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BÄKO München Altbayern und Schwaben eG: Maß halten, um die Warenversorgung zu sichern

Gestörte Lieferketten, Preise auf Rekordniveau – und möglicherweise bald eine ausgewachsene Energiekrise? Auch die ländlichen und gewerblichen Genossenschaften in Bayern bekommen die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs zu spüren. „Wenn man die Dinge nüchtern betrachtet, sind wir wieder im Krisen-Modus angekommen wie im ersten Corona-Lockdown“, konstatiert Helmut Wiedemann, Geschäftsführender Vorstand der BÄKO München Altbayern und Schwaben eG. Die Einkaufsgenossenschaft für Bäcker und Konditoren versorgt rund 1.000 Mitgliedsbetriebe mit allem, was sie zur Herstellung ihrer Back- und Konditorwaren brauchen – zum Beispiel mit Mehl, Sonnenblumenkernen und Sonnenblumenöl. Normalerweise liefert die BÄKO schon bei der nächsten Tour, was die Mitglieder geordert haben.

Normalerweise. Denn von Normalität kann bei der BÄKO im Moment kaum die Rede sein. Die Einkaufsmanager im Zentrallager in Taufkirchen haben aktuell alle Hände voll zu tun, um die Verfügbarkeit bestimmter Waren sicherzustellen. Dazu gehören Sonnenblumenkerne und Sonnenblumenöl. „Die Ukraine und Russland gehören zu den weltgrößten Exporteuren von Weizen und Sonnenblumenkernen. Rund 75 Prozent der Sonnenblumen weltweit werden dort angebaut. Weil niemand weiß, wie lange diese beiden Länder als Lieferanten ausfallen werden, spielen die Märkte und die Preise verrückt“, sagt Wiedemann.

Mengenbegrenzung für bestimmte Produkte

Viele Supermärkte geben Sonnenblumenöl oder Mehl nur noch in begrenzten Mengen ab, um die Versorgung zu sichern. Aus diesem Grund hat auch die BÄKO eine Mengenbegrenzung für bestimmte Produkte eingeführt. Denn wie bei den Verbrauchern ist die Verunsicherung auch bei den Mitgliedern der BÄKO groß. „Viele rufen bei uns an und bitten um ein ehrliches Bild, wie lange bestimmte Waren noch verfügbar sind und wann sich die Preise wieder normalisieren. Keiner mag sich vorstellen, dass die Preise dauerhaft auf diesem hohen Niveau bleiben“, berichtet Wiedemann.

Die meisten Mitglieder handelten in der aktuellen Situation verantwortungsvoll, aber einige wenige neigten dennoch zu Panikkäufen. „Auch bei uns ordern einzelne Mitglieder Mengen, die sie nicht brauchen“, berichtet Wiedemann. Deshalb sprechen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vertrieb der BÄKO mit den Mitgliedern und rufen sie zur Besonnenheit auf, um Ängste vor einem Ausverkauf bestimmter Produkte zu zerstreuen und unnötige Bevorratung zu verhindern. „Wenn alle auf einmal das Doppelte bestellen, wäre das BÄKO-Lager leer, weil wir gar nicht so schnell nachordern könnten, wie wir wollten“, sagt Wiedemann. Die Verhältnisse im Einkauf hätten sich komplett gedreht. Das Bestreben der BÄKO richte sich nun darauf, die Verfügbarkeit der Ware sicherzustellen. „Hauptsache, ich bekomme das Produkt. Was es kostet, ist zweitrangig.“

Jeder müsse daher Maß halten, um die Warenversorgung für alle zu gewährleisten. Denn eines ist Wiedemann wichtig zu betonen: „Wir sind weit weg von einer Lebensmittelkrise, die Lager sind voll.“ Die Unregelmäßigkeiten bei der Warenversorgung seien vielmehr auf überforderte Lieferketten zurückzuführen. „Die Mühlen arbeiten am Limit, aber sie können ihre Produktion nicht über Nacht verdoppeln und verdreifachen, um die hohe Nachfrage zu bedienen. Deshalb ist die Ware physisch nicht mehr greifbar, obwohl die Silos der Lagerhäuser immer noch gut mit Weizen und Sonnenblumenkernen gefüllt sind“, sagt der BÄKO-Geschäftsführer. Verschärfend wirke sich die Zurückhaltung der Händler aus, die letztjährige Ernte auf den Markt zu bringen. „Sonnenblumenkerne werden in der Schale gelagert, große Mengen davon in Bulgarien. Jeder nicht verkaufte Kern ist nächste Woche vielleicht schon das Dreifache wert, darauf spekulieren die Händler“, sagt Wiedemann.

Sonnenblumenöl lässt sich ersetzen

Immerhin sei der leergefegte Markt bei Sonnenblumenkernen nicht existenzbedrohend für das Bäckerhandwerk. Sonnenblumenöl werde in Rührteigmassen für Pizzen oder Ciabatta-Brote verwendet, Sonnenblumenkerne kommen in das Brot oder auf die Semmel. „Es ist schwierig, aber es ist kein gravierendes Problem“, sagt Wiedemann. Denn Sonnenblumenöl lasse sich durch andere tierische und pflanzliche Fette wie Butter oder Margarine substituieren. Bei Rapsöl oder Palmöl zum Beispiel gebe es noch keinen Mangel. Werde Sonnenblumenöl durch andere Produkte ersetzt, werfe das aber andere Schwierigkeiten auf. „Inhaltsstoffe müssen deklariert werden. Wenn sie verändert werden, können vorproduzierte Verpackungen nicht mehr verwendet werden. Für solche Fälle bräuchten wir eine andere Kennzeichnungsverordnung für Lebensmittel“, sagt Wiedemann.

Ob es bei Weizen und Sonnenblumenöl langfristig zu globalen Engpässen kommen wird, sei auch abhängig vom Kriegsverlauf in der Ukraine, meint der BÄKO-Geschäftsführer. In den nächsten Wochen stelle sich heraus, ob die Landwirte in der Ukraine und auch in Russland ihre Felder normal bestellen können. „Im Moment ist die Saat noch nicht ausgebracht“, sagt Wiedemann. Wenn die nächste Ernte in diesen Ländern ausfalle, dann seien Engpässe zu erwarten, wobei Deutschland und Bayern noch glimpflich davonkämen. „Bayern ist bei der Versorgung mit Weizen im Prinzip autark. Wir importieren kein Getreide aus der Ukraine oder Russland. Von daher haben wir beim Weizen eigentlich keine Verfügbarkeits-, sondern in Anführungsstrichen nur eine Preiskrise. Schlimm betroffen wären dagegen vor allem Nordafrika und Asien“, sagt der BÄKO-Geschäftsführer.

Trotzdem sind die hohen Preise ein großes Problem für die Bäcker und Konditoren. „Die Preise für Weizenmehl haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Eigentlich müssten unsere Mitglieder diese Kosten auf die Endverbraucher abwälzen, aber viele werden das aus Sorge um ihre Kunden nicht tun, weil sie Angst haben, dass sich diese dann keine hochwertigen Bäckereiprodukte mehr leisten können oder wollen“, sagt Wiedemann. Im schlimmsten Fall drohten deshalb Liquiditätsprobleme.

Neben der Warenverfügbarkeit sorgt sich der BÄKO-Geschäftsführer auch um die Energieversorgung der Mitgliedsbetriebe. „Sollte Russland kein Erdgas mehr liefern, könnte sich das auch auf die Bäckereien auswirken“, sagt Wiedemann. Die Mehrheit der Backöfen werde mit Gas betrieben, vor allem in der backenden Industrie. Auch das Warmwasser, das die Betriebe zum Backen benötigen, werde normalerweise mit Gas erhitzt. Wenn dieser Brennstoff knapp werde, könne es passieren, dass Bäckereien und backende Industrie ihre Produktion drosseln müssen. „Sollte das der Fall sein, könnten die Bäckereien möglicherweise nicht mehr wie gewohnt mit ihren Backwaren zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln beitragen. Dazu sollte es auf keinen Fall kommen“, sagt Wiedemann.

Diesel-Tankstelle Rohr eG: Diesel tanken mit Rabatt

Mehr als zwei Euro für den Liter Diesel? Das sorgt auch bei den Mitgliedern der Diesel-Tankstelle Rohr eG im mittelfränkischen Landkreis Roth für Kopfschütteln. Aber wie allen anderen Nutzern von Dieselfahrzeugen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als den Preis zähneknirschend zu akzeptieren. „Immerhin bieten wir unseren Mitgliedern im Vergleich zu privaten Tankstellen immer noch einen sehr guten Preis“, sagt Hans-Jürgen Grosser, Gründungsmitglied der Genossenschaft. Rund eine Million Liter Diesel flossen vergangenes Jahr durch die Zapfsäule. Ein örtlicher Mineralölhändler gewähre der Genossenschaft eine Rückvergütung von drei Cent pro getanktem Liter auf den Dieselpreis, so Grosser. Zwei Cent pro getanktem Liter gibt die Genossenschaft am Ende des Jahres an ihre Mitglieder weiter, ein Cent fließt in den Betrieb der Tankstelle. „Das macht die Mitgliedschaft auch für Gewerbebetriebe und Privatleute attraktiv“, sagt Grosser.

Tanken können übrigens auch Nicht-Mitglieder – rund um die Uhr. „Dann bleiben die drei Cent Rückvergütung pro getanktem Liter komplett bei der Genossenschaft“, freut sich Grosser. Bezahlt wird ganz bequem am Automaten mit Girokarte. Die Landwirte von Rohr hatten die genossenschaftliche Diesel-Tankstelle 2008 gegründet, um vom gemeinsamen Einkauf des Treibstoffs zu profitieren. Außerdem konnten sie so ihre hofeigenen Diesel-Tankstellen außer Betrieb nehmen. Diese waren wegen immer höherer Sicherheitsauflagen nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.

Futtertrocknung Lamerdingen eG: Händler und Produzenten rücken näher zusammen

Auch bei der Futtertrocknung Lamerdingen eG steht und fällt der Geschäftsbetrieb mit einer ausreichenden Gasversorgung. „Das Risiko, dass uns der Staat bei Versorgungsengpässen den Gashahn zudreht, steht im Raum“, sagt Matthias Vögele, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Genossenschaft. Doch mit diesem Gedanken gibt er sich nicht lange ab. Priorität hat für ihn, angesichts der extrem hohen Energiekosten eine ausreichende Gasversorgung zu vertretbaren Preisen sicherzustellen. „Wir versuchen, das Preisrisiko mit verschiedenen Instrumenten so weit wie möglich zu minimieren“, sagt Vögele.

Die Futtertrocknung Lamerdingen eG hat sich mit anderen Trocknungen zu einem Pool zusammengeschlossen, um gemeinsam Gas einzukaufen. Der Vertrag läuft bis zum Jahr 2024. Die Grundlast – 80 Prozent der benötigten Gasmenge – können die Trocknungen jeweils mit einem Vorlauf von bis zu einem Jahr einkaufen. Die benötigten Mengen müssen bis zum 31. Dezember des Vorjahres bestellt werden. „Da haben wir uns in der Corona-Zeit schon mit Mengen eindecken können“, sagt Vögele. Die fehlenden Mengen – sozusagen die Spitzenlast – müssen jedoch kurzfristig auf dem Spotmarkt eingekauft werden. Die an einem bestimmten Tag benötigte Gasmenge lasse sich nur sehr schwer abschätzen, sagt Vögele. „Das hängt von vielen Faktoren ab, etwa vom Wetter, von den Gaspreisen, ob gerade Erntezeit ist, welches Futter getrocknet wird oder wie feucht dieses Futter ist. Da hängt vieles mit vielem zusammen.“ Obwohl die „Spitzenlast“ nur einen Teil der benötigten Energie ausmache, könne diese Gasmenge bei den aktuellen Preissprüngen schon die Kalkulation zerstören, sagt Vögele. An manchen Tagen sei der Gaspreis um das 20-fache zum bekannten Niveau nach oben gesprungen. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Da bleibt uns dann in der Produktion nichts anderes übrig, als die Notbremse zu ziehen.“

Digitale Schaltzentrale zur Steuerung des Gaseinkaufs

Um die tagesaktuellen Gaspreise immer genau im Blick zu haben, lässt die Futtertrocknung Lamerdingen gerade eine digitale Schaltzentrale programmieren, wo die Mitarbeiter genau sehen können, wie sich die Preise entwickeln. Rote Linien sollen verhindern, dass die Produktion durch zu hohe Gaspreise unrentabel wird. „Wenn das der Fall ist, werden wir die Produktion vorübergehend stoppen“, sagt Vögele. Denkbar sei aber auch, bereits eingekaufte Gaskontingente auf dem Spotmarkt wieder zu refixieren, wenn sich dadurch überhaupt Erlöse erzielen lassen. Vögele weiß um das Problem, dass die Genossenschaft damit eigentlich ihr Kerngeschäft vernachlässigt. „Die Kunden sind unser höchstes Gut, aber bevor das Unternehmen am Ende in Liquiditätsschwierigkeiten gerät, greifen wir lieber zu solchen Instrumenten“, sagt Vögele. Bisher seien die Preissprünge immer handhabbar gewesen. „Aber wenn sich die Produktionskosten von jetzt auf gleich vervierfachen, wird die Kalkulation extrem schwierig.“

Vögele geht davon aus, dass die Genossenschaft in der aktuellen Saison bei den Futterpreisen etwas draufschlagen muss, um die Gaskosten zumindest zum Teil auszugleichen. Getrocknet werden Gräser, Luzerne, Getreide und Mais, aber auch Stroh. 40 Prozent der Ernte trocknet die Genossenschaft im Auftrag der Landwirte zur Verfütterung im eigenen Betrieb. Den Rest kauft sie von den Bauern an, um das getrocknete Gut anschließend als hochwertiges Qualitätsfutter weiter zu verkaufen. „Wir merken, dass die Nachfrage anzieht. Deswegen glauben wir, dass wir höhere Preise auf dem Markt auch durchsetzen können“, sagt Vögele.

Preisgleitklauseln in den Verträgen

Nachdem die Trocknungssaison erst Ende April beginnt, bleibt noch etwas Zeit, um die Preise festzusetzen. „Im Moment wächst ohnehin nichts. Ohne Regen können wir frühestens in vier Wochen mit der ersten Ernte beginnen“, sagt Vögele. Bis dahin wird er mit extrem spitzem Bleistift rechnen. Denn ein Problem kann er nicht vermeiden: „Die Preise werden jetzt gemacht, aber dann gelten sie für ein ganzes Jahr – ohne dass wir wissen, wohin sich die Energiepreise entwickeln.“ Deshalb wird Vögele in die Lieferverträge mit Futterhändlern Preisgleitklauseln schreiben lassen, die sich an den Energiekosten orientieren.

Das sei ein Novum, habe aber auch seine positiven Seiten. Denn die hohen Energiekosten haben auch die Vertragsverhandlungen verändert, erzählt Vögele. „Händler und Produzenten rücken näher zusammen, auch bei der Vertragsgestaltung.“ Seit die Preise für Energie explodiert sind, habe sich eine gewisse Ehrlichkeit in die Verhandlungen geschlichen. Weil beide Seiten an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert sind, ließen sie sich gegenseitig bei der Kalkulation ein Stück weit in die Karten schauen, berichtet Vögele. Das Pokern um den besten Preis habe sich relativiert. „Niemand kann in die Zukunft sehen. Wer zu viel verlangt, macht möglicherweise weniger Geschäft, weil die Landwirte und Kleintierbesitzer dafür weniger Futter kaufen. Deswegen haben beide Parteien ein Interesse daran, sich bei den Verträgen Handlungsspielräume offenzuhalten“, sagt Vögele.

Instrumente zur Kostenoptimierung in der Schublade

Auch bei den Mitgliedern löse der ungebremste Anstieg der Energiepreise Unbehagen aus, berichtet Vögele. „Das wird unter den Landwirten heiß diskutiert. Sie rufen bei uns und fragen, auf welchem Preisniveau wir produzieren werden, oder ob wir überhaupt produzieren werden. Die Unruhe ist jedenfalls groß.“ Trotz alledem geht Vögele optimistisch in die Saison. „Ich gehe davon aus, dass wir gut über die Runden kommen werden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und eine ganze Reihe von Instrumenten zur Kostenoptimierung entwickelt, die wir nur noch scharf schalten müssen“, sagt der Geschäftsführer der Futtertrocknung Lamerdingen. Viele Energiesparmaßnahmen seien auch schon umgesetzt worden, zum Beispiel habe die Genossenschaft ein Energiemanagement und eine lastabhängige Produktionssteuerung eingeführt.

Auf dem Feld gebe es ebenfalls noch einige Möglichkeiten, der Ernte Feuchtigkeit zu entziehen, bevor sie in den Trocknungsofen kommt. Auch das spart Energie. Beispielsweise könne das Gras mit einem Kreisel gewendet werden, damit es an der Luft besser vortrocknet. „Die Kunst dabei ist, den richtigen Zeitpunkt zu finden, wann die Ernte zur Trocknung gebracht werden muss. Denn wenn sie zu lange auf dem Feld verbleibt, verlieren die Pflanzen durch die Sonneneinstrahlung ihre Nährstoffe. Es ist alles eine Frage des Timings“, sagt Vögele. Und wenn es gar nicht anders gehe, dann werde eben ein Weidelgras mit einem Feuchtegehalt von 80 Prozent nicht getrocknet, sondern anderweitig vermarktet. Weitere Pläne will Vögele nicht verraten, nur so viel: „Im Winter hatten wir ausreichend Zeit, um uns auf die Saison vorzubereiten. Jetzt können wir die Ideen aus der Schublade holen. Wir freuen uns auf die Herausforderung. Es wird eine spannende Zeit, aber wir werden gestärkt aus ihr hervorgehen.“

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