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Die stetig zunehmenden Anforderungen an den Verbraucherschutz führen immer wieder zu Rechtsunklarheit, die es Unternehmern erschwert, gesetzliche Vorgaben zum Verbraucherschutz umzusetzen. Ein Beispiel hierfür bietet die Entgeltinformation, die Kreditinstitute seit dem 31. Oktober 2018 ihren Kundinnen und Kunden bereitstellen müssen. Zweck der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung im Zahlungskontengesetz (ZKG) ist der zweifellos berechtigte Wunsch nach Entgelttransparenz im Bereich der Zahlungsverkehrskonten. Der Entgeltinformation soll dabei die besondere Aufgabe zukommen, die Preise verschiedener Kreditinstitute für Zahlungsverkehrskonten besser vergleichbar zu machen.

Neben dem herkömmlichen Preisaushang und dem Preis- und Leistungsverzeichnis, die als Grundlage für eine rechtswirksame Preisvereinbarung mit den Kundinnen und Kunden dienen und aus diesem Grund eine transparente Preisdarstellung enthalten müssen, ist mit der Entgeltinformation somit ein weiteres Dokument vorzuhalten. Um dem Bedürfnis nach Vergleichbarkeit gerecht zu werden, hat es der Gesetzgeber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Aufgabe gemacht, ein Muster für die verpflichtende Entgeltinformation zu entwerfen, das den einzelnen Kreditinstituten die Handhabung der Entgeltinformation erleichtert und die Vergleichbarkeit der Preise sicherstellen soll (vgl. § 9 Abs. 4 ZKG).

Verein attackiert Banken

Die bestimmungsgemäße Verwendung des BaFin-Musters für die Entgeltinformation durch die Volksbanken und Raiffeisenbanken hat in jüngerer Zeit kurioserweise einen vom Bundesamt für Justiz anerkannten Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen auf den Plan gerufen. Dieser vertritt die Auffassung, dass es sich bei der – auf dem amtlichen Muster beruhenden – Entgeltinformation um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der jeweiligen Bank handele. Zugleich wird der Vorwurf erhoben, die im Muster der BaFin vorgesehenen Bezeichnungen einzelner Zahlungsdienste genügten nicht den Anforderungen des AGB-Rechts und führten im Ergebnis zu einer unangemessenen Benachteiligung der Bankkunden.

Auf der Grundlage dieser Argumente wurden bereits zahlreiche Kreditinstitute wegen der Verwendung des BaFin-Musters abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Darüber hinaus vertritt der Verein die Auffassung, dass Banken, die in der Vergangenheit aufgrund von neuen höchstrichterlichen Urteilen für einzelne Preisklauseln eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben, diese Unterlassungspflicht durch die Verwendung des BaFin-Musters verletzen. Im Ergebnis soll die Verwendung des BaFin-Musters nach Auffassung des Verbraucherschutzvereins somit eine Verpflichtung zur Zahlung der vorgesehenen Vertragsstrafe auslösen.

GVB bietet juristische Unterstützung an

Die Rechtsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Entgeltinformation nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Zudem ist die These infrage zu stellen, wonach die im BaFin-Muster vorgesehenen Preispositionen tatsächlich gegen AGB-Recht verstoßen. Insbesondere höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage liegt bislang allerdings nicht vor. Sollten GVB-Mitglieder diesbezüglich abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert werden, bietet die GVB-Rechtsberatung juristische Unterstützung an.

Zwar sollte man meinen, dass die Verwendung eines dem Verbraucherschutz dienenden „amtlichen“ Musters der BaFin nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung von Verbrauchern führen kann. Die Zivilgerichte, die über die Abmahnungen zu entscheiden hätten, sind als Teil der Judikative allerdings formal nicht an die Auffassung der BaFin (Exekutive) gebunden. Die Vergangenheit lehrt zudem nicht Besseres, sondern Anderes: Bereits im Jahr 2002 hatte der Gesetzgeber mit der Einführung eines Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge die Grundlage für die Erstellung einer Muster-Widerrufsbelehrung durch das Bundesjustizministerium geschaffen, die den zur Belehrung verpflichteten Unternehmern Rechtssicherheit verschaffen sollte.

Mustervorlagen nicht immer rechtssicher

Dieser Versuch ist bekanntlich gründlich misslungen: Die Musterbelehrung des Bundesjustizministeriums wurde von den Zivilgerichten, schließlich auch vom Bundesgerichtshof als nicht ordnungsgemäß eingestuft. Sie bildete damit den Ausgangspunkt für eine Widerrufs- und Klagewelle, die der Gesetzgeber für Darlehensverträge, die vor dem Sommer 2010 abgeschlossen worden waren, erst im Jahr 2016 beendete (siehe dazu auch den Beitrag in „Profil“ 05/2020).

Es bleibt daher zu hoffen, dass mit einer dem Verbraucherschutz dienenden Musterentgeltinformation nicht erneut Unstimmigkeiten zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz geschaffen wurden, die auf dem Rücken der Kreditinstitute ausgetragen werden.
 

Thomas Placzek ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beim Genossenschaftsverband Bayern.

Der GVB berät

Die GVB-Rechtsberatung steht den Mitgliedsbanken des Verbands bei Fragen zum Thema Bankentgelte sowie zu anderen rechtlichen Themen gerne zur Verfügung. Kontakt: recht[at]gv-bayern.de oder 089 / 2868-3730.

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