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Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen haben bei vielen Unternehmen und Privatpersonen zu teils erheblichen wirtschaftlichen Einbußen geführt. Einzelne Unternehmen wird das an den Rand ihrer Existenz führen – oder sogar darüber hinaus. Die Bundesregierung hat diese Risiken früh erkannt und versucht, mit einer Reihe von Gesetzen die Auswirkungen für alle Betroffenen abzumildern und die Konjunktur wieder in Fahrt zu bringen.

Zu diesem Zweck wurde das zweite Corona-Steuerhilfegesetz auf den Weg gebracht. Das Gesetz sieht eine Fülle von sinnvollen Impulsen vor wie unter anderem die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung, die Erweiterung des Verlustrücktrags, die Erhöhung des Freibetrags für Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer oder die Verlängerung des Reinvestitionszeitraums für Rücklagen nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zentraler Punkt ist aber die Absenkung der Umsatzsteuersätze von 19 auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020. Kurz vorher wurden schon die Umsatzsteuersätze für Speisen in der Gastronomie für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 auf 7 beziehungsweise 5 Prozent herabgesetzt. Während die allgemeine Herabsetzung des Umsatzsteuersatzes die Stärkung des privaten Konsums zum Ziel hat, soll die Herabsetzung in der Gastronomie die von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Restaurants stützen.

Wenig Zeit für Umstellung elektronischer Systeme

Alle diese Änderungen führen in erster Linie zu einem erheblichen administrativen Aufwand. Mittlerweile wurde die Erfassung aller Geschäfte im Rechnungswesen der Unternehmen im Regelfall durchgängig digitalisiert. Die Aufzeichnung der Einnahmen, die Berechnung der Umsatzsteuer und Vorsteuer erfolgen automatisch in Buchhaltungsprogrammen, Registrierkassen oder Onlineshops. Auch die Rechnungen werden automatisiert erstellt. Die einzelnen Systeme sind miteinander über Schnittstellen vernetzt und führen im Ergebnis zu einer automatisch generierten Umsatzsteuervoranmeldung. All diese Systeme sind mit viel Sorgfalt vernetzt worden, teilweise bestehen auch Schnittstellen zu Kunden, um die Prozesse zu optimieren.

Eine kurzfristige Anpassung dieser Systeme an veränderte Umsatzsteuersätze mit einem Vorlauf von vier Wochen ist in vielen Fällen – wenn überhaupt – nur mit einem großen Kraftakt zu bewältigen, der zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung aller Beteiligten führt. Betroffen sind aber nicht nur Unternehmen, die den Preisvorteil des reduzierten Umsatzsteuersatzes tatsächlich an die Kunden weitergeben, sondern auch Unternehmen, die Waren untereinander liefern oder Dienstleistungen erbringen. Hier führt die temporäre Herabsetzung der Umsatzsteuersätze zum Beispiel für Lieferungen der Molkereien an den Lebensmitteleinzelhandel zu keinen Entlastungen, da der Händler den Umsatzsteuerbetrag ohnehin vom Finanzamt erstattet bekommt.

Rundschreiben des GVB zur Corona-Steuergesetzgebung

Wie wirken sich die Corona-Steuerhilfegesetze und die temporäre Senkung der Umsatzsteuersätze auf die bayerischen Genossenschaften aus? Die Steuerberatung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) hat dazu zwei Rundschreiben zum ersten und zum zweiten Corona-Steuerhilfegesetz (mit Informationen zur Umsatzsteuersenkung) erstellt. Beide Rundschreiben finden sich im Mitgliederbereich der GVB-Webseite.

Dienstleister müssen Rechnungen korrigieren

Hinzu kommt, dass für Dauerleistungen wie beispielweise Wartungspauschalen oder Entgelte für Schließfachanlagen die Zahlung vorschüssig zum Jahresbeginn erfolgte und 19 Prozent Umsatzsteuer abgeführt wurde. Da der Steuersatz sich bei diesen Dienstleistungen nach dem Zeitpunkt richtet, an dem die Leistung endet, unterliegt die Wartungsleistung nun dem Steuersatz von 16 Prozent. Der Leistungsempfänger hat nur noch Anspruch auf 16 Prozent Vorsteuer. Nur wenn der Dienstleister seine Rechnung korrigiert und den Betrag erstattet, kann er die zu viel abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückverlangen. Ein Anspruch des Kunden auf Ausgleich besteht grundsätzlich immer dann, wenn der Vertrag schon vier Monate vor Inkrafttreten des neuen Steuersatzes bestand. Somit greift die temporäre Herabsetzung auch in bestehende Vertragsverhältnisse ein und führt zu zusätzlichem Aufwand für alle Beteiligten.

Das Bundesfinanzministerium wird kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes mit einem gesonderten Schreiben auf die Fragen reagieren, die sich aus der Umstellung ergeben. Darüber hinaus hat auch der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) – in enger Abstimmung mit den anderen genossenschaftlichen Regional- und Bundesverbänden – gegenüber dem Bundesfinanzministerium auf Vereinfachungs- und Billigkeitsregelungen gedrängt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Impulse Gehör finden, denn es steht zu befürchten, dass in der Folgezeit im Rahmen von Betriebsprüfungen Fehler der Unternehmen geahndet werden, auch wenn in der Summe kein Schaden entstanden ist, weil zum Beispiel die versehentlich zu hoch geltend gemachte Vorsteuer auch in voller Höhe durch den Lieferanten abgeführt wurde.

Großes Sparpotenzial bei Neubauten

Es ergeben sich jetzt auch Möglichkeiten für die bayerischen Genossenschaften, von der Herabsetzung der Steuersätze zu profitieren. Bei größeren Investitionen können Unternehmen erheblich sparen, wenn sie gar nicht oder nur teilweise zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dabei ist zu beachten, dass sich der Umsatzsteuersatz nach dem Zeitpunkt der Leistung beziehungsweise Lieferung richtet.

Errichtet zum Beispiel ein Unternehmen ein Wohngebäude oder eine Kreditgenossenschaft ein neues Bankgebäude, die im zweiten Halbjahr 2020 fertiggestellt werden, so unterliegt mitunter der gesamte Bau dem niedrigeren Steuersatz von 16 Prozent, auch wenn hier vorab schon Teilzahlungen geleistet wurden, für die noch 19 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen und abgeführt wurden. Die zu viel gezahlten Beträge werden dann erstattet. Maßgeblich ist bei Bauten im Regelfall die Abnahme. Wenn die Fertigstellung allerdings erst für 2021 oder später geplant ist, dann wird für den gesamten Bau wohl wieder 19 Prozent Umsatzsteuer abzuführen sein. Eine Möglichkeit zur Optimierung besteht nur dann, wenn tatsächlich Teilleistungen für einzelne Bauabschnitte vereinbart wirksam wurden – mit der Folge, dass dann aber auch unter Umständen die Gewährleistung für diese Abschnitte früher ablaufen wird.

Spätestens hier lohnt es sich für betroffene Mitglieder, rechtzeitig mit der GVB-Steuerberatung Kontakt aufzunehmen, um die für die Genossenschaft sinnvollste Lösung zu finden und um zu vermeiden, dass die gut gemeinte Herabsetzung der Umsatzsteuersätze nachträglich zu einer bitteren Pille wird.


Uwe Pietzonka ist Leiter des Bereichs Steuerberatung beim Genossenschaftsverband Bayern.

Kontakt zur GVB-Steuerberatung

Die GVB-Steuerberatung unterstützt die Mitglieder des Verbands in allen steuerlichen Fragen, so auch zur temporären Umstellung der Umsatzsteuersätze. Kontakt: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800.

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