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Aus dem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion:

Nachhaltige Finanzprodukte sollen im Wettbewerb entstehen! Grundsätzlich sollte dabei die Wirtschaft einen entsprechenden Rahmen selber definieren und im Wettbewerb die Leistungen erbringen. Der Gesetzgeber sollte allenfalls Eckpunkte definieren. Anleger dürfen bei ihren Anlageentscheidungen nicht bevormundet werden. Das Angebot für nachhaltige Finanzprodukte sollte marktseitig ausgeweitet werden; eine Verpflichtung, diese anbieten zu müssen, ist abzulehnen.

Dazu meine ich: „Spätestens seit den Schülerprotesten für mehr Klimaschutz und dem Europawahlkampf ist das Thema „Nachhaltigkeit“ in aller Munde. Banken und andere Finanzmarktakteure beschäftigen sich damit aber schon viel länger. Das gilt nicht nur für die Volksbanken und Raiffeisenbanken, bei denen das Wirtschaften mit „Blick auf Morgen“ fester Bestandteil der genossenschaftlichen DNA ist. Das Segment für nachhaltige Finanzprodukte wächst seit Jahren dynamisch und hat sich weltweit von 2016 bis 2018 mehr als verdoppelt auf rund 250 Milliarden US-Dollar.

Stimmt, auch dieser Markt braucht Leitplanken. Klare Regeln helfen, nachhaltige Produkte für alle transparent und verständlich zu machen. Worauf der Markt aber verzichten kann, sind dirigistische Eingriffe, die Anlegern vorschreiben, wie sie investieren sollen – oder die Banken dazu verpflichten, „grüne“ Anlageformen zu vertreiben. Genau darauf zielt aber der Aktionsplan ab. Die EU-Kommission will Investoren und Finanzinstitute in nachhaltige Produkte lenken. Das entspricht nicht meinem Verständnis von Marktwirtschaft. Ich bin der Meinung, der Staat soll den Ordnungsrahmen setzen und die Wirtschaftsakteure unterstützen. Mit diesem Konzept machen wir seit mehr als 70 Jahren gute Erfahrungen. Es sollte daher auch bei der Ausarbeitung eines nachhaltigen Finanzwesens berücksichtigt werden.“

Aus dem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion:

Finanzstabilität gewährleisten! Die Stabilität des Finanzsystems darf durch die geplanten Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Finanzsystems nicht aufgeweicht werden. Die Regeln für aufsichtsrechtliche Kapitalanforderungen und die Eigenkapitalquote müssen gerade bei langfristigen, nachhaltigen Finanzierungen gelten. Die Regeln müssen so gestaltet werden, dass volkswirtschaftliche Fehlallokationen und die Bildung von Klumpenrisiken verhindert werden.

Dazu meine ich: „Die letzte Finanzkrise hat uns vor Augen geführt, was passiert, wenn politischen Zielen Vorrang vor Finanzstabilität eingeräumt wird. In den USA sollte damals die Immobilienkreditvergabe angekurbelt werden, um die Eigentümerquote zu steigern. Später waren dann die verpackten Hauskredite der Sprengstoff für eine globale Krise.

Die gleiche Gefahr droht nun, wenn die Politik die Finanzierung von „grünen“ oder „sozialen“ Projekten über die Finanzmarktregulierung begünstigen will. Das Risiko einer Anlage tritt in den Hintergrund, politische Überlegungen überwiegen. Dabei ist ungeklärt, ob nachhaltige Finanzierungen wirklich risikoärmer sind. Bis heute haben wir hierzu keine verlässlichen Erkenntnisse und sie werden in naher Zukunft auch nicht vorliegen. Die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA wurde eben erst beauftragt, über die nächsten sechs Jahre entsprechende Daten zu sammeln und auszuwerten.

Solange aber das Risiko nachhaltiger Kredite nicht eindeutig geklärt ist, bleibe ich dabei: Überlegungen, die Kapitalanforderungen für „grüne“ Kredite zu senken oder für „braune“, vermeintlich umwelt- und klimaschädliche Kredite, zu erhöhen, führen zu nichts Gutem. Oberstes Ziel der Bankenregulierung muss ein stabiles Finanzsystem sein, das die Kreditvergabe an die Realwirtschaft sicherstellt. Für anderweitige politische Zwecke darf sie nicht instrumentalisiert werden.“

Aus dem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion:

Vermeidung überflüssiger Bürokratie! Es muss ein zusätzlicher Aufwuchs von Bürokratie bisher ungeahnten Ausmaßes befürchtet werden, wenn z.B. die Aufsicht die Implementierung und Kontrolle von Nachhaltigkeitskriterien bei Unternehmen einfordert; erste Abfragen laufen schon. Die Bewertung der Kriterien muss dann bei den Instituten und Aufsehern erfolgen. Mit diesem System wird ein volkswirtschaftlicher Umbau durch das Finanzsystem eingeleitet. Taxonomie, Administration von Kategorien und Transparenz- und Offenlegungsregeln dürfen nicht zu übermäßigem Aufwand für Wirtschaft, Verwaltung und Aufsicht führen.

Dazu meine ich: „Im Alltag würde der Aktionsplan der EU-Kommission für viele Banken und vor allem auch für ihre mittelständischen Firmenkunden vor allem eines bedeuten: mehr Bürokratie. Denn nach dem Verständnis der EU-Kommission basiert ein nachhaltiges Finanzwesen auf massiv ausgeweiteten Offenlegungs- und Berichtspflichten. Damit sollen die Unternehmen ihre Nachhaltigkeit belegen. Die Banken sind betroffen, weil sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Kredit- und Anlageportfolios auf Wunsch der Aufsicht detailliert aufarbeiten und gegebenenfalls mit zusätzlichem Kapital unterlegen müssen. Dazu planen die Aufseher gerade ganz neue Definitionen und Standards, auf denen die Melde- und Berichtspflichten aufbauen. Wir reden also von Bürokratieaufbau, nicht Bürokratieabbau. Das steht nicht zuletzt im Widerspruch zum jüngsten politischen Vorhaben, kleinere und nicht-komplexe Regionalbanken von unverhältnismäßigen Berichtspflichten zu entlasten.

Neben den Banken müssen ihre mittelständischen Firmenkunden „Ökobürokratie“ fürchten. Ihr Finanzierungspotenzial an den Kapital- und Bankenmärkten kann in Zukunft maßgeblich davon abhängen, ob sie die Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells belegen können. Kleinen und mittleren Betrieben, die dem zusätzlichen Aufwand einer solchen komplexen Berichterstattung nicht gewachsen sind, würde somit der Geldhahn zugedreht. Die Unternehmen leiden aber schon heute unter einer hohen Bürokratielast, die für viele ein Wachstumshemmnis ist. Was daher notwendig ist, sind verhältnismäßige Vorgaben, die in Umfang und Auswirkung auf ihr Regulierungsobjekt abgestimmt sind. Für alle Vorhaben zu einem nachhaltigen Finanzwesen müssen daher vornehmlich das Proportionalitätsprinzip und der Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ gelten. Diese Prinzipien sind in der EU eigentlich längt vorgeschrieben, werden aber durch die Pläne der EU-Kommission erneut infrage gestellt.“
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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