Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Die Vergleiche, denen sich der Ludwig-Erhard-Gipfel stellen muss, könnten prominenter nicht sein: Als „das deutsche Davos“ wurde er in Anlehnung an das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz schon bezeichnet, und auch die Münchner Sicherheitskonferenz wurde als Referenz schon herangezogen. Wie auch immer man zu solchen Vergleichen steht, eine gewisse Berechtigung haben sie: Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Medien geben sich regelmäßig auf der dreitägigen Veranstaltung auf Gut Kaltenbrunn am Tegernsee die Klinke in die Hand, um im Sinne des früheren Bundeskanzlers und Ökonomen Ludwig Erhard wirtschaftspolitische Themen zu diskutieren. Beim diesjährigen Ludwig-Erhard-Gipfel (7. bis 9. Mai 2025) war auch der Genossenschaftsverband Bayern mit von der Partie. GVB-Präsident Stefan Müller sprach auf einem Panel zu Megatrends in den Finanzmärkten, zudem warb der GVB im Ausstellungsbereich des Gipfels für die Sache der bayerischen Genossenschaften und kam dabei mit zahlreichen Gästen ins Gespräch.

Veranstaltet wird der Gipfel von der Weimer Media Group, geführt von Christiane Goetz-Weimer und ihrem Ehemann Wolfram Weimer, streitbarer Publizist und nun Kulturstaatsminister in der neuen Bundesregierung. Der erste Tag des Gipfels stand noch ganz unter dem Eindruck der holprigen Kanzlerwahl am Vortag, nachdem Friedrich Merz erst im zweiten Anlauf gewählt worden war. Doch der Fokus richtete sich schnell auf die wirtschaftliche Lage Deutschlands und die zahlreichen Aufgaben, die die neue Bundesregierung nun angehen muss.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der die Schirmherrschaft des Ludwig-Erhard-Gipfels übernommen hatte, gab sich im Eröffnungstalk entsprechend kämpferisch. „Wir müssen eine Aufholjagd starten und Probleme lösen zur Stärkung der Wirtschaft“, betonte Söder. Deutschland benötige eine starke Wirtschaft, damit es international seine Kraft entwickeln kann. Diesen Geist atme auch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Er werde darauf achten, dass dieser Geist auch erfüllt werde. „Wir brauchen wieder mehr Leistung, weniger Belastung, weniger Bürokratie und vor allem eine bessere Energiepolitik“, sagte Söder. Dazu forderte der Ministerpräsident eine neue Technikbegeisterung und neuen Pioniergeist. Mit diesem „Spirit“ könne Deutschland die Wende zum Besseren schaffen, gab sich der Ministerpräsident überzeugt.

Die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, zugeschaltet aus Berlin, bescheinigte dem Ludwig-Erhard-Gipfel, der Bundespolitik schon des Öfteren einen Schubs gegeben zu haben, es besser zu machen. Nun sei es an der Politik, Vertrauen zurückzugewinnen, damit Deutschland wieder Verlässlichkeit ausstrahle. Ähnlich äußerte sich Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die persönlich zum Gipfel gekommen war. „Die breite Mehrheit der Bevölkerung will sehen, dass sich Politiker einigen und Entscheidungen treffen können.“ Es sei an der Zeit, die Empörung herunterzufahren. „Wir benötigen einen neuen Aufbruch.“

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck erhielt auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel den von der Weimer Media Group gestifteten Freiheitspreis der Medien. Er plädierte dafür, die „Räume der Möglichkeiten“ zu nutzen, die freiheitliche Demokratien ihren Bürgern gewährten. Dazu gehöre es aber auch, Verantwortung zu übernehmen. Er kritisierte, dass sich Deutschland ein „gepflegtes Unbehagen als Nationalkultur“ zugelegt habe. Aus seiner Sicht haben zu viele Menschen die Freude am „Gelingen“ verloren. Dabei sei in Deutschland vieles gelungen. Dazu gehörten freie Wahlen, Bürgerrechte, freie Medien und das Recht auf freie Meinungsäußerung, ein funktionierender Rechtsstaat oder Glaubensfreiheit. „Wir haben zumindest im Westen Deutschlands nach dem Krieg nicht nur ein Wirtschaftswunder erlebt, sondern auch ein Demokratiewunder“, sagte Gauck. Solche freiheitlichen demokratischen Rechte könne man aber auch schnell wieder verlieren. Deshalb gelte es jetzt, nicht abzuwarten und zuzuschauen, sondern diese Rechte zu verteidigen und zu ertüchtigen. „Stillhalten bringt uns nicht weiter. Wir müssen wieder lernen, dass eine offene Gesellschaft Tatkraft erfordert“, forderte der Bundespräsident a.D.

Zukunft der Finanzwelt und Trends

Ging es am ersten Tag des Gipfels um das Thema „Neue Weltwirtschaftsordnung“, stand der darauffolgende Tag unter dem Motto „Future & Finance“. GVB-Präsident Stefan Müller diskutierte in einem Panel über Megatrends in den Finanzmärkten. Was sich die Teilnehmer von der neuen Bundesregierung wünschen, wollte Moderatorin Frauke Holzmeier zu Beginn des Panels wissen. „Weniger Regulierung – und wenn, dann effizienter als diese heute stattfindet“, antwortete Müller. Weiter brauche es einen gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt, um bessere Voraussetzungen für einen starken Finanzstandort Deutschland zu schaffen. „Wir haben in der vergangenen Wahlperiode in Europa erlebt, wie wir uns an vielen kleinen Initiativen abgearbeitet haben“, sagte Müller. Das sei aber nicht entscheidend für den Erfolg der Kapitalmarktunion. Zu sehr seien sachfremde Themen wie die europäische Einlagensicherung EDIS oder die einheitliche Bankenabwicklung – unter dem Begriff CMDI-Review bekannt – mit der Kapitalmarktunion verquickt worden. „Es muss vielmehr den Mut in Europa geben, an die wirklichen Themen heranzugehen. Ich würde mir wünschen, dass die neue Bundesregierung zum Motor dieser Entwicklung wird.“ Den Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz an seinem ersten Tag als Bundeskanzler beim französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron wertete Müller daher als positives Signal, dass Deutschland gemeinsam mit Frankreich Entwicklungen in Europa nun anstoßen könne – auch in der Finanzpolitik.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs stand die Finanzbildung in Deutschland im Vordergrund mit der Frage: Wie kann man die jungen Menschen am besten erreichen und bilden? Es gäbe unzählige Möglichkeiten auf dem Markt, sich zu informieren, fuhr der GVB-Präsident fort, und fügte den entscheidenden Punkt hinzu: „Der beste Beitrag zur finanziellen Bildung in Deutschland wäre der Aufbau einer echten kapitalgedeckten Säule in der Altersvorsorge.“ Denn dann müssten sich die Menschen mit dieser Form der Vorsorge beschäftigen. Schweden mache es vor: Dort wurde ein verpflichtender, kapitalgedeckter Teil in der Altersvorsorge eingeführt. Das könne auch in Deutschland funktionieren. Die neue Bundesregierung könne dazu die Pläne ihrer Vorgänger übernehmen. „Das wäre ein Quick Win“, sagte Müller.

Zentrale Botschaft des Gipfels: Optimismus

Der Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 der Weimer Media Group stand unter dem Motto „Deutschland nach der Wahl. Kommt nun das neue Wirtschaftswunder?“ Diese Frage stellte der Genossenschaftsverband Bayern am Rande der Veranstaltung auch verschiedenen Politikern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezog sich in seiner Antwort auf die neue Bundesregierung und den Koalitionsvertrag: „Wir haben genau adressiert, was wir brauchen, um die Wirtschaft zu stärken: Weniger Bürokratie, niedrige Energiepreise, mehr Forschung, Investitionen und Technologie und vor allem steuerliche Veränderungen: keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen. Der Richtungswechsel für die Wirtschaft ist auf dem Papier vereinbart worden, nun muss dieser in der Realität umgesetzt werden.“

Bayern Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger äußerte sich deutlich zurückhaltender. „Von einem Wirtschaftswunder zu reden, ist momentan Träumerei. Wir wären schon froh, wenn wir aus der Rezession endlich herauskämen. Doch alles ist möglich, wenn man die Weichen richtig stellt.“ Nach Aiwangers Ansicht müssen Steuern und Energiepreise gesenkt werden und die Wirtschaft von Bürokratie entlastet, und das zeitnah. „Zudem müssen wir die Arbeitszeit flexibilisieren und wieder in Eigentum investieren. Dieses muss allerdings besser geschützt werden, wir sollten daher nicht über Vermögens- und Erbschaftssteuern diskutieren“, fuhr Aiwanger fort. Die Genossenschaften – insbesondere die Volks- und Raiffeisenbanken – seien wesentliche Stützen für den wirtschaftlichen Erfolg Bayerns. „Die Genossenschaften und die Genossenschaftsbanken sind der Rückhalt für den Mittelstand. Sie sind Mittelstands- und Kommunalfinanzierer und damit Garanten, dass Bayern in der Fläche funktioniert“, sagte Aiwanger.

Ministerpräsident Söder formulierte das im Gespräch mit dem GVB ähnlich: „Genossenschaften sind für den ländlichen Raum von ganz entscheidender Bedeutung, sie bilden dort ein hochfunktionales Bankenmodell, das versorgt und dem Mittelstand hilft. Deswegen kämpfen wir in Brüssel und auch in Deutschland dafür, dass dieses Modell erhalten bleibt.“ Das zentrale wirtschaftspolitische Signal, das vom Ludwig-Erhard-Gipfel ausgehen sollte, sei laut Söder: „Optimismus“.

Dem schließt sich der Vorsitzende der LfA Förderbank Bayern, Bernhard Schwab, an: „Wir müssen Mut haben, müssen wieder etwas leisten und die Ärmel hochkrempeln. Von nichts kommt nichts.“ Der Mittelstand brauche „ordentliche Finanzierungen und stabile Finanzpartner für Investitionsprojekte“, so der Vorstandsvorsitzende der LfA Förderbank. Gemeinsam mit den Genossenschaftsbanken helfe die Förderbank dabei, Investitionen in Bayern zu ermöglichen. „Die Volks- und Raiffeisenbanken sind der Partner des Mittelstands vor Ort. Sie kennen ihre Unternehmen, sie wissen, wie diese funktionieren. Das ist ein großes Potenzial und auf dieses setzen wir als Förderbank“, sagte Schwab. „Wir reichen unsere Kredite in erster Linie über Hausbanken aus. Und da sind die Genossenschaftsbanken der zentrale Partner, wenn es um Ortsnähe und Kompetenz vor Ort geht.“

Impulse und Signale, die vom Gipfel ausgehen

An allen drei Tagen war der Genossenschaftsverband Bayern mit einem Stand im Messebereich des Ludwig-Erhard-Gipfels vertreten. Dabei kamen GVB-Präsident Stefan Müller sowie der ehrenamtliche Verbandspräsident und Vorsitzende des GVB-Verbandsrats, Gerhard Walther, ins Gespräch mit zahlreichen hochkarätigen Gästen aus Politik und Wirtschaft. Unter anderem schaute Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz am Stand des GVB vorbei. GVB-Präsident Müller lobte zum Abschluss die Impulse, die vom Tegernsee aus in Richtung der neuen Bundesregierung gesendet wurden. „Wir müssen endlich ins konkrete politische Tun kommen. Die Bundesregierung muss ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, indem sie sehr schnell die Themen, die im Koalitionsvertrag richtigerweise adressiert sind, auch umsetzt.“ Diese Erwartungshaltung habe er auch in persönlichen Gesprächen und auf dem Podium immer wieder wahrgenommen. Die Themen liegen laut Müller alle auf dem Tisch: „Entbürokratisierung, Senkung der Standortkosten, wettbewerbsfähiges Steuerrecht. All das muss nun in Angriff genommen werden, um das Signal zu geben, dass es eine echte Wirtschaftswende geben soll“, sagte Müller. Der Mittelstand hoffe auf Verlässlichkeit und Planbarkeit politischer Entscheidungen.

Artikel lesen
Positionen