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Der Mittelstand ist das Rückgrat der Wirtschaft – auch in Bayern. Er steht für Innovationskraft verbunden mit Tradition, Verantwortung und Verlässlichkeit. Rund 600.000 Unternehmen mit insgesamt über vier Millionen Arbeitsplätzen und fast 190.000 Ausbildungsstellen machen den bayerischen Mittelstand und damit auch zahlreiche Genossenschaften zu einem entscheidenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stabilitätsanker in einer zunehmend komplexen Welt – wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Doch die derzeitige Datenlage zeigt:  Unter dem Druck der aktuellen Herausforderungen verliert der Mittelstand selbst an Stabilität – und damit seine Resilienz.

Der DATEV Mittelstandsindex, den wir seit September 2024 jeden Monat auf Basis realer Unternehmensdaten erheben und veröffentlichen, zeichnet ein klares Bild: Die wirtschaftliche Lage in mittelständischen Unternehmen in Deutschland bleibt angespannt. Eine nachhaltige Erholung ist nicht in Sicht. Im September sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 2,7 Prozent, er ging in allen Branchen zurück – selbst bei den mittleren Unternehmen, die sich jüngst positiver entwickelt hatten. Besonders betroffen sind das Verarbeitende Gewerbe (minus 2,8 Prozent), der Handel (minus 3,1 Prozent) und das Gastgewerbe (minus 4,5 Prozent). Gleichzeitig steigen die Löhne um 4,1 Prozent, die Beschäftigung ist leicht rückläufig (minus 0,1 Prozent) – Tendenz: weiter abwärts.

Der Umsatz im September 2025 ist gegenüber dem Vorjahreswert um saison- und kalenderbereinigt um 2,7 Prozent zurückgegangen.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind Löhne und Gehälter saison- und kalenderbereinigt um 4,1 Prozent gestiegen. Sie wachsen damit weiterhin stärker als die Verbraucherpreise.

Die Beschäftigung ist im September 2025 saison- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

Über diese aktuellen Indexwerte hinaus belegen die bis 2018 zurückreichenden Datenreihen des DATEV Mittelstandsindex, wie der Mittelstand auch in Bayern in den vergangenen Jahren regelrecht durchgeschüttelt wurde. Er reagierte auf die massiven externen Einflüsse in dieser Zeit – Stichworte: Corona, Energiekosten, Lieferketten, Demografie, Bürokratie, marode Infrastruktur – deutlich empfindlicher als die Gesamtwirtschaft. Seit 2022 ist zu erkennen, dass die Umsätze im Mittelstand von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt wurden.

Für Unternehmerinnen und Unternehmer und deren Steuerberater ist das keine neue Erkenntnis, denn sie spüren es jeden Tag: Die Kosten steigen, die Umsätze sind rückläufig – und die unternehmerischen, bürokratischen und technologischen Herausforderungen nehmen zu. Immer häufiger geraten Betriebe an ihre Belastungsgrenze. Eine Erleichterung durch sinnvolle politische Entscheidungen lässt aber auf sich warten. Der Reformstau in Deutschland geht der Wirtschaft an die Substanz. Es braucht jetzt zügig eine wirtschaftspolitische Kehrtwende, die Investitionen und Innovationen erleichtert, Bürokratie abbaut und digitale Prozesse konsequent vorantreibt.

Über den DATEV Mittelstandsindex

Der DATEV Mittelstandsindex bietet einen datenbasierten Blick auf die konjunkturelle Lage der Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland. Seine Auswertungen werden seit September 2024 an monatlich von DATEV zusammen mit einem ausführlicheren Bericht veröffentlicht.

Die Datenbasis des DATEV Mittelstandsindex besteht aus anonymisierten und aggregierten Daten, die von den DATEV-Mitgliedern (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte) über die DATEV-Lösungen für ihre Mandanten verarbeitet werden. Die Umsatzdaten stammen aus den Umsatzsteuervoranmeldungen (UStVA) von über einer Million Unternehmen. Die Daten für den Lohn- und Beschäftigungsindex stammen aus den Lohn- und Gehaltsabrechnungen von mehr als acht Millionen Arbeitnehmern. Dies entspricht einem Anteil von ca. 25 % aller abhängig Beschäftigten in Deutschland (bzw. 17 % aller Erwerbstätigen in Deutschland) und ca. 40 % der Unternehmen in Deutschland mit einem Schwerpunkt der Betrachtung auf KMU.

Realitätscheck für die Wirtschaftspolitik

Diese Forderungen und die entsprechenden Erkenntnisse sind nicht neu. Auch ich trage sie regelmäßig in entsprechenden Runden vor. Und der DATEV Mittelstandsindex zeigt jeden Monat, wie es immer dringender wird, dass Politik und Verwaltung hier endlich in die Umsetzung kommen. Denn ergänzend zu den großen Konjunkturindizes, die in der Regel auf Umfragen basierende Stimmungen in größeren Unternehmen erfassen, macht der Index harte Fakten aus dem Mittelstand sichtbar. Er zeigt die aktuellen Entwicklungen zu Umsatz, Lohn und Beschäftigung und dies auch differenziert für einzelne Branchen, Regionen und Unternehmensgrößen. So wurde er zum Frühwarnsystem, zum Benchmark und zum Realitätscheck – für Politik, Unternehmen und Berater gleichermaßen.

Als Genossenschaft der steuerberatenden Berufe verfügt DATEV über einen einzigartigen Zugang zu wirtschaftlichen Echtdaten aus kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen. Aus diesen prozessgenerierten Informationen entsteht der DATEV Mittelstandsindex. Er basiert nicht auf Umfragen, sondern auf der Auswertung aktueller Geschäftszahlen aus Finanzbuchführung sowie Lohn- und Gehaltsabrechnung von über einer Millionen Unternehmen – anonymisiert, aggregiert und repräsentativ. Damit schaffen wir Transparenz und stärken die Stimme des Mittelstands.

Entwicklung in Bayern uneinheitlich

Diese Transparenz schaffen wir über unsere 40.000 Mitglieder aus dem steuerberatenden Berufsstand bis in die regionale Gliederung der IHK-Bezirke. Ein Auszug daraus: Für die neun IHK-Bezirke in Bayern zeigen unsere Daten aus August eine uneinheitliche Entwicklung. Während Coburg mit einem Rückgang von 7,7 Prozent bei der Umsatzentwicklung bundesweit das stärkste Minus eingefahren hat, stiegen im benachbarten Bezirk Oberfranken Bayreuth die Umsätze um 1,6 Prozent. In Bayern insgesamt sanken die Umsätze im August um 0,5 Prozent.

Umsatzentwicklung nach IHK-Bezirk (sortiert nach Ergebnis), August 2025

IHK Oberfranken Bayreuth

+1,6 Prozent

IHK Schwaben

+1,2 Prozent

IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim

+0,2 Prozent

IHK Nürnberg für Mittelfranken

-0,2 Prozent

IHK für Niederbayern

-1,0 Prozent

IHK für München und Oberbayern

-1,1 Prozent

IHK Würzburg-Schweinfurt

-1,5 Prozent

IHK Aschaffenburg

-4,2 Prozent

IHK zu Coburg

-7,7 Prozent

Steuerberaterinnen und Steuerberater sind die engsten Begleiter der mittelständischen Unternehmen. Sie sind es, die Zahlen verstehen, Zusammenhänge erkennen und Orientierung geben. Der Mittelstandsindex liefert ihnen ein datenbasiertes Navigationsinstrument, das ihre subjektive Erfahrung mit belastbaren und aktuellen Fakten untermauert. Damit erhalten ihre Mandanten aus dem Mittelstand einen zusätzlichen Mehrwert, der unternehmerischen Entscheidungen etwas Unsicherheit nimmt in einer Zeit, die von einer starken Veränderungsdynamik geprägt ist.

Digitalisierung als Schlüssel zur Entlastung

Weitere Entlastung für den Mittelstand können digitale Lösungen schaffen. Mittelständische Unternehmen können ihre Wettbewerbsfähigkeit ohne Digitalisierung nicht mehr halten. Und wer nicht digitalisiert, kann auch nicht von den Chancen der Künstlichen Intelligenz profitieren. Deshalb arbeiten wir als IT-Genossenschaft daran, zusammen mit unseren steuerberatenden Mitgliedern und deren meist mittelständischen Mandanten Lösungen so weiterzuentwickeln, dass Datenströme immer dichter vernetzt und kaufmännische Prozesse noch zielführender automatisiert werden. Das verbessert nicht nur die Entscheidungsgrundlagen, sondern beschleunigt zum Beispiel Zahlungsabläufe und reduziert bürokratischen und administrativen Aufwand.

Digitale Workflows schaffen Freiräume für Wichtigeres, etwa den direkten Kundenkontakt, die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells und das Voranbringen von Innovationen – oder einen freien Sonntag mit der Familie. Nur so haben meist familiengeführte mittelständische Unternehmen eine Chance, den eigenen Betrieb zukunftsfähig zu halten.

Freilich gibt es zahlreiche „Baustellen“, an denen vor allem die Politik auf allen Ebenen gefragt ist. Schluss mit Hochglanzbildern und Sonntagsreden, in denen die Bedeutung des Mittelstands für unsere gesamte Volkswirtschaft gelobt wird, während genau dieser Mittelstand dann im politischen Handeln nicht beachtet wird.

Bewegungsfreiheit für mittelständische Unternehmen

Der Mittelstand ist der Investitionstreiber Deutschlands – 44 Prozent aller Bruttoinvestitionen stammen von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen. Doch steigende Bürokratiekosten, hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, marode Infrastruktur und ein schwächelndes Bildungssystem bremsen diese Kraft aus und deren Bewegungsfähigkeit ein.

Was es jetzt braucht, sind drei Dinge:

1.    Entlastung – weniger Bürokratie, weniger Berichtspflichten, einfachere Meldeverfahren und schnellere Verwaltungsprozesse in den Behörden auf allen Ebenen und insbesondere in den Kommunen.

2.    Investitionen – in Infrastruktur, Energieversorgung und digitale Netze in den Ballungsgebieten ebenso wie in den eher ländlichen Regionen.

3.    Vertrauen – in die Fähigkeit des Mittelstands, Lösungen zu finden, wenn man ihn lässt und ihn zum Beispiel bei Infrastrukturmaßnahmen einbindet.

Die Politik stellt die Weichen, der Mittelstand gestaltet selbst – mit Mut, Innovationskraft und partnerschaftlicher Unterstützung seiner Beraterinnen und Berater und deren Genossenschaft.

Genossenschaften als Zukunftsmodell

Es ist kein Zufall, dass DATEV genossenschaftlich organisiert ist. Genossenschaften stehen für gemeinsames Wirtschaften, für Solidarität und Nachhaltigkeit – Werte, die in Zeiten multipler Krisen an Bedeutung gewinnen. Gerade 2025, im Internationalen Jahr der Genossenschaften, wird sichtbar, wie aktuell dieses Modell ist: gemeinschaftlich Mehrwert schaffen, Ressourcen bündeln, Verantwortung teilen.

Als IT-Dienstleister zeigt DATEV, dass wirtschaftlicher Erfolg und verantwortungsvolles Handeln mit dem Blick auf das große Ganze keine Gegensätze sind, sondern sich gegenseitig stärken. Unter anderem deshalb stellen wir die zentralen Ergebnisse des DATEV Mittelstandsindex kostenlos der Allgemeinheit und damit auch Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zur Verfügung.

Um es mit Goethe auszudrücken: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.“ Politik und Verwaltung sind jetzt am Zug.

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