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Wasserversorgung Simmerberg eG

Für Christian Hauber, Vorstandsvorsitzender der Wasserversorgung Simmerberg eG und seit Mai 2020 Bürgermeister der Nachbargemeinde Stiefenhofen, liegen die Vorteile einer genossenschaftlich organisierten Trinkwasserversorgung auf der Hand. „Die verantwortlichen Ansprechpartner sind vor Ort und können anstehende Aufgaben schnell und unbürokratisch erledigen. Das ist viel günstiger, als wenn dafür erst eine Firma beauftragt werden muss“, sagt Hauber.

Simmerberg ist einer von drei Hauptorten des Markts Weiler-Simmerberg im bayerischen Allgäu. Die Trinkwasserversorgung liegt in unterschiedlichen Händen. In Weiler ist dafür die Gemeinde verantwortlich, in Simmerberg und Ellhofen sind es Genossenschaften. Die Wassergenossenschaft Ellhofen wurde bereits 1899 begründet und bezieht ihr Wasser vom Zweckverband Fernwasserversorgung Oberes Allgäu. Die Wasserversorgung Simmerberg eG nahm 1929 ihren Geschäftsbetrieb auf und verfügt über eine eigene Quelle.

Die Quelle legt unterhalb des Orts und wurde 1997 neu gefasst. Von dort wird das Wasser über 130 beziehungsweise 180 Höhenmeter in zwei Hochbehälter gepumpt. Diese haben ein Fassungsvermögen von 200 respektive 400 Kubikmetern in jeweils zwei Kammern. Der untere Hochbehälter wurde 2019 komplett erneuert und in Edelstahl ausgeführt. Gleichzeitig ließ die Genossenschaft die alten Zuleitungen aus Gusseisen durch moderne Edelstahlrohre ersetzen. Auch die Pumpen und die Steuerung wurden erneuert. 500.000 Euro nahm die Wasserversorgung Simmerberg eG dafür in die Hand. „Was die Technik und die Hygiene betrifft, sind wir auf dem neuesten Stand. Das versetzt uns in die Lage, auch in Zukunft sauberes Quellwasser in Topqualität zum Wohle der Einwohner von Simmerberg zu liefern“, sagt Hauber.

Bei der Simmerberger Genossenschaft teilen sich drei Vorstände und drei Aufsichtsräte die Aufgaben – ehrenamtlich. Unterstützt werden sie von einer Verwaltungskraft. Das unentgeltliche Engagement biete viele Vorteile, berichtet der Vorstandsvorsitzende. „Wir sind in der Gemeinde gut organisiert. Rund um die Uhr ist ein Ansprechpartner für die Wasserversorgung erreichbar, falls es mal Probleme geben sollte.“ Die Leistung der Genossenschaft werde im Ort durchaus wahrgenommen, berichtet der Vorstandsvorsitzende. Hauber: „Sauberes Trinkwasser ist ein hohes Gut. Dafür setzen wir uns mit Herzblut ein. Die Menschen in Simmerberg wissen das sehr wohl zu schätzen.“

Wassergenossenschaft Rehberg eG

Karl Lenz ist ein streitbarer Geist. Wenn er die kleinen Wasserversorger benachteiligt sieht, dann setzt er sich bei Behörden und Politik mit Nachdruck für deren Interessen ein. In diesem Jahr plant die Wassergenossenschaft Rehberg eG, rund 200 Meter Wasserleitung zu erneuern. Die Kosten belaufen sich auf rund 45.000 Euro, schätzt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft. Rehberg ist ein Ortsteil der Gemeinde Grainet im niederbayerischen Landkreis Freyung-Grafenau. Wäre die Wasserversorgung von Rehberg in kommunaler Hand, könnte Lenz für die neue Leitung mit einem Zuschuss des Freistaats rechnen – theoretisch bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Das geht aber nicht, denn Wassergenossenschaften fallen bei der Förderung durchs Raster. „Seit 1946 unterstützte Bayern die Kommunen beim Bau von Wasserversorgungsanlagen mit rund 3,5 Milliarden Euro“, heißt es auf der Webseite des Bayerischen Umweltministeriums. Wer und was gefördert wird, regelt die 2021 in Kraft getretene Neufassung der „Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben“ (RZWas 2021). Der Empfängerkreis ist auf der Webseite des Bayerischen Umweltministeriums klar benannt: „Zuwendungsempfänger sind Kommunen, deren Eigenbetriebe, kommunale Zusammenschlüsse und Kommunalunternehmen.“

Das ärgert Karl Lenz. „Kommunale Wasserversorger werden gefördert, Genossenschaften nicht. Wir bekommen keinen müden Euro. Dabei machen wir genau das Gleiche wie die Kommunen. Das ist eine extreme Benachteiligung der Wassergenossenschaften.“ Lenz fordert deshalb, Genossenschaften bei der Förderung den Kommunen gleichzustellen. Vorerst bleibt dem Vorstandsvorsitzenden jedoch nichts anderes übrig, als die Leitungserneuerung über einen Bankkredit zu finanzieren.

Abfinden will er sich mit dem Thema aber nicht. Denn dass auch kleine Wasserversorger politisch etwas erreichen können, bewies Lenz 2017. Damals setzte er sich gemeinsam mit anderen Wassergenossenschaften aus dem Bayerischen Wald erfolgreich dafür ein, dass die Vorschriften der jährlichen Wasseruntersuchungen auf Schadstoffe und Umweltbelastungen verhältnismäßig ausgestaltet werden (lesen Sie dazu auch den PDF-Artikel aus der „Profil“-Ausgabe 08/2017). Damals war die Neufassung der Trinkwasserverordnung die Ursache für den Unmut der Wassergenossenschaften. „Wir hätten unser Wasser zum Beispiel auf die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersuchen müssen, dabei liegen alle unsere Quellen im Wald“, sagt Lenz.

Ähnliche Probleme befürchtet Lenz, wenn die nächste Novelle der EU-Trinkwasserrichtlinie greift. Diese ist seit 2021 in Kraft und muss bis Anfang 2023 in deutsches Recht umgesetzt werden. Im Gesetzgebungsprozess würden die kleinen Wasserversorger jedoch nicht berücksichtigt. „Da wird mit den großen Wasserversorgern verhandelt, aber wir werden gar nicht gefragt. Das ist nicht angemessen. Die kleinen Versorger sollten auch einen Vertreter zu den Verhandlungen entsenden dürfen, damit er deren Interessen vertritt“, beschwert sich Lenz. Für große Versorger seien weitergehende Trinkwasseruntersuchungen finanziell viel leichter zu stemmen als für kleine Genossenschaften, die durch die kostspieligen Proben schnell in Existenznot geraten würden.

Denn für den Vorstandsvorsitzenden der Wassergenossenschaft Rehberg ist klar: Die Wasserversorgung gehört am besten in Bürgerhand. „Wasser ist ein Grundnahrungsmittel, das den Menschen günstig zur Verfügung gestellt werden muss.“ Die Bürger sollten über ihre Wasser selbst bestimmen können und die Verfügungsgewalt nicht Konzernen mit Gewinnerzielungsabsicht überlassen, wie es anderswo in Europa schon geschehen sei. „Die Grundversorgung mit Wasser ist nicht dazu da, um Geschäfte zu machen“, sagt Lenz. Deshalb sei die Genossenschaft die ideale Rechtsform für eine Wasserversorgung in Bürgerhand. „Wir können selbst über unser Wasser bestimmen, weil es uns gehört. Auch die Kosten können wir selbst gestalten, ohne von einem Fremdanbieter abhängig zu sein.“

Diese Vorteile erkannten schon die Gründer der Wassergenossenschaft Rehberg. Vor der Gründung im Jahr 1994 gab es in Rehberg zwei Wasserversorgungsgemeinschaften ohne definierte Rechtsform. „Das waren lockere Verbünde, die aber rechtlich nicht auf einwandfreien Füßen standen“, erzählt Lenz. Auf Anraten der Behörden schlossen sich die beiden Gemeinschaften zusammen und gründeten sich als eingetragene Genossenschaft neu. Damit war auch das Problem der fehlenden Rechtsform gelöst. 54 Mitglieder hat die Genossenschaft heute. „Wir versorgen das komplette Dorf und einige Einzelanwesen mit Wasser, insgesamt rund 170 Menschen“, sagt Lenz.

Gleich nach dem Zusammenschluss nahm die Genossenschaft den Hochbehälter einer der beiden Vorgängergemeinschaften außer Betrieb, da sich eine Sanierung nicht mehr lohnte. In den Jahren 2005 und 2006 ersetzte sie den verbleibenden Hochbehälter durch einen Neubau mit einem Fassungsvermögen von 120 Kubikmetern in zwei Kammern. Außerdem erneuerte die Genossenschaft Teile des Versorgungsnetzes und ersetzte die alten Leitungen durch Edelstahlrohre. „Der alte Hochbehälter war nicht mehr auf dem Stand der Technik. Jetzt verfügen wir über eine topmoderne Wasseraufbereitung mit doppeltem Kiesfilter, um das Wasser zu entsäuern und den PH-Wert anzuheben“, sagt Lenz.

Pro Kubikmeter Wasser verlangt die Genossenschaft 50 Cent zuzüglich einer Jahresgebühr von 65 Euro. In so manch anderer bayerischen Stadt oder Gemeinde zahlen die Bürger ein Vielfaches davon. „Weil Vorstand und Aufsichtsrat ehrenamtlich arbeiten, kommen wir mit diesem Preis gut über die Runden“, sagt Lenz. Denn auch sonst sind die Kosten gering. Für Strom fallen laut Lenz lediglich 150 Euro im Jahr an, der spezielle Marmorkies für die Filter schlägt nochmal mit 250 bis 300 Euro zu Buche. „Der Löwenanteil der Fixkosten entfällt auf die vorgeschriebenen Wasseruntersuchungen, die wir vier Mal im Jahr vornehmen müssen. Dafür bezahlen wir jährlich rund 2.500 Euro“, sagt Lenz.

Gesammelt wird das Wasser in sechs Quellen, die alle oberhalb des Hochbehälters liegen. „Das ist sehr praktisch, denn dadurch benötigen wir für die Versorgung der Haushalte so gut wie keinen Strom“, sagt Lenz. Der jährliche Wasserverbrauch liegt bei rund 10.000 Kubikmetern pro Jahr. Wenn im Ort gebaut wird, kommen neue Anschließer hinzu. Obwohl der Wasserabfluss aller sechs Quellen – die sogenannte Schüttung – rückläufig ist, kann die Genossenschaft den Bedarf gut abdecken. Dafür sorgt auch ein allgemeiner Trend: „Auch bei uns geht die Landwirtschaft zurück. Das spüren wir beim Wasserverbrauch, denn ein landwirtschaftlicher Betrieb benötigt so viel Wasser wie zehn normale Haushalte“, sagt Lenz.

Wasserversorgung Kailing eG

29 Mitglieder hat die Wasserversorgung Kailing eG. Jeder angeschlossene und dauerhaft bewohnte Haushalt stellt dabei einen Teilhaber der Genossenschaft. Kailing ist ein Ortsteil der Gemeinde Wegscheid im niederbayerischen Landkreis Passau. Gegründet wurde die Genossenschaft im Dezember 2016, zum Jahresanfang 2017 nahm sie ihre Geschäftstätigkeit auf. Damit gehört die Wasserversorgung Kailing zu den jüngsten Wassergenossenschaften im Genossenschaftsverband Bayern (GVB). „Es war uns wichtig, unsere Wasserversorgung eigenständig zu erhalten, da unser Wasser eine hohe Qualität hat“, berichtet Vorstand Alexander Stoiber, der in Kailing eine Gärtnerei betreibt.

Vor der Gründung der Genossenschaft wurde die Wasserversorgung – ähnlich wie in Rehberg – durch eine Haushaltsgemeinschaft geregelt. „Das war ähnlich organisiert wie bei einem nicht eingetragenen Verein. Wir hatten eine Satzung, einen Vorstand, einen Kassier und einen Schriftführer. Aufgrund der verschärften gesetzlichen Vorgaben waren wir jedoch gezwungen, die Rechtsform umzuwandeln. Ansonsten hätten wir die Wasserversorgung an die Kommune abgeben müssen“, erzählt Stoiber.

Die Kailinger Bürger entschieden sich für die Rechtsform eG, da diese gegenüber der früheren Haushaltsgemeinschaft einige Vorteile bietet. So können die Mitglieder demokratisch in der Generalversammlung über die Verwendung des Jahresüberschusses bestimmen. Bei einem nicht eingetragenen Verein haften die handelnden Personen auch persönlich für Rechtsgeschäfte, die im Namen des Vereins getätigt werden. Das Genossenschaftsgesetz schließt die Haftung des Vorstands für Verbindlichkeiten der Genossenschaften dagegen aus. Zudem hat die Rechtsform eG Vorteile etwa beim Abschluss von Grundstücksgeschäften, da bei einem nicht eingetragenen Verein stellvertretend alle Mitglieder ins Grundbuch eingetragen werden müssten.

Zusammen mit GVB-Gründungsberater Max Riedl meisterten die Kailinger Bürger die Hürden einer Genossenschaftsgründung. „Wegen der guten Vorbereitung und der Dokumentenauswahl durch den GVB war der Aufwand überschaubar“, sagt Stoiber. Die Genossenschaft wird von Alexander Stoiber und Christian Oberneder als zwei gleichberechtigten Vorständen geführt. Dazu kommt ein dreiköpfiger Aufsichtsrat. Zusätzlich kümmern sich ein Wasserwart sowie eine Verwaltungskraft um Technik und Buchhaltung.

Das Wasser stammt aus einer Quelle in einem Waldgebiet auf fast 800 Metern Höhe. Und vor allem: Es ist absolut sauber. Das ist Stoiber wichtig zu betonen. „Schadstoffe oder Umweltbelastungen, auf die wir unser Wasser laut Trinkwasserverordnung untersuchen müssen, sind in den Prüfungen entweder nicht messbar oder die Ergebnisse lagen weit unter den zulässigen Grenzwerten“, betont der Vorstand. Damit die Wasserversorgung auch in Zukunft auf einem gleichbleibend hohen Niveau bleibt, investiert die Genossenschaft in Leitungsnetz und Anlagen. „Nach der Gründung der eG haben wir die Wasseraufbereitung umfangreich saniert, weitere Maßnahmen wie die Erneuerung der Stromversorgung und die Sanierung einer ungenützten Quelle stehen noch an“, berichtet Stoiber. Angeschlossen sind 30 Haushalte – die 29 Haushalte der Mitglieder sowie ein Ferienhaus eines Nichtmitglieds – mit einem Verbrauch von rund 6.000 Kubikmetern Wasser pro Jahr. Der Wasserpreis liegt derzeit bei genau einem Euro pro Kubikmeter. Das liegt auch an den geringen Verwaltungskosten. „Wir erledigen Verwaltung und Unterhalt der Anlagen komplett innerhalb der Genossenschaft, ohne Hilfe von außen. Deshalb können wir diese Preise sehr gut stemmen“, sagt Stoiber.

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