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Andrea Enria zu den Sicherungssystemen in Deutschland:

In Deutschland hat der Sektor der Genossenschaftsbanken meines Erachtens bereits Fortschritte bei der Integration und im Hinblick auf institutsbezogene Sicherungssysteme gemacht. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband befindet sich hierzu mittlerweile in einem produktiven Austausch und führt einen konstruktiven Dialog mit den Aufsichtsbehörden.“

Dazu meine ich: „Das vorsichtige Lob von Europas oberstem Bankenaufseher spricht für sich. Normalerweise halten sich die Regulatoren mit derartigen Aussagen vornehm zurück, allerdings dürfte selbst Enria die genossenschaftliche Sicherungseinrichtung, alternativ Institutssicherung genannt, als Erfolgsgeschichte sehen. 1934 in den Nachwehen der Weltwirtschaftskrise gegründet, sorgt das älteste privat finanzierte Bankensicherungssystem dafür, dass bisher noch nie ein Kunde seine Einlagen abschreiben musste. Diese Erfolgsbilanz liegt insbesondere an der präventiven Ausrichtung der genossenschaftlichen Sicherungseinrichtung. Im Gegensatz zu anderen Systemen, bei denen die Mitglieder sich hauptsächlich für einen Schadensfall wechselseitig absichern, lässt die genossenschaftliche Institutssicherung es gar nicht so weit kommen. Regelmäßige Stresstests und Überprüfungen ermöglichen ein frühzeitiges Gegensteuern, bevor es überhaupt zum Kollaps kommen kann. Diese Stärken der genossenschaftlichen Institutssicherung gegenüber anderen Sicherungseinrichtungen gilt es zu bewahren, insbesondere angesichts der Diskussion um eine europäische Einlagensicherung (EDIS).

Das Lob von Aufsehern wie Andreas Enria für das genossenschaftliche System sollte all den politischen Kräften zu denken geben, die planen, die europäische Einlagensicherung EDIS einzuführen – denn damit legen sie die Axt an das bewährte genossenschaftliche Absicherungssystem. Mit EDIS soll ein paneuropäisches System geschaffen werden, das keinen präventiven Charakter aufweist und Banken, ob risikoarmes Regionalinstitut oder global agierende Investmentbank, über einen Kamm schert. Die genossenschaftliche Institutssicherung zum Zwecke einer gesamteuropäischen Lösung zu opfern wäre falsch und würde der Sicherheit der Kundeneinlagen schaden, die seit nunmehr fast 90 Jahren keinen Verlust erleiden mussten.“

Enria zur Basel-Finalisierung:

„Das letzte Paket, das der Basler Ausschuss verabschiedet hat, ist definitiv der Abschluss des Regulierungszyklus infolge der Finanzkrise. Und ich glaube, bei uns allen ist eine gewisse Erschöpfung zu verspüren – sowohl aufseiten der Bankenaufsicht als auch aufseiten des Bankensektors.(…) Es ist wichtig, dass dieses Paket jetzt in europäisches Recht umgesetzt wird und in Kraft tritt.(...) Wir sollten versuchen, das aktuelle, in unserem Regulierungsrahmen verankerte Niveau der aufsichtlichen Anforderungen auf lange Sicht beizubehalten.

Dazu meine ich: „Es stimmt, dass seit dem Ende der Finanzkrise bereits einige Jahre vergangen sind und wir zahlreiche, teils anstrengende Regulierungsdiskussionen hinter uns haben. Dennoch ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um einfach die alten regulatorischen Pläne wieder aus der Schublade zu holen, egal wie hoch die Erschöpfung sein mag. Vielmehr hat das vergangene Jahr gezeigt, dass die gesamte Regulierung einen grundsätzlichen Fitness-Check braucht. Statt pauschal wieder das ursprünglich vorgesehene Regulierungsniveau anzustreben, sollten Aufsicht und Politik Lehren aus dem vergangenen Jahr ziehen und die Regulierung praxistauglich und flexibel gestalten. Viel zu oft mussten die Vorgaben im Jahr 2020 kurzfristig an eine sich schnell wandelnde Umwelt angepasst werden.

Ziel einer grundsätzlichen Überprüfung sollte eine Regulierung sein, die krisenfest ist, Planungssicherheit für alle Marktakteure gibt und genügend Flexibilität aufweist, auf Ausnahmesituation angemessen zu reagieren. Dieser Reformprozess muss nun angestoßen werden, selbst wenn das Regulierungspaket zur Finanzkrise noch nicht vollendet ist. Das mag für manchen schmerzhaft klingen. Regulatorisch so zu tun, als hätte es Corona nicht gegeben, und keine Lehren daraus zu ziehen, wäre der falsche Weg.“

Enria zu Cyberrisiken und Eignung von Vorständen:

Wir haben festgestellt, dass Leitungsorgane, in denen Mitglieder mit IT-Kenntnissen sitzen, bei der Eindämmung von Cyber-Risiken erfolgreicher sind. Wir haben außerdem die Empfehlung ausgesprochen, dass sich Banken mit diesem Aspekt gründlich auseinandersetzen. Grundsätzlich aber bin ich der Auffassung, dass wir keinen regelbasierten Ansatz wählen sollten, der vorschreiben würde, dass in jedem Leitungsorgan ein IT-Experte vertreten sein soll.“

Dazu meine ich: „Es ist unbestritten, dass IT-Kenntnisse für den Betrieb von Banken heute essenziell sind. Entsprechende Experten im Vorstand sitzen zu haben, ist ein möglicher Ansatz, um dies in der Organisation zu gewährleisten. Es ist aber sehr wohl richtig, dass Bankenaufseher Enria hier den Raum für andere Lösungen offen lässt. Die genossenschaftliche FinanzGruppe setzt auf eine Bündelung der IT-Kompetenz im Verbund. Mit der Fiducia & GAD IT AG lagern die genossenschaftlichen Finanzinstitute ihre IT an einen zentralen Dienstleister aus, der im gemeinsamen Besitz der Gruppe ist. Diese Bündelung ermöglicht die Hebung von Synergien, da nicht jedes Bankhaus eine eigene Infrastruktur betreiben muss.

Gleichzeitig stellt diese Verbundstruktur sicher, dass selbst Banken mit einer niedrigen Personaldecke eine IT-Infrastruktur besitzen, die den neuesten Sicherheitsstandards genügt und auf entsprechende IT-Kenntnisse zurückgreifen kann. Das ermöglicht die Versorgung mit Bankdienstleistungen in der Breite. Im Verbund lässt sich eine effektive Abwehr von Cyber-Risiken organisieren – ohne dass im Leitungsgremium jeder Regionalbank künftig ein eigener IT-Vorstand sitzt.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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