehmerisch sinnvolle Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle zu identifizieren, ist eine analytische Kompetenz erforderlich. Da Intrapreneure aber auch Mitarbeiter sind und sich an bestehende Prozesse gewöhnt haben, fehlt ihnen manchmal der Blick über den Tellerrand. Für die Generierung neuer Ideen ist daher die Perspektive eines „Inside-Outsiders“ wichtig.

Geschäftsmodellinnovation entwickeln (generieren): Hier spielt Kreativität eine ausschlaggebende Rolle, um vorhandene Informationen zu einem neuen Geschäftsmodell zusammenzufügen. Daher müssen Intrapreneure Visionäre sein, um den richtigen Weg zu finden, der das Geschäftsmodell für die Zukunft tragfähig macht. Ihre Ideen sind das Ergebnis ihrer Expertise, ihres tief gehenden Marktverständnisses sowie des Erkennens gesellschaftlicher und technologischer Trends – kombiniert mit der Fähigkeit „outside the box“ zu denken.

Geschäftsmodellinnovation vorantreiben: Hierzu benötigt der Intrapreneur vor allem Durchsetzungsfähigkeit und Netzwerke in der Bank. Erstere ergibt sich insbesondere aus der Motivation des Intrapreneurs. Diese kann von innen heraus kommen (Identifikation mit dem eigenen Unternehmen) oder auch aus der Leidenschaft für die Idee oder das Produkt resultieren. Auf der anderen Seite steht das Leistungsmotiv als Motivation von außen. Um die Idee operativ zielgerichtet voranzutreiben, muss der Intrapreneur einflussreiche Unterstützer (sogenannte Promotoren) finden, die zumeist auf höheren Führungsebenen angesiedelt sind. Daher ist der Rückgriff auf bestehende Netzwerke und die Fähigkeit, schnell die notwendigen Kontakte zu schließen, essenziell. Die offene und kommunikative Einstellung des Intrapreneurs und dessen soziale Kompetenzen sind dabei bedeutende Faktoren.

Geschäftsmodellinnovation einführen (implementieren): In dieser Phase fordern vor allem bestehende Strukturen und Eigenheiten der Organisation die Intrapreneure heraus. Widerstände gegen die Einführung des neuen Geschäftsmodells im Unternehmen müssen frühzeitig lokalisiert und abgebaut werden. Der Intrapreneur muss also seine Ressourcen und seine Position in der Organisation so einsetzen, dass sich alle Beteiligten mit der Geschäftsmodellinnovation identifizieren. Hierbei ist es wichtig, dass der Intrapreneur sich auch gegenüber anderen durchzusetzen weiß und mit Ungewissheit umgehen kann, weil noch nicht klar ist, ob das Projekt tatsächlich zum erhofften Erfolg führt. In dieser Phase können Anreize dessen Hartnäckigkeit und Zielorientiertheit erhöhen.

Mit der Matrix aus erforderlichen Kompetenzen für jede Phase der Geschäftsmodellinnovation lässt sich die Suche nach geeigneten Intrapreneuren eingrenzen. Zu Beginn ist nach erfahrenen – jedoch nicht zwangsläufig älteren – Mitarbeitern zu suchen. Diese Erfahrung garantiert, dass die Intrapreneure das aktuelle Geschäftsmodell mit allen Facetten verstehen. Dennoch ist auch externe Expertise relevant, um Trends zum Beispiel aus dem Bereich digitaler Innovationen und neue Kundenbedürfnisse mit einzubeziehen. Für den weiteren Verlauf sind Kreativität und Visionen wichtig. Dies kann durch den direkten Vorgesetzten und/oder Kollegen bewertet werden. Außerdem lassen sich Mitarbeiter, die im unternehmensinternen Vorschlagswesen positiv auffallen, gezielt ansprechen. Für die Phase der Implementierung können die soziale Kompetenz und Motivation potenzieller Kandidaten durch ein Assessment-Center oder weniger aufwendig durch das Verfahren der Personalbeurteilung beurteilt werden.

Intrapreneure entwickeln und binden

Nachdem sie gefunden wurden, müssen Intrapreneure innerhalb der Phasen der Geschäftsmodellinnovation unterstützt und entwickelt werden. So kann zu Beginn ihre Expertise gesteigert werden, indem Wissen zur Organisation sowie zur Unternehmensumwelt und Trends vermittelt und gefördert werden. Dazu eignen sich zum Beispiel Kick-off-Workshops oder Diskussionen mit Experten am Runden Tisch. Zudem sollten Intrapreneure zur Ideengenerierung ausreichend Zeit und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das soziale Kapital kann vom Unternehmen ausgebaut werden, indem es den Intrapreneuren Möglichkeiten zur internen Vernetzung bietet.

Die Bindung von Intrapreneuren ist mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens immanent wichtig. Daher sollte den Intrapreneuren fortwährend die Möglichkeit gegeben werden, Veränderung zu bewirken. Dafür sollten nicht nur Ressourcen bereitgestellt werden, sondern es muss auch die Unternehmenskultur passen.

Herausforderungen für Führungskräfte

Bekommen Intrapreneure unternehmerische Verantwortung übertragen, müssen die Führungskräfte das Risiko eingehen, dass diese mit ihrem Projekt scheitern. Denn Scheitern („Versuch und Irrtum“) ist Teil jeder Innovationskultur. Es kann aber auch zu einem elementaren Erkenntnisgewinn führen, der letztendlich den Erfolg des Projekts auf anderem Weg ermöglicht. Daher müssen sich etablierte Organisationen trauen, ihre tradierten Muster und Regeln zu brechen und akzeptieren, dass sich nicht jede innovative Idee am Ende des Tages durchsetzt. Dazu braucht es Freiraum für die Intrapreneure in Kombination mit einer Unternehmenskultur, die Fehler toleriert und zulässt. Ein komplexer Organisationsaufbau oder langwierige Entscheidungsprozesse wirken sich in diesem Kontext oft negativ und demotivierend auf Intrapreneure aus. Es ist klar, dass Unternehmen nicht aufgrund von Intrapreneuren ihre komplette Organisationsstruktur umstellen können, dennoch kann zum Beispiel durch Inkubator- und Beschleunigungsprogramme (Acceleratorprogramme) Freiraum geschaffen und Komplexität reduziert werden.

Studien und praktische Projekte am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisation und Personal an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben ergeben, dass Führungskräften bei der Anleitung von Intrapreneuren eine zentrale Verantwortung zukommt. Sie sind enorm wichtig, da sie aufgrund ihrer Position im Unternehmen sowie ihrer Kenntnis der Organisationsstrukturen viele Ideen – vor allem im Bereich der Implementierung von Geschäftsmodellinnovationen – voranbringen und gegen Widerstände verteidigen können. Sie haben starken Einfluss auf die Motivation der Intrapreneure und daher die zentrale Aufgabe, ein „Umfeld der Innovationsfreude“ zu schaffen.

Führungskräftetraining für Bankvorstände

Die klassische Bankenwelt transformiert sich zunehmend in ein branchenübergreifendes Ökosystem, in dem integrierte Finanzdienstleistungen und digitale Services besonders im Fokus stehen werden. Die komplexen Veränderungsprozesse stellen hohe Anforderungen an die Vorstände von Kreditgenossenschaften. Wie können sie vor diesem Hintergrund die Zukunft ihrer Häuser erfolgreich gestalten? Dazu organisieren Professor Max Ringlstetter, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisation und Personal an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, und sein Team vom IDM – Institut für Digitales Management ein Führungskräftetraining. Thema: „Veränderungsmanagement und Führungsanforderungen im Zeitalter der Digitalisierung“. Das Seminar findet am 29. und 30. Januar 2019 in Ingolstadt statt. Die Veranstaltung richtet sich an Vorstände bayerischer Volksbanken und Raiffeisenbanken. Weitere Informationen und Anmeldung auf der Webseite der Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG).

Weitreichende Veränderungen

Zusammengefasst verlangen Geschäftsmodellinnovationen nicht nur ein hohes Fachwissen von allen Beteiligten, sondern auch bestimmte Kompetenzen: Sie müssen mit dem bisherigen Geschäftsmodell vertraut sein, Markt und Wettbewerb kennen sowie die Bedürfnisse von Kunden und Anteilseignern. Ist dieses Zusammenspiel nicht vorhanden, besteht die Gefahr, dass Geschäftsmodellinnovationen am Markt vorbei entwickelt werden. Da es sich dabei meist um radikale Veränderungen im Unternehmen handelt, erfordern diese Prozesse nicht nur ein hohe Kreativität und unternehmerisches Denken, sondern auch spezifische persönliche Fähigkeiten zur Implementierung von Innovationen im Unternehmen. Dank ihrer Kompetenzen können Intrapreneure, flankiert durch die Unterstützung von Führungskräften, genau diese Vorgaben erfüllen und neue Geschäftsmodelle auch in den Volksbanken und Raiffeisenbanken vorantreiben.
 

Prof. Dr. Max Ringlstetter ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisation und Personal an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Leiter des IDM – Institut für Digitales Management. Mitarbeit am Text: Vinzenz Krause und Dr. Daniel Alt.

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