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Herr Blomeyer, die Stiftung Deutschland im Plus gibt es seit mittlerweile 15 Jahren. Wenn Sie Bilanz ziehen: Was hat die Stiftung in dieser Zeit bewirkt?

Philipp Blomeyer: Überschuldung geht leider oft mit Stigmatisierung einher. Mit der Stiftung Deutschland im Plus haben wir in den vergangenen Jahren für das Thema Überschuldung in der Gesellschaft sensibilisiert und ein starkes Zeichen für Überschuldungsprävention gesetzt. Unser Ansinnen war und ist es, der Herausforderung der Überschuldung mit strukturellen Ansätzen zu begegnen: Mit präventiven Bildungsprojekten, mit der Unterstützung der Wissenschaft und Forschung und mit niedrigschwelliger Hilfe für Menschen in finanzieller Not. Für dieses Ziel ist eine enge Zusammenarbeit mit Schuldnerberatern, Wissenschaftlern und Finanzdidaktikern nötig. Das ist uns sehr gut gelungen.
 

Können Sie das Engagement der Stiftung mit ein paar Zahlen unterlegen?

Blomeyer: Wir haben bisher über 90.000 Jugendliche mit unseren Workshops erreicht, mehr als 100 Referenten bundesweit ausgebildet und zahlreichen Menschen mit Telefon- oder Onlineberatung eine finanzielle Perspektive aufgezeigt. Wie wichtig diese Maßnahmen sind, wird auch in Anbetracht der aktuellen Krisen deutlich: Der Bedarf an finanzieller Bildung zum einen und Beratung auf der anderen Seite ist größer denn je. Durch die rasant steigenden Energie- und Lebensmittelpreise könnten auch solide Haushalte an ihre finanziellen Grenzen kommen.
 

Auf welche Leistungen der Stiftung sind Sie besonders stolz?

Blomeyer: Da fällt mir – für die Zeit seit 2020 – die rasche Umstellung auf das digitale Angebot der finanziellen Bildung ein. In Zeiten der Pandemie konnten wir unsere Workshops zur finanziellen Bildung fast nahtlos digital für Schulklassen anbieten. Wir haben hier ein qualitativ hochwertiges und interaktives Format umgesetzt. Das Feedback ist sehr gut. Viele Jugendliche haben sich im digitalen Raum sogar mehr getraut, über ihre Finanzen zu reden. Aktuell sind wir nun in der komfortablen Lage, dass wir sowohl Präsenz-, Hybrid- als auch Onlineunterricht anbieten könnten. Das bedeutet für unsere Zielgruppen und für uns viel Flexibilität.

Welche weiteren Meilensteine hat die Stiftung bisher erreicht?

Blomeyer: Ein großer Meilenstein in der Geschichte ist unsere App „Mein Budget – Ausgaben im Griff“. Sie überzeugt durch ihre Einfachheit und Alltagstauglichkeit. Gerade in der aktuellen Zeit ist sie für Jung und Alt ein treuer Begleiter, um einen guten Überblick über das Budget zu behalten, Kostenfallen zu erkennen und Sparziele anzulegen. Auch die Zahlen sprechen für sich. So gibt es aktuell 50.000 aktive Nutzer und eine Bewertung von 4,4 von 5 Sternen im App-Store. Gelobt wird insbesondere die Übersichtlichkeit, der Verzicht auf Werbung und dass keine Daten gespeichert werden. Außerdem haben wir mit der ersten großen Flüchtlingswelle unsere Bildungsangebote an die Bedürfnisse der Menschen angepasst, die neu nach Deutschland gekommen sind. Das war ein weiterer wichtiger Meilenstein. Hier ist der Bedarf nach wie vor riesig, da Geflüchtete durch fehlende Sprachkenntnisse und unterschiedliche Bezahlverfahren in den Herkunftsländern schneller in Kostenfallen geraten. Noch relativ frisch, aber bereits nicht mehr wegzudenken ist auch das Format „Sorglos in den Ruhestand“. Damit möchten wir gezielt Menschen ab 55 plus für die finanziellen Änderungen im Ruhestand sensibilisieren und negativen Überraschungen vorbeugen.
 

Wer steckt eigentlich hinter der Stiftung?

Blomeyer: 2007 gründete die TeamBank die unabhängige und gemeinnützige Stiftung Deutschland im Plus. Die Stiftung besteht aus einem vierköpfigen Vorstand – vertreten durch Holger Arndt, Jürgen Keßler, Ute Scharnagl und mich. Der Stiftungsvorstand wird von einem Kuratorium beraten. Die Gremien sind interdisziplinär zusammengesetzt, sodass hier die Blickwinkel von Finanzdidaktikern, Schuldnerberatern, Bankern und Pädagogen einfließen. Für die operative Umsetzung ist das sehr engagierte Team der Stiftungsverwaltung verantwortlich.

„Unser Schwerpunkt ist die finanzielle Bildung für junge Menschen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollen früh den Umgang mit Geld erlernen.“

Was waren damals die Beweggründe, die Stiftung Deutschland im Plus zu gründen?

Blomeyer: Ziel war und ist es, einen Beitrag zur effektiven Bekämpfung der privaten Überschuldung in Deutschland zu leisten. Gemäß unserer Satzung ist der Stiftungszweck die Prävention und Hilfeleistung im Bereich der Überschuldung von Privathaushalten, wobei die finanzielle Bildung für junge Menschen den inhaltlichen Schwerpunkt unserer Aktivitäten ausmacht. So sollen insbesondere Kinder und Jugendliche früh und didaktisch angemessen den Umgang mit Geld erlernen.
 

Wie hat sich die Überschuldungssituation der Deutschen seit damals geändert?

Blomeyer: Überschuldungsauslöser sind seit Jahren vor allem Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung. Erschreckend ist die Entwicklung der Überschuldungsursache Einkommensarmut. Seit 2011 ist dieser Wert von 3,61 Prozent auf 11,15 Prozent gestiegen. Wenn Rücklagen aufgebracht oder gar nicht erst vorhanden sind, führen bei den einkommensschwachen Haushalten oft schon kleinere unvorhergesehene Ereignisse wie Reparaturen zu finanziellen Schieflagen. Mit Blick auf die eingangs erwähnten Teuerungsszenarien und die im Folgenden beschriebenen Erfahrungswerte bereitet uns das durchaus Kopfzerbrechen.
 

Warum?

Blomeyer: Über die Jahre hat sich gezeigt, dass Menschen bereits mit immer kleineren Beträgen überschuldet sind. Der aktuelle iff-Überschuldungsreport des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen zeigt, dass etwa ein Drittel der Beratenen insgesamt Schulden in Höhe von weniger als 10.000 Euro haben. Weiterhin sind die Alleinerziehenden unter den Ratsuchenden der Schuldnerberatung deutlich überrepräsentiert. Dies gilt umso mehr, je größer die Zahl der Kinder ist, die im gemeinsamen Haushalt leben.
 

Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Arbeit und den Zweck der Stiftung aus?

Blomeyer: Bei unserer Präventionsarbeit legen wir mehr denn je Wert darauf, gezielt auch Jugendliche aus gefährdeten Haushalten zu erreichen. Wir arbeiten dafür eng mit gemeinnützigen Einrichtungen oder Sozialarbeitern an Schulen zusammen und gehen verstärkt in Berufsvorbereitungsklassen. Die Covid-19-Pandemie hat zudem eine grundsätzliche Unterversorgung mit einer effizienten und effektiven sozialen Schuldnerberatung sichtbar gemacht. Mehr denn je sind dafür niedrigschwellige Angebote wie unsere kostenlose und anonyme Erstberatung notwendig. Hinter jedem Anruf liegt ein persönliches Schicksal und oftmals gehen finanzielle Probleme mit sozialer Ausgrenzung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen einher.

Welche Herzensprojekte wollen Sie in nächster Zukunft verstärkt vorantreiben?

Blomeyer: Wir möchten, dass unsere Bildungsangebote gerade auch bei den vulnerablen Zielgruppen wichtige Impulse geben. Wer zum Beispiel in einer Jugendhilfeeinrichtung wohnt, ist nach dem Auszug finanziell völlig auf sich allein gestellt. Wir haben deshalb Kooperationen mit Kinderheimen gestartet. Dort geben wir Tipps und Tricks im Umgang mit Geld und tragen so aktiv dazu bei, dass die sogenannten „Care-Leaver“ für den Start in die Selbstverantwortung gut aufgestellt sind. Das Angebot wird dankend angenommen.
 

Welche weiteren Zukunftsprojekte sind darüber hinaus in Vorbereitung?

Blomeyer: Aktuell sind wir dabei, das Format „Sorglos in den Ruhestand“ bundesweit auszurollen, so dass noch mehr ältere Menschen davon profitieren. Bei der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist das wichtiger denn je, denn viele Menschen sind verunsichert und haben keinen Überblick, ob sie für die Zeit nach der Erwerbstätigkeit finanziell gut aufgestellt sind. Zudem erweitern wir unsere App. Ziel ist es, dass Familien, Paare oder Wohngemeinschaften sie gemeinsam nutzen können. Das war ein vielfacher Wunsch unser treuen App-User. Wir sind immer begeistert, wie viel Feedback wir zur App bekommen und nehmen die Anregungen gerne auf. Diese Neuerung bietet zudem die Chance, auch im Alltag mehr über Geld zu sprechen. Auch unsere Bildungsmaterialien werden – angelehnt an die Erkenntnisse von Finanzdidaktikern – kontinuierlich weiterentwickelt. Das Material soll die Jugendlichen motivieren, sich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzten. Das ist unser Ziel.

„Wir möchten das Thema finanzielle Bildung stärken, denn Finanzkompetenz ist Lebenskompetenz. Deshalb freuen wir uns über die Unterstützung der Volksbanken und Raiffeisenbanken.“

Sie bieten den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken eine Kooperation mit Ihrer Stiftung an. Wie sieht diese Kooperation aus und was wollen Sie damit erreichen?

Blomeyer: Wir möchten das Thema finanzielle Bildung deutschlandweit stärken, denn Finanzkompetenz ist Lebenskompetenz. Deshalb freuen wir uns über die Unterstützung der Volksbanken und Raiffeisenbanken – in Form von Spenden oder Kooperationen. Es gibt die Möglichkeit, dass die VR-Banken eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Referenten für Schulen ausbilden lassen und selbst vor Ort aktiv werden. Die Ausbildung funktioniert online. Danach können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Unterrichtseinheit „Konsum geplant – Budget im Griff“ in den Schulen vor Ort starten. Die inhaltlich und pädagogisch fundierten Unterrichtsmaterialien werden von Seiten der Stiftung laufend aktualisiert und qualitätsgesichert. Über das Internetangebot webBank+ der VR-NetWorld bieten wir zudem Infos für die Webseite der Banken. Diese können zum Beispiel die Möglichkeit zum Download unserer werbefreien App in ihr Angebot einbinden. Wer wenig eigene Kapazitäten für die Stärkung der finanziellen Bildung hat, kann auch gerne den Kontakt zu den Schulen herstellen und die Stiftung kümmert sich um Referenten und Workshops. Darüber hinaus gibt es natürlich auch die Möglichkeit, Projekte finanziell zu unterstützen.
 

An wen können sich Kreditgenossenschaften wenden, die sich für eine Kooperation mit der Stiftung Deutschland im Plus interessieren?

Blomeyer: Ansprechpartnerin für Kooperationen ist Gudrun Scheller-Hesch. Sie ist per E-Mail unter info(at)deutschland-im-plus.de oder Telefon 0911 / 9234 950 erreichbar. Mehr Informationen zur Stiftung selbst gibt es unter www.deutschland-im-plus.de.
 

Herr Blomeyer, vielen Dank für das Gespräch!

„Handwerkskoffer“ für Vorträge an Schulen

​​​​​​​Drei Fragen an Bianca Krumpholz, Referentin Öffentlichkeitsarbeit der Freisinger Bank eG Volksbank-Raiffeisenbank:

Warum engagiert sich die Freisinger Bank eG für finanzielle Bildung?

Bianca Krumpholz: Die Übernahme sozialer Verantwortung ist tief in der DNA der Volksbanken und Raiffeisenbanken verankert und liegt uns als regionaler Genossenschaftsbank sehr am Herzen. In unserem beruflichen Alltag werden wir öfter als uns lieb ist mit den schwerwiegenden Konsequenzen privater Überschuldung konfrontiert. Wir haben uns deshalb gefragt, was wir zur finanziellen Bildung junger Menschen beitragen können und wie wir ihnen schon von klein auf ein Gefühl für den „richtigen“ Umgang mit Geld vermitteln können.


Zu welchem Ergebnis haben Ihre Überlegungen geführt?

Krumpholz: Hier kommt die Stiftung Deutschland im Plus ins Spiel. Sie bietet ein umfangreiches und stets aktuelles Bildungspaket für Vorträge in den Schulen an. Das ist ein wesentlicher Vorteil für uns, denn mit diesem Angebot wird der Aufwand für die Vorbereitung des schulischen Engagements gering. Zudem konnten zwei unserer Mitarbeiter die Online-Referentenausbildung über die Stiftung Deutschland im Plus absolvieren. Seither sind die beiden mit einem perfekt ausgestatteten „Handwerkskoffer“‘ in unseren regionalen Schulen unterwegs und begeistern die Schülerinnen und Schüler auf Augenhöhe mit diesem Konzept. Wir tragen damit nicht nur zu einer frühzeitigen finanziellen Bildung unserer jungen Erwachsenen, sondern zugleich zu einer guten Reputation in unserer Region bei.


Welchen Mehrwert bietet die Kooperation mit der Stiftung?

Krumpholz: Es ist ein wesentlicher Vorteil, dass wir so gut wie keinen Aufwand in der Vorbereitung und Durchführung der Vorträge an Schulen haben. Der bereits genannte „Handwerkskoffer“ in Form von multimedialen und geprüften Bildungsmaterialien ist stets aktualisiert abrufbar. Unsere durch die Stiftung zertifizierten Referenten sind immer „up to date“ und können bei auftretenden Fragen jederzeit auf die Stiftung zurückgreifen.

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