Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Wofür die Abkürzung OGM-Studios steht? Alex Hartl grinst. Auch Leo Gillhaus und Maxi Heller, die mit ihm am Tisch sitzen, müssen schmunzeln. Inzwischen haben sie wieder gut lachen, denn das neue Studio, in dem sie sich zum Interview zusammengesetzt haben, ist eingerichtet und läuft. Noch vor wenigen Monaten hatte es so ausgesehen, als könnte die Geschichte der OGM-Studios, zwölf Jahre nach Gründung, bald vorbei sein.

Die OGM-Studios waren seit 2013 in der Heimeranstraße im Münchner Stadtteil Schwanthalerhöhe beheimatet. Zunächst hatten die Gründer die Räume als Proberaum für ihre Bandprojekte angemietet, dann aber die Möglichkeiten des akustisch ausgebauten Aufnahmeraums erkannt und angefangen, dort ein professionelles Tonstudio zu betreiben. Hartl kam 2016 mit dazu und übernahm nach einigen Jahren den Betrieb komplett. Über die Jahre hat sich das Unternehmen etabliert, mit Musikprojekten und Industriekunden, die das Studio für Sprachaufnahmen und Vertonungen nutzen. Im Frühjahr 2025 kam, völlig überraschend, die Meldung vom Vermieter: Das Gebäude wird abgerissen, das Studio muss weichen.

„Es war eine existenzielle Bedrohung“, erinnert sich Hartl. „Der Betrieb lief, mit festen Kunden und festen Kooperationen, aber wie sollte es weitergehen? Es ist sehr schwer, ein voll ausgebautes Studio zu finden und extrem kostenintensiv, wenn du die Räumlichkeiten selbst ausbauen musst.“ Durch Bekannte fand er die Lösung: Ein bereits bestehendes Tonstudio in Obersendling, das er übernehmen konnte, allerdings deutlich größer als die bisherigen Räumlichkeiten.

„Ich bin hierhergefahren, habe mir die Räume angeschaut und mich gleich in sie verliebt. Aber dass man so eine Fläche allein übernimmt, das wäre nicht möglich gewesen“, erinnert sich Hartl. Glücklicherweise fand er Mitstreiter: Die Video- und Podcastproduzenten von der benachbarten ikone audio production und das Hertz Studio, das vor allem Audio-Postproduktion für Film und Medien anbietet, waren ebenfalls auf der Suche nach einer neuen Bleibe und so tat man sich zusammen.

Mitte Oktober 2025 wurden die neuen Studioräume offiziell eingeweiht. Und diese können sich sehen lassen: Kernstück des 320 Quadratmeter großen Komplexes in der Hofmannstraße ist ein lichtdurchfluteter Aufenthaltsraum mit Parkettboden, Sofas, einem Esstisch, Küche und einer Bar. Für Studioatmosphäre sorgen ein Klavier, ein Regal mit verschiedenfarbigen Drumsets und säuberlich aufgerollte Audiokabel an der Außenwand. Rund um den Hauptraum sind vier Regieräume, zwei unterschiedlich große Aufnahmeräume und ein Videostudio angeordnet. Der große Aufnahmeraum und die anschließenden Regieräume sind im „Raum-in-Raum“-Verfahren aufgebaut. Schließt man die Doppeltüren zum Aufenthaltsraum, dringt kein Geräusch mehr von außen herein. Perfekte Bedingungen für Aufnahmen und fürs Abmischen von Musik.

Herzstück der Genossenschaft: Der Aufenthaltsraum mit Küche und Bar.

Im großen Aufnahmeraum findet eine komplette Band Platz.

Die Hauptregie der OGM Studios.

Im Aufnahmeraum der ikone audio production lassen sich Podcasts und Videoformate aufnehmen.

Der Regieraum des Hertz Studios.

„Das alte Studio im Keller war auch nett, aber das neue ist definitiv ein Upgrade“, so beschreibt es ein befreundeter Musiker, der die OGM-Studios schon lange kennt. Auch für Hartl ist es ein großer Unterschied: „Das alte Studio war zwar technisch high-end-mäßig ausgestattet, aber es war trotzdem ein urbaner Keller. Das neue Studio macht gerade bei großen Kunden einen anderen Eindruck. Jetzt ist die Professionalität schon rein optisch erkennbar.“

Erste Studiogenossenschaft in Bayern

Außer den Räumlichkeiten ist noch etwas neu bei OGM: Die Studiogemeinschaft wird jetzt als Genossenschaft betrieben – die erste Studiogenossenschaft in Bayern. Mitglieder sind neben Alex Hartl, Tobias Schröckenbauer und Maxi Heller von den OGM-Studios Niklas Gramann und Leo Gillhaus von ikone audio production und Riccardo Schisano vom Hertz Studio. Jeder betreibt sein Geschäft selbstständig, aber alle nutzen die Räumlichkeiten, die die Genossenschaft betreibt und untervermietet.

Gemeinsam haben die sechs Personen die Genossenschaft gegründet. Als die Absicht feststand, das Studio zusammen zu betreiben, hat Gillhaus die Aufgabe übernommen, zu recherchieren, wie sich gemeinschaftliches Wirtschaften organisatorisch umsetzen lässt. „Ich war recht schnell bei der Idee der Genossenschaft, weil ich dieses demokratische Prinzip sehr passend finde und auch, dass alle das gleiche Mitspracherecht haben, egal wie viel der Einzelne finanziell einbringen kann. Das entspricht dem Wertesystem, das wir alle hier pflegen.“

Externer Inhalt

Nach Ihrer Einwilligung werden Daten an YouTube übertragen.

Gemeinsam anpacken, damit in München kulturell mehr passiert: „Profil“ hat die Gründer der genossenschaftlichen OGM-Studios vor die Kamera gebeten. Video: Burkhard Rüdiger und Karl-Peter Lenhard (Schnitt), GVB

Genossenschaftsgründung in rund drei Monaten

Ziemlich schnell kamen die Gründer in der Vorbereitung an den Punkt, an dem sie lieber Expertenrat einholen wollten, anstatt alles selbst zu recherchieren. Deshalb kontaktierten sie die Gründungsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern. Im Erstgespräch mit Gründungsberaterin Bahar Ucar wurden alle auf den gleichen Stand gebracht. „Wir saßen zu sechst online mit Bahar zusammen und sie konnte die meisten Fragen sofort klären. Danach hatten wir alle verstanden, was Genossenschaft bedeutet und was wir zur Gründung tun müssen“, berichtet Gillhaus, der jetzt mit Hartl den Vorstand der Genossenschaft bildet.

„Andere Unternehmensformen sind geläufiger, mit denen hat man schon mehr Berührungspunkte gehabt“, bestätigt Hartl. „Bahar hat uns geholfen, abzuschätzen, ob die Genossenschaft für uns die richtige Entscheidung ist.“ Und die Gründungsberaterin half dabei, unnötige Fehler zu vermeiden, denn die Gründung musste schnell gehen. „Wir haben ungefähr zwei bis drei Monate gebraucht, von null an, bis wir die Satzung fertig hatten und alle Unterlagen beim Notar waren. Das ging schon alles sehr flott“, berichtet Hartl.

„Der Zusammenschluss war das Beste, was passieren konnte.“

Alex Heller, Vorstand der OGM-Studios 

Das gesamte Gründungsteam war aktiv dabei, hat mit angepackt. „Wir haben uns gut abgestimmt, haben die Aufgaben verteilt und jeder hat seine Fähigkeiten eingebracht, und so ist das Ganze schnell über den Tisch gegangen“, berichtet Heller.

Heller ist direkt nach seiner Tontechniker-Ausbildung als Gründer bei der Genossenschaft mit eingestiegen. Den Schritt hat er nicht bereut. „Es war genau die richtige Entscheidung. Man greift sich in der Genossenschaft gegenseitig unter die Arme und hier sind eine Menge kompetenter Leute, die einen auffangen“, betont er.

Dem pflichtet auch Hartl bei: „Der Zusammenschluss war das Beste, was passieren konnte. Wir haben uns eh schon alle gekannt und mögen uns und wissen, dass wir auch zusammen funktionieren und in eine ähnliche Richtung denken.“ Aber er ist auch froh, dass die intensive Gründungsphase vorbei ist. „Ich bin persönlich echt an meine Belastungsgrenze gestoßen, weil neben der Gründung immer noch laufend Kunden da waren und Projekte abgeschlossen werden mussten. Dazu kam die Unsicherheit, ob alles klappt, weil die drohende Schließung der Studios wäre ein Problem für mich gewesen.“

Der eigentliche Umzug war dagegen verhältnismäßig einfach. Der Studiobetrieb lief nach nur zwei Wochen wieder, die Videoproduktionen von ikone audio production wurden durch den Umzug fast gar nicht unterbrochen. „Wir sind zu 80 Prozent schon wieder im Regelbetrieb“, schätzt Gillhaus. Eine der Tonkabinen muss noch fertig vernetzt werden, der Lagerraum ist noch etwas chaotisch, aber seit der Eröffnungsfeier im Oktober 2025 hat sich das Gefühl eingestellt: „Krass, wir sind jetzt hier, es läuft!“

Über die Unternehmen in der Genossenschaft

Die OGM-Studios bieten die gesamte Bandbreite der Audio- und Musikproduktion an, von der Aufnahme über Postproduction bis zu Mixing und Mastering. Neben Musik produzieren sie auch Synchronaufnahmen für Fernsehen und Film und Sprachaufnahmen für Werbung. Das Hertz Studio ist spezialisiert auf hochwertige Audio-Postproduktion für Film, Fernsehen und Medien. Es produziert außerdem auch Audiowerbung, Imagefilme, Social-Media-Spots und Hörbücher und übernimmt bei Filmprojekten den On-Set-Sound direkt am Set Das dritte Unternehmen im Verbund, die ikone audio  production, hat sich auf Podcast- und Videoformate spezialisiert. Sie produzieren beispielsweise „Mut – der Deutschland Talk“ von Focus Online, bei dem Moderatorin Tijen Onaran Gäste wie der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz, den ehemaligen Siemens-CEO Joe Kaeser und die inzwischen verstorbene Holocaust-Überlebende Margot Friedländer interviewt hat.

Der Studiobetrieb läuft also, jeder könnte weiter seinen Projekten nachgehen und die Genossenschaft hält den Betrieb organisatorisch zusammen und sichert die Beteiligten besser ab, als wenn sie als Einzelunternehmer haften würden. Doch die sechs Gründer verfolgen größere Pläne mit den OGM-Studios.

Große Pläne

Womit wir wieder bei der Frage wären, wofür die Abkürzung OGM steht. „OGM steht für Organisation geisteskranker Musiker“, berichtet Hartl. „Die Gründer der ursprünglichen Studios waren alles Leute, die echt Bock auf Musik hatten und auf Menschen und darauf, Netzwerke zu bilden und gemeinsam Projekte zu stemmen. Dahinter steckte ein Kollektivgedanke, es ging nicht darum, dass jeder allein vor sich hinarbeitet.“ Ganz in diesem Sinne wollen auch die Genossenschaftsgründer das Unternehmen nutzen, um Münchens Kulturszene zu bereichern. „Wir wollen zeigen, dass im Kulturbereich Münchens noch was geht und dass es einen neuen Ort gibt, wo sich Leute finden dürfen. Wir schmeißen alle unsere Netzwerke zusammen und die Genossenschaft und ihre Räume sind eine super Grundlage dafür. Hier kann man Leute zusammenbringen und coole Veranstaltungen und Events machen.“

Mit der Genossenschaft wollen Hartl und seine Mitstreiter Fortbildungen, Workshops und Seminare anbieten und neue Veranstaltungen ausprobieren. Im Januar 2026 ist eine Songwriting-Masterclass geplant, Konzerte und andere Aktionen sind ebenfalls in Planung. Auch für diese Veranstaltungen hilft die Rechtsform Genossenschaft: Als Einzelunternehmer hat man wenig Chancen, ein Sponsoring oder eine Förderung beim Kulturreferat zu erhalten – als Genossenschaft schon eher.

Wie sieht die Zukunft der OGM-Studios aus? Hartl hat viele Ideen, bis hin zum OGM-Festival in der Münchner Innenstadt. „Mein Ziel ist es, wenn man in fünf Jahren OGM-Studios hört, dann weiß man, das ist sowas wie das Feierwerk, das ist eine Nummer in München. Man weiß, das hat mit Mucke zu tun, mit Kunst, mit freier Entfaltung. Wir schaffen einen Raum, wo Menschen zusammenkommen und sich künstlerisch ausdrücken können. Heute passiert so vieles nur noch zu Hause, im Wohnzimmer, vor dem Computer. Dabei ist es viel geiler, wenn man das zusammen macht.“

Dinge lieber gemeinsam machen statt allein – klingt ganz nach Genossenschaft. Und so könnte OGM künftig auch die Abkürzung für etwas anderes werden: für Bayerns erste „Organisation genossenschaftlicher Musiker“.

Artikel lesen
Praxis