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40 Cent pro Kilowattstunde zahlen Neukunden bei vielen Händlern mittlerweile für ihren Strom, gut ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Den Kostensteigerungen können sich auch die genossenschaftlichen Energieversorger nicht entziehen. Dazu gehört zum Beispiel die ÜZ Mainfranken eG mit Sitz in Lülsfeld (Kreis Schweinfurt). Der größte genossenschaftliche Netzbetreiber in Bayern versorgt mehr als 125.000 Menschen in den Landkreisen Schweinfurt, Haßberge, Kitzingen, Würzburg, Main-Spessart und Bamberg mit Elektrizität. Aber warum ist Strom gerade so teuer? Um das zu erklären, muss ÜZ-Vertriebsleiter Robert Ruppenstein etwas ausholen.

Viele Jahre machte der außerbörsliche Handel mehr als zwei Drittel des Gesamtmarkts aus, aber der Trend verlagert sich zunehmend an die Börse. Der Marktanteil der Leipziger Strombörse EEX (European Energy Exchange) am Gesamt-Terminmarkt in Deutschland belief sich nach deren Angabe im Jahr 2021 auf 51 Prozent, erstmals wurde mehr als die Hälfte des Gesamtterminmarktes über die Börse gehandelt (2020: 44 Prozent). Beim außerbörslichen Handel wird auch vom „Handel über den Ladentisch“ („Over the Counter“; OTC) gesprochen. Hier schließen Verkäufer und Käufer direkt miteinander einen Kaufvertrag ab. „Gemacht werden die Preise allerdings an der Börse, denn kein Erzeuger wird seinen Strom im OTC-Handel unter dem Wert verkaufen, den er an der Börse erzielen könnte“, sagt Ruppenstein. Und dort steigen die Strompreise seit Anfang 2021 stetig an, ab der Jahresmitte 2021 gingen sie dann buchstäblich durch die Decke.

„Börsenpreise reagieren auf sämtliche Geschehnisse weltweit. Diese extreme Volatilität wirkt sich zwangsläufig auch auf die Strompreise für Endverbraucher aus“, erklärt Ruppenstein. Die Gründe dafür bringt er stark vereinfacht auf folgende Formel: „Die hohe Nachfrage und ein knappes Angebot treiben die Preise nach oben, auch beim Ökostrom. Die verstärkte Stromerzeugung aus fossilen Quellen und die geopolitisch unsichere Lage erhöhen den Preisdruck zusätzlich.“ Im Detail führt der ÜZ-Vertriebsleiter ein ganzes Bündel von preistreibenden Faktoren an:

  • Geopolitische Risiken: Der Angriff Russlands auf die Ukraine, die zu erwartenden Sanktionen sowie die im vergangenen Jahr deutlich reduzierten Füllstände der Gasspeicher des russischen Konzerns Gazprom in Deutschland machten die Situation an den Energiemärkten unberechenbar, sagt Ruppenstein. Für die weitere Entwicklung der Gas- und Strompreise verheiße das nichts Gutes. Das Hickhack um die mittlerweile von der Bundesregierung gestoppte Genehmigung der Gaspipeline Nord Stream 2 dürfte nur ein Vorgeschmack dessen gewesen sein, was energiepolitisch noch auf Deutschland und Europa zukommt.
  • Gasknappheit in Mitteleuropa: Witterungsverhältnisse haben laut Ruppenstein einen starken Einfluss auf den Energiebedarf und demnach auch auf die Rohstoffpreise. Die Kombination aus der langen Kälteperiode im Winter 2020/21 und dem vergleichsweise kühlen Sommer 2021 habe dazu geführt, dass die Nachfrage nach Erdgas ungewöhnlich hoch blieb. „Die Erdgasspeicher in Europa konnten deshalb später als üblich aufgefüllt werden und weisen immer noch sehr niedrige Füllstände auf.“ Die daraus resultierende Knappheit schlage sich in Form einer enormen Preissteigerung auf die Energiepreise nieder.
  • Starke Nachfrage nach Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas; LNG) und Kohle in Asien: Während in unseren Breitengraden der Sommer ausblieb, hatte China mit einer Hitzewelle zu kämpfen, was sich laut Ruppenstein auch durch eine geminderte Produktivität bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft bemerkbar gemacht hat. Außerdem sei die Stromnachfrage im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise merklich angestiegen. Um diesen zusätzlichen Bedarf auszugleichen, frage China vermehrt Kohle und LNG an. Das treibe die Preise. „Eine ähnliche Entwicklung war auch in weiteren Teilen Asiens und in Südamerika zu beobachten“, sagt Ruppenstein.
  • Schwache Performance der erneuerbaren Energien in 2021: Nicht nur der Sommer, sondern auch der Wind ist im Jahr 2021 ausgeblieben. Dadurch produzierten sowohl Photovoltaik- als auch Windkraftanlagen deutlich weniger Strom und die Erzeugung aus erneuerbaren Energien blieb damit unter den Erwartungen. Da der Strombedarf aber gleichbleibend beziehungsweise sogar ansteigend sei, müsse diese Lücke durch andere (fossile) Energiequellen aufgefüllt werden, was wiederum die Preise weiter in die Höhe schnellen lasse.
  • CO2-Bepreisung: Für Brenn- und Kraftstoffe schreibt das Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) seit 1. Januar 2021 einen Preisaufschlag vor. Davon betroffen sind zum Beispiel Erdgas, Flüssiggas, Heizöl und Kraftstoffe. Ziel der CO2-Bepreisung ist es, einen Anreiz zu schaffen, von fossilen Brennstoffen auf klimaschonende Alternativen umzusteigen. Da dies allerdings ein langfristiger Prozess ist, führt die CO2-Steuer in erster Konsequenz erst einmal zu höheren Energiepreisen, so Ruppenstein.
  • Konjunkturstart nach Corona-Delle: Durch die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie gehe auch der Energie- und vor allem der Strombedarf wieder nach oben, sagt Ruppenstein. Wenn die Nachfrage an Energie jedoch steige, während das Angebot durch verschiedene Faktoren bereits verknappt sei, habe dies einen direkten Einfluss auf die Energiepreise an der Börse.

Strom für jede Stunde und Viertelstunde

Auch die ÜZ Mainfranken kommt den Börsenpreisen nicht aus. „Wir kaufen unseren Strom langfristig bei Großhändlern zu den aktuellen Börsennotierungen. Den tatsächlichen Energieverbrauch gleichen wir je nach Kundenbedarf und Wettersituation aus, indem wir am europäischen Spotmarkt für jede Stunde und Viertelstunde des Folgetags Strom an- oder verkaufen. Dafür betreiben wir ein eigenes Portfoliomanagement“, erklärt Ruppenstein. In zunehmenden Maße kaufe die ÜZ aber auch Strom von regionalen Ökostromkraftwerken direkt für ihre Kunden und Mitglieder. Die Preisbasis bilde aber auch hier meist das Auktionsergebnis an der Börse, so der ÜZ-Vertriebsleiter.

Um den Turbulenzen an der Börse zumindest ein Stück weit zu entgehen, möchte die ÜZ ihr Stromportfolio zukünftig durch langfristige Stromlieferverträge (sogenannte Power Purchase Agreements; PPA) ergänzen. „Dann können wir jenseits der Börsenkurse die Preise auch bilateral mit den Anlagenbetreibern verhandeln“, sagt Ruppenstein. „Wir werden auf jeden Fall weiter auf den Ausbau von Ökostrom-Anlagen in unserem Netzgebiet setzen, um uns unabhängiger vom Börsengeschehen zu machen und die Energiewende in der Region voranzutreiben.“

Naturstrom aus 100 Prozent Wasserkraft

Verbraucher, die noch vor der Preisexplosion am Energiemarkt einen Naturstromtarif bei der ÜZ Mainfranken abgeschlossen haben, bleiben vorerst von Preiserhöhungen verschont. Für ihre Naturstromtarife kauft die ÜZ im außerbörslichen OTC-Handel zertifizierten Grünstrom aus 100 Prozent bayerischer Wasserkraft. Diese Tarife seien mit einer Vertragslaufzeit und Energiepreisgarantie von zwei Jahren langfristig angelegt, erklärt Ruppenstein. „Das heißt, die benötigten Mengen können vorausschauend eingekauft werden. Dies geschieht meist schon ein bis zwei Jahre im Voraus. Da war das Preisniveau noch ein ganz anderes.“

ÜZ Mainfranken plant Regionalstrom-Angebot

Die ÜZ Mainfranken eG ergänzt ihr Naturstrom-Angebot aus bayerischer Wasserkraft zunehmend mit regional erzeugtem Strom aus Biomasse- und Photovoltaik-Kraftwerken. „Bei Biogas-Anlagen haben wir damit bereits 2013 begonnen, da diese Erzeugungsform in Zusammenarbeit mit den Biogasbauern gut zu planen ist. Seit 2020 integrieren wir auch regionale Photovoltaikanlagen“, berichtet ÜZ-Vertriebsleiter Robert Ruppenstein. Rund 80 Millionen Kilowattstunden werden von der ÜZ Mainfranken bereits direkt an ihre Kunden vermarktet. „Dieser Strom ist aber leider noch nicht zertifiziert, sodass wir ihn nicht als Regionalstrom bezeichnen dürfen“, bedauert Ruppenstein. „Für die Zertifizierung laufen aber bereits Vorarbeiten, zum Beispiel passen wir unsere Direktvermarktungsverträge an. Diese sollen dann Teil unseres Regionalstrom-Konzepts sein.“

Neukundentarife vorübergehend ausgesetzt

Für Neukunden müsste die ÜZ den zusätzlichen Grünstrom aus bayerischer Wasserkraft erst einkaufen, erklärt der Vertriebsleiter. Doch genau das ist das Problem. „Kurzfristig können dort keine Mengen zugekauft werden, da die Kontingente bereits im Voraus vergeben wurden“, sagt Ruppenstein. Auch deshalb hat die ÜZ – wie viele andere Energieversorger auch – ihr Neukundenangebot vorrübergehend ausgesetzt. „Aufgrund der extremen Preissteigerungen am Strommarkt ist es uns nicht möglich, Neukunden zu den gleichen Konditionen wie unsere Bestandskunden aufzunehmen“, bedauert Ruppenstein.

Zwar könnte die ÜZ Neukunden einen Tarif anbieten, der dem aktuellen Preisniveau entspricht, bei dem die Kunden in einigen Monaten aber vielleicht sogar zu viel bezahlen. „Es ist uns zum jetzigen Zeitpunkt wegen der extremen Preisschwankungen nicht möglich, ein langfristiges Angebot zu kalkulieren. Wir hoffen, dass die Preise mittelfristig wieder sinken. Sobald sich die Lage wieder beruhigt hat, werden wir interessierten Kunden ein faires Angebot unterbreiten“, verspricht Ruppenstein. Wann das sein wird? „Wir hoffen bald, aber leider haben zu viele Faktoren Einfluss auf die Kursentwicklung am Strommarkt. Aufgrund der bisherigen Preisentwicklung und der geopolitischen Lage durch den Russland-Ukraine-Konflikt gehen wir jedoch davon aus, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen wird, bis sich die Lage weltweit wieder entspannt.“

Preissteigerungen in nie dagewesener Höhe

Die Elektrizitätsgenossenschaft Wolkersdorf und Umgebung e.G. kooperiert beim Stromeinkauf mit 32 anderen Energieversorgern, die sich dafür zu einem Verbund zusammengeschlossen haben. Den größten Teil des benötigten Stroms kauft sie im außerbörslichen OTC-Handel ein. „Rund 40 Prozent unseres Stroms kommen aus bayerischen Wasserkraftwerken am Inn“, berichtet Franz König, geschäftsführender Vorstand der Elektrizitätsgenossenschaft und Vorsitzender des GVB-Fachausschusses Energiegenossenschaften. Sonderkonditionen gebe es nicht. „Fast alle Stromerzeuger in Deutschland vermarkten die von ihnen erzeugten Mengen zu den an den Börsen gehandelten Preisen. Das gilt auch für die Betreiber von Wasserkraftwerken. Für Stromerzeugung aus Wasserkraft ist hier sogar noch ein Zuschlag zu bezahlen“, bedauert König.

So extreme Preissteigerungen wie aktuell hat auch König noch nicht erlebt. „In dieser Höhe gab es das noch nie“, sagt er. Um die Mehrkosten, die deutlich über den eingepreisten Margen liegen, abfedern zu können, komme die Genossenschaft nicht umhin, zum 1. März 2022 die Stromtarife für Bestandskunden zu erhöhen, bedauert der Vorstand der Elektrizitätsgenossenschaft Wolkersdorf. Ein großer Anteil der Strommengen für die Bestandskunden werde zeitlich verteilt innerhalb eines Jahres vor der tatsächlichen Lieferung eingekauft. Verantwortlich für die Kostensteigerungen sei dabei der nicht kalkulierbare Anteil der benötigten Strommengen. Dieser müsse zum Tages- beziehungsweise Stundenpreis über den Spotmarkt beschafft werden. „Dieser Faktor hat zu den Verteuerungen bei den Bestandskunden geführt“, erklärt König.

Eigener Tarif für Neukunden

Neukunden aus dem Geschäftsgebiet, deren bisheriger Händler wegen der hohen Strompreise seiner Lieferverpflichtung nicht mehr nachkommt, muss die Elektrizitätsgenossenschaft Wolkersdorf als zuständiger Grundversorger in die sogenannte Ersatzversorgung aufnehmen. „Den Strom für diese Kunden müssen wir komplett auf dem Spotmarkt besorgen. Deshalb mussten wir zum Jahreswechsel erstmals eigene Tarife für Neukunden einführen, die deutlich über den Bestandskundentarifen liegen“, erklärt König. Bis auf wenige Ausnahmen seien alle Kunden von den Preiserhöhungen betroffen. Wohl aufgrund der umfangreichen Berichterstattung in den Medien seien diese mehrheitlich nicht überrascht gewesen. „Die meisten Kunden, die bei uns nachgefragt haben, äußerten letztlich Verständnis für unsere Entscheidung“, berichtet König.

Um ihren Stromeinkauf zu diversifizieren, plant die Elektrizitätsgenossenschaft Wolkersdorf, ihr Vertriebsportfolio in Zukunft durch Strom von regionalen Ökostromkraftwerken zu ergänzen, die aus der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) herausgefallen sind (sogenannte Post-EEG-Anlagen). Das Problem der Abhängigkeit von den Börsenpreisen löst das nicht. „Leider werden wir auch weiterhin von den Entwicklungen auf den Märkten abhängig sein“, bedauert König.

Spotmarkt in Paris, Terminmarkt in Leipzig

Doch an welchen Börsen wird Strom gehandelt? Und wie wird dort der Preis gebildet? Dafür lohnt sich ein Blick nach Leipzig. Beim Stromhandel an der Börse wird zwischen dem kurzfristigen Spotmarkt und dem langfristigen Terminmarkt unterschieden. Während die langfristigen Terminkontrakte an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig gehandelt werden, ist die European Power Exchange (EPEX SPOT) in Paris für den kurzfristigen Spothandel zuständig. Beide Börsen gehören zur Leipziger EEX-Gruppe, die im europäischen Handel für Energie und energienahe Produkte, zum Beispiel CO2-Zertifikate, nach eigenen Angaben führend ist und weltweit ein Netzwerk von über 800 Marktteilnehmern aus mehr als 40 Ländern verbindet.

Absicherung bis zu zehn Jahre im Voraus

Den Terminmarkt der EEX in Leipzig nutzen Stromkäufer und -verkäufer, um sich gegen langfristige Preisänderungsrisiken abzusichern, zum Beispiel für einzelne Tage, Wochen, Monate, Quartale oder Jahre im Voraus. Aktuell können sich die Teilnehmer am EEX-Terminmarkt bis zu zehn Jahre im Voraus absichern, die Produkte am europäischen Strom-Terminmarkt erstrecken sich auf 20 Länder in Europa.

Abschlüsse bis fünf Minuten vor Lieferung

Am Spotmarkt der EPEX in Paris können die Teilnehmer dagegen zu viel oder zu wenig georderte Strommengen kurzfristig für den Folgetag („Day-Ahead“) oder sogar für den gleichen Tag („Intraday“) ausgleichen. Im Day-Ahead-Handel organisiert die EPEX eine tägliche Auktion, in der Strommengen für jede Stunde des Folgetags gehandelt werden. Im kontinuierlichen Intraday-Handel für den gleichen Tag sind Abschlüsse bis zu fünf Minuten vor der tatsächlichen Stromlieferung möglich.

Grundsätzlich bestimmen bei beiden Strombörsen Angebot und Nachfrage im Auftragsbuch (Orderbuch) den Preis. Im kontinuierlichen Handel am EEX-Terminmarkt sowie im Intraday-Handel an der EPEX wird für jedes Gebot individuell der Preis aufgerufen, an dem sich Angebot und Nachfrage decken („Pay-as-bid“). Je nach Handelszeitpunkt und Gebot können also unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt entstehen.

„Markträumender Preis“ im Day-Ahead-Handel

Im Unterschied dazu folgt der Day-Ahead-Handel dem Prinzip des „markträumenden Preises“. Stromkäufer und -verkäufer geben ihre Gebote jeweils bis 12 Uhr für den Folgetag ab. In einer Sammelauktion kommen nach Höhe des Gebots sortiert in aufsteigender Reihenfolge alle Kraftwerke zum Zug, bis die Nachfrage gedeckt ist. Den Preis für alle bestimmt das letzte Gebot, das den Zuschlag erhält – also das teuerste Kraftwerk, das aktiv werden muss, um die Nachfrage zu bedienen. In der Regel sind das die teuren Kohle- und Gaskraftwerke, da diese im Vergleich zu Ökostrom-Anlagen viel höhere Grenzkosten haben, um wirtschaftlich zu arbeiten. Fachleute sprechen daher auch von „Grenzkraftwerken“ sowie dem „Merit-Order-Prinzip“ („Leistungs-Reihenfolge“).

Die teuersten Kraftwerke bestimmen den Preis

Das Merit-Order-Prinzip hat zur Folge, dass die Börsenpreise im Day-Ahead-Handel bei einem hohen Ökostrom-Angebot sinken, weil die teuren Kohle- und Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt werden. Umgekehrt schlagen die hohen Grenzkosten der Kohle- und Gaskraftwerke unmittelbar auf den Strompreis durch, je niedriger das Ökostrom-Angebot ist. Schaut man sich den Energiemix der deutschen Stromproduktion an, so wird der Einfluss der hohen Gas- und Kohlepreise auf den Strompreis sichtbar. Die erneuerbaren Energien hatten im Jahr 2021 einen Anteil von rund 46 Prozent an der Stromproduktion, die Kernkraft kam auf gut 13 Prozent. Kohle und Gas trugen aber immer noch rund 40 Prozent zur deutschen Stromproduktion bei. Rund 20 Prozent entfielen dabei auf Braunkohle sowie jeweils rund zehn Prozent auf Steinkohle und Erdgas. Während die Preise für Braunkohle dank heimischer Förderung weitgehend stabil blieben, schnellten die – für den Strommarkt preisbildenden – Kosten für Steinkohle und Gas im vergangenen Jahr um das Doppelte bis Dreifache in die Höhe.

Auch negative Strompreise sind möglich

Der Handel an den Strombörsen EEX und EPEX funktioniert vollelektronisch. Die Teilnehmer geben ihre Kauf- oder Verkaufsangebote direkt in das elektronische Handelssystem ein. Käufer und Verkäufer bleiben anonym, um eine Gleichbehandlung aller Handelsteilnehmer sicherzustellen. Das Handelssystem führt dann zueinander passende Gebote automatisch zu einem Handelsgeschäft zusammen. Dieser Preis kann am Spotmarkt der EPEX SPOT auch negativ sein, das heißt der Verkäufer bezahlt Geld, um Strom zu liefern. Für Stromerzeuger kann dies dennoch vorteilhaft sein, da konventionelle Kraftwerke nicht kurzfristig an- und abgeschaltet werden können.

Die Preisbildung wird dabei von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst: Für den kurzfristigen Handel am Spotmarkt können das unter anderem das Wetter, die Verfügbarkeit von Kraftwerken, Kraftwerkskosten oder der Standort der Anbieter sein. Durch den stetig wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien hat das Wetter einen maßgeblichen Einfluss auf die Preise am Spotmarkt. Wenn zum Beispiel der Wind sehr stark weht und die Sonne scheint, wird viel Strom produziert. Das Angebot ist groß, entsprechend sinken die Strompreise an der Börse.

Preisbildende Faktoren im langfristigen Handel am Terminmarkt sind zum Beispiel die Preisentwicklung am Spotmarkt, ökonomische Entwicklungen, die Preisentwicklung weiterer Märkte wie Öl oder Gas oder auch politische Rahmenbedingungen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Preisen an der EEX um reine Großhandelspreise handelt, die etwa ein Viertel des Endkundenpreises in Deutschland ausmachen.

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