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Der Bio-Landbau in Bayern ist erfolgreich, die Umsätze steigen. Andererseits greifen die Verbraucher für Öko-Produkte nur ungern tiefer in die Tasche, um den Mehraufwand für Erzeuger und Verarbeiter auszugleichen. Das liegt auch am Lebensmitteleinzelhandel, der Bio-Ware teilweise zu Discount-Preisen anbietet.

Ein Dilemma, das auch die Gäste der „Agrarimpulse“ 2019 beschäftigte. „Wie viel Bio braucht der Markt?“ war die Leitfrage des Agrartags der bayerischen Genossenschaftsorganisation. Dieser wird gemeinsam vom Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und der BayWa organisiert. Rund 1.000 Landwirte und Genossenschaftsmitglieder waren Mitte Februar der Einladung nach Augsburg gefolgt. Dieses Jahr fand die Großveranstaltung bereits zum zehnten Mal statt.

Enorme Herausforderungen

„Keine Frage, Bio ist auf Wachstumskurs“, sagte GVB-Vorstandsmitglied Alexander Büchel in seiner Eröffnungsrede. Aus seiner Sicht ist der Ökolandbau in Bayern eine Erfolgsgeschichte, an der auch die bayerischen Genossenschaften entscheidend mitgewirkt haben. Die Herausforderungen für Erzeuger, Verarbeiter und Vermarkter seien jedoch enorm. Sie müssten sich gut aufstellen, um mit dem wachsenden Biomarkt Schritt zu halten. So seien etwa die Investitionen für die getrennte Erfassung und Lagerung von Bio-Rohstoffen beachtlich.

„Bio ist für die Landwirte kein wirtschaftlicher Selbstläufer“, stellte auch Klaus Josef Lutz fest. Der BayWa-Vorstandschef brachte dennoch zwei gute Nachrichten mit nach Augsburg: So habe sich der Umsatz im Biobereich – auch durch Importe – erhöht. Und: „Noch nie gab es qualitativ so hochwertige Lebensmittel wie heute.“ Das müsse aber besser kommuniziert werden, so Lutz. Viele Verbraucher seien zudem wenig gewillt, für Bio-Produkte höhere Preise zu zahlen. Digitale Technologien seien deshalb auch im ökologischen Landbau ein wichtiger Faktor, um Flächen kosteneffizient zu bewirtschaften, betonte der BayWa-Chef.

Impression von der Veranstaltung Agrarimpulse 2019 des Genossenschaftsverbands Bayern.
Die Referenten auf den Agrarimpulsen 2019 (v. li.): Jörg Migende, BayWa, Simon Michel-Berger, Moderator, Gitta Connemann, CDU-Politikerin, Peter Großmann-Neuhäusler, Landwirt, Kathrin Anna Stahl, Dramadama, Benedikt Ley, Landwirt, Martin Banse, Thünen-Instituts für Marktanalyse, Susanne Jocham, Dramadama, Alexander Büchel, Genossenschaftsverband Bayern.
Impression von der Veranstaltung Agrarimpulse 2019 des Genossenschaftsverbands Bayern.
„Bio ist auf Wachstumskurs“: GVB-Vorstandsmitglied Alexander Büchel während seiner Rede.
Impression von der Veranstaltung Agrarimpulse 2019 des Genossenschaftsverbands Bayern.
Meinungsstark: BayWa-Chef Klaus-Josef Lutz sprach über die Digitalisierung der Landwirtschaft.
Impression von der Veranstaltung Agrarimpulse 2019 des Genossenschaftsverbands Bayern.
Voller Saal: 1.000 Besucher waren in Augsburg vor Ort.
Impression von der Veranstaltung Agrarimpulse 2019 des Genossenschaftsverbands Bayern.
Diskutierten auf dem Podium (v. li.): Benedikt Ley, Landwirt, Gitta Connemann, CDU-Politikerin, Jörg Migende, BayWa, Simon Michel-Berger, Moderator, Peter Großmann-Neuhäusler, Landwirt, Martin Banse, Thünen-Instituts für Marktanalyse.

Eine weitere Herausforderung: Zunehmend drängen die Discounter auf den Biomarkt. „Den stärksten Zuwachs bei der Vermarktung von Öko-Produkten gibt es im Lebensmitteleinzelhandel“, sagte Martin Banse, Leiter des Thünen-Instituts für Marktanalyse in Braunschweig. Als Beispiele nannte die Discounter Aldi und Lidl. Auch der Onlinehändler Amazon ist inzwischen mit seinem Lieferdienst „Fresh“ in das Geschäft mit frischen Bio-Lebensmitteln eingestiegen. Biobetriebe müssten deshalb umdenken und ihre Eigenvermarktung intensivieren, so Banse. Ein gutes Marketingkonzept und ein dazu passendes Produktmanagement seien dafür zwei wesentliche Punkte.

Banse attestierte den vielen bäuerlichen Familienbetrieben in Bayern ein hohes Innovationspotenzial. Das helfe dabei, Eigenvermarktungskonzepte auf regionaler Ebene umzusetzen. Das komme auch den Wünschen der Verbraucher entgegen, die zunehmend Wert auf eine artgerechte Tierhaltung und eine naturnahe Bewirtschaftung der Flächen legen, so der Wissenschaftler. Jüngster Beweis dafür sei das „Volksbegehren Artenvielfalt“ in Bayern, das in der Bevölkerung auf viel Zuspruch gestoßen sei.

„Wer seine Produktion im Griff hat, kann mit Bio Geld verdienen“

Das bestätigte Peter Großmann-Neuhäusler. „Derzeit ist Bio im Trend und wer die Produktion im Griff hat, kann Geld verdienen“, sagte der Leiter von Großmann‘s Feldfrüchte aus dem oberbayerischen Pasenbach. Er gehört zu den Bio-Pionieren und kennt die Branche seit 30 Jahren aus der Praxis. Um den Bio-Landbau weiter nach vorne zu bringen, seien aber vielfältige Anstrengungen notwendig, betonte Großmann-Neuhäusler. So müssten die Verbraucher besser aufgeklärt werden, was alles hinter Bio-Lebensmitteln steckt und warum es sich lohnt, solche Produkte zu kaufen. Nur dann seien sie auch bereit, für Bio mehr zu bezahlen.

Dialog ist entscheidend

Der Dialog sei entscheidend, berichtete Benedikt Ley. Der gebürtige Bayer bewirtschaftet seinen Mühlenhof in Zepelin (Mecklenburg-Vorpommern) seit 2016 ökologisch. „Die große Herausforderung bestand darin, Überzeugungsarbeit bei den Partnern und Menschen vor Ort zu leisten“, sagte Ley. Es lohne sich auch aus betrieblicher Sicht, auf Bio umzustellen. Die Landwirte müssten kein Geld mehr für chemische Pflanzenschutzmittel und mineralischen Dünger ausgeben. So bleibe mehr Kapital im Betrieb, das sich anderweitig gewinnbringend einsetzen lasse, so der Biobauer.

Auch die Politik möchte die ökologische Landwirtschaft voranbringen. Bis zum Jahr 2030 sollen 20 Prozent der Anbaufläche in Deutschland ökologisch bewirtschaftet werden, nannte Gitta Connemann die Ziele der Bundesregierung, die in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie verankert sind. Derzeit seien es nur 9 Prozent, berichtete die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag. Die Entscheidung zwischen konventioneller und ökologischer Bewirtschaftung müsse aber jeder Landwirt selbst treffen, betonte Connemann. Der Staat könne Anschubfinanzierungen leisten, aber er sollte nicht in den Markt eingreifen. „Der Landwirt ist der beste Betriebswirt, nicht die Politik“, so die Agrarpolitikerin.

Wie viel Bio braucht also der Markt? Moderator Simon Michel-Berger fasste nach der Podiumsdiskussion alle Positionen zusammen. Sein Fazit: Bio biete viele Chancen, sei aber kein Selbstläufer. „Alleingänge funktionieren nicht. Die Erzeuger müssen ihre Möglichkeiten ausloten, sich Partner suchen und mit den Verbrauchern genauso wie mit dem Handel im Gespräch bleiben.“ Dann sei Bio nach wie vor ein interessanter Markt, so Michel-Berger.


Erika Henger ist Senior Beraterin im Bereich Beratung Ware und Dienstleistung des Genossenschaftsverbands Bayern.

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