Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Die SZ zum Fazit des Bundesrechnungshofs:

„Der Bundesrechnungshof stellte unverblümt fest: ,Die FIU [Financial Intelligence Unit] kann die in sie gesetzten Erwartungen nur unzureichend erfüllen.‘ Der Behörde fehle der vollständige elektronische Zugriff auf die relevanten Polizei- und Steuerdaten der Behörden. ,Daher kann die FIU Verdachtsmeldungen und sonstige Informationen qualitativ nicht zuverlässig bewerten‘.“

Dazu meine ich: „Es hapert an der Aufklärung von Geldwäsche in Deutschland. Das ist inzwischen politischer Konsens. Die Europäische Kommission hat Mitte Februar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil die vierte Geldwäscherichtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde. Auch der Bundesrechnungshof moniert die mangelhafte Bekämpfung illegaler Zahlungsströme: Vor allem die Strafverfolger machen es den Geldwäschern leicht, weil sie Hinweisen aus der Finanzbranche nicht nachgehen.

Finanzinstitute wie die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken tun ihr Möglichstes, um Geldwäsche zu verhindern. Doch während Banken die Behörden mit Hochdruck auf verdächtige Zahlungen hinweisen, versanden diese Meldungen allzu häufig bei der zentralen Bekämpfungsstelle von Geldwäsche, der Financial Intelligence Unit (FIU). Dieser fehlt es nicht nur an Personal, sondern auch am nötigen Zugriff auf andere Behördendaten, um potenzielle Geldwäscher zu verfolgen.

An diesem Punkt gilt es anzusetzen: Die FIU muss personell aufgestockt und technisch befähigt werden, Geldwäscheströme über Sektoren hinweg zu verfolgen. Ein erster, wichtiger Schritt wäre die vom Bundesrechnungshof angesprochene Vernetzung mit Steuerdaten und Polizeiinformationen.

Doch diese Erkenntnisse scheinen in der Gesetzgebung noch nicht angekommen zu sein. Statt der staatlichen Verfolgungsbehörde mehr Schlagkraft zu verleihen, doktert die Politik an der Meldepraxis im Finanzsektor herum. Der neueste Auswuchs ist der Ausbau des sogenannten Transparenzregisters zum Vollregister. Im Transparenzregister sollen künftig alle Firmen ihre Besitzverhältnisse offenlegen müssen, selbst wenn die Daten schon in anderen Registern vorliegen. Der Staat spart sich dadurch Arbeit bei der Vernetzung der Register. Für viele Firmen ist die Pflege von mehreren Registern dagegen mit einem erheblichen Zusatzaufwand verbunden. Ob diese Erweiterung der effektiveren Geldwäschebekämpfung zuträglich ist, ist zu bezweifeln.“

Die SZ zur fehlenden Aufsicht im Nichtfinanzsektor:

Während Banken häufig melden, kommt aus dem Nichtfinanzsektor kaum etwas. Die Aufsichtsbehörden müssten den meldepflichtigen Maklern und Autohändlern deshalb viel genauer auf die Finger schauen. Doch der Bundesrechnungshof konstatiert in seinem zweiten Bericht, dass es viel zu wenig Personal gebe. Die Aufsicht im Nichtfinanzsektor entspreche ,nicht den gesetzlichen Anforderungen‘.“

Dazu meine ich: „Der Bundesrechnungshof richtet den Blick zu Recht auf ein weiteres Problem der Geldwäschebekämpfung hierzulande: die mangelnde Regulierung und Überwachung des Nichtfinanzsektors. Bereiche wie der Immobiliensektor, die Glücksspielbranche oder der Kunstmarkt sind attraktive Felder für das „Waschen“ von unsauberem Geld. Das geldwäscherelevante Volumen außerhalb des Finanzbereichs taxiert der Bundesrechnungshof auf bis zu 30 Milliarden Euro im Jahr. Doch die dort involvierten geldwäscherechtlich Verpflichteten wie Makler und Notare kommen ihrer Sorgfaltspflicht noch nicht in ausreichendem Maße nach. Deutlich wird das an den bei der FIU eingereichten Verdachtsmeldungen: 2019 haben Banken und Finanzunternehmen rund 75-mal so viele Meldungen abgegeben wie alle anderen Wirtschaftsbereiche zusammen.

Der Bundesrechnungshof moniert zudem, dass außerhalb des Finanzsektors die Einhaltung geldwäscherechtlicher Vorgaben kaum bis gar nicht kontrolliert wird. Während Banken ständig für eine Sonderprüfung bereit stehen müssen, werden andere Akteure praktisch gar nicht kontrolliert. Der Bundesrechnungshof kalkuliert: 2019 gab es rund 3.000 Kontrollen vor Ort. Auf 1,1 Millionen relevante Unternehmen gerechnet, bedeutet das eine Kontrolle höchstens alle 200 Jahre. Eine ernstzunehmende Aufsichtspraxis sieht anders aus. Das Problem ist erneut das mangelnde Personal in den zuständigen Landesbehörden und die mangelnde Koordinierung.

Statt die Vorschriften im Finanzsektor weiter hochzuschrauben, bedarf es daher einer Verbesserung im Nichtfinanzsektor. Die Meldepraxis muss optimiert und Kontrollen müssen als ernstzunehmende Instanz etabliert werden.“

Die SZ zum Versagen staatlicher Organe:

„,Die Berichte des Bundesrechnungshofes sind deshalb so bemerkenswert, weil sie das Versagen der verantwortlichen staatlichen Organe in allen Bereichen des Geldwäschegesetzes seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1993 bestätigen‘, sagt Andreas Frank. Der Experte für die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorfinanzierung hat als Sachverständiger für den Bundestag in vielen Gutachten immer wieder auf die bestehenden Defizite hingewiesen.“

Dazu meine ich: „Die Experteneinschätzung zeigt, dass die Geldwäscheproblematik in Deutschland kein neues Phänomen ist. Bisher wurde zumeist an den regulatorischen Schrauben aufseiten der Finanzinstitute gedreht, ohne die Verfolgungsbehörden in gleichem Maße aufzurüsten. Das scheint sich jetzt zu rächen. Prominentestes Beispiel für das Versagen staatlicher Stellen dürfte der Wirecard-Skandal sein. Zu dem Unternehmen lagen der FIU zahlreiche Meldungen vor, die allerdings nicht zu einem frühzeitigen Aufdecken der kriminellen Tätigkeiten beitrugen.

Die Verbesserung staatlicher Strukturen bei der Geldwäschebekämpfung sollte auf der Prioritätenliste an vorderster Stelle stehen. Spätestens nach der Bundestagswahl braucht es dazu einen politischen Neustart. Dieser sollte nicht nur neue personelle Ressourcen beinhalten, sondern auch eine bessere Zusammenarbeit der staatlichen Behörden mit den Banken. Heute erhalten Banken auf eine Verdachtsmeldung zumeist nur eine Eingangsbestätigung. Ein besseres Reporting der FIU würde es dem Finanzsektor leichter machen, Verdachtsmeldungen passgenauer abzugeben. Das wiederum könnte die Belastungen aufseiten der Verfolgungsbehörden reduzieren. Nur eine effektive Zusammenarbeit aller Beteiligen – Banken, staatliche Stellen und Akteure des Nichtfinanzsektors – schließt Schlupflöcher für Geldwäscher und bekämpft die illegale Praxis effektiv.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

Artikel lesen
Positionen